Fibromyalgie: SPECT Diagnostik findet Ursachen für chronische Schmerzen
Manche an Fibromyalgie Erkrankten beschreiben ihre Schmerzen mit „Zahnweh am ganzen Körper“. Auch „Rheumaschmerzen“ fallen als Beschreibung. Der Krankheitsbeginn liegt meistens um das 35. Lebensjahr, wobei überwiegend Frauen davon betroffen sind. Es gibt jedoch auch Kinder und Jugendlich, die unter Fibromyalgie leiden. Die Ursache für die Krankheit, von der in Deutschland rund 2.4 Millionen betroffen sind, wird oft leichtfertig auf die Psyche geschoben, was den tatsächlichen Ursachen nicht gerecht wird, wie eine aktuelle Studie aus Frankreich belegt.
Wenn Schmerzen zum Alltag gehören
Gemäß dem „National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases“ ist das Fibromyalgie eine häufig auftretende und chronische Gesundheitsstörung, die charakterisiert wird durch ausgedehnte Muskelschmerzen, Erschöpfung und zahlreiche schmerzempfindliche Stellen. Diese schmerzenden Stellen, Tenderpoints genannt, sind an bestimmten Punkten vorzufinden – zum Beispiel im Nacken, an den Schultern, im Rücken, den Hüften und den oberen und unteren Extremitäten – an denen Menschen mit Fibromyalgie Schmerz auf leichten Druck hin empfinden. Fibromyalgie ist eine der häufigsten Ursachen für Schmerzen, die den Bewegungsapparat betreffen, und Behinderungen. Zwischen drei und sechs Millionen Menschen sind alleine in den USA davon betroffen, das bedeutet, einer von 50 Amerikanern leidet darunter. In Deutschland ist die Fibromyalgie ebenfalls weit verbreitet. Zwischen 80 und 90% der diagnostizierten Erkrankten sind Frauen.
Wissenschaftlern aus Frankreich gelang es mittels SPECT (Single Photon Emission Computertomographie), funktionale Veränderungen in bestimmten Teilen des Gehirns von Patienten festzustellen, bei denen Fibromyalgie diagnostiziert worden war. Dies kräftigt die bisherige Vorstellung, dass die Symptome dieser Krankheit mit einer Fehlfunktion des Gehirns in den Teilen einhergehen, in denen die Schmerzverarbeitung stattfindet.
„Unsichtbare Krankheit“ wurde sichtbar
„Von Fibromyalgie wird häufig angenommen es sei eine „unsichtbare Krankheit“, weil bildgebende Verfahren die Muskeln betreffend negativ sind“, sagte Eric Guedj, der Leiter der Studie. „Frühere bildgebende Studien über Patienten mit diesem Syndrom haben jedoch übernormalen cerebralen Blutfluss (Gehirndurchblutung) in einigen Teilen des Gehirns und unternormalen Blutfluss in anderen Arealen gezeigt. Nach dem Durchführen von Aufnahmen des ganzen Gehirns der Studienteilnehmer wendeten wir statistische Analysen an, um den Zusammenhang zwischen der funktionalen Aktivität selbst im kleinsten Areal des Gehirns zu erfassen, als auch verschiedene Parameter, die mit Schmerz, Behinderungen, sowie Angst und Depressionen in Zusammenhang stehen.“
In der Studie, über die in der Novemberausgabe der medizinischen Fachzeitschrift „The Journal of Nuclear Medicine“ berichtet wurde, beantworteten 20 Frauen mit der Diagnose Fibromyalgie und 10 gesunde Frauen als Kontrollgruppe Fragebögen, um den Grad ihrer Schmerzen, Schwierigkeiten im Beruf, morgendliche Müdigkeit, Steifheit, Angst und Depressionen festzustellen. Dann wurde ein SPECT durchgeführt, um positive und negative Korrelationen zu bestimmen.
Die französischen Wissenschaftler bestätigten, dass die Patientinnen mit Fibromyalgie, im Gegensatz zu den gesunden Studienteilnehmerinnen, Abnormalitäten in der Durchblutung des Gehirns zeigten. Weiterhin stellten sie fest, dass diese Abnormalitäten direkt mit dem Schweregrad der Krankheit korrelierten. Eine Zunahme der Durchblutung wurde in den Regionen des Gehirns festgestellt, die dafür bekannt sind, Schmerzintensität zu unterscheiden. Eine Verminderung der Durchblutung wurde in den Arealen vorgefunden, von denen angenommen wird, dass sie in die emotionale Verarbeitung von Schmerzen involviert sind.
Angst und Depressionen nicht relevant
In der Vergangenheit dachten einige Wissenschaftler, dass die Schmerzen, die von Fibromyalgiepatienten berichtet werden, ein Resultat von Depressionen seien, anstatt Symptome einer Krankheit. „Interessanterweise fanden wir heraus, das diese funktionalen Abnormalitäten unabhängig vom Angst- oder Depressionsstatus waren“, sagte Guedj.
Dem Wissenschaftler zufolge wird die Einschätzung einer Behinderung häufig bei kontrollierten klinischen Studien eingesetzt, um das Ansprechen auf eine Behandlung zu beurteilen. Da bildgebende molekulare Techniken wie SPECT dabei helfen können, ein Ansprechen eines Patienten auf eine spezifische Behandlung vorherzusagen und um die Genesung der Gehirnverarbeitung im Verlauf bewerten können, könnte es sich als hilfreich erweisen, wenn diese Untersuchungsmethode in zukünftige kontrollierte pharmakologische Studien einbezogen würde.
Fibromyalgie ist kein Phantom
„Fibromyalgie könnte in Verbindung mit einer umfassenden Fehlfunktion der cerebralen Schmerzverarbeitung stehen“, ergänzte Guedj. „Diese Studie demonstriert, dass diese Patienten Modifikationen der Gehirndurchblutung aufweisen, die bei gesunden Versuchspersonen nicht gefunden wurden, und sie verstärkt die Vorstellung, dass Fibromyalgie eine „richtige Krankheit / Gesundheitsstörung“ ist.
Obwohl über Fibromyalgie oft gedacht wird, dass es ein mit Arthritis verwandter Zustand ist, werden dabei jedoch keine Entzündungen und Gelenk-, Muskel- oder Gewebsschäden verursacht. Allerdings beeinträchtigen die signifikanten Schmerzen und die begleitende Erschöpfung eine Person in ihren Tagesablauf in erheblichem Maße, ebenso wie man es von Arthritis kennt.
Wege zur Linderung der Schmerzen
Viele der Erkrankten berichten, dass ihnen Wärme sehr hilft. Aufenthalte in trockenem sonnigen Klima, Sauna und Infrarottherapie werden als lindernd empfunden. Ernährungsumstellung hat bei manchen Personen mit Fibromyalgie frappierende Ergebnisse gebracht. Auch Gymnastik und Sport in Maßen hat mittelfristig einen guten Effekt. Ergänzend berichten viele Betroffene, dass ihnen Lymphdrainage Erleichterung bringt, wogegen Massagen oft als zu schmerzhaft angegeben werden.
Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. November 2008
Literatur:
SNM Press Release, Fibromyalgia Can No Longer Be Called the „Invisible“ Syndrome, November 3, 2008
Eric Guedj, Serge Cammilleri, Jean Niboyet, Patricia Dupont, Eric Vidal, Jean-Pierre Dropinski,Olivier Mundler, Clinical Correlate of Brain SPECT Perfusion Abnormalities in Fibromyalgia, THE JOURNAL OF NUCLEAR MEDICINE, Vol. 49, No. 11, November 2008