Den Weihnachtsengeln liegen Allergiker und Chemikaliensensible besonders am Herzen

Der CSN Weihnachtsengel wünscht einen wunderschönen Ersten Advent

Klirrend kalt war es gewesen heute Nacht, die Sterne blitzten und der Mond tauchte alles in ein fahles Licht. Der warme Tee auf dem Schreibtisch dampfte, irgendwie war ich noch nicht ganz wach und doch spürte ich, dass heute ein besonderer Tag sein würde. Die Zeit vor Weihnachten ist schon etwas Besonderes, doch heute Morgen war da noch etwas anderes. Was nur? Ich nahm einen Schluck des warmen Tees und schaute aus dem Fenster. Alles war noch mit Reif überzogen und sah wie mit Zuckerguss überzogen aus. Eine richtig schöne Winterlandschaft mit den glitzernden Kristallen an den vom Sommer übriggebliebenen langen Gräsern und frostig aussehenden Bäumen. Das Läuten des Telefons riss mich aus meiner genießenden Stimmung in den Büroalltag zurück.

Es war wieder jemand, der Probleme hatte seinen Alltag zu bewältigen, weil er auf Chemikalien reagiert und zusätzlich noch viele Allergien hat. Nicht einfach, alle Hürden, die täglich auf solche Menschen zukommen, zu bewältigen. Manche dieser Menschen haben keinen mehr, der sie unterstützt, weil es zu schwierig für das Umfeld ist, mit den Restriktionen klarzukommen. Diese immer häufiger werdenden Menschen brauchen Perspektiven, Hilfe, Tipps und eine Menge mehr.

Huch, was war das eben? Etwas Glitzerndes in meinem Augenwinkel. Ich blickte aus dem Fenster und schaute direkt in das strahlende Gesicht des Weihnachtsengels, der von glitzerndem Sternenstaub umgeben war.  Schnell öffnete ich das Fenster, um meinen alten Freund hereinzulassen. „Guten Morgen Silvia“, rief er mir beim Hineingleiten mit kraftvoller Stimme zu. „Diesmal bin ich eher da als im letzten Jahr, weil wir in Ruhe reden müssen“, und während der Weihnachtsengel seine Federn sortierte, tauchte der ganze Raum in silbrigen Sternenstaub. Welch eine Pracht, dachte ich, und mein Herz öffnete sich weit. Kein Wunder, dass ich heute Morgen spürte, dass etwas Besonderes in der Luft lag.

„Setz Dich, lieber Engel, eine Tasse heiße Schokolade mit viel Sahne obendrauf, wie im letzten Jahr?“, fragte ich ihn. „Oh ja, wunderbar, und pack ruhig noch etwas Zimt obendrauf, “ meinte der Engel und setzte sich bequem hin. Innerlich flatterte ich vor Freude, dass mein lieber Freund, der Weihnachtsengel, zu Besuch gekommen war. Geschwind bereitete ich sein Getränk und setzte mich neben ihn. Sofort fing er an zu reden wie ein Wasserfall und man sah, dass auch er sich freute, hier zu sein.

„Das ganze Jahr über habe ich immer wieder an Deine Leute mit den schweren Allergien und an die Chemikaliensensiblen gedacht. Was ja keiner weiß, wir Weihnachtsengel sind nicht träge in der restlichen Zeit des Jahres, so ist das nicht. Wir passen auch in dieser Zeit auf Euch auf, und ohne dass es ein Mensch merkt, richten wir so manches, “ sagte er mit einem verschmitzen Lächeln auf dem Gesicht. „So, so Ihr seid das“, entfuhr es meinen ebenfalls schmunzelnden Lippen.

Der Engel schlürfte genussvoll seine heiße Schokolade und wischte sich einen Sahneklecks von der Nasenspitze. „Hmm, darauf habe ich mich schon lange gefreut und ich genieße diese leckere Schokolade für Deine allergischen Leute mit, die solche Köstlichkeiten nicht mehr genießen können. Aber bevor ich noch weiter von uns erzähle, berichte Du mir von den Leuten, denen es nicht so gut geht wie uns Engeln, die nie krank werden können.“

„Wo soll ich nur anfangen, lieber Weihnachtsengel, es gab soviel, was zu berichten wäre, und dennoch ist das Jahr unglaublich schnell vorbeigegangen. Das Wichtigste erscheint mir, dass die kranken Menschen sich immer mehr selbst kundig machen. Ganz viele gehen hin und suchen nach Wegen, wie sie gesünder werden, und sie lesen unglaublich viel im Internet. Trotzdem glauben sie nicht alles, was irgendwo steht, sie recherchieren und denken nach. Ich finde, das ist eine richtig gute Entwicklung, denn ein Arzt hat kaum Zeit, und wenn man auf vieles reagiert, ist man ziemlich aufgeschmissen. Man muss lernen, sein Leben ganz neu zu arrangieren.“

„Im letzten Jahr haben wir einen Blog gestartet, das ist eine moderne Art von Webseite, die fast jeden Tag neue Infos bringt, das gefällt den Leuten und sie beteiligen sich. Wir haben einige neue Autoren, die mithelfen, andere Kranke zu informieren, und es kommen ständig neue Schreiber hinzu, “ berichtete ich dem Engel.

„Das klingt jetzt vielleicht merkwürdig, weil jeder denkt, Engel seien etwas aus alter Zeit, aber wir lesen auch im Internet. Es geht so schön rasch, sich gezielt zu informieren, wenn man weiß wo, und das spart uns Engeln eine Menge Zeit, denn überall gleichzeitig können wir unsere Augen nicht haben, “ ließ der Weihnachtsengel verlauten. „Manchmal sind wir aber auch richtig sauer darüber, was wir da lesen. Als in diesem Jahr versucht wurde, die Chemikaliensensiblen mit geballter Kraft als psychisch krank abzustempeln, da hättest Du erleben müssen, wie meine Freunde, die anderen Weihnachtsengel, loslegten. Wir saßen in einer Nacht da oben in den Sternen zusammen und überlegten hin und her. Engel sind nicht oft richtig sauer, aber wenn, oh, oh. Ja, und dann haben wir den kranken Leuten noch in der Nacht ein paar hilfreiche Ideen mit Sternenstaub in ihre Träume geschickt;“ kicherte der Engel.

„Es hat funktioniert und Ihr habt angefangen, für andere Allergiker und die Menschen, die auf Chemikalien reagieren, aufzuschreiben, was wirklich Tatsache ist. Macht weiter so. Helft einander und übersetzt, was aus anderen Ländern kommt, Ihr seid auf dem richtigen Weg. Es kann nicht angehen, dass hier in Eurem Land eine paar Leute hingehen und nur das über eine Krankheit verbreiten, was ihnen in den Kram passt, aber nicht zutrifft“, raunte der Engel und kam jetzt richtig in Fahrt.

„Kannst Du Dir vorstellen, was wir Engel für eine Laune hatten, als wir diese Veröffentlichungen lasen, dass Duftstoffe über die Atmung aufgenommen keine Beschwerden auslösen können? Meine Freunde dort oben in den Sternen, die wissen viel über Eure Krankheiten, weil ich ihnen darüber berichtet habe. Ja, und die Weihnachtsengel, die dem Christkind und dem Nikolaus helfen, Geschenke zu Euch zu bringen, die waren noch ärgerlicher. Es gab fast einen Aufstand, so sauer waren sie darüber. Sie waren es, die den anderen Engeln erklärten, was in diesen Parfüms an Chemikalien und Allergenen enthalten sind. Zum Schluss wollten einige sogar zu einem Boykott aufrufen, solche Geschenke mit Duftstoffen, die Euch Menschen krank machen, überhaupt auszuliefern.“

„Ja, soweit waren meine Freunde. Ich musste sie ein wenig besänftigen, nicht, weil ich es akzeptiere, dass toxische Lösungsmittel und sogar krebsauslösende Chemikalien in tollen Flakons verschenkt werden, im Gegenteil. Aber man muss auf dem Teppich bleiben sagte ich den anderen Weihnachtsengeln, denn stellt Euch vor, wie viele Menschen überhaupt nicht wissen, was in den Flakons Giftiges drin ist und sie nicht verstehen würden, warum das Geschenk, mit dem sie andere erfreuen wollten, nicht unter dem Weihnachtsbaum liegt. Und die Menschen, die sich auf Geschenke von ihren Lieben freuen, die hätten alle traurige Augen. Das verstanden meine Engelfreunde, denn Tränen in den Augen von Menschen, das können sie nicht ertragen, das ist mit das Schlimmste für sie.“

Ich war völlig gerührt, wie besorgt die Weihnachtsengel um uns sind und dass sie wirklich Bescheid zu wissen scheinen über das, was uns Menschen nicht gerade gesünder macht. Mir fielen dann auch wieder die wissenschaftlichen Studien und Meldungen ein, die auf meinen Schreibtisch geflattert waren. Einige enthielten sehr wichtige Informationen für die kranken Menschen, dass wir sofort loslegten und sie übersetzten. Andere Veröffentlichungen hatten uns den Kopf schütteln lassen oder sogar erzürnt. Ich erinnerte mich, dass in einer Woche nach dem Sommer fünf Studien aus Deutschland veröffentlicht wurden, die allesamt verbreitete, dass Chemikalien-Sensitivität eine psychisch bedingte Krankheit sei. Völlig am tatsächlichen wissenschaftlichen Stand vorbei, und nach näherer Betrachtung legten wir sie einfach in den Ordner „unwissenschaftlich“ ab. Unsere amerikanischen Freunde, die ebenfalls Menschen mit schweren Allergien und Chemikalien-Sensitivität betreuen und Wissenschaftler, waren auch achtsam geworden und fragten bei uns immer wieder an, warum solche Studien fast nur noch aus Deutschland stammen würden. Wir konnten keine direkte Antwort darauf geben, nur zustimmen, dass deren Beobachtungen mit unseren übereinstimmten. Ich erzählte dem Weihnachtsengel davon und sein Gesicht verfinsterte sich ärgerlich.

„Wir haben es manchmal gesehen, aber einiges ist doch neu für mich“, sagte der Engel, beugte sich zu mir herüber und nahm mich in seine silbernen Flügel, „solche Spielchen mit kranken Menschen sind unethisch, und seid alle beruhigt, Lügen haben kurze Beine.“ Wärme durchzog mich, als der Engel mich mit den Flügeln umhüllte. Da war noch ein weiteres Gefühl, dass kaum zu beschreiben ist, es hatte richtig wohlgetan und mir schien, als sei ich plötzlich aufgefüllt mit ungeheuerer Energie und tausend Ideen sprühten auf einmal durch meinen Kopf.

„Was war das lieber Weihnachtsengel?“, fragte ich erstaunt. Der Engel strich mir mit seiner Flügelspitze über die Haare und sagte: „Frag nicht soviel, nur ein kleines Geschenk von allen Weihnachtsengeln. Leg los, sprich mit all den Menschen da draußen mit Allergien und Reaktionen auf Chemikalien, sag Ihnen dass wir da sind. Ihr seid nie alleine, auch wenn Ihr ab und zu ein wenig die Hoffnung verliert oder Schmerzen habt. Wir Weihnachtsengel sind Eure Freunde, berichte das auch Deinen Kameraden in Deiner Organisation und sag ihnen, dass wir nicht nur in der Weihnachtszeit da sind, um Euch zu unterstützen, wir sind immer da, ob uns einer sieht oder nicht“.

Noch einmal umarmte mich der Engel ganz sanft und flüsterte mir dabei unter dem Siegel der Verschwiegenheit etwas ins Ohr. Wir schauten uns beide mit lächelnden Augen an, nickten. Der Engel stand auf, zwinkerte mit einem Auge und sagte mit fester überzeugender Engelsstimme: „Bleibt alle tapfer, Ihr werdet sehen!“

Dann öffnete der Weihnachtsengel das Fenster und winkte noch einmal ganz fest mit dem rechten Flügel so dass sich der ganze Raum mit silbernem Sternenstaub überzog, der noch lange, lange glitzerte und leuchtete.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Weihnachtszeit 2008

MCS Umfrage: Müsst Ihr wegen Chemikalien-Sensitivität eine MCS Schutzmaske tragen?

Wichtigste Therapie bei MCS: Expositionsstop

Die bisher wirkungsvollste Therapie bei MCS ist laut führender Umweltmediziner Expositionsvermeidung. Abgase, Parfum, Duftstoffe, Pestizide von Feldern, frisch gestrichene Farbe, etc. gehören zu den Expositionen, denen man schwer ausweichen kann. Ein Teil der Menschen, die unter Chemical Sensitivity (ICD-10 MCS T78.4) leiden, sind so stark auf solche Chemikalien in ihrer Umwelt sensibilisiert, dass sie deswegen gezwungenermaßen nur noch mit einer Schutzmaske oder Sauerstoff aus dem Haus gehen können.

Wir haben im CSN-Forum eine Umfrage gestartet, an der Ihr Euch beteiligen könnt.

Es stehen fünf Antworten zum Anklicken zur Auswahl:

  1. Ich benutze regelmäßig eine MCS-Schutzmaske

  2. Ich benutze eine MCS-Schutzmaske und Sauerstoff

  3. Ich benutze meine MCS-Schutzmaske unregelmäßig

  4. Ich benutze noch keine MCS-Schutzmaske

  5. Ich müsste eine MCS-Schutzmaske tragen, traue mich aber nicht

Um an der MCS Umfrage teilzunehmen, klickt bitte Eure Antwort im CSN Forum an.

Vielleicht habt Ihr auch Lust, uns hier im Blog zusätzlich über Eure persönlichen Erfahrungen mit dem Tragen einer MCS- Schutzmaske und wie Euer Umfeld darauf reagiert zu berichten.

Golfkriegsveteranen leiden unter einer realen Krankheit, die durch toxische Chemikalien verursacht wurde

Gulf War Veterans get right

Washington, DC – (17. Nov. 2008) “Mindestens einer von vier der 697.000 U.S. Veteranen des Golfkrieges 1991 leidet unter der Golfkriegskrankheit, einem Gesundheitszustand, der durch Exposition gegenüber toxischen Chemikalien, einschließlich Pestiziden und einem Medikament, das die Truppen vor Nervengiften schützen sollte, ausgelöst wurde. Bisher ist keine effektive Behandlung gefunden worden, so fasste es ein staatlicher Ausschuss, bestehend aus wissenschaftlichen Experten und Veteranen, in einem Bericht zusammen, der am Montag veröffentlicht wurde. Der Bericht stellt einen Meilenstein für die Golfkriegsveteranen dar.

Das vom US Kongress einberufene Komitee – Research Advisory Committee on Gulf War Veterans‘ Illnesses – präsentierte den Bericht gestern dem US-Staatssekretär für Veteranen-angelegenheiten, James Peake, im VA Headquater in Washington. Der vollständige 452-seitige Bericht ist auf der Webseite der Boston University School of Public Health (BUSPH) veröffentlicht.

Der umfassende Teil der wissenschaftlichen Forschung, die jetzt verfügbar ist, bezeichnet die Golfkriegskrankheit durchweg als reale Krankheit und dass sie ein Resultat neurotoxischer Exposition während des Golfkriegseinsatzes ist und dass nur wenige Veteranen sich erholt oder sich auch nur wesentlich verbessert hätten mit der Zeit, legte der Bericht dar.

Der 452-seitige Bericht bringt zum ersten Mal die ganze wissenschaftliche Forschung und die Ergebnisse der Regierungs-untersuchungen über die Golfkriegskrankheit zusammen und beantwortet viele Fragen über den Zustand.

„Veteranen des Golfkrieges von 1990-1991 hatten den Ruf, dass ihr Einsatz in der militärischen Operation ein ungeheuerer Erfolg war, der in nur kurzer Zeit erlangt wurde. Aber viele hatten das Pech, dadurch anhaltende gesundheitliche Konsequenzen davonzutragen, die schwer verstanden und für zu lange geleugnet und trivialisiert wurden“, stellte der Bericht des Komitees fest.

Der Bericht stellte weiterhin fest, dass die Golfkriegskrankheit sich im Wesentlichen von stressbedingten Syndromen unterscheidet, die nach anderen Kriegen beschrieben wurden. „Studien geben konsistent an, dass es sich bei der Golfkriegskrankheit nicht um die Folgen des Kampfeinsatzes oder anderer Stressoren handelt. Die Golfkriegsveteranen zeigten im Vergleich zu Veteranen anderer Kriege deutlich niedrigere Raten von posttraumatischem Stress auf“, schrieb das Komitee.

Der Bericht fasste zusammen: „Ein neues staatliches Forschungsengagement ist erforderlich… um das kritische Angriffsziel – die Gesundheit der Golfkriegsveteranen – zu verbessern und ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden.“  Das sei eine nationale Verpflichtung, die besonders durch die vielen Jahre, die Golfkriegsveteranen auf Antworten und Unterstützung warteten, dringlich sei.

James H. Binns, Abteilungsleiter und früherer Principal Deputy Assistant Secretary, sagte, dass der Bericht auch einen Entwurf für eine neue Administration vorsieht, die den Fokus haben solle, Möglichkeiten zu finden, die Gesundheit der Golfkriegsveteranen zu verbessern und ähnliche Konsequenzen bei zukünftigen militärischen Einsätzen zu verhindern.

Die wissenschaftliche Direktorin des Komitees, Roberta White, bestätigte, „Veteranen des ersten Golfkrieges werden seit ihrer Rückkehr vor 17 Jahren von Krankheit geplagt. Obwohl die Beweise für dieses gesundheitliche Phänomen überwältigend sind, müssen die Veteranen feststellen, dass ihre Beschwerden meist mit Zynismus und mit einer „beschuldige das Opfer“ Mentalität abgehandelt werden, die ihre Gesundheitsbeschwerden als Geisteskrankheit darstellt oder anderen als körperlichen Faktoren zuspricht.

White sagte, das, was das Komitee herausgefunden hat, „macht die Vorstellungen der Veteranen, dass ihre Gesundheits-beschwerden mit den Expositionen, die sie während der Golfkriegshandlungen ausgesetzt waren, in Zusammenhang stehen, absolut deutlich glaubhaft. Der Bericht sorgt für eine State-of-the-Art Übersicht über das Wissen hinsichtlich der Angelegenheiten um die Gesundheit der Golfkriegsveteranen, die Kliniker und Wissenschaftler belehren kann. Der Bericht bietet auch ein wissenschaftliches Grundprinzip für die neue Administration für das Verständnis hinsichtlich dieser Gesundheitsprobleme – und noch wichtiger, um durch Förderung von Behandlungsstudien eine effektive Behandlung für die Symptome der Golfkriegsveteranen zu entwickeln.“

Eine große Anzahl englischer Golfkriegsveteranen sind ebenfalls krank. „Die Anerkennung des vollen Umfanges der Krankheiten, unter denen die Veteranen des Konfliktes leiden, und der Verpflichtung, die man ihnen schuldet, ist lange überfällig“, sagte der Marshall der Royal Airforce Lord David Craig. „Sie sind Opfer des Krieges, genauso wie jeder, der von einer Kugel oder Granate getroffen wurde. Über dies hinaus sind medizinische Behandlungen für ihren Zustand notwendig, um jetziges und zukünftiges Militärpersonal mit ähnlichem Risiko zu schützen.“

Das Komitee bewertete ein breites Spektrum von Beweisen bezüglich Expositionen, die im Zusammenhang mit dem Golfkrieg standen. Seine Überprüfung beinhaltete das Inspizieren von Hunderten von Fallstudien von Golfkriegsveteranen, ausgedehnter Forschung in anderen Bevölkerungsgruppen, Studien toxischer Expositionen an Tiermodellen und Regierungsuntersuchungen, die in Zusammenhang mit den Geschehnissen und Expositionen des Golfkriegs standen.

Die Golfkriegskrankheit ist typischer Weise durch eine Kombination von Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen, persistierenden Kopfschmerzen, unerklärbarer Erschöpfung und ausgedehnten Schmerzen charakterisiert. Die Krankheit kann auch chronische Verdauungsprobleme, Atemwegssymptome und Hautausschlag einschließen.

Seit ihrem Einsatz am Golf reagierte ein hoher Prozentsatz von Veteranen auf Alltagschemikalien wie Parfum, Rauch, Benzin, Reinigungsmitteln. Sie hatten Chemikalien-Sensitivität entwickelt. So hatte beispielsweise eine Studie von Kang HK, Mahan CM, Lee KY, et. al. von 1998 festgestellt, dass die Veteranen, die im Golfkrieg gewesen waren dreimal häufiger unter Chemikalien-Sensitivität (MCS) litten, als solche, die nicht dort gewesen waren. (2) Bei einer Patientengruppe des Veterans Administration Hospital in Tucson, wurde Chemikalien-Sensitivität von 86% der ehemaligen Golfkriegssoldaten berichtet. Veteranen aus einen Kontrollgruppe, die nicht im Golfkrieg waren, berichten zu 30% über MCS. (3) Weitere Studien kamen zu ähnlichen Feststellungen.

Der neue Bericht äußert, dass der wissenschaftliche Beweis „keine Frage offen lässt, dass die Golfkriegskrankheit eine reale Krankheit ist“ und er zitiert Dutzende von Forschungsstudien, die „objektive biologische Ausmaße“ identifiziert haben, die Veteranen, die unter der Krankheit leiden, von Kontrollpersonen unterscheiden. Diese Ergebnisse stünden in Zusammenhang mit Struktur und Funktion des Gehirns, Funktion des Autonomen Nervensystems, neuroendokrinen und immunologischen Veränderungen und Veränderungen der Enzyme, die den Körper vor neurotoxischen Chemikalien schützen.

Der Ausschuss bezeichnete zwei der Expositionen im Golfkrieg als durchweg kausal mit der Golfkriegskrankheit assoziiert:

1. das Medikament Pyridostigminbromid (PB), das den Truppen zum Schutz gegen Nervengiftkampfstoffe gegeben wurde;

2. Pestizide, die während des Golfkrieges weitläufig benutzt, oft überbenutzt wurden.

Das Komitee befand, dass ein Zusammenhang zwischen der Golfkriegskrankheit und verschiedenen anderen Expositionen nicht ausgeschlossen werden könne. Diese bezögen Expositionen gegenüber Nervengiftkampfstoffen, ausgeprägter Exposition gegenüber dem Rauch von brennenden Ölquellen, dem Erhalt zahlreicher Impfungen und Kombinationen neurotoxischer Expositionen mit ein.

Berichte des Verteidigungsministeriums indizieren, dass rund 100.000 Soldaten der U.S. Truppen potenziell Nervengift-kampfstoffen ausgesetzt waren, ein Ergebnis einer großen Reihe von Sprengungen irakischer Munition im Jahr 1991 in der Nähe von Khamisiyah, Irak. Im Jahr 2007 fand eine Studie, die Prof. White, Leiter der Environmental Health an der Boston University, leitete, den Beweis, dass Expositionen gegenüber den Nervengiftgasen im Niedrigdosisbereich die anhaltenden Defizite der Persischen Golftruppen verursacht haben könnten. Der Umfang der Veränderungen – weniger „weiße Hirnmasse“ und reduzierte kognitive Funktionen – korrespondieren mit dem Umfang der Expositionen, fand die Studie heraus.

Weiterhin, ergänzte das Komitee, würden Golfkriegsveteranen eine höhere Anzahl an Amyotropher Lateral Sklerose (ALS) aufweisen. Und andere Veteranen von Truppen, die sich in Fallwindrichtung der Sprengungen befanden, starben zweimal häufiger an Gehirntumoren als andere Golfkriegsveteranen.

Der Bericht befand, dass, historisch gesehen, das staatliche Golfkriegs-Forschungsprogramm nicht effektiv gewesen sei, die Golfkriegskrankheit zu adressieren. Während das Komitee neue hoffnungsvolle zukünftige Forschungsprogramme am VA und DOD lobte, merkte es auch an, dass Unterstützung von Golfkriegsforschung in den letzten Jahren dramatisch nachgelassen habe. Der Ausschuss drängte die Herausgeber der Richtlinien, künftig jährlich 60 Millionen U.S. Dollar für solche Forschungsprogramme zur Verfügung zu stellen.

Das Beratungskomitee über Golfkriegsveteranen-Krankheiten ist ein Ausschuss, der aus hochrangigen Wissenschaftlern, Experten und Veteranen besteht, die mit der Überprüfung staatlicher Forschung hinsichtlich der Gesundheit der Golfkriegsveteranen betraut sind. Das Komitee ist dem Kongress unterstellt und wurde vom Minister für „Veterans Affairs“ eingesetzt.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. November 2008

Literatur:

  1. Gulf War Research Panel Finds 1 in 4 Veterans Suffers from Illness Caused by Toxic Exposure, Boston University School of Public Health, MEDIA RELATIONS, Press Release 11 a.m. EST, November 17, 2008
  2. Kang HK, Mahan CM, Lee KY, et. al., Prevalence og Chronic Fatigue Syndrome among U.S. Gulf War Veterans. Boston MA: Fourth International AACFS Conference on CFIDS, 10. Oktober, 1998
  3. Bell IR, Warg-Damiani L, Baldwin CM, et al. Self-reported chemical sensitivity and wartime chemical exposures in Gulf War Verterans with and without decreased global health ratings. Milit. Med.1998.

Duftstoffe verboten in Krankenhäusern und Arztpraxen in Schweden

Krankenhaus ohne Duftstoffe

Duftstoffe gehören zu den größten Problemfaktoren für Menschen mit Chemikalien-Sensitivität (MCS). Sie reagieren auf geringste Spuren der nahezu überall anzutreffenden duftstoffhaltigen Produkte und auf beduftete Menschen mit teils schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Ein notwendiger Aufenthalt in einem Krankenhaus wird für Chemikaliensensible durch Parfums, Aftershave, duftende Putz- und Desinfektionsmittel erheblich erschwert und verschlechtert deren Prognose.

In Schweden wurde der Problemfaktor Duftstoffe im Krankenhaus nun eliminiert: Alle siebzehn Krankenhäuser der schwedischen Region um Göteborg sind seit dem 10. September 2008 duftstofffrei. Über ein halbes Jahr hat die zuständige Krankenhausbehörde an einem Maßnahmenkatalog für das Duftstoffverbot gearbeitet, der nun in Kraft getreten ist. Das Duftstoffverbot sorgt dafür, dass weder Patienten, noch Angestellte und Ärzte oder Besucher die Gebäude beduftet betreten dürfen. Auch die Reinigungsmittel wurden konsequent auf duftfreie Produkte umgestellt.

Hintergrund für das Duftstoffverbot
Der zunehmende Einsatz duftstoffhaltiger Produkte und die breitflächige Benutzung parfümhaltiger Kosmetika, Parfüms, Aftershaves und duftenden Wasch- und Reinigungsmittel verursachen bei vielen Menschen verschiedenartige Beschwerden, wie beispielweise Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsverlust, Ekzeme und Atembeschwerden. Für Asthmatiker gelten Duftstoffe als Auslöser Nummer Eins für Asthmaanfälle. Für chemikaliensensible Menschen sorgen Duftstoffe neben Zigarettenrauch dafür, dass ihnen ein Sozialleben meist gänzlich versagt ist und sie keiner Arbeit mehr nachgehen können.

Duftstoffe beeinträchtigen Hunderttausende
Die Duftstoffindustrie verwendet über 3000 verschiedene Chemikalien zur Herstellung ihrer duftenden Produkte. Hinzukommen noch ätherische Öle, deren gesundheitliche Bedenklichkeit man gerade intensiver zu erfassen beginnt. Gesundheitliche Beschwerden durch Duftstoffe werden immer häufiger von einer Vielzahl von Menschen in der Allgemeinbevölkerung beklagt. In Schweden leiden laut Aussage von Wissenschaftlern und Behörden rund 6% der Gesamtbevölkerung unter einer Hypersensibilität gegenüber Duftstoffen. Diese Personengruppe stellt den Hauptgrund für die neue Regelung der Krankenhäuser dar.

Breitflächiges Duftstoffverbot
Die Politiker des Gesundheitsausschusses der Region Göteborg haben mit dem nun in Kraft getretenen Duftstoffverbot ein nachahmenswertes Exempel statuiert und gleichzeitig dafür gesorgt, dass für alle 45 000 Angestellten in den Krankenhäusern und in der Verwaltung des Gesundheitswesens die gleichen konsequenten Richtlinien des Rauch- und Duftstoffverbotes gelten. Dieser Beschluss gilt ebenso für die ärztliche Grundversorgung und für Zahnärzte.

Schweden übernimmt Vorreiterposition
In den USA und Kanada gibt es zwischenzeitlich bereits einige Krankenhäuser und Universitätskliniken mit konsequentem Duftstoffverbot. Doch weltweit dürfte dies das erste Mal sein, dass eine solche große kollektive Anstrengung betrieben wird, um eine duftfreie Umgebung im Gesundheitsbereich zu schaffen.

In Deutschland existieren bisher keine vergleichbaren Regelungen, lediglich drei Warnmeldungen des Umweltbundesamtes und eine des Bayrischen Staatsministeriums, die darauf hinwiesen, dass man zum Wohle von Allergikern und Chemikaliensensibeln auf Duftstoffe in öffentlichen Räumen verzichten solle. Duftstoffverbote sind bisher nur von drei privaten deutschen Umweltkliniken bekannt. Eine Situation, die sich zu Gunsten besserer, schadstofffreierer Luft in Krankenhäusern für die vielen allergischen Menschen, Asthmatiker und Chemikaliensensible ändern müsste. Dies käme gleichzeitig allen Patienten und Angestellten in Krankenhäusern in erheblichem Maße zugute.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 6. Oktober 2008

MCS-Blogfrage der Woche: Wie reagiert Eure Familie, die Freunde, das Umfeld auf Eure Chemikalien-Sensitivität?

starke Familie trotz Krankheit

Chemikaliensensible brauchen Hilfe, Verständnis und Kooperation

Menschen mit Chemikalien-Sensitivität (MCS) sind im höchsten Maße auf das Verständnis ihrer Mitmenschen angewiesen, damit sie ihren Gesundheitszustand halten oder verbessern können. Ohne Kooperation erleiden sie ständig Reaktionen, die durch ständig wiederholte Expositionen chronifizieren und ihnen ihre geringe Lebensqualität und verbliebene Gesundheit gänzlich rauben können.

MCS Blogfrage:

  • Halten Eure Familien, Freunde und Bekannte zu Euch, haben Sie für Euch ihre eigenen Gewohnheiten an Eure Bedürfnisse angepasst?
  • Lassen sie beispielsweise Duftstoffe weg?
  • Nehmen sie chemie- und duftfreie Alternativen zum Pflegen, Reinigen und Renovieren?
  • Helfen Euch Familie und Freude, den MCS-Alltag zu meistern?
  • Oder belächelt man Euch und stellt Eure Symptome auf Alltagschemikalien in Abrede?

Bundesgerichtshof entschied zugunsten einer an Multiple Chemical Sensitivity erkrankten Frau

Justicia -Gerichtigkeit für Kranke

Der Bundesgerichtshof entschied im November 2007 zugunsten einer Frau, die unter schwerer Chemikalien- Sensitivität (Multiple Chemical Sensitivity – MCS) litt. Die Ursache ihrer Erkrankung war eine Pestizid-intoxikation gewesen, die sie u. a. hypersensibel auf Alltagschemikalien werden ließ. Hieraus ergab sich, dass die Frau nicht jeden Wohnraum be-wohnen kann und eine Räumungsklage nicht vollzogen werden konnte, da eine Durchführung derselben eine konkrete lebensbedrohliche Situation herbei-geführt hätte. Im Urteil des BGH wird bestätigt, dass aus einem medizinischen Gutachten anschaulich hervorgegangen sei, dass die Frau unter einer Hypersensibilität gegenüber Duft- und Reizstoffen leide.

BUNDESGERICHTSHOF Az.: I ZB 104/06 Beschluss vom 22.11.2007 Vorinstanzen:

AG Düsseldorf, Az.: 666 M 1625/06, Entscheidung vom 20.06.2006 LG Düsseldorf, Az.: 25 T 564/06, Entscheidung vom 07.11.2006 In dem Zwangsvollstreck-ungsverfahren hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2007 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubiger wird der Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 7. November 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 16.680 € festgesetzt.

Gründe: I.Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 19. Mai 2005 wurden die Schuldner verurteilt, die Wohnung im Hause M. Straße in D. , erstes Obergeschoss rechts, zu räumen. Nachdem die Schuldner die Wohnung nicht innerhalb der ihnen in dem Urteil gesetzten Frist geräumt hatten, wurde Räumungstermin bestimmt. Daraufhin haben die Schuldner beantragt, die Räumungsvollstreckung gemäß § 765a ZPO aufzuheben.

Sie haben geltend gemacht, die Schuldnerin leide an einer schweren Erkrankung, bei der die Durchführung der Räumung eine lebensbedrohliche Situation herbeiführe. Das Amtsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 19. Mai 2005 ohne Befristung eingestellt. Das Beschwerdegericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubiger zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubiger ihren Antrag weiter, den die Räumungsvollstreckung einstellenden Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf aufzuheben. II.Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 576 Abs. 1 ZPO).

1. Das Landgericht hat angenommen, dass die Räumungsvollstreckung das Leben der Schuldnerin erheblich gefährden würde. Nach dem Gutachten des Sachverständigen K. im Betreuungsverfahren leide die Schuldnerin an einer chronischen neurotoxischen Schädigung sämtlicher Organsysteme sowie allergischen Reaktionen im Sinne eines MCS-Syndroms (Multiple Chemical Sensitivity). Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 15. Februar 2006 für das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen führte die Schädigung der Schuldnerin durch Insektizide im August 2005 zum Verlust der Sprechfähigkeit, dem teilweise vollständigen Verlust des Hörvermögens, Polyneuropathien, Dysästhesien, Parästhesien, Trigeminusneuralgie und starken, sehr schmerzhaften Myopathien am gesamten Körper. Die Krankheit sei von einer derartigen Schwere, dass ein Umzug ohne gesundheitlich nachteilige Folgen für die Schuldnerin nur aufgrund gründlicher medizinischer Vorbereitung durchführbar sei.

Eine solche Vorbereitung sei bei einer Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher und der damit verbundenen Einweisung in eine Notunterkunft nicht gewährleistet. Für die Gewährung von Räumungsschutz komme es nicht darauf an, dass möglicherweise die Schuldner die Gefährdung durch Suche einer neuen und angemessenen Unterkunft ausschließen könnten und diese schuldhaft unterließen. Anders als in dem in BGHZ 163, 66 behandelten Fall der Suizidgefahr könne im Streitfall der vitalen Gefährdung auch nicht durch eine Unterbringung nach polizeirechtlichen Vorschriften begegnet werden, die seitens des Vollstreckungsgerichts veranlasst werden könnte.

2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. a) Auf der Grundlage des im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellenden Sachverhalts kann derzeit der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht zugestimmt werden, dass eine für die Schuldnerin bestehende Lebensgefährdung eine Räumungsvollstreckung unbefristet ausschließe.

aa) Selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist, kann eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres gem. § 765a ZPO eingestellt werden. Erforderlich ist stets die Abwägung der – in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen – Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Ist sein Räumungstitel nicht durchsetzbar, wird sein Grundrecht auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt. Dem Gläubiger dürfen auch keine Aufgaben überbürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen (BGHZ 163, 66, 72 ff.).

Es ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Lebensgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird. Nicht zuletzt kann aber auch vom Schuldner selbst erwartet werden, dass er alles ihm Zumutbare unternimmt, um Gefahren für Leben und Gesundheit nicht nur seiner selbst, sondern auch seiner mit ihm gemeinsam in der zu räumenden Wohnung lebenden Angehörigen möglichst auszuschließen (BGHZ 163, 66, 74; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.10.2005 – VIII ZR 208/05, ZMR 2006, 33). Dabei ist die Feststellung, welche Handlungen dem Räumungsschuldner konkret zumutbar sind, Aufgabe des Vollstreckungsgerichts. Allerdings kann die Würdigung aller Umstände, die unter Beachtung der Wertentscheidungen des Grundgesetzes und der dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte vorgenommen wird, in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Räumungsvollstreckung für einen längeren Zeitraum und – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbestimmte Zeit einzustellen ist (BVerfG (Kammer), Beschl. v. 27.6.2005 – 1 BvR 224/05, NZM 2005, 657, 658 f.).

bb) Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Interessenabwägung des Beschwerdegerichts als unvollständig. Auf dieser unvollständigen Grundlage durfte das Beschwerdegericht die unbefristete Einstellung der Zwangsräumung durch das Amtsgericht nicht bestätigen. Das Beschwerdegericht geht, allerdings ohne dafür die tatsächlichen Grundlagen zu nennen, davon aus, dass bei gründlicher medizinischer Vorbereitung ein Umzug für die Schuldnerin ohne gesundheitlich nachteilige Folgen durchführbar wäre. Das Beschwerdegericht hätte deshalb Feststellungen dazu treffen müssen, ob für die Schuldnerin eine derartige medizinische Vorbereitung sichergestellt werden kann. Insofern war es nicht ausreichend anzunehmen, die gründliche medizinische Vorbereitung sei bei einer Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher, die mit der Einweisung in eine Notunterkunft verbunden sei, nicht gewährleistet.

Vielmehr waren Feststellungen insbesondere dazu erforderlich, ob die notwendige medizinische Vorbereitung vor dem Räumungstermin vom Gesundheitsamt oder durch die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe seitens des Schuldners für seine Ehefrau, gegebenenfalls einschließlich einer vorübergehenden stationären Betreuung, sichergestellt werden könnte. Das Beschwerdegericht hätte auch prüfen müssen, ob es dem Schuldner zumutbar ist, die Gefährdung seiner Ehefrau durch Suche einer neuen und angemessenen Unterkunft auszuschließen. Dann wäre die Zwangsräumung nur befristet einzustellen, bis eine andere Wohnung gefunden und bezugsfertig ist. b) Im Rahmen der erneuten Entscheidung wird das Beschwerdegericht allerdings auch seine Annahme, bei gründlicher medizinischer Vorbereitung sei ein Umzug für die Schuldnerin ohne gesundheitlich nachteilige Folgen durchführbar, einer Überprüfung unterziehen müssen. Die vom Beschwerdegericht in Bezug genommene Stellungnahme des psychiatrischen und neurologischen Dienstes der Stadt Düsseldorf vom 11. Juli 2006 führt aus, dass von fortbestehender Räumungsunfähigkeit ausgegangen werden müsse. Daraus lässt sich nicht ohne weiteres entnehmen, dass bei entsprechender ärztlicher Vorbereitung Räumungsfähigkeit besteht. In dem ebenfalls vom Beschwerdegericht herangezogenen Gutachten Dr. P. (GA 47 ff.) heißt es, ein Briefwechsel zwischen dem Schuldner und einem Düsseldorfer Hospiz belege eindrucksvoll, dass für die bedarfsgerechte Pflege der Schuldnerin zurzeit keine pflegerische Einrichtung die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen könne (GA 59). Aus dem Gutachten ergibt sich im Übrigen anschaulich die Hypersensibilität der Schuldnerin gegenüber Duft- und Reizstoffen. Bisher nicht erkennbar in die Abwägung des Beschwerdegerichts eingeflossen ist auch das hohe Alter der Schuldner.

Bornkamm Pokrant Büscher Bergmann Kirchhoff

Vorinstanzen: AG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2006 – 666 M 1625/06 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.11.2006 – 25 T 564/06

Japanische Wissenschaftler belegen MCS im Tierversuch

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Während die Zahl der Menschen, die unter Chemikalien-Sensitivität leiden, vor allem in den Industrieländern stetig zunimmt, versuchen Wissenschaftler mit Nachdruck Ursachen, Mechanismen und Auswirkungen der Umweltkrankheit zu erforschen. Eine aktuell im Juli in der Zeitschrift Toxicologial Letters erschienene Studie aus Japan geht dem Allergieaspekt bei Chemikalien-Sensitivität (MCS) nach. Die von den Wissenschaftlern des Instituts für Umwelttechnologie angewendete Langzeitsensibilisierungsmethode könnte für die zukünftige MCS Forschung sehr hilfreich sein.

Ein Zwischenfall reicht aus
Für das Team von Prof. Saito ist Multiple Chemikaliensensitivität (MCS) durch verschiedene Anzeichen charakterisiert, darunter neurologische Störungen und Allergien. Die der Krankheit zugrunde liegende Exposition kann nach ihrem Dafürhalten von einem größeren Zwischenfall herrühren, wie einem Chemieunfall, oder von langfristigem Kontakt mit niedrigen Konzentrationen von Chemikalien.


Allergieaspekt bei MCS?
In ihrer aktuellen Forschungsstudie interessierte sich Saito und sein Team insbesondere für den Allergieaspekt von MCS und die Feststellung von chemikalienbezogener Hypersensitivität im Niedrigdosisbereich. Sie verwendeten langfristige Sensibilisierung, gefolgt von Provokation im Niedrigdosisbereich, um Sensibilisierungen durch bekannte sensibilisierende Substanzen, die auf Typ 2 T-Helferzellen (Th2-Zellen) wirken, (Trimellitic Anhydrid (TMA) und Toluol Diisocyanat (TDI)), sowie eine sensibilisierende Substanz vom Th1-Typ (2,4-Dinitrochlorbenzol (DNCB)) zu belegen.

Provozierte Sensibilisierung bringt Fakten zutage
Nach lokaler Sensibilisierung von BALB/c-Mäusen neunmal im Verlauf von drei Wochen (Standardmausmodell) und Provokation derselben mit TMA, TDI oder DNCB untersuchten die Wissenschaftler die an den Ohren lokalisierten Lymphknoten der Mäuse hinsichtlich der Anzahl der Lymphozyten, der Oberflächenantigenexpression der B-Zellen sowie der lokalen Zytokinproduktion und maßen antigenspezifische Serum-IgE Konzentrationen.


Bei entnommenen restimulierten Lymphknotenzellen induzierten TMA und TDI ausgeprägte Anstiege von antigenspezifischem Serum-IgE und von Th2-Zytokinen (IL-4, IL-5, IL-10, und IL-13), DNCB induzierte ausgeprägte Anstiege von Th1-Zytokinen (IL-2, IFN-gamma und TNF-alpha), ohne das antigenspezifische Serum-IgE zu erhöhen.

Forschung überzeugt und setzt neue Maßstäbe
Die Forschungsergebnisse von Saito und seinem Team überzeugen, denn alle Chemikalien induzierten signifikante Anstiege in der Zahl der Lymphozyten und der Antigenexpression bei B-Zellen.

Das von den japanischen Wissenschaftlern verwendete Mausmodell ermöglichte ihnen die Identifikation und Charakterisierung von chemikalienbezogenen allergischen Reaktionen bei niedrigen Konzen-trationen. Die von ihnen eingesetzte Langzeitsensibilisierungsmethode könnte für die Feststellung von Hypersensibilitäten, die mit Umweltchemikalien in Zusammenhang stehen, nützlich sein.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, September 2008

Übersetzung: Karlheinz

Literatur: Fukuyama T, Ueda H, Hayashi K, Tajima Y, Shuto Y, Saito TR, Harada T, Kosaka T., Detection of low-level environmental chemical allergy by a long-term sensitization method, Toxicol Lett. 2008 Jul 30;180(1):1-8.

MCS Blogfrage der Woche: Erhalten MCS-Kranke in Umweltambulanzen Hilfe oder werden sie psychiatrisiert?

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An fast allen deutschen Universitätskliniken existiert mittlerweile eine Umweltambulanz, die Umweltkranke diagnostizieren und ihnen helfen soll.

Blogfrage der Woche

  • Wie ist es Euch mit MCS in einer Umweltambulanz ergangen?
  • Zeigte man dort Verständnis für Eure Krankheit?
  • Habt Ihr dort Eure Diagnose Chemikalien-Sensitivität (MCS / WHO ICD-10 T78.4) erhalten?
  • Wurdet Ihr gründlich untersucht in der Umweltambulanz?
  • Welche Untersuchungen wurden durchgeführt?
  • Wurde Euch kompetent und ernsthaft geholfen? Oder wurdet Ihr in der Umweltambulanz psychiatrisiert?

Kurzum, lasst uns wissen wie es Euch in einer deutschen Umweltambulanz als MCS-Patient ergangen ist.

An Chemikalien-Sensitivität (MCS) erkrankter Mann erhielt Recht vom Schweizer Bundesgericht

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In der Schweiz wurde vom obersten Gericht, dem Schweizer Bundesgericht, ein bahnbrechendes Urteil zugunsten eines an Chemikalien-Sensitivität (MCS) erkrankten Mannes gesprochen. Der Mann war vor Gericht gegangen, weil er krankheitsbedingt schadstoffarme, biologische Nahrung benötigt. Nach einem zweijährigen Kampf bekam er Recht zugesprochen und erhält nun 175,- S.Fr. Diätkostenanspruch pro Monat für biologische, schadstoffarme Ernährung.

Das zugrunde liegende Urteil:

Tribunale federaleTribunal federal

{T 0/2}8C_346/2007 Urteil vom 4. August 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Ursprung, Präsident, Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, Gerichtsschreiberin Hofer.

Parteien

B.________, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand

Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 26. April 2007.

Sachverhalt:

A. Der 1963 geborene B.________ meldete sich im Mai 2006 zum Bezug von Ergänzungsleistungen zur Invalidenrente an. Bei den Ausgaben machte er unter anderem die Berücksichtigung von Diätkosten geltend. Mit Verfügungen vom 8. November 2006 sprach ihm die Ausgleichskasse Schwyz rückwirkend ab 1. September 2004 Ergänzungsleistungen zu, bei deren Berechnung sie keine Diätkostenpauschale berücksichtigte. Im Rahmen der gegen diese Verfügung erhobenen Einsprache ersuchte der Versicherte unter anderem erneut um Vergütung der Mehrkosten für die benötigte Diät in der Höhe von monatlich Fr. 175.-. Die Ausgleichskasse trat am 9. Januar 2007 in diesem Punkt auf die Einsprache nicht ein, da aus dem Zeugnis des Dr. med. J.________ vom 17. Juli 2006 die Erforderlichkeit einer „lebensnotwendigen“ Diät nicht hervorgehe und das am 7. Dezember 2006 eingeforderte Arztzeugnis nicht innert Frist eingereicht worden sei.

B. B.________ erhob gegen den Einspracheentscheid Beschwerde, welche das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 26. April 2007 abwies, soweit es darauf eintrat.

C. Beschwerdeweise beantragt B.________, aus Gründen der Prozessökonomie sei das Verfahren mit dem am Bundesgericht hängigen Rentenverfahren zu vereinigen, und es sei die Ausgleichskasse zu verpflichten, in der Zeit von September 2004 bis Oktober 2006 angefallene Diätkosten im Betrag von Fr. 4550.- (26 Monate zu Fr. 175.-) nachzuzahlen und solche auch ab diesem Zeitpunkt zu vergüten. Zudem ersucht er um Überweisung der Ergänzungsleistungen zusammen mit der Invalidenrente jeweils in den ersten drei Tagen eines Monats. Des Weitern wird die unentgeltliche Prozessführung verlangt.Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. Der Antrag auf Vereinigung des vorliegenden Verfahrens mit dem Verfahren I 7/07, die Invalidenrente betreffend, erweist sich als gegenstandslos, da jenes Verfahren bereits mit Urteil vom 11. Mai 2007 abgeschlossen worden ist.

2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 ff. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.3.1 Die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung haben durch das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über die Schaffung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (AS 2007 5779) eine umfassende Neuregelung erfahren. Gemäss den nunmehr geltenden Bestimmungen werden die vergütbaren Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen bundesrechtlicher Vorgaben (Art. 14 Abs. 1 und 3 ELG) durch die Kantone bezeichnet (Art. 14 Abs. 2 ELG). Die bisherige bundesrechtliche Regelung (Art. 3-18 ELKV) bleibt jedoch während einer Dauer von höchstens drei Jahren ab 1. Januar 2008 anwendbar, solange der Kanton keine diesbezüglichen Normen erlassen hat (Art. 34 ELG). Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen (materiellen) Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweisen), richtet sich der hier zu beurteilende Anspruch auf Vergütung der Diätkosten bis zum für die Beurteilung massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Einspracheentscheids vom 9. Januar 2007 (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243; 121 V 362 E. 1b S. 366) nach den bis Ende 2007 gültig gewesenen Bestimmungen (Urteil 8C_147/2007 vom 27. Februar 2008).

3.2 Nach Art. 3d Abs. 1 ELG ist Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung unter anderem ein Anspruch einzuräumen auf die Vergütung von ausgewiesenen, im laufenden Jahr entstandenen Kosten für Diät (lit. c in der vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung). Gemäss Art. 3d Abs. 4 ELG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 ELV bezeichnet das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die zu vergütenden Krankheits- und Behinderungskosten. Laut Art. 9 ELKV gelten ausgewiesene Mehrkosten für vom Arzt verordnete lebensnotwendige Diät von Personen, die weder in einem Heim noch Spital leben, als Krankheitskosten. Es ist ein jährlicher Pauschalbetrag von Fr. 2100.- zu vergüten.

3.3 Wie im Urteil P 16/03 vom 30. November 2004 (ZVW 60/2005 S. 127) ausgeführt, kann es nicht um die Berücksichtigung irgendwelcher Diät gehen, zumal die Verordnungsbestimmung auf der Gesetzesnorm über die vergütungsfähigen Krankheits- und Behinderungskosten beruht. Um zu den Krankheitskosten gezählt werden zu können, muss es sich um eine qualifizierte Diät handeln, was der Verordnungsgeber mit „lebensnotwendig“ zum Ausdruck bringen wollte. Wie die in jenem Urteil angeführten Beispiele von Diabetikern und an einer totalen Milchlaktoseintoleranz leidenden Versicherten zeigen, ist „lebensnotwendig“ nicht im Sinne von „lebensgefährlich“, sondern im Sinne einer aus medizinischer Sicht objektiv notwendigen Massnahme zu verstehen, welche zur Heilung, Linderung oder Stabilisierung eines Leidens erforderlich ist (vgl. dazu auch Ralph Jöhl, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl. Basel 2007, S. 1894 f.; in diesem Sinne auch altrechtlich: EVGE 1968 S. 66).

4.4.1 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist der Beschwerdeführer gemäss Zeugnis des Dr. med. J.________ vom 3. Januar 2007 wegen multiplen chemischen Empfindlichkeiten (ZNS und Immunsystem befallen) auf biologische Produkte angewiesen. Das kantonale Gericht hat erwogen, wer nach den Grundsätzen der Verordnung über die biologische Landwirtschaft hergestellte Lebensmittel konsumiere, nehme allenfalls Produkte zu sich, die auf umweltschonende Weise hergestellt worden seien. Diese Bio-Kost falle jedoch nicht unter den Begriff Diät oder Krankheitskost. Überdies sei nicht erstellt, noch werde geltend gemacht, dass und allenfalls weshalb der Genuss von biologischen Lebensmitteln für den Beschwerdeführer lebensnotwendig sei. Ebenfalls nicht erstellt seien allenfalls daraus resultierende Mehrkosten.

4.2 Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, die Notwendigkeit einer möglichst schadstofffreien biologischen Ernährung sei aufgrund seiner Nahrungsmittelallergie medizinisch ausgewiesen, weshalb ihm die daraus entstehenden Mehrkosten von rund 20 % zu vergüten seien.

5.5.1 Diätkost kann unter anderem darin bestehen, dass sie bestimmte Stoffe nicht enthält. Dies ist bei Bio-Lebensmitteln insofern der Fall, als sie gemäss Art. 3 lit. b der Bio-Verordnung (SR 910.18) unter Vermeidung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Hilfsstoffen und Zutaten produziert werden. Damit enthalten sie weniger Schadstoffe als konventionell hergestellte Lebensmittel. Da der Beschwerdeführer gemäss Bericht des Dr. med. J.________ vom 21. Juni 2005 unter Empfindlichkeiten auf Umweltchemikalien vieler Art leidet und sich diese laut dem ärztlichen Zeugnis vom 23. März 2006 auch im Ernährungsbereich äussern und die entsprechenden Symptome ernst zu nehmen sind, muss er darauf achten, seine Nahrungsaufnahme so zu wählen, dass möglichst wenig Schadstoffe darin enthalten sind. Aufgrund der Leiden des Versicherten erweist sich die Einhaltung der möglichst schadstoffarmen Diät aus medizinischer Sicht daher als geboten.

5.2 Was die Höhe der dem Beschwerdeführer entstehenden Mehrkosten betrifft, rechnet dieser in der Beschwerdeschrift vor, dass ihm wegen der besonderen Ernährung ein täglicher Mehraufwand von Fr. 6.- entsteht. Diese Darlegung vermag zu überzeugen und entspricht durchaus der Realität. Damit liegt ein hinreichender Nachweis für die geltend gemachten Diätkosten vor, weshalb es sich rechtfertigt, dem Beschwerdeführer den Pauschalbetrag von jährlich Fr. 2100.- zuzugestehen. Der vorinstanzliche Entscheid erweist sich in diesem Punkt daher als bundesrechtswidrig.

6. Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Ergänzungsleistungen seien zusammen mit der Invalidenrente jeweils im Voraus und somit in den ersten drei Tagen des Monats auszuzahlen.

6.1 Die Vorinstanz hat dazu festgehalten, § 4 der kantonalen Vollzugsverordnung zum ELG lege fest, dass die Vorschriften der Bundesgesetzgebung über die AHV betreffend der Auszahlung der Renten bei den Ergänzungsleistungen sinngemäss anzuwenden seien. Somit seien die Ergänzungsleistungen zusammen mit der IV-Rente so auszuzahlen, dass die EL des laufenden Monats bis spätestens am 20. Tag des entsprechenden Monats zur Auszahlung gelange (vgl. Art. 19 Abs. 1 und 3 ATSG in Verbindung mit Art. 82 IVV und Art. 72 AHVV). Soweit der Beschwerdeführer die Auszahlung der EL zusammen mit der IV-Rente verlange, sei diesem Begehren zu entsprechen, soweit er die Auszahlung in den ersten drei Tagen des jeweiligen Monats anbegehre, sei der Antrag abzuweisen.

6.2 Die Auszahlungsregelung des in den Bereichen Invalidenversicherung und Ergänzungsleistung sinngemäss anwendbaren Art. 72 AHVV wurde in BGE 127 V 1 ausdrücklich als gesetzmässig bezeichnet. Daran hat sich, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, unter der Herrschaft von Art. 19 ATSG nichts geändert (vgl. auch Kieser, ATSG-Kommentar, N 24 zu Art. 19), weshalb sein Antrag ohne weiteres abzuweisen ist.

7. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Aufgrund des Ausgangs des Verfahrens gilt die Beschwerdegegnerin als unterliegende Partei, weshalb ihr die Kosten aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG). Damit wird das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 26. April 2007 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Schwyz vom 9. Januar 2007 werden aufgehoben, soweit sie die Vergütung von Diätkosten betreffen. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf Diätkosten im Betrage von Fr. 2100.- im Jahr hat. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. August 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilungdes Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:         Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung                   Hofer

CSN-Blogfrage der Woche: Kann man trotz MCS ein Haustier halten?

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Chemikalien-Sensibilität (MCS) ist eine Krankheit, die zwangsläufig einsam werden lässt.

Durch Reaktionen auf Alltagschemikalien wie Parfum und Duftstoffe, Abgase, frischer Farbe, Zeitungsdruck, Reinigungsmittel, etc., ist für die Erkrankten meist keine Teilnahme am normalen Leben mehr möglich. Sie bekommen Kopfschmerzen, Übelkeit, Krämpfe, werden schwindlig, um nur ein paar Beispiele für Beschwerden aufzuzählen, die diese Menschen erleiden.

Um beschwerdefrei zu sein, müssen MCS- Kranke Chemikalien meiden, was in der Realität bedeutet: Chemikaliensensible müssen wegen ihrer Reaktionen völlig isoliert leben, sie können meist keinen Beruf mehr ausüben und Hobbys, die noch auszuüben wären, gibt es kaum. Was ganz schlimm ist, gängigerweise ist Freunden die Umstellung auf duftfreie Kosmetika und Waschmittel zu aufwendig, es bleibt also nur selten noch ein treuer Freund übrig.


Blogfrage der Woche:

  • Gegen Einsamkeit kann ein Haustier helfen und Trost spenden. Doch kann man mit MCS eine Katze, einen Hund, ein Vögelchen oder ein anderes Haustier halten?
  • Was sind Eure Erfahrungen?