Monatsarchiv für Oktober 2009

Angelika musste sterben

Wann erhalten MCS Kranke endlich Hilfe?

 

Sie nahm sich das Leben, weil sie keinen anderen Ausweg mehr hatte.

Sie flüchtete in den Tod, dabei hätte sie nur ein Refugium gebraucht, wo ihr Körper nicht auf Chemikalien reagiert und mit nicht unmenschlichen Qualen Alarm schlägt. 

Deutschland wird international dafür bewundert, dass jene Krankheit, an der Angelika litt, MCS – Chemikalien-Sensitivität, formal rechtlich als organische Erkrankung anerkannt ist. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) hat  MCS im Kapitel XIX, Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen unter T78.4 als kassenärztlich abrechenbare Erkrankung verschlüsselt. Österreich übernahm diesen Code ebenfalls, und in Japan hat das Medical Information System Developement Center (MEDIS-DC) MCS im gleichen Kapitel unter T65.9 in die japanische Fassung der International Classification of Diseases der WHO (derzeit ICD-10) aufgenommen. 

Als Außenstehender könnte man nun fragen, warum Angelika nicht zum Arzt ging.

Warum hat sie sich nicht helfen lassen? 

Die Antwort ist simpel: Weil das deutsche Gesundheitssystem lange noch nicht in der Lage ist, mit MCS angemessen umzugehen. Wenn man Glück hat, wird MCS vom Arzt diagnostiziert, doch selbst das muss nicht heißen, dass die Krankenkasse für MCS Kosten übernimmt. Genau so wenig kann man bei Gesundheitsämtern oder anderen Behörden auf Unterstützung hoffen. Auch dafür gibt es Beispiele im CSN-Blog. In Italien ist die Situation zwar ähnlich, doch dort entschied man sich von Behördenseite dazu, zwei schwer an MCS Erkrankte mit Militärmaschinen nach Dallas in eine Umweltklinik zu fliegen. Verschiedene italienische Zeitungen berichteten darüber. 

Die meisten Kranken treten nicht als Kämpfer gegen eine seit den Anfängen der Industrialisierung zunehmend durch Chemikalien verseuchte Umwelt an. Die meisten Kranken wissen nichts über ihre Krankheit und wenden sich vertrauensvoll an ihren Arzt. Damit beginnt eine Odyssee von Arzt zu Arzt, weil niemand die Krankheit adäquat behandeln kann. Früher oder später erklärt man ihre Symptome für psychisch bedingt und behandelt womöglich entsprechend. Die Patienten werden trotzdem nicht gesund. Wer dann noch den Absprung aus dem Gesundheitssystem schafft, ist zumindest noch nicht tot. 

Vielleicht gelingt es, sich selber zu informieren, und vielleicht ist zufällig genug Geld vorhanden, um sich in den USA in einer Spezialklinik behandeln zu lassen. Wenn man danach wieder etwas gesünder zurück kommt, geht der Kampf weiter. Hilfe aus dem Gesundheitssystem, damit sich der Gesundheitszustand nicht wieder verschlechtert, gibt es nicht. Selbst Anfragen nach medizinischem Sauerstoff brauchen Monate, bis sie bearbeitet werden. Meist erfolgt eine Ablehnung. 

Den genauen Leidensweg von Angelika kennen wir nicht in allen Details. Da sie in ihrer Wohnung ebenfalls auf Chemikalien reagierte, lebte sie zuletzt wie ähnliche Fälle im Freien. Aufgrund der nun sinkenden Temperaturen brauchte sie dringend eine Unterkunft. Sie kam für zwei Tage bei einer ebenfalls an MCS erkrankten Frau unter. Doch ihre Krankheit war bereits so weit voran geschritten, dass sie es dort auch nicht aushielt. Sie zog wieder aus und nahm sich kurz darauf am 29.10. das Leben.   

Ihr Fall, der einer von drei ähnlichen war, und mittlerweile sind es fünf, die sich an CSN-Deutschland gewendet haben, hat bereits vor ihrem Tod Betroffenheit ausgelöst. Einer unserer CSN Mitarbeiter schrieb das Bundesministerium für Arbeit und Soziales an nur um die Auskunft zu erhalten, dass man nicht zuständig sei und dass er es beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit versuchen solle. Das neue Schreiben ging auch an das Bundesministerium für Gesundheit. Vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit kam schließlich eine Antwort:

„…vielen Dank für Ihre Mitteilung an das BMU, die wir mit Interesse zur Kenntnis genommen haben. Wir sind weiterhin vielfältig bemüht, dass Umweltschutz gleichzeitig der Gesundheitsvorsorge dient.“

Antwort-BMU

 

Auf die angetragene Frage, ob es Möglichkeiten gäbe, in diesen konkreten Fällen den höchst gefährdeten Kranken zu helfen, wurde mit keinem Wort eingegangen. Weiterhin wird die Hilfe für Schwerstkranke alleinig Betroffenenorganisationen überlassen. In Folge bedeutet das, dass Chemikaliensensible, die meist ebenfalls das Haus nicht oder nur mit Schutzmaske und/oder Sauerstoff verlassen können, sich um diese Notfälle kümmern. 

Angelika wäre nicht tot, wenn man sie in einer Umgebung untergebracht hätte, in der sich ihr Immunsystem wieder hätte beruhigen können. Ob es solche Räume in medizinischen Einrichtungen in Deutschland gibt, darf bezweifelt werden. Es ist keine einzige Umweltklinik mit Reinraum-Standart (Cleanroom) bekannt. Es existiert nicht einmal eine Umweltklinik, die auch nur ein Duftstoffverbot konsequent durchführt. Der Aufwand, eine solche Cleanroom-Klinik oder wenigstens eine Notfallunterbringung mit ein paar spartanischen Zimmern einzurichten, wäre aber nicht sehr groß. Bis auf die empfehlenswerte Luftfilterung bräuchte es wenig technische Einrichtungen. Wichtiger ist das Weglassen von allem, was Chemikalien abgibt. Hier ist nicht die Stelle, eine Behandlung von MCS zu beschreiben, wie sie Prof. Rea, im Environmental Health Center in Dallas erfolgreich durchführt. Es gilt nur festzustellen, dass man Menschen wie Angelika ohne medizinische Intervention allein durch die Unterbringung in einen möglichst chemikalienfreien Raum retten könnte. 

Was wäre mit Ihr passiert, wenn sie zusammengebrochen und in ein Krankenhaus eingeliefert worden wäre? 

Vielleicht wäre sie schon beim Transport an einem Allergieschock durch ein Erste Hilfe Medikament gestorben. Vielleicht hätte sie weitere Symptome gegen die auf der Station verwendeten Reinigungs- und Desinfektionsmittel entwickelt, wenn sie überhaupt nochmal zu Bewusstsein gelangt wäre. Vielleicht wäre der Schock bei einer Nährinfusion oder als Reaktion auf weitere mit bester Absicht verabreichte Medikamente eingetreten. Bevor man herausbekommen hätte, was mit ihr los ist, wäre sie tot gewesen. Man hätte gesagt, ihr war eben nicht mehr zu helfen. Die Chance, einen Infarkt oder eine extrem schwere Unfallverletzung zu überleben, ist unendlich höher. Für MCS ist unser Gesundheitssystem in keinster Weise eingerichtet. Noch schlimmer, dort wo man sich mit dem Phänomen befassen müsste, dass es Menschen gibt, die selbst auf Spuren chemischer Stoffe mit klinischen, körperlichen Abwehrreaktionen antworten, wird diese Erkrankung in ihrem Wesen bestritten und geleugnet. Obwohl es einen internationalen Stand der Wissenschaft mit überprüfbaren Erkenntnissen gibt, werden diese in Deutschland nicht zur Kenntnis genommen. Obwohl es für die Diagnose von MCS internationale Konsenskriterien gibt, mit deren Vorläufern sogar das Robert Koch-Institut in seiner wenig patientenfreundlichen Studie arbeitete, wird MCS in Deutschland kaum diagnostiziert. Das ist der aktuelle Stand für Multiple Chemische Sensitivität – ICD-10, T78.4 in Deutschland! 

Wieso kann man sich nicht eingestehen, dass der technische Fortschritt nicht nur schöne Seiten hat, dass es Menschen gibt, die von dem, was alle angeblich völlig symptomfrei vertragen, krank werden? Es hat genug Umweltskandale mit langlebigen Substanzen gegeben. Selbst wenn alle in hohen Dosen giftigen Stoffe stets nur in Konzentrationen unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte vorhanden wären, handelt es sich mittlerweile und eine kaum überschaubare Zahl von Substanzen. Wer will mit Sicherheit behaupten, dass diese Stoffe in ihrer Gesamtwirkung keine für das menschliche Leben bedrohliche Giftigkeit darstellen. Es ist ungefähr dieselbe Sicherheit, mit der man am Anfang eines jeden Skandals von einer Unbedenklichkeit ausging, bis man es später besser wusste. 

Wie viele Menschen müssen noch an MCS sterben, bevor man Kranken wie Angelika in Deutschland wirklich hilft?

Autoren:  BrunO Zacke und Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 31. Oktober 2009

Neues Buch zeigt Ursachen von Umweltkrankheiten und vieler chronischer Krankheiten auf, einschließlich Alzheimer, Parkinson, MS

Rezension zum Buch „Umweltschadstoffe und neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns (Demenzkrankheiten)“ 

Neues Buch H-U. HillViele chronische Krankheiten, die langsam fortschreiten und zu zunehmenden Allge-meinbeschwerden führen, wurden in den letzten Jahren als Folge von andauernden Expositionen der Betroffenen gegenüber Umweltchemikalien beschrieben, darunter das Chronische Erschöpfungssyndrom, die Toxische Enzephalopathie, das Lösungs-mittel- und Holzschutzmittel-Syndrom, die Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS), um nur einige zu nennen. Aber auch die in der Häufigkeit innerhalb der Bevölkerung rasant zunehmenden Demenzerkrankungen wie die Parkinson-Krankheit, die Alzheimer-Krank-heit, die Multiple Sklerose und andere, die irreversibel bis zum Absterben ganzer Hirnregionen verlaufen, werden durch eine zunehmende Zahl von wissenschaftlichen Befunden mit Expositionen gegenüber Umweltchemikalien in Zusammenhang gebracht.   

Die Wissenschaft hat vielfältige Hinweise dafür geliefert, dass als Folge der Wirkungen dieser Chemikalien chronisch entzündliche Krankheitsprozesse im Gehirn ablaufen, die sich selbst verstärken und verselbständigen, und dies auch dann, wenn in den Körperflüssigkeiten die auslösenden Chemikalien mit den gängigen laboranalytischen Methoden schon lange nicht mehr nachweisbar sind. 

Das Buch von H.U. Hill beschreibt ausführlich neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zu den biochemischen Mechanismen dieser Demenzkrankheiten und kommt zu dem Schluss, dass Umweltchemikalien neben anderen Faktoren als Auslöser dieser irreversibel verlaufenden schweren Krankheiten in Frage kommen. Dies wird sowohl durch epidemiologische Daten als auch durch die biochemischen Mechanismen der Krankheiten belegt. Auffällig ist dabei, dass die Krankheitsmechanismen in wesentlichen Merkmalen mit den von Pall in seinem Buch „Explaining unexplained Illnesses“ (2007) beschriebenen Mechanismen chronischer Multisystem-Erkrankungen, zu denen auch die Multiple Chemikalien Sensitivität (MCS) gehört, übereinstimmen. Dies wird am Beispiel des oxidativen und nitrosativen Stresses, der Aktivierung des NMDA-Rezeptors und des Stickstoffoxid-Peroxynitrit-Zyklus aufgezeigt. 

Das Buch nimmt eine Gegenposition ein zu einem Kausalitätsverständnis von Gutachtern, die Langzeitwirkungen von Chemikalien im Gehirn außer Acht lassen und nur akute toxische Wirkungen von Chemikalien-Expositionen als bewiesen gelten lassen. Leider aber verhalten sich die chronischen Wirkungen von Chemikalien besonders im Gehirn und Nervensystem nicht so, wie dies die kurze Halbwertszeit der Erkenntnis zeitlicher Zusammenhänge bei Gutachtern, Richtern, Vertretern des Gesundheitswesens und Politikern zulässt. 

Vorangestellt ist ein Kapitel, in dem exemplarisch die neurotoxischen Wirkungen einiger wichtiger Chemikalien dargestellt werden. Dabei weisen aktuelle Erkenntnisse über Wirkungen von Insektiziden vom Typ der organischen Phosphorverbindungen (Organophosphate) bereits auf die Mechanismen chronisch-degenerativer Demenz-Erkrankungen hin. Das Buch macht deutlich, dass diese Pestizide und andere Umweltchemikalien für die rasante Zunahme von Demenzkrankheiten in den Industrieländern verantwortlich gemacht werden können. 

Hans-Ulrich Hill: „Umweltschadstoffe und Neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns (Demenzkrankheiten)“, 162 S., 3 Abb., Preis: 19,80 Euro, Shaker-Verlag Aachen, 2009, ISBN 978-3-8322-8582-1

Berufsverband der Umweltmediziner warnt vor Schweinegrippe-Impfstoff bei Patienten mit Umweltkrankheiten

Schweinegrippenimpfung zu hohes Risiko

  

Der „Schweinegrippe-Impfstoff“ ist für Patienten mit Umweltkrankheiten und anderen chronischen Multisystemerkrankungen ungeeignet, warnt der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner in seiner Pressemitteilung vom 26. 10. 2009: 

Pandemrix® stellt wegen fehlender Sicherheitsnachweise ein erhebliches Gesundheitsrisiko bei Massenimpfungen dar. Wegen der Haftungsfreistellung des Herstellers durch die Bundesregierung liegt das Risiko von Nebenwirkungen und/oder bleibenden Schäden durch den Impfstoff letztlich beim Patienten. 

Der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner dbu hat trotz der in den Medien von Seiten der Regierung, des Paul-Ehrlich-Instituts wie des Herstellers geäußerten Unbedenklichkeitsbeteuerungen ernsthafte Bedenken gegen den von der Bundesregierung als einzigem für die breite Massenimpfung gegen die „neue Grippe“ zur Verfügung gestellten Pandemieimpfstoffes „Pandemrix®“ der Fa. GlaxoSmithKline (gsk). 

Der dbu diskutiert an dieser Stelle weder den medizinischen Nutzen von Impfmaßnahmen im Allgemeinen noch die Notwendigkeit solcher Maßnahmen im bisher eher milden Verlauf der Schweinegrippepandemie. 

Unsere Kritik richtet sich allein gegen die Pandemievaccine Pandemrix®. 

  • Es bestehen erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des Impfstoffes: in der Zulassungsphase wurde ein Impfstoff mit einem um 40% höheren Anteil an Virusantigen (5,25 µg) als die jetzt ausgelieferte Vaccine (3,75 µg) getestet. Es besteht noch kein eindeutiger Konsens ob die Impfung einmalig oder zweimalig pro Saison erfolgen soll!!!
  • Es bestehen erhebliche Zweifel an der Unbedenklichkeit des adjuvantierten Wirkverstärkers, da dieser erstmals verwendet wird. Der Impfstoff enthält 27,4 mg AS03, eine Emulsion aus Polysorbat, Squalen und Tocopherol. Ausreichende Studien dazu fehlen, da in der Erprobungsphase als Surrogatkriterium lediglich der Aufbau von Antikörpertitern bestimmt wurde und nicht etwaige Nebenwirkungen.
  • Hersteller wie amtliche Stellen verschweigen, dass Squalen im Gegensatz zur oralen Aufnahme (Squalen ist u.a. als Naturstoff z.B. in Olivenöl enthalten) bei subkutaner oder intramuskulärer Anwendung ein proinflammatorisches immunaktivierendes Immunogen ist.
  • Autoimmunkrankheiten können damit provoziert, bereits bestehende aktiviert werden. Squalen wird mit der Entstehung eines Guillan-Barré-Syndroms (GBS) in Zusammenhang gebracht und gilt heute als der Auslöser des Golf-Krieg-Syndroms (GWS). In Tierversuchen hat Squalen das Krankheitsbild einer rheumatoiden Arthritis ausgelöst.
  • Squalen aus Nahrungsquellen wird im Organismus v.a. in Membranen eingebaut. Eine impfbedingte Bildung von Squalenantikörpern löst an den Membranen chronische Entzündungen aus, die Erkrankungen wie GWS, aber auch degenerative Nervenerkrankungen wie MS, ALS, CIDP und GBS erklären.
  • Die Auslieferung des Impfstoffes in Mehrfachdosenampullen ist obsolet. In Einzeldosenampullen wären Quecksilber haltige Konservierungsstoffe wie das in Pandemrix enthaltene Thiomersal überflüssig. Auch Quecksilber löst erwiesenermaßen Autoimmunkrankheiten aus.
  • Da der Impfstoff weder an Kleinkindern noch an Schwangeren erprobt wurde (Einspruch der Ethikkommission), stellt die Forderung, gerade diese besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe in der ersten Impfphase bevorzugt zu impfen, einen unzulässigen Feldversuch dar.
  • Für Umweltpatienten und Immunsupprimierte (z.B. AIDS)  stellt der Impfstoff ein höheres Risiko als die Schweinegrippe selbst dar.
  • Der Hersteller GlaxoSmithKline (gsk) ist laut Vertrag mit der BRD weitgehend von der Haftung freigestellt. Im Falle eines Impfschadens wird der betroffene Impfling statt gegen gsk gegen die Regierung und somit gegen den deutschen Staat klagen müssen, ein im Regelfall aussichtsloses Unterfangen.
  • Um nicht selbst in die Haftungsfalle zu geraten, muss der die Impfung durchführende Arzt den Patienten über alle Risiken der Impfung und des Impfstoffes sorgfältig aufklären. Es empfiehlt sich, diese Aufklärung im Beisein einer Helferin durchzuführen und mit einer Unterschrift vom Impfling bestätigen zu lassen. Die Aufklärung sollte auch die haftungsrechtlichen Besonderheiten umfassen. Auch der Hinweis darauf, dass andere, risikoärmere Impfstoffe in Europa existieren, diese aber wegen einer Fehlentscheidung der Bundesregierung für die deutsche Bevölkerung zur Zeit nicht zur Verfügung stehen, sollte in diesem Aufklärungsgespräch nicht fehlen. 

Wegen den vorgenannten Gründen gibt der Vorstand des Deutschen Berufsverbandes der Umweltmediziner folgende Empfehlung heraus: 

Aus allgemeinmedizinischen und umweltmedizinischen Überlegungen heraus rät der dbu dringend von der Durchführung einer Impfung mit Pandemrix® ab!

Pressemitteilung des Deutschen Berufsverbandes der Umweltmediziner, Dr.med. Hans-Peter Donate, am 26. 10. 2009, für den Vorstand des dbu, ViSdPG

Schreie aus der Stille

Die Zeit des Schweigens ist beendet…

Die spanische Bloggerin Eva lebt eingesperrt in ihrer Wohnung. Sie hat nichts verbrochen, sie ist einer der vielen Menschen weltweit, die unter MCS – Chemikalien-Sensitivität leiden. Durch diese Krankheit ist sie gezwungen, ein völlig zurückgezogenes Leben zu leben, weil ihr Körper durch den geringsten Kontakt gegenüber Chemikalien kollabiert. Trotz, dass Eva „eingesperrt“ ist wie einer der Kanarienvögel, den Bergleute mit in die Kohlengruben nahmen, um festzustellen, ob die Luft ungiftig sei, ist sie nicht verstummt. Im Gegenteil. Aus ihrem „Käfig“ schreibt Eva ihre aufrüttelnden Artikel für ihren Blog „No Fun“ und für die spanische Kunstzeitung Delirio. Ihre „Schreie“ gehen tief, sie rütteln auf und brechen das Schweigen über eine Krankheit, die nicht sein darf, weil sie anprangert, dass ein Leben umgeben von Chemie krank macht. Nachdem der Artikel „Die nackte Wahrheit über MCS“ um die Welt gegangen ist, ertönt ein weiterer Schrei der spanischen Bloggerin, der nicht zu überhören sein wird, weil es der Schrei der unaufhaltsamen Wahrheit ist.  

Schreie-aus-der-Stille

Eva CaballéSchreie aus der Stille  

Wenn Du etwas nicht magst, wenn Dich etwas belästigt, wenn da etwas ist, dass Dich an Deine Fehler erinnert, dann ist es ganz einfach damit umzugehen, überlasse es dem nächsten Tag, leg es in die Ecke, eingepackt in tiefes Schweigen. Das passiert mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) Betroffenen. Sie wollen uns so, ruhig, nur kein Aufsehen erregen, auf diese Weise realisiert niemand, dass der Abgrund, auf den wir uns täglich näher zubewegen, ein Stück näher rückt und dass wir alle fallen werden: Wir, unsere Kinder und unsere Kindeskinder… 

Wir füttern die internationale Ökonomie mit unserer Gesundheit, unserer Zukunft und der Zukunft derer, die noch nicht einmal geboren sind. Es ist die gleiche Gesellschaft, die uns krank werden lässt, uns unnötigerweise toxischen Produkten aussetzt, uns dann mit unserem Schicksal sitzenlässt und uns ruhigstellt, so dass niemand die Wahrheit erfährt.  

Was kann diese Spirale bloß brechen? Es ist notwendig, dass uns jemand eine Chance gibt, dieses Schweigen zu brechen, in das sie uns zwingen zu leben. 

Delirio hat mir eine Tür geöffnet, wodurch ich schreien kann mit all meinen Kräften, schreien, dass wir hier sind, dass wir MCS haben, weil der derzeitige Lebensstil uns krank macht. Sie öffneten mir eine Tür, durch die ich schreien kann, dass sie es nicht schaffen werden, uns zum Schweigen zu bringen und mehr noch, dass dies erst der Anfang ist und dass es notwendig ist, jetzt richtig zu handeln. 

Delirio hat uns geholfen dieses Schweigen zu brechen, indem sie „Die nackte Wahrheit über MCS“ in einer Ausgabe über Nacktheit publiziert haben. Delirio hat mich ausgezogen, beides innerlich und äußerlich, um dadurch die harte Realität anzuprangern. 

Unerwartet wurde dieser Artikel in 9 verschiedene Sprachen übersetzt und publiziert und er wurde in verschiedenen Ländern überall auf der Welt veröffentlicht. Einige dieser Länder haben ein Vorwort dazu geschrieben so wie Deutschland oder Norwegen. 

Das, was anfangs mein Schrei aus der Stille war, wandelte sich in einen einstimmigen Schrei der Patienten der ganzen Welt, ein Schrei der anprangerte, dass MCS existiert, dass man uns allein lässt, aber dass niemand es schafft, uns je zum Schweigen zu bringen.  

Danke an Delirio, dass sie unser Lautsprecher sind!

Autoren:

Schreie aus der Stille: Eva Caballé No Fun Blog 19. Okt. 2009

Vorwort: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 27. Okt. 2009 

Aufruf zur Hilfe: Umwelterkrankte wurden innerhalb weniger Monate zum Notfall

Hilfe - HELP

 

Aufruf zur Hilfe: Drei Umwelterkrankte brauchen dringend Hilfe zum Überleben

 

Wieder drei Notfälle, Menschen die unter Chemikalien-Sensitivität (MCS) leiden und niemand fühlt sich für sie verantwortlich. Die drei Schwerkranken brauchen umgehend eine schadstofffreie Unterkunft. Der Wohnraum, in dem sie bislang lebten, ist nicht mehr zu tolerieren für sie. Sie wurden Tag für Tag kränker. Das ist typisch für Menschen mit Chemikalien-Sensitivität im Endstadium, der Körper beginnt dann auf immer mehr zu reagieren, die Toleranz gegenüber ihrer Umwelt und Nahrungsmitteln sinkt und der Aktionsradius schmilzt gleichzeitig. Jetzt halten sich die drei kranken Menschen weitgehend draußen auf, aber die Witterung lässt dies nicht mehr lange zu. Was dann? In Vergangenheit sahen mehrfach ebenfalls schwer an Chemikalien-Sensitivität (MCS) Erkrankte nur noch den Suizid als Ausweg. 

Notfall Nr. 1

Einer der drei Notfälle, eine Frau, wurde nun von einer anderen schwerkranken, ebenfalls hochgradig chemikaliensensiblen Frau aufgenommen. Um dort bleiben zu können, musste sie ihrem Mann die Kleidung und das Bettzeug wieder mitgeben, alles war zu kontaminiert von Holzschutzmitteln und verursachte Reaktionen bei der Frau, die ihr Asyl gewährt. Ein Pullover und eine Jogginghose aus ihrem eigenen Bestand ist nun die einzige Kleidung, die vorhanden ist. Eine Rollmatratze, die von der Frau mitgebracht wurde, musste ebenfalls entsorgt werden, nun schläft sie ohne alles auf dem Boden. Sie friert und zittert den ganzen Tag. Etwas Neues kaufen ist schwer, sie toleriert nur Kleidung aus Bio-Baumwolle, die schon häufig gewaschen wurde. In diesem Asyl kann sie auch nicht länger als bis zum Wochenende bleiben, weil sie mittlerweile den nahegelegenen Wald (eine natürliche Schimmelquelle und den Holzgeruch, Terpene) auch nicht mehr toleriert. Ihr Mann ist körperlich am Ende, weil er tagsüber hart arbeitet und seine Frau wochenlang nachts in den Wald gefahren hat, damit sie für kurze Zeit beschwerdefreier war, bis auch das nicht mehr half. 

Notfall Nr. 2

Ein junger Mann konnte ebenfalls für ein paar Tage bei der netten Frau Asyl erhalten. Jetzt ist er wieder in seinem Apartment, das er nicht toleriert. Vorgestern kollabierte er in seinem Bad, stürzte dabei und verlor rund einen halben Liter Blut. Jetzt sucht er verzweifelt eine kleine Unterkunft, in der er sich erholen und wieder zu Kräften kommen kann. In den letzten beiden Monaten hat er 5 kg an Gewicht verloren, weil er zur Chemikalien-Sensitivität erschwerend kaum noch Nahrung toleriert. 

Notfall Nr. 3

Der dritte Notfall ist eine Frau von 50 Jahren, die ihr Haus wegen Belastung nicht mehr bewohnen kann. Auch sie ist verzweifelt auf der Suche nach einer Unterkunft, weil sie es draußen nicht mehr schafft. 

Keiner der drei Notfälle bekam adäquate medizinische Behandlung die stabilisierte, alle drei bemühten sich über ihre Kräfte hinaus darum. Für alle drei Notfälle sehen die nächsten Wochen düster aus. Was noch ernüchternder ist, sie sind keine Einzelfälle.   

Thommy’s MCS Blogfrage der Woche: 

  • Wer ist zuständig für diese Menschen, die sich nirgendwo in Innenräumen mehr aufhalten können, weil sie durch Chemikalien so hypersensibel wurden, dass sie jetzt auf alles reagieren? 
  • Wieso gibt es in Deutschland immer noch keine Umweltklinik, die für solche schweren MCS Notfälle bereitsteht? 
  • Warum gibt es keine Klinik mit adäquater Infrastruktur und Umweltbedingungen, die auch von Hypersensiblen vertragen wird? Eine Klinik mit konsequentem Duftstoff- und Rauchverbot, mit schadstofffreier Ausstattung. 
  • Ist es akzeptabel, dass Schwerkranke in der Natur vegetieren müssen und andere Schwerkranke helfen müssen, weil sich niemand sonst zuständig fühlt?

 

Realistisch betrachtet rechnen wir nicht mit offizieller Hilfe, deshalb ein Aufruf, ein Appell: 

Wer weiß rasche Hilfe, Rat oder eine Unterkunft für diese drei chemikalien- und elektrosensiblen Menschen in Not? Wer kann organisieren helfen? 

 

Arbeit und Renovierung im Büro – Resultat: Diagnose MCS

Aktenordner, bedrucktes Papier lösen Gesundheitsbeschwerden aus

Seit 01.09.1983 war ich als Lohn- und Finanzbuchhalterin in einer Spedition mit 28 Std./Wo. angestellt. Ende 92 wurde für die Disposition eine Büroerweiterung vorgenommen. Im Zuge dieser Umbaumaßnahmen wurde dort auch eine Fußbodenheizung eingebaut. Nach einem Wassereinbruch (ca. 98) zeigten sich im Fußboden Blasen, später wurden daraus Löcher und offene Fugen, die aber nicht repariert wurden. Im Oktober 2005 wurde dann die Fußbodenheizung repariert, da sie „zu heiß“ wurde. Ende August 07 kam es aufgrund des undichten Dachs erneut zu einem großen Wassereinbruch in der Dispo. Um die Räume auszutrocknen, hatte die damalige Geschäftsleitung die Fußbodenheizung über Nacht voll aufgedreht. Fenster und Türen hielten sie jedoch geschlossen. Am folgenden Tag gingen wir wie gewohnt zu unserem Büro und sahen dort eine enorme Giftgaswolke. Wir rissen sofort sämtliche Fenster und Türen weit auf. 

An diesem Tag begann unsere Leidensgeschichte. Betroffen sind Herr S. (kaufm. Leiter, geb.1963), Frau H. (Auszubildende, geb.1986) und ich. 

Der Fußboden dieses Büros wurde samt Kleber am 01.10.07 von dem Baubiologen Herrn Dr. Hiltner untersucht. In den Proben fanden sich verschiedene VOC: 2-Ethyl-1-Hexanol, n-Butanol, Isobutanol, 1-Methyl-2-pyrrolidon, Longifolen (Terpene) etc. In der Beurteilung des Baubiologen heißt es:

„In unterschiedlichem Ausmaß sind alle Stoffe schleimhautreizend, leber- oder nierenschädigend und können bei längerer Einwirkung Konzentrationsschwäche und Benommenheit hervorrufen… Generell können die gesundheitlichen Reaktionen insbesondere auf Gemische solcher Stoffe sehr unterschiedlich ausfallen…

Wie sich im Nachhinein herausstellte, hätte auch der damals benutzte Kleber niemals verwendet werden dürfen. Er ist für Fußbodenheizungen nicht geeignet und härtet deshalb unter dem Fußboden nie aus. 

Mein Hausarzt stellte bei mir im November 99 bei einer Routineuntersuchung leicht erhöhte Leberwerte fest: Gamma-GT: 37,6 (Normalwert: bis 36).  Den genauen Auslöser dafür kannten wir damals noch nicht, Alkohol konnten wir aber ausschließen. Die nächste Blutuntersuchung war im April 06: Gamma-GT: 134, GLDH 9,6 (Normalwert: bis 5,1). 

Nun forderte mein Hausarzt eine Abklärung dieser erheblich erhöhten Werte. Nachdem keine weiteren Gesundheitsstörungen festgestellt werden konnten, diagnostizierte der Arzt nach etlichen Laboruntersuchungen eine autoimmune Lebererkrankung. Halbjährliche Kontrollen zeigten, dass die Werte (evtl. auch aufgrund der Einnahme von Mariendistel, etc.) bis Mai 07 auf  63 / 5,4 sanken. 

Zu dieser Zeit hatten meine Kollegen zwar nicht mit erhöhten Leberwerten zu kämpfen, dafür aber klagte vor allem unser Disponent über häufige Kopfschmerzen, Unwohlsein und zahlreiche grippale Infekte. Seine Launen wurden mit der Zeit unerträglich. Eine Alkoholunverträglichkeit kam später dazu. Er kündigte 2003. Sein Nachfolger klagte ebenfalls bald über Kopfschmerzen. Auch sein Verhalten wurde recht bald launisch.

Mein Kollege, Herr S., und ich saßen im angrenzenden Büro, das über ein großes Schiebefenster zur „Dispo“ verfügt. Tagsüber war dieses Fenster häufig und nachts immer geöffnet. Auch wir beide hatten Erkältungen und „Dauerschnupfen“ und litten darüber hinaus auch noch unter Konzentrationsschwäche. 

Der zweite Wassereinbruch am 23.08.07 und die dadurch entstandene enorme „Giftgaswolke“ verschlimmerte unseren Gesundheitszustand erheblich. Zu erhöhten Leberwerten, Kopfschmerzen, Erkältungen und Dauerschnupfen kamen bereits wenige Tage nach der Gaswolke, schon am 27.08.07, neue Symptome hinzu: Juckreiz, Lippen- und Augenbrennen/-tränen, Hautausschlag, Konzentrationsschwächen, Zittern, innere Unruhe, Seh- und Wortfindungsstörungen, Aggressivität. 

Wir versuchten durch das Öffnen der Fenster und sogar durch das zeitweilige Verlassen der Büroräume die Belastung so gering wie möglich zu halten. Die Krankheitszeichen verschlechterten sich jedoch zusehends. 

Wir zogen deshalb am 22.10.07 in eine leer stehende Wohnung im angrenzenden Wohnhaus um, samt unserer EDV und den nötigsten Ordnern. Zu dieser Zeit wussten wir bereits, dass bedrucktes Papier einer der Hauptauslöser unserer Symptome war. Deswegen hatten wir die Drucker auch schon nicht mehr auf unseren Schreibtischen stehen, sondern sie bei geöffnetem Fenster im Bad untergebracht. Durch den Büroalltag kamen aber natürlich trotzdem jeden Tag eine Menge neuer Ausdrucke dazu. Wir arbeiteten mittlerweile überwiegend auch bei offenen Fenstern. Das Arbeiten im Wintermantel war aber unser kleinstes Problem, denn unsere Symptome blieben. Der Umzug hatte leider nichts daran geändert. 

Daraufhin baten wir unseren betriebsärztlichen Dienst (BAD) um Hilfe. Dieser hatte keinerlei Erklärung für unsere „Erscheinungen“. Eine Blutuntersuchung am 11.10.07 ergab bei mir einen Gamma-GT von 92. Bei der Urinuntersuchung wurde Ameisensäure mit 16,7 belegt (Normalwert: bis 15). Der Betriebsarzt deutete dies mit „Formaldehyd im Körper“. Als ich auf meine roten Augen aufmerksam machte, meinte er nur: „die hat doch heut jeder“. 

Vom 8. bis 22.11.07 lies der BAD immerhin Luftschadstoffmessungen in der Firma durchführen (Firma Dräger Safety, Lübeck). Erhöhte Werte wurden u.a. festgestellt für: Cyclohexan, Ethylacetat und Terpene. Man gab uns nur den Rat, zu lüften. 

Im November 07 bekam ich Gürtelrose, Frau H., unsere neue Auszubildende, wurde mehrfach krankgeschrieben, nachdem bei ihr bereits Lähmungserscheinungen auftraten. 

Mein Hausarzt konnte die Fülle der Symptome nicht mehr einordnen und riet mir dringend, den Umweltmediziner Dr. Noppeney in Bayreuth aufzusuchen. Dieser diagnostizierte bei uns drei Büroangestellten am 20.12.07 MCS. Mein Gamma-GT lag nun bei 131. Zur Stärkung der körperlichen Selbstheilungskräfte empfahl er uns zunächst ein Nahrungsergänzungsmittel. Ab dem 08.01.08 versuchten wir uns zusätzlich bei ihm mit Matrix-Regenerations- und Bioresonanztherapie zu entgiften, anfangs wöchentlich. Die Behandlung mit einem ZMR-Gerät (Zell-Milieu-Revitalisierung) kam Ende Januar 08 dazu. An den Behandlungstagen ging es uns besser. Jedoch spätestens am zweiten, dritten Tag danach waren die Symptome wieder da. 

Am 04.01.08 hatten wir die Unfallmeldung an die zuständige Berufsgenossenschaft erstattet. Zahlreiche Telefonate und schriftliche Aufforderung, uns zu helfen, folgten – leider ohne den geringsten Erfolg. 

Bei einer Blutuntersuchung am 16.04.08 hatte ich durch die Behandlung bei Herrn Dr. Noppeney nur noch einen Gamma-GT von 65 (der GLDH war mit 3,3 in Ordnung). Die Symptome hatten sich allerdings noch nicht wesentlich gebessert. Dr. Noppeney sagte nur noch: „Sie müssen da raus!“ 

Doch an ein Aufhören im Büro war zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken. Nach der Insolvenz der ersten Firma im April 2007 hatten wir unter neuer Leitung im gleichen Gebäude weitergearbeitet. In der neuen Speditionsfirma waren wir drei nun die einzigen kaufmännischen Mitarbeiter. Unser Fehlen hätte das sofortige Aus für die neue Firma bedeutet, an eine Krankschreibung oder gar Kündigung war daher zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken. Also arbeiteten wir weiter.  

Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen den neuen Chef am 02.06.08 dennoch dazu, Insolvenzantrag zu stellen, worauf uns Herr Dr. Noppeney am 05.06.08 endlich wegen MCS krankschreiben konnte. Krankengeld erhielten wir ab dem 17.07.08. 

Im Juni und September 08 bekam ich Blasenentzündung, die mit Ciprofloxacin behandelt wurden. Die Werte schnellten wieder nach oben: Gamma-GT 110, GLDH 17,3. 

Zwischenzeitlich hatten Herr S. und ich bei der Berufsgenossenschaft einen Antrag auf Erstattung unserer Krankenkosten gestellt, die sich bis März 08 mittlerweile auf ca. 1.700€ Person beliefen. Nachdem dies abgelehnt worden war, legten Herr S. und ich am 22.08.08 über unsere Anwältin Widerspruch ein. 

Nach Rücksprache mit meiner Sachbearbeiterin bei der IKK (später TK), suchte ich am 03.09.08 Rat beim medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Ich schilderte meine Situation: Meine Symptome waren im Freien stets kaum vorhanden, in geschlossenen Räumen traten die Symptome je nach Umgebung sofort wieder auf. In meiner eigenen Wohnung fühlte ich mich wohl, solange keine Zeitung oder ähnliches im Zimmer lag. In anderen geschlossenen Räumen konnte ich andere auslösende Ursachen nicht immer sofort erkennen. Die Ausdünstungen, auf die ich reagierte, konnten von allem möglichen stammen: von Putzmitteln, Computern, gummibezogenen Sportgeräten, Kleidungsstücken, Teppichen, Druckerzeugnissen aller Art etc. Nachdem ich nicht mehr den Dauerausdünstungen des Büros ausgesetzt war, konnte ich mehr und mehr symptomauslösende Ursachen erkennen und benennen. Den Sachbearbeiter beim MDK machte ich darauf aufmerksam, dass bereits die von mir (in Folien) mitgebrachten Ausdrucke der verschiedenen Messergebnisse Reaktionen auslösten. Meine rot werdenden Augen bei seinem  kurzen Durchblättern waren nicht zu übersehen. 

Das Gutachten des MDK attestiert: „Die Erwerbsfähigkeit im erlernten Beruf ist nach geltenden Richtlinien zumindest erheblich gefährdet…. Durch eine medizinische Reha-Maßnahme ist wahrscheinlich keine Besserung des Erkrankungsbildes MCS zu erzielen… 

Trotzdem wurde ich von der Krankenkasse zwei Wochen später dazu aufgefordert, einen Reha-Antrag zu stellen. Schon das Ausfüllen der Formulare war eine Qual. Die Ablehnung der Reha bekam ich am 20.12.08 mit der Begründung:

„Verdacht auf somatoforme Störung. Wir halten nervenärztlich-psychotherapeutische Diagnostik und Mitbehandlung für ausreichend.“

Obwohl ich wusste, dass diese Begründung falsch war, legte ich dagegen keinen Widerspruch ein, denn ich wollte ja auch gar nicht an einen mir unbekannten Ort, von dem ich nicht sicher wusste, ob die Ausdünstungen dort auch wirklich schadstofffrei wären. Vor einer solchen Situation hatte ich Angst, da eine Kur in diesem Falle absolut kontraproduktiv gewesen wäre. 

Am 25.03.09 reichten wir (Herr S. und ich) nach der Beratung mit unserer Anwältin gegen die Ablehnung auf Erstattung der Krankenkosten Klage gegen die Berufsgenossenschaft beim Sozialgericht Bayreuth ein. Grund: Eintrittspflicht aufgrund Vorliegens eines Arbeitsunfalls; Vorliegens einer Berufskrankheit. 

Mein zwischenzeitlich beim Integrationsamt gestellter Antrag auf Anerkennung einer Behinderung wurde mit Bescheid vom 26.06.09 mit folgender Begründung abgelehnt: 

„Bei der Beurteilung sind wir von folgenden Erwägungen ausgegangen: Die anfangs erheblich erhöhten Leberwerte sind inzwischen deutlich gesunken. Mit weiterer Normalisierung ist zu rechnen. Bei entsprechender Kontaktvermeidung mit den identifizierten Chemikalien sind keine dauerhaften Beeinträchtigungen oder Schädigungsfolgen zu erwarten. Deshalb war diese Gesundheitsstörung mit einem GdB von 10 zu bewerten.“ 

Bei der Antragstellung hatte ich angegeben, auf welche Dinge und an welchen Orten ich Reaktionen zeige. Die vom Integrationsamt geforderte „Kontaktvermeidung“ bedeutet für mich aber eigentlich nichts anderes, als jedes Mal sofort zu flüchten, sobald aufgrund einer schädlichen Ausdünstung die ersten Symptome auftreten. Das ist aber leider nicht immer möglich. 

Gegen den Bescheid vom Integrationsamt legte ich keinen Widerspruch ein, da ein Beratungsgespräch beim VDK  ergab, dass es sinnvoller sei, einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu stellen. Ein Widerspruch gegen das Integrationsamt würde diesen Antrag behindern oder zumindest verschleppen. 

Die TK bat mich am 01.07.09, erneut beim MDK vorzusprechen. Bei dem dort erneut angefertigten Gutachten bescheinigte mir der Gutachter zwar eine Verschlechterung meines Gesundheitszustandes:

„Unverändert bleibt festzustellen, dass die Erwerbsfähigkeit im erlernten Beruf … erheblich gefährdet ist… Gleichzeitig attestierte er mir aber auch: „unverändert kann von einem positiven, vollschichtigen Leistungsvermögen in einem beruflichen Umfeld welches nicht mit den entsprechenden Chemikalien belastet ist, ausgegangen werden.“ Daraufhin wurde ich am 17.07.09 von der TK aufgefordert, mich ab 18.07.09 beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. 

Allein das Vorsprechen im Arbeitsamt war Horror für mich: Formulare, laufender Drucker des Sachbearbeiters vor meiner Nase, Broschüren usw. Aber wie hätte der Sachbearbeiter reagiert, wenn ich die Flucht ergriffen hätte? Auf meinen Hinweis zu Beginn unseres Gesprächs, das mich vor allem die beim Ausdrucken entstehenden Ausdünstungen krank machen, hatte er vorher nur geantwortet:

„95000 Mitarbeiter der BA arbeiten mit diesen Druckern und wir haben einen technischen Dienst. Mir ist kein einziger Krankheitsfall bekannt.“

Also blieb ich sitzen und wartete auf meine Formulare und weitere Anweisungen. 

Meine ausgefüllten Formulare (schon wieder massiver Kontakt) gab ich bei meiner Sachbearbeiterin ab. Interessanterweise lag ihr innerhalb von wenigen Tagen ein Gutachten des AA-Arztes vor: es war fast wortwörtlich vom MDK übernommen und hatte lediglich im Satzbau kleine Änderungen. 

Seit 05.08.09 bin ich EU-Rentenantragstellerin. Da ich vor 1963 geboren bin, habe ich Hoffnung, dass eine Berufsunfähigkeit zumindest zu einer halben EU-Rente führt.

Einen Verhandlungstermin wegen der Klage gegen die Berufsgenossenschaft gibt es noch nicht. 

Im Moment bin ich arbeitslos und muss mir eine Vollzeitstelle als Gehilfin im gärtnerischen Bereich suchen (aufgrund meiner eigenen Aussage, dass es mir in meinem Garten am besten gehe). 

Es gibt Tage, an denen ich denke, ich wäre gesund. Im Urlaub zum Beispiel, wenn ich keine Wander- oder Landkarte in die Hand nehme. Einfach immer dann, wenn ich es schaffe, „mich fernzuhalten“. Aber jedes noch so kleine bedruckte Blatt Papier in meiner Nähe, und die Symptome kehren sofort wieder zurück. Auch andere normale Alltagssituationen können für mich zu einem Problem werden: beim Einkaufen die Ausdünstungen neuer Kleidung in den Geschäften, beim Arztbesuch eine laufende EDV-Anlage, Patienten blättern in Zeitschriften. 

Die letzten Blutwerte vom 17.07.09: Gamma-GT: 72, GLDH:6,4. 

Der Gesundheitszustand von Herrn S. ist noch schlimmer als mein eigener: beim ihm führen noch mehr Faktoren dazu, dass die Symptome wieder ausbrechen. Weitere Beeinträchtigungen, wie Atemnot und Schweißausbrüche kamen bei ihm dazu.

Frau H. wurde nach insgesamt nur sechs Wochen Krankengeld von ihrer Krankenkasse (AOK) dazu aufgefordert, sich beim Arbeitsamt zu melden, was sie auch tat. Ihre Symptome sind nach wie vor unverändert. 

Ich bedanke mich für CSN Veröffentlichungen, die mir (uns) schon viel dabei geholfen haben, MCS zu verstehen. Jetzt hoffe ich nicht als kleiner Ping-Pong-Ball zwischen den Instanzen zerdrückt zu werden. 

Autor: B. G. für CSN – Chemical Sensitivity Network, 26. Okt. 2009

Gedicht: …und dann endlich

Es gibt immer einen Weg ins Licht - Deshalb, niemals aufgeben!

 

…und dann endlich

  

…und dann

nach vielen Ärzten

Fachärzten

Heilpraktikern

nach TCM

und vielen, vielen

„Sie haben nichts“

 

DIESES Schlagwort

wie ein Fausthieb

ins Gesicht:

MCS

 

…und dann

nach vielen

„Warum gerade ich“

nach vielen Tränen 

Heulkrämpfen

nach vielen

Werde ich sterben?“

nach Menschen

mit Herzen aus Stein

und Zungen wie Feuer

 

DIESE Selbstverbrennung

„Wäre ich doch nur gestorben“ 

 

…und dann

nach vielen Küssen

Umarmungen

nach vielen „Du schaffst es“

streichelnden Händen

lächelnden Herzen

Schulterklopfen

Sonnenstrahlen

Vogelgesang

Baumgeflüster

 

…und dann endlich

in mir

 

DIESES kämpferische MCS

Meine Chance Suchen

 

—–

 

Autor: Gerhard für CSN  – Chemical Sensitivity Network, 25. Oktober 2009

 

Weitere Gedichte von Gerhard:

Neues zur Umwelterkrankung MCS: Die Erde ist eine Scheibe!

Die Erde ist eine Scheibe

 

Wir wissen heute, daß die Erde keine Scheibe ist. Trotzdem muß man dies scheinbar immer wieder neu beweisen. Thomas S. Kuhn ein amerikanischer Wissenschaftstheoretiker hat gezeigt, daß die Wissenschaft keinen geraden Weg vom Aberglauben zum überprüfbaren Wissen geht. Es bilden sich herrschende Lehren. Deren Paradigmen beanspruchen selbst dann noch ihre Gültigkeit, wenn neue Paradigmen die Wirklichkeit längst besser erklären. Damit es zum Fortschritt kommt, muß eine wissenschaftliche Revolution stattfinden. Diese Revolutionen sind nicht gesitteter als die politischen. Auch Wissenschaftler haben Interessen und Eitelkeiten, sind zu Lügen und Intrigen imstande.

Thomas Kuhn fiel mir wieder ein, als Night Jumper den neusten Canary Report weiter twitterte. Darin las ich einen schönen Satz:

There is a long history of false psychogenic claims in medicine, where such diseases as asthma, autism, Parkinson’s disease, ulcers, multiple sclerosis, lupus, interstitial cystitis, migraine and ulcerative colitis have been claimed to be generated by a psychological mechanism.

Diese Feststellung von Professor Pall, Emeritus für Biochemie und Medizinische Grundlagenforschung an der Washington State University lautet auf Deutsch:

Falschbehauptungen über psychische Ursachen haben in der Medizin eine lange Geschichte. Es wurde behauptet, die Entstehung von Erkrankungen wie Asthma, Autismus, Parkinson, Magengeschwüre, Multiples Sklerose, Lupus, chronische Blasenentzündung, Migräne und chronische Darmentzündung wären auf psychische Mechanismen zurück zu führen.

Diese Krankheiten kann man inzwischen zum Nutzen der Patienten besser erklären. Beispielhaft erwähnt Professor Pall, daß im Jahre 2005 Robin Warren und Barry Marshall den Nobel-Preis für den Nachweis bekamen, daß Magengeschwüre auf bakterielle Infektionen und nicht auf psychische Ursachen zurückzuführen sind.

Der Canary Report berichtet noch mehr ermutigendes. Er gewährt vorab Einblick in ein von Prof. Pall verfaßtes Kapitel einer Referenz-Publikation für Toxikologie.

Der Inhalt kann an anderer Stelle kompetenter als von mir erläutert werden. Ich fasse grob zusammen:

Multiple Chemikalien Sensibilität ist weiter verbreitet als Diabetes. Das belegen epidemologische Studien aus den Vereinigten Staaten, aus Kanada, Deutschland, Schweden und Dänemark. MCS ist auf Exposition durch insgesamt sieben Chemikalien-Klassen zurückzuführen. U.a. Pestizide und organische Lösungsmittel. Dies wurde, wie es so schön heißt, am Tiermodell bewiesen. Die biochemischen Vorgänge sind erforscht. Man kann sowohl die Entstehung von MCS als auch die Reaktionen MCS-Kranker auf biochemischer Ebene beschreiben. Wer sich damit auseinander setzen will, muß sich mit NMDA-Rezeptoren und mit dem NO/ONOO-Kreislauf befassen.

Zu finden in:

General and Applied Toxicology, 3rd Edition
Bryan Ballantyne (Editor), Dr Timothy C. Marrs (Editor), Tore Syversen (Editor)
ISBN: 978-0-470-72327-2
Hardcover
3944 pages
October 2009

Eigentlich hab ich nun alles gesagt. Wer anderer Meinung ist, kann sich an die Arbeit machen, die Ergebnisse von Prof. Pall zu widerlegen. Da nun aber schon wieder eine Erkrankte gestorben ist, kann ich mir die folgenden Anmerkungen nicht verkneifen.

Eigentlich sollte es völlig egal sein, wie eine Krankheit zu erklären ist. Ein Kranker erwartet, daß man ihm so gut es geht hilft, selbst wenn man nicht genau weiß, was ihm fehlt.

Wer am lautesten schreit, muß nicht am kränksten sein, dennoch sollte man Patienten ernst nehmen. Außerdem spricht der Körper mit seinen Symptomen eine Sprache die Mediziner verstehen. Man sieht was dem Patient bekommt oder schadet. Selbst wenn die körperlichen Reaktionen psychosomatisch bedingt wären, was bei MCS nicht der Fall ist, darf man diese Reaktionen nicht vorsätzlich hervorrufen.

Wenn keine schulmedizinische Medikation möglich ist, hat sie zu unterbleiben! Im Falle von MCS hilft nur striktes Vermeiden von Stoffen die Reaktionen auslösen, Entgiftung, z.B. mittels Sauna und gesunde Lebensweise. Dabei bleibt mit Diagnose (PDF-Link), Untersuchungen, Rat und Tat immer noch genug Arbeit für den Arzt. Sie können solchen Patienten am besten helfen, indem Sie sich unvoreingenommen aus allen Quellen über Umwelterkrankungen informieren und den Mist vom Ökochonder nicht glauben.

Autor: BrunO Zacke, Ufocomes Blog, 19. Okt. 2009

Herzlichen Dank an BrunO, dass wir diesen Artikel im CSN Blog einstellen durften.

Weitere Blogs zum Thema MCS von BrunO:

Multiple Chemical Sensitivity – eine Krankheit verursacht durch toxische Chemikalienexposition

Prof. Dr. Martin PallEine bedeutender Artikel über MCS – Multiple Chemical Sensitivity wurde am 23. Oktober 2009 von Professor Martin L. Pall als Kapitel XX in einem angesehenen Referenzwerk für  Toxikologen, „General and Applied Toxicology, 3rd Edition“ (John Wiley & Sons) veröffentlicht. Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ist auch als Chemical Sensitivity, chemische Intoleranz und toxisch bedingter Toleranzverlust bekannt, wobei der letzte Begriff die Rolle von Chemikalien als Krankheitsauslöser unterstreicht. Pall’s Veröffentlichung mit dem Titel: Multiple Chemical Sensitivity: Toxikologische Fragen und Mechanismen, basiert auf fünf wichtigen Fakten über MCS:    

1. MCS ist eine erstaunlich häufige Krankheit, sogar häufiger als Diabetes. Das stellte sich durch eine Reihe von neun epidemiologischen Studien aus den Vereinigten Staaten und jeweils einer Studie aus Kanada, Deutschland, Schweden und Dänemark heraus. In den Vereinigten Staaten sind schätzungsweise 3,5% der Bevölkerung von schwerer MCS betroffen, eine weitaus höhere Anzahl, mindestens 12% der Bevölkerung, ist mäßig betroffen. MCS ist demnach eine sehr große international auftretende Krankheitsepidemie mit weitreichenden Auswirkungen in Hinsicht auf die öffentliche Gesundheit.  

2. MCS wird durch toxische Chemikalienexposition verursacht. MCS Krankheitsfälle werden durch Exposition gegenüber sieben verschiedenen Chemikalienklassen initiiert. Dazu gehören drei Klassen von Pestiziden und die sehr große Klasse organischer Lösungsmittel und verwandter Verbindungen. Ergänzend führen publizierte Studien Quecksilber, Schwefelwasserstoff und Kohlenmonoxyd als Initiatoren an. Von allen dieser sieben Chemikalienklassen wurde in Tierversuchen gezeigt, dass sie eine gemeinsame Reaktion im Körper hervorrufen, und zwar eine übermäßige Aktivität eines Rezeptors, der als NMDA Rezeptor bekannt ist. Weiterhin haben Tierversuche demonstriert, dass bei den Chemikalien, die einer dieser sieben Klassen angehören, die toxische Wirkung durch Medikamente, die die NMDA-Aktivität vermindern, stark reduziert wird. Weil übermäßige NMDA-Aktivität auch nach anderen Studien an MCS beteiligt ist, haben wir jetzt eine überzeugende, bei allen MCS-Fällen gemeinsame Reaktion, die erklärt, wie derartig verschiedene Chemikalien die Krankheit, die wir MCS nennen, hervorrufen können.  

3. Die Rolle von Chemikalien als Giften bei MCS wurde durch genetische Studien bestätigt. Vier solcher Studien haben gezeigt, dass Gene, die die Geschwindigkeit der Metabolisierung von an MCS beteiligten Chemikalien bestimmen, die Anfälligkeit, an MCS zu erkranken, beeinflussen. Diese vier Studien wurden durch drei Wissenschaftlerteams in drei Ländern, den USA, Kanada und Deutschland publiziert. Sie haben insgesamt sechs Gene ermittelt, die an der Festlegung der Suszeptibilität für MCS beteiligt sind. Jedes dieser sechs Gene hat eine Rolle bei der Festlegung der Metabolisierungsrate von Chemikalien, die mit MCS in Zusammenhang stehen. Die deutschen Studien von Schnakenberg und seinen Kollegen, die vier dieser sechs Gene einbezog, sind hierbei wegen des extrem hohen Grades an statistischer Signifikanz ihrer Studien besonders überzeugend. Es gibt nur eine Interpretation für die Rolle dieser Gene bei der Festlegung der Suszeptibilität für MCS. Und zwar, dass Chemikalien bei der Initiierung von MCS-Krankheitsfällen als Gifte agieren und dass die Verstoffwechselung dieser Chemikalien zu Formen, die dabei entweder weniger aktiv oder stärker aktiv sind als zu Beginn, deswegen die Wahrscheinlichkeit beeinflusst, ob eine Person an MCS erkranken wird. Es ist daher offensichtlich, dass MCS ein toxikologisches Phänomen ist, bei dem Krankheitsfälle durch eine toxische Reaktion gegenüber Chemikalienexposition verursacht wurden.  

4. Wir haben einen detaillierten und generell gut untermauerten Mechanismus für MCS. Dieser Mechanismus erklärt sowohl die hochgradige Chemikalien-Sensitivität, die das charakteristischste Symptom von MCS ist, als auch viele andere Symptome und Kennzeichen dieser Erkrankung. Dieser Mechanismus beruht auf einem biochemischen Teufelskreis, der auch als NO/ONOO-Zyklus bekannt ist, und mit anderen Mechanismen interagiert, die schon vorher als für MCS mitverantwortlich verdächtigt worden waren, insbesondere neuronale Sensibilisierung und neurogene Entzündung. Diese agieren lokal in den verschiedenen Geweben des Körpers, um eine lokale Sensibilität in Regionen des Gehirns und der peripheren Gewebe zu erzeugen, einschließlich der Lungen, des oberen Respirationstraktes, Regionen der Haut und des Verdauungstraktes. Auf Grund dieser lokalen Beschaffenheit, also weil die betroffenen Gewebe sich von einem Patienten zum anderen unterscheiden, unterscheiden sich verschiedene MCS Patienten von einander auch in ihren Sensibilitätssymptomen. Zusätzlich zu den oben diskutierten Belegen, wird dieser generelle Mechanismus durch verschiedene physiologische Veränderungen unterstützt, die bei MCS und verwandten Krankheiten gefunden werden, bei MCS-Tiermodellen, bei objektiv messbaren Reaktionen von MCS-Patienten gegenüber Chemikalien im Niedrigdosisbereich und bei therapeutischen Reaktionen, die bei MCS und verwandten Krankheiten gefunden werden.   

5. Seit über 20 Jahren haben einige fälschlicherweise behauptet, MCS sei eine psychogene Erkrankung, die nach deren Sicht durch schlecht definierte psychologische Mechanismen erzeugt wird. Diese Sicht ist jedoch vollständig inkompatibel mit den ganzen Beweisen, die zuvor in dieser Veröffentlichung diskutiert wurden.  Obwohl solche Unvereinbarkeit schon mehr als Grund genug ist, diese psychogenen Behauptungen zurückzuweisen, führt der MCS-Toxikologie Artikel acht weitere schwerwiegende Mängel in den psychogenen Argumentationen auf. Es gibt eine lange Historie falscher Psychogenitätsbehauptungen in der Medizin, während der über Krankheiten wie Asthma, Autismus, Parkinson, Magengeschwüre, Multiple Sklerose, Lupus, interstitielle Zystitis, Migräne und Colitis Ulcerosa behauptet wurde, sie würden durch psychologische Mechanismen erzeugt werden. Der Nobelpreis in Physiologie und Medizin im Jahr 2005 wurde Dr. Robin Warren und Barry Marshall verliehen, weil sie zeigten, dass Magengeschwüre durch eine bakterielle Infektion verursacht werden und nicht psychogenen Ursprungs sind. Es ist nunmehr klar, dass MCS eine physiologische, durch Chemikalienexposition hervorgerufene Erkrankung ist, von der fälschlicherweise behauptet wurde, sie sei psychogen.   

Martin L. Pall ist Professor Emeritus für Biochemie und Allgemeinmedizinische Wissenschaft an der Washington State University.   

Kontakt: martin_pall@wsu.edu  Webseite: www.thetenthparadigm.org  

Übersetzung: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network 

Weitere Artikel über Prof. Martin Pall und seine Wissenschaft:

Bericht Konferenz „Innenraumluftqualität: Gesunde Umwelt in Innenräumen“

Schulkinder funktionieren besser in gesunden Schulen ohne Raumbeduftung

Innenraumluftqualität: Gesunde Umwelt in Innenräumen“ – Konferenz des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes 

Die Politik will sich zukünftig mehr für eine bessere Qualität der Innenraumluft einsetzen und Maßnahmen gegen Innenraumluftbelastung ergreifen. Das ist das Ergebnis der Konferenz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt, die am 23 und 24. Juni 2009 in Berlin veranstaltet wurde. In Rahmen der Konferenz wurden Schadstoffquellen für Raumluftbelastung in Innenräumen diskutiert, ihre gesundheitliche Risiken und möglichen politischen Handlungsoptionen erörtert. Einer der Foren befasst sich mit dem Einsatz von Duftstoffen in Innenräumen und den dadurch verursachten Gesundheitsstörungen wie Allergien, Reizungen oder Unverträglichkeiten. In diesem Forum hat Frau Dr. Silvia Pleschka die Problematik der Raumbeduftung für Allergiker, Asthmatiker und empfindlicher Personen vorgebracht. Sie hat darauf hingewiesen, dass Duftstoffallergien (Kontaktallergien) und Duftstoffunverträglichkeiten durch luftgetragene Duftstoffe für Betroffene nicht nur gesundheitliche Risiken und vielfältige Beschwerden bedeuten, sondern auch eine deutliche Einschränkung im Alltag und einen Verlust an Lebensqualität, die vereinzelt auch zur sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung führen können. Betroffene von Duftstoffunverträglichkeiten haben keine Möglichkeit, einer Exposition im öffentlichen Bereich aus dem Weg zu gehen, zumal eine Kennzeichnung des Einsatzes von Raumbeduftung bis jetzt nicht üblich ist. 

Im Rahmen der abschließenden Podiumsdiskussion hat Dr. Pleschka folgende Forderungen in Bezug auf Raumbeduftung präsentiert: 

  • Transparenz des Einsatzes von Raumbeduftung mit Aushängen, Schildern etc.
  • Vermeiden unnötiger Raumluftbelastung durch Verzicht auf Raumbeduftung
  • Verbot der Beduftung wichtiger öffentlicher Bereiche wie Verwaltungen, Bildungsstätten, Kindergärten, Gesundheitseinrichtungen, öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Verzicht auf bekannte allergene und persistente (langlebige) Duftstoffe in Beduftungsprodukten (insbesondere auch in Produkten für den Privatgebrauch)
  • Erforschung der gesundheitlichen Wirkung luftgetragener Duftstoffe auch im Niedrigdosisbereich und Erforschung der Langzeitwirkungen niedrig dosierter Duftstoffe und der Wechselwirkungen mit anderen Chemikalien
  • Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie gewerblichen Anwender über mögliche Risiken des Duftstoffeinsatzes für duftempfindliche Personen und Personen mit hyperreagiblen Atemwegsystem sowie über den Einfluss der Duftstoffe auf die Qualität der Raumluft
  • Bewusstseinschaffen für die Probleme der sensiblen Personen, Allergiker, Asthmatiker, MCS-Betroffenen mit luftgetragenen Duftstoffe

Das Fazit der Konferenz war, dass gemeinsames und konsequentes Handeln aller Akteure aus Politik, Industrie, Handel, Handwerk, Wissenschaft und Verbraucher- und Patientenschutz notwenig ist, um die Qualität der Innenraumluft in Wohn- und Arbeitsräumen zu verbessern. Die Bundesregierung hat die Innenraumluftproblematik zum Schwerpunkt des Bereiches Umwelt und Gesundheit der kommenden Jahre erklärt. Mit der Gründung des Kompetenzzentrums für Innenraumhygiene ist der erste Schritt zur Annäherung an das wichtige und sehr komplexe Thema der Qualität der Innenraumluft getan. 

Autor: Dr. Silvia Pleschka, Mitarbeiterin im Beratungsteam des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB). Allergie konkret 3/09

Herzlichen Dank an den DAAB für die freundliche Genehmigung den Artikel im CSN Blog einstellen zu dürfen.