Gedicht: NIEMAND

Niemand

stell dir vor

ein neues parfüm wird erfunden

und niemand darf es riechen

stell dir vor

ein neues haus wird erbaut

und niemand darf es bewohnen

stell dir vor

eine neue süßigkeit wird kreiert

und niemand darf sie vernaschen

stell dir vor

ein neues auto kommt auf den markt

und niemand darf es fahren

stell dir vor

ein neues buch erscheint

und niemand darf es lesen

stell dir vor

ein neues cafe wird eröffnet

und niemand darf es betreten

stell dir vor:

all diese dinge

generell –

ob neu oder alt –

von niemanden

benutzbar

von NIEMANDEN?

natürlich nicht

nur niemand

von den Chemikaliensensiblen

atmest du erleichtert auf und denkst:

ach so – also dürfen es fast alle?

freu dich nicht zu früh,

die NIEMANDS

werden täglich mehr …

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 9. Mai 2010

Weitere Gedichte von Gerhard:

So nicht! * Soll’n doch in die Klapse gehn * Muss fliehn * Du bist nicht allein * Lass uns lieber über Realitäten reden * Ein Lächeln * Deine Atemzüge * Und dann endlich * Immer noch nicht verstehen wollend * Nur weil ich hinabsteige * Selbstdiagnose * Verfluchtes Pack * Was bleibt von mir? *

17 Kommentare zu “Gedicht: NIEMAND”

  1. Franzi 9. Mai 2010 um 09:51

    Lieber Gerhard,
    liebe Manu,

    Ich finde die Gedankengänge nur allzu plastisch und real und kann mir meinen Optimismus nicht verkneifen. Da inspirierten mich eure Worte …

    ich stell mir gerade vor

    eine alte Behörde wird abgeschafft
    und alle haben genug für den Lebensunterhalt

    ein altes Gesundheitssystem wird korrigiert
    und alle Ärzte gucken in die Röhre

    eine alte, natürliche Anbaumethode wird flächendeckend praktiziert
    und alle können alles essen

    eine alte, gesunde Bauweise fasst überall Fuß
    und alle können gemütlich wohnen

    ein alter Zopf wird abgeschnitten
    und alle sind dabei

    zumindest alle, die ihre Vernunft
    noch nicht vernichtet haben

    hoffentlich bleiben genug übrig ???

  2. BrunO 9. Mai 2010 um 10:36

    Hallo Gerhard,

    ich habe keine Ahnung, ob es noch wie früher Literaturzeitschriften gibt, die Lyrik veröffentlichen und ob die noch jemand liest. Lyrik-Webseiten dürfte es immer noch geben, aber dort versammelt sich oft unsäglicher Schrott und Kleinverleger werden nichtmal Kleinstauflagen los und überlegen sich jede Veröffentlichung mehr als gut. Das ist schade, weil Dir ab und zu Gedichte gelingen, die ohne MCS-Bonus bestehen können und die sogar mir gefallen, obwohl ich für Lyrik meistens nichts übrig habe. Bei mir muß schon ein Trakl oder Charms daher kommen.

  3. Marina 9. Mai 2010 um 11:16

    Lieber Gerhard,

    Dein Gedicht ist super gut. Die, die noch nicht die Niemands sind, wollen leben, auf Teufel komm raus. Selbst wenn sie schon jemanden kennen, der zu den Niemands gehört. Selbst wenn sie von den Niemands vor Gefahren gewarnt oder hingewiesen werden, sie wollen es nicht für sich selbst umsetzen. Halten im wahrsten Sinne an den Gefahren, den Schadstoffen, der krankmachenden Chemie fest. Selbst wenn sie den Niemands, die ihnen nahestehen, auch noch damit schaden. Sie wollen leben wie sie es gewohnt, oder wie sie es sich aussuchen, oder wie sie es von der Werbung vorgegaukelt und eingetrichtert bekommen.

    Sie alle WOLLEN!

    Doch spätestens, wenn sie plötzlich doch zu einem Niemand werden, dann werden sie verstehen, dass das Wollen absolut nichts mehr zählt und es um das pure Überleben geht.

    Vielen Dank für Dein ach so wahres Sonntagsgedicht. Möge den Leuten doch endlich ein Licht aufgehen!

    Liebe Grüße

    Marina

  4. Maria 9. Mai 2010 um 11:24

    Hallo Gerhard,

    Dein Gedicht ist Dein bisher am besten gelungenes, einfach superklasse. Von möglichen 100 Punkten, erhältst Du von mir 1000!

    Liebe Grüsse
    Maria

  5. Energiefox 9. Mai 2010 um 11:27

    Stimmt Gerhard die NIEMANDS werden immer mehr.

    Ich habe gestern mein Badezimmer durchsucht, nach
    Sachen die parümiert sind. Ich möchte nicht auch zu den NIEMANDEN gehören die immer mehr werden. Dachte ich hätte schon alles aussortiert. Doch selbst ein altes Hndeschampoo mit Parfum . Ein Deoroller, Sitfung Warentest sehr gut, mit Parfum . Und meine Sporttasche so wie ein kleiner Beutel für Seife stank nach Parfum. Alles in den Mülleimer und die anderen Sachen bis jetzt 3 mal gewaschen in die Waschmaschine. Nur ein kleiner Einbick man muss schon so schlau wie Sherlock Humbuck (Sesamstraße) sein, sonst übersieht man die fiesen Sachen.
    Gruß Fox

  6. Seelchen 9. Mai 2010 um 14:17

    So ungefähr
    noch viel mehr
    man kann es
    kaum ertragen
    es bleiben
    viele Fragen

    warum stehn wir
    immer aussen vor
    warum öffnet sich
    für uns kein Tor
    immer nur verzichten
    und kein Ausweg sichten

    wir könnten alle unsere gedichte mal aneinanderreihen,und da würde ein interessanter Tatsachenbericht draus.

    Danke für die Zeilen und alles ,was ihr braucht für euch.

  7. Gerhard Becker 9. Mai 2010 um 14:28

    Liebe Franzi

    Deine optimistische Fortführung der Gedanken des Gedichtes ist sehr reizvoll und erfreuend. Vielen herzlichen Dank! Die alten Utopisten und dann die kommunistischen Theoretiker Marx und Engels haben solch ähnliche Zustände beschrieben. Realisiert wurden sie nicht.
    Die Bibel sagt jedoch solch ein beglückendes Leben für die ganze Erde voraus. Bis dahin werden wir uns gedulden müssen.

    Liebe Grüße

    Manu und Gerhard
    Manu und Gerhard

  8. Seelchen 9. Mai 2010 um 17:13

    Hallo Fox!
    Also wirklich Hut ab vor deinem Engagement.
    Denn obwohl du selbst nicht MCS betroffen bist, sortierst du die Duftsachen aus.
    Ein großes Lob an dich und mögen dir noch viele!!! folgen.
    Oft ist es so, lieber Fox,dass nicht mal die Angehörigen von MCS Schwerkranken das einsehen und sie kommen immer wieder beduftet daher. Kinder und Kindeskinder und Eltern etc. und sind dann beleidigt, wenn sie nicht in die Wohnung dürfen ,wenn man auch draussen großen Abstand halten muss..oft gar nicht raus kann, weil die ganze Umgebung stinkt und einfach nicht verzichten wollen.

    Also du bist ein anspornendes Beispiel für all diese Ignoranten!!!!!!!!

    D A N K E!!!!!!!!!

  9. Energiefox 9. Mai 2010 um 18:55

    Seelchen,

    danke für das Lob, wer hört nicht gerne Lob, hab mich sehr gefreut.

    Also auf dem Zettel „Vermeiden Sie Duftstoffe“…..

    Ohne Duft _ BESSERE LUFT

    Das ist für mich durch das Forum klar geworden, wie das Amen in der Kirche.
    Mir geht es besser ohne den Duft. Ich habe zu danken für das Bewusstsein das es so ist.
    Gruß Fox

  10. Gerhard Becker 9. Mai 2010 um 19:21

    Hallo Energiefox,

    Du bist wirklich ein anerkennenswertes Vorbild eines Nicht-Umweltkranken, der mit grosser Sachkenntnis und Konsequenz so handelt, dass Du selbst möglichst nicht eines Tages unter einer Umweltkrankheit leidest, aber gleichzeitig, durch Deine Ablehnung von Duftstoffen und offensichtlich schädlichen Chemikalien mit dafür sorgst, dass diese Produkte weniger gekauft und im Kreislauf gelangen. Das ist ein gutes Beispiel von Solidarität mit den Umweltkranken.

    Vielen, vielen Dank!
    Gruß Gerhard

  11. Gerhard Becker 9. Mai 2010 um 20:06

    Liebe Marina,

    Du hast es sehr treffend beschrieben, genauso erleben es wir wohl alle, die MCS-Kranken und ihre Familien.
    Die Metamorphose von WOLLENDEN zu NIEMANDS nimmt bekanntlich immer weiter zu, sogar progressiv. Das wird zwangsläufig zu einem Augenöffnen führen, zwangsläufig, freiwillig oder sogar mit Weitsicht natürlich nicht.
    Danke für Deine Worte.
    Liebe Grüße
    Gerhard

  12. Gerhard Becker 9. Mai 2010 um 20:19

    Liebe Maria,

    herzlichen Dank für Deine lobenden Worte und die 100%. Wenn aufrüttelnde Worte auch 100%tig wirken würden…

    Liebe Grüße
    Gerhard

    Hallo OBruno,

    auch Dir vielen Dank für Dein Lob. Wenn mein Gedicht sogar einen „Lyrikallergieker“ erreichen konnte, dann freut mich das natürlich besonders.

    Gruß Gerhard

    Liebes Seelchen

    herzlichen Dank für Deine positive Kritik und Dein Gedicht voller fragen, hinter denen sich berechtigte Forderungen „verstecken“. Dass sie noch nicht realisiert wurden ist beschämend für das materiell reiche, sozial aber verhältnismäßig verarmte Deutschland

    Liebe Grüße
    Gerhard

  13. Franzi 9. Mai 2010 um 21:19

    Lieber Gerhard,

    vielen Dank für deine lieben Worte. Es ist ja auch so, das muss ich jetzt noch mal hinterherschieben, dass ich deine Gedichte generell so treffsicher finde und deshalb gerne lese — und auch mit Geduld und „Spucke“ (d. h. Ärmel hochgekrempelt zur Tätigkeit) die biblische Erfüllung erwarte.
    (Die PM ist von mir = Leckermäulchen, wohl etwas ungelenk ausgedrückt… sorry)

    Liebe Grüße
    Franzi

  14. Morlock 10. Mai 2010 um 14:00

    Hi Gerhard,

    auch ich finde Dein Gedicht einfach genial. Du hast mit einfachen Worten alles genau auf den Punkt gebracht.

    LG
    Morlock

  15. yolande 10. Mai 2010 um 18:21

    @ Gerhard

    Deine Gedichte sind sehr gut. Sie drücken in feinen Worten die Situation aus, ausgeschlossen zu sein von dem was eigentlich jedem zusteht.

    Ich wünschte man könnte auch die NIEMANDS erreichen, doch wie erreicht man denn NIEMANDS’SE?

    Wir als Insider vergessen immer wieder dass Niemands ja auch geschädigt sind – das würde die Hirnlosigkeit erklären, die uns so sehr zu schaffen macht. Gifte wirken nun mal auch auf’s Gehirn – von jedermann scheint mir.

  16. Gerhard Becker 11. Mai 2010 um 17:44

    Hi Morlock,

    herzlichen Dank für Deine positive Wertung. Habe mich sehr gefreut.

    LG

    Gerhard

  17. Gerhard Becker 11. Mai 2010 um 20:44

    Hallo Yolande,

    ich schreibe vom Webpocket, da auf Arbeit. Nun zum zweitenmal, weil das Ding meine erste Antwort nicht sandte, jedenfalls sehe ich sie nicht.

    Vielen Dank für Deinen positiven Kommentar und den interessanten Gedanken. Ich habe mich sehr gefreut.

    Bezüglich der Niemands liegt ein kleines Missverständnis vor: Die Niemands sind die Betroffenen selbst, denn niemand von den Chemiekaliensensiblen kann diese Produkte nutzen. Also fast alle, fragte ich, um zu warnen, dass man sich nicht zu früh freuen solle, da die NIEMANDS täglich mehr werden.

    Wie man diese potentielle Niemands erreichen könne, fragst Du. Zum Beispiel durch solche Aktionen wie sie die spanische Eva oder Clarissa mit den Schleifen und Flyer machten (bin immer noch nicht dazu gekommen, welche zu bestellen, schäm).

    Wird es der Mensch jemals lernen, aus solchen Problemen zu lernen? Das Buch der Bücher liefert eine Weisheit dazu, wo es heißt, dass es nicht bei dem Mann liege, auch nur seinen Schritt zu richten. Der Mensch, zunehmend weniger oder ernsthafter an Gott glaubend, will zunehmend Gott spielen und das auch zunehmend verantwortungsloser. Doch wie irrt er zunnehmend umher auf seinen vergeblichen Weg, die Menschen glücklicher, gesünder, wohlgenährter und vor der Zerstörung der Natur und Umwelt zu bewahren. MCS ist eines der erschreckensten Beispiele, ebenso wie das sekündliche Verhungern von Kindern in der Welt, trotz voller Kornkammern.

    Liebe Grüße
    Gerhard

Kommentar abgeben: