MCS Blogfrage der Woche: Erhalten MCS-Kranke in Umweltambulanzen Hilfe oder werden sie psychiatrisiert?

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An fast allen deutschen Universitätskliniken existiert mittlerweile eine Umweltambulanz, die Umweltkranke diagnostizieren und ihnen helfen soll.

Blogfrage der Woche

  • Wie ist es Euch mit MCS in einer Umweltambulanz ergangen?
  • Zeigte man dort Verständnis für Eure Krankheit?
  • Habt Ihr dort Eure Diagnose Chemikalien-Sensitivität (MCS / WHO ICD-10 T78.4) erhalten?
  • Wurdet Ihr gründlich untersucht in der Umweltambulanz?
  • Welche Untersuchungen wurden durchgeführt?
  • Wurde Euch kompetent und ernsthaft geholfen? Oder wurdet Ihr in der Umweltambulanz psychiatrisiert?

Kurzum, lasst uns wissen wie es Euch in einer deutschen Umweltambulanz als MCS-Patient ergangen ist.

6 Kommentare zu “MCS Blogfrage der Woche: Erhalten MCS-Kranke in Umweltambulanzen Hilfe oder werden sie psychiatrisiert?”

  1. Hummel-Elfe 7. September 2008 um 10:56

    Ich selbst war noch nicht in einer Umweltambulanz, ich hatte das Glück gleich an einen praktizierenden Umweltmediziner zu geraten, der sich gut mit MCS und anderen umweltbedingten Erkrankungen auskennt. Ich wurde dort bestens betreut, viele eindeutige Befunde wurden festgestellt. Doch im Wartezimmer bei meinem Arzt, habe ich dann einige Storys über die Erfahrungen anderer MCS-Kranken zu hören gekriegt. Bei einigen wurde keine einzige Laborprobe zur Abklärung einer evtl. umweltbedingten Ursache ihrer schweren Krankheitssymptome erhoben, nur andere Untersuchungen vorgenommen und Gespräche geführt. Sie wurden wieder heimgeschickt mit einer Überweisung zur Psychotherapie oder gar zum Psychiater und entsprechendem Arztbericht. Beim praktizierenden Umweltmediziner kam dann die ganze Tragweite ihrer tatsächlichen Erkrankung zutage. Das finde ich extrem, zumal das Leiden durch die inkompetente Untersuchung in den Umweltambulanzen unnötig in die Länge gezogen wurde. Diese Erfahrungsberichte erhielt ich von einigen MCS-Kranken. Ich weiß jetzt nicht, ob das in allen Umweltambulanzen so läuft, ich weiß es aber von mehreren.

    Grüsse, Hummel-Elfe

  2. Lucie 7. September 2008 um 22:47

    Ich hatte große Hoffnungen in der Umweltambulanz endlich des Rätsels Lösung für meine Krankheitssymptome zu finden. MCS kannte ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Bei mir wurden nur Allergietests und Untersuchungen der Atemwege sowie ein großes Blutbild vorgenommen und Arztgespräche geführt. Diagnose: empfindliche Schleimhäute, allergisches Asthma und der Rest: psychogene Ursachen für die Beschwerden.

    Dabei habe ich keinerlei psychische Probleme, ich hatte sogar aussagekräftige Befunde dabei, die das Gegenteil und andere Erkrankungen belegen, allerdings nicht alle Symptome erklärten. Aber dennoch, Umwelt-Untersuchungen blieben völlig aus, genau wie Hummel-Elfe bereichtet. Den Weg in die Umweltambulanz hätte ich mir komplett sparen können. Die Umweltambulanz in der ich zur Abklärung meiner Beschwerden war, verdient den Namen Umweltambulanz bei weitem nicht.

  3. Susi 9. September 2008 um 12:30

    Ich war in 2 umweltmedizinischen Ambulanzen. In keiner bekam ich eine Untersuchung, ernsthafte Diagnose oder sonstige Hilfe. Ich wurde kurzerhand entsorgt.
    Von der ersten Umweltambulanz (Uniklinik München, 2004) wurde ich in ein anderes Krankenhaus stationär eingewiesen, mit dem „Verdacht auf Somatisierungsstörung“. Diese „Somatisierungsstörung“ wurde dort dann mit Heilfasten „behandelt“. Nach 10 Tagen Krankenhaus und Heilfasten ging es mir dann noch ein Stück schlechter.
    In der zweiten Umweltambulanz (Klinikum Rechts der Isar, München, 2005) las der Toxikologe, welche Substanzen die Allergologen getestet hatten, und meinte:
    „Das ist MCS.“ – „Was ist MCS?“
    „Das heißt, Sie vertragen überhaupt nichts!“ – „Und woher kommt das?“
    „Das ist psychisch.“ – „Wieso ist das psychisch?“
    „Weil das hauptsächlich Frauen haben.“ – „Bei den Psychologen war ich schon. Die sehen keinen Grund.“
    „Hm.“
    Das war´s. Ich stand mit 3 Buchstaben (aber immerhin gehörten sie zur richtigen Diagnose) wieder auf der Straße.
    Weiterführende Hilfe bekam ich viel später über ein MÖBELHAUS (!). Hier wurde mir ein Umweltmediziner genannt, der die nötigen Untersuchungen durchführte und mich beriet.
    Vom Auftreten der ersten deutlichen Krankheitssymptome bis zur Diagnosestellung MCS und richtigen Beratung waren insgesamt mehr als 11 Jahre vergangen. Hätte dies alles nicht so lange gedauert, hätte ich wesentlich früher reagieren und mir sicher viele bleibende Verschlechterungen meines Gesundheitszustands ersparen können. Ich bin jetzt dauerhaft berufsunfähig.
    In Umweltambulanzen würde ich nie mehr gehen. Es ist für die Katz! (Entschuldigung, das war bayrisch. Ich schreibe aus München.)

    Susi

  4. Silvia 9. September 2008 um 20:55

    Hallo Susi,
    so wie Dir ging es schon vielen MCS Patienten. Wenn man überlegt wieviel Elend, Schmerzen und nicht zuletzt auch Kosten dieses Ignorieren kostet, dann fragt man sich ob die Strategie der Ignoranz wirklich so effektiv ist wie sich manche denken. Ich glaube eher nicht, ganz im Gegenteil.

    Danke für Deine Schilderung,
    Silvia

  5. Alex 10. September 2008 um 21:18

    Die Psycho-Saat der Umweltambulanzen ist immer stärker aufgegangen.
    Geholfen wurde dort noch keinem von uns, zumindest keinem von dem ich jemals gehört hätte und es ist nicht so als würde ich keine Umweltkranken kennen.

    Der „Erfolg“ der Umweltambulanzen mit ihrem Psychokonzept ist trotzdem einseitig kontraproduktiv, denn die Zahl der Patienten ist höher geworden und die Kosten für sie sind immens gestiegen durch das sinnlose Aufdrücken des Psycho-Stempels anstatt echte Hilfe, Therapie und
    Rat für das Leben mit der Krankheit zu geben.

    Von mir deshalb in Minusprädikat für Umweltambulanzen in Deutschland.

    Das war ein Werbeartikel im Jahr 1995, mach Euch ein Bild:

    Umweltambulanzen finden großen Zuspruch

    9. September 1995
    DIE Welt –

    Vermeintliche Umweltbeschwerden haben oft psychische Ursachen – Nur jeder zehnte Ratsuchende durch Schadstoffe krank
    Immer mehr Menschen suchen Hilfe bei Umweltambulanzen, weil sie ihre Beschwerden auf Belastungen aus ihrer Umgebung zurückführen. Allein in der umweltmedizinischen Sprechstunde der Universität Erlangen-Nürnberg ist die Zahl der Patienten im ersten Halbjahr 1995 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um das Vierfache gestiegen.

    Nur selten allerdings stecken Schadstoffe hinter den Beschwerden der Patienten, ergab eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg unter Leitung von Dr. Thomas Kraus.

    WELT:Sie und Ihre Kollegen haben in einer Studie fast 100 Patienten untersucht, die vermuteten, sie seien durch Umweltschadstoffe erkrankt. Inwiefern hat sich das bestätigt?

    Kraus:Nur zehn von 94 Patienten zeigten eine geringfügig vermehrte Schadstoffbelastung im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt. Bei diesen Substanzen handelte es sich vor allem um Quecksilber sowie PCP und Lindan aus Holzschutzmitteln. Die nachgewiesenen Belastungen konnten nach allem Wissen aber nicht die Beschwerden der Patienten erklären.

    http://www.welt.de/print-welt/article661970/Umweltambulanzen_finden_grossen_Zuspruch.html

  6. Jeannie 4. Oktober 2008 um 18:04

    Ich denke eher, dass der letzte Teil der Blogfrage in deutschen Umweltambulanzen an der Tagesordnung ist. Ich habe bisher einige MCS Betroffene kennengelernt, die sich negativ über die Behandlung in Umweltambulanzen geäußert haben.

    Irgendwie hätte man immer nur herkömmliche Allergietests vorgenommen, Umweltuntersuchungen wurden komplett ausgespart. All ihre Hoffnungen auf Hilfe sind im Nichts geendet, denn man war auch nicht ernsthaft daran interessiert, ihnen tatsächlich zu helfen. Sie seien dort nur eine Nummer gewesen und wurden seitens der behandelnden Ärzte nicht richtig ernst genommen worden. Teilweise hätte man sie sogar demütigend behandelt. Einer war in der Umweltambulanz in Gießen, dort bekam er einen stark psycholastigen Entlassungsbericht, aber wie ich wiederum von anderen MCS Betroffenen erfahren konnte, scheint das die Richtung zu sein, die man in der Umweltambulanz in Gießen eingeschlagen hat, für die Ärzte dort gibt es eigentlich keine Umwelterkrankungen. Da stellt sich für mich die Frage, warum schließen sie diese Station nicht ganz, schließlich stellt eine solche Institution einen immenser Kostenfaktor dar.

    Bei dem betreffenden MCS Betroffenen wurden bei einem Umweltmediziner dann einige Monate später gravierende Befunde erhoben. Er musste seine komplette Wohnung sanieren, die Zahnmaterialien waren auch für die Entstehung seiner schweren MCS mitverantwortlich. Es wurden einige Maßnahme eingeleitet und es geht ihm mittlerweile etwas besser.

    Das bestätigt wiederum, dass man bei MCS, entgegen der immer wieder gerne verbreiteten Meldung, bei MCS könne man nichts machen, mit gezielter Diagnosestellung, sehr wohl Verbesserungen am Gesundheitszustand von MCS Patienten erreichen kann. Mangelnde Hilfeleistungen stellen für mich den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung dar. Darüber sollten mache Ärzte vielleicht einmal nachdenken.

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