Psychische Beeinträchtigung als Folge von Chemikalien-Sensitivität – MCS

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Teil 1: MCS – plötzlich ist alles anders

Wer an MCS erkrankt ist, darf seinen Körper ganz neu kennen lernen. Plötzlich spielen bisher unbekannte Organsysteme und Körperteile verrückt. Die Zeiten, in denen einfach alles „funktioniert“ hat, sind vorbei, obwohl man erst zwanzig ist. Das Leben ist vorbei, bevor es richtig losging. Davon bleibt auch der Teil, den man gemeinhin Geist oder Seele nennt, nicht verschont. In der Fachliteratur wird dieser Teil der Wirklichkeit der Betroffenen meist in psychiatrischen Kategorien diskutiert, auf diese Weise muss man die Kranken nicht weiter Ernst nehmen. Eine Ausnahme ist Pamela Reed Gibson, sie ist Professorin für Psychologie an der James Madison University in Harrisonburg, Virginia und beschäftigt sich hauptberuflich mit MCS.

In ihrem Buch „Multiple Chemical Sensitivity, a Survival Guide (second edition)“ [1] beschreibt sie einige ihrer Ergebnisse. Viele ihrer Studienteilnehmer berichteten von erlittenem schwerem Leid und Traumatisierungen aufgrund der Veränderungen in ihrem Leben und der Verluste, die sie als Ergebnis ihrer Erkrankung hinnehmen mussten. Viele leben ohne die nötigsten Dinge, wie eine Wohnung, medizinische Versorgung und Zugang zu öffentlichen Versorgungs- und Dienstleistungen. Anderen stand das Nötigste zur Verfügung, aber sie erlebten Verluste andere Art, wie zerstörte Karrieren, nicht mehr zugängliche Bildungsmöglichkeiten, Reisen, Hobbies und verlorene soziale Integration. Weitere persönliche Demoralisierung resultierte aus dem Mangel an Aufmerksamkeit und Sorge für dieses Gesundheitsproblem von Seiten der medizinischen Berufe und der allgemeinen Öffentlichkeit. Manch einer wurde von diesen Missständen überwältigt und niedergedrückt. Ein Fünftel der Studienteilnehmer der Phase I ihrer Studie hatten ernsthaft einen Suizid erwogen, 8% hatten einen konkreten Plan gemacht und 3% tatsächlich einen Versuch unternommen.

Folgen von MCS – Verluste

Die Folgen fasst Professor Pamela Reed Gibson schließlich in drei Worten zusammen: Verlust, Verlust und nochmals Verlust. Es wirkt traumatisch, den Zugang zu fast allem zu verlieren, was man je angestrebt, wofür man gearbeitet hat und was man eines Tages für sein Leben zu erreichen hoffte.

Sie teilt die psychischen Reaktionen in direkte und sekundäre ein.

Direkte Reaktionen

Als direkte Reaktionen zählt sie dabei solche, die direkte Effekte chemischer Expositionen auf das psychische System sind. Dazu gehören Depressionen, Angst, Panik-Attacken, Irritierbarkeit, Unruhe, Verwirrung, Aggressivität oder auch äquivalente kognitiver Defizite.

Prof. Gibson betont, dass es wichtig ist, möglichst viele dieser direkten Wirkungen zu erkennen, um sie von den wahren eigenen Emotionen unterscheiden zu können. Es sei wichtig, umweltbedingte Ursachen auszuschließen, bevor man sich in der Angelegenheit mit sich selber auseinanderzusetzen versucht, oder bei anderen Rat sucht. Direkte Reaktionen fühlen sich oft wie nicht kontrollierbar an. Die Herausforderung besteht dann darin, nicht zuzulassen, dass derartige Reaktionen dazu führen, dass man seinen eigenen ethischen Maßstäben entgegen handelt. Es ist in solchen Situationen von großem Nutzen, wenn man eine nahe stehende Person hat, die zu erkennen vermag, wenn man in Verwirrung gerät, und einen dann aus der Gefahrenzone bringen kann. Letzten Endes bleibt es jedoch unsere eigene Aufgabe, die Verantwortung für uns zu übernehmen und uns zu kontrollieren.

Sekundäre Reaktionen

Sekundäre Reaktionen resultieren aus dem Erfordernis, mit den direkten Reaktionen umgehen und langfristig damit leben zu müssen. Prof. Gibson führt dabei folgende Problemfelder auf:

Verlust

MCS kann den Betroffenen den Arbeitsplatz, Freunde, Bildungsmöglichkeiten und die soziale Integration rauben. Auch attraktive Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Kleidung, Kosmetik und Wohnungseinrichtung gehen oft verloren. Die Verluste können drastisch sein und tief gehen und erfordern Trauerarbeit und große Flexibilität, um trotzdem gut zurecht zu kommen.

Isolation

Die physische Isolation, die daraus resultiert, dass man viele öffentliche Örtlichkeiten nicht mehr toleriert, und die geistige Isolation, die daher rührt, dass man eine Krankheit hat, die niemand versteht, können drastische oder gar als katastrophal empfundene Belastungen sein. Dies insbesondere dann, wenn sie zu dem Stress durch die Krankheit an sich und den häufigen existenzbedrohenden finanziellen Verlusten hinzukommen. Ignoranz und Fehlverhalten anderer können den Druck und die Isolation weiter erhöhen.

Ständige Alarmbereitschaft

Das Leben mit MCS erfordert permanente Wachsamkeit, insbesondere, wenn die Reaktionen stark behindernd oder lebensbedrohlich sein können. Die Betroffenen müssen nun Orte fürchten, die früher eine Quelle der Freude waren. Warenhäuser, Kinos, Partys können nicht mehr so ohne weiteres aufgesucht werden, wenn man jeden Moment bereit sein muss, sich aus der Gefahrenzone zu bringen, wenn man auf Parfüm oder Rauch stößt. Daraus resultierend kommen schließlich noch Zukunftsängste dazu, insbesondere, wenn sich die Sensitivitäten ausbreiten und immer mehr Chemikalien dazukommen.

Ärger und Frustration

Ärger und Frustration sind normale Reaktionen auf Verlust, missverstanden werden und körperliche Beeinträchtigungen durch Expositionen, Diskriminierung und Fehldiagnosen. Man muss einen Weg finden, damit umzugehen, wenn man sich davon nicht bestimmen lassen will.

Vermeintlich obsessiv-zwanghafte Verhaltensweisen

Das Vermeiden von Symptomauslösern in der Umwelt resultiert in Verhaltensweisen, die obsessiv-zwanghaften Merkmalen ähneln können, insbesondere für solche Leute, die nicht verstehen, wie wichtig die Vermeidung der Auslöser für die Betroffenen ist. Vorsichtsmaßnahmen können rigide erscheinen und Spontaneität vermissen lassen. Z.B. immer aufzupassen, ob jemand eine Zigarette anzündet oder eine mögliche Pestizidkontamination eines Gebäudes vor einem Besuch desselben telefonisch abzuchecken. Das Vermeiden einer großen Anzahl von Nahrungsmitteln oder das auslüften der Post, um das Risiko, Parfüm zu begegnen, zu reduzieren. Oder aber das grundsätzliche mehrmalige Auswaschen neuer Kleidung mit Soda. All dies kann Außenstehenden seltsam vorkommen. Wenn der Charakter danach beurteilt wird, kann einem versehentlich eine obsessiv-zwanghafte Störung attestiert werden.

Selbstvorwürfe

Menschen mit Chemikalien-Sensitivität grübeln vielleicht darüber nach, wie sie bloß so krank werden konnten und ob sie irgendetwas hätten tun können, um das zu vermeiden. Und diejenigen, denen es laufend schlechter geht, quälen sich manchmal mit Fragen wie „Warum habe ich mir nicht früher einen Wasserfilter angeschafft?“ oder „Warum bin ich bloß in einem Haus mit Ölheizung geblieben?“ Medizinische Lehrmeinungen, die das Gefühlsleben für Krankheiten verantwortlich machen oder sagen, jeder bekommt, was er verdient, oder dass wir uns „unsere eigene Welt“ machen, gießen weiter in unangemessener Weise Öl in dieses Feuer.

Mangelnde Kontrolle über emotionale Reaktionen

Die meisten Menschen haben wenigstens eine gewisse Kontrolle darüber, welche Emotionen sie in der Öffentlichkeit zeigen wollen. Menschen mit Chemikalien-Sensitivität können jedoch von Reaktionen überrascht werden, die die Hirnfunktion betreffen können. Diese Reaktionen können dazu führen, dass man expositionsbedingte Irritationen, Tränen oder Nervosität in Situationen zeigt, in denen derartige sichtbare Symptome negative Folgen haben können, z.B. am Arbeitsplatz.

Mangelnde Privatsphäre in Gesundheitsdingen

Gesundheitsprobleme, die bei der Arbeit nicht beeinträchtigen, können vor dem Arbeitgeber geheim gehalten werden. Wenn die Gesundheit jedoch Anpassungen am Arbeitsplatz verlangt, geht das nicht. Insbesondere, wenn die Krankheit, die man hat, öffentlich oft als psychische Störung denunziert wird, kann das negative Folgen haben.

Mangelnde Kontrolle der eigenen Lebensweise

Die Notwendigkeiten des Überlebens diktieren oft so viele Bedingungen, die man einhalten muss, dass nur noch wenige Gestaltungsmöglichkeiten bleiben. Z.B. ein kontaktfreudiger Mensch wird gezwungen, Isolation zu ertragen, was nicht zu seinem Lebensstil passt und so zu einer weiteren Quelle von Demoralisierung wird. Ähnliches gilt für verbleibende Arbeitsmöglichkeiten, die häufig die Ausübung des gewählten Berufes nicht erlauben.

Negative Haltung gegenüber konventioneller Medizin

Menschen mit MCS müssen sich selber informieren und sich für ihre Belange einsetzen, um zu überleben. Wenn man wenig oder gar keine Hilfe von konventionellen Ärzten erfahren hat, beginnt man, von deren Seite Ablehnung und nur noch wenig Gutes zu erwarten. Wenn MCS-Kranke schließlich in Behandlung kommen, erscheinen sie potentiellen Helfern möglicherweise fälschlicherweise als aggressiv, widerspenstig oder paranoid. Die sehen dies dann eventuell nicht im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Betroffenen, in der sie nur inadäquate medizinische und psychologische Hilfe erfahren haben.

Falsche Zuordnungen aufgrund von Reaktionen

MCS-Betroffene können aufgrund einer Exposition ängstlich oder aggressiv werden, ohne zu wissen, woher die Exposition kam. Da es in unserer Gesellschaft keinen Mangel an Stress gibt, kann es passieren, dass die Person einen psychologischen Stressor dafür verantwortlich macht, obwohl er, obgleich vorhanden, nicht der Verursacher war. Die betroffene Person wird so dazu verleitet, ihre eigene Fähigkeit, psychologisch angemessen zu reagieren, in Frage zu stellen. Es ist sehr wichtig, solche Situationen zu klären, um nicht irrtümlich soziale oder arbeitsbezogene Vorkommnisse verantwortlich zu machen und so Freunde oder Kollegen zu entfremden.

Verlust einer stabilen kontinuierlichen Persönlichkeit

Anselm Strauss [2] diskutiert den Verlust einer kontinuierlichen Identität, wenn jemand chronisch krank wird. Bei jeder chronischen Erkrankung kann das Empfinden der Person für das eigene Selbst und Wohlergehen je nach dem momentanen physischen Zustand schwanken. Da Expositionen bei MCS-kranken Personen zu emotionalen Reaktionen führen können, die von dem normalen Zustand so sehr verschieden sind, erleben sie das möglicherweise als Diskontinuität in ihrem Selbstgefühl. Beispielsweise können sich manche, wenn sie gerade keine Reaktion erleiden, nicht vorstellen, wie krank sie auch sein können. Und wenn sie dann eine Reaktion haben, können sie sich nicht daran erinnern, sich gesund gefühlt zu haben, oder einen Sinn für persönliches Wachstum und Selbstbestimmung entwickeln. Diese schlechten Zeiten sind auch schädlich für Beziehungen. Das Leben anderer Leute geht unabhängig von dem eigenen Zustand weiter. Es kann schwierig sein, sozial immer wieder „aufholen zu müssen“.

Autor:

Karlheinz für CSN – Chemical Sensitivity Netwok, 29. Mai 2009

Literatur:

[1] Pamela Reed Gibson, Multiple Chemical Senisitivity, a survival guide (second edition), Earthrive Books, 2006.

[2] Anselm Strauss, Chronic illness and the quality of life, St. Louis, MO, C.V. Mosby Company, 1984.

Neuropsychiatrische Maskerade – Die Psyche ist nicht immer Ursache für psychische Symptome

Neuropsychiatrische Maskerade

Anfang Februar 2009 erschien in der amerikanischen Fachzeitschrift für Psychiatrie ein Bericht über einen bewusstseinserweiternden Kongressvortrag von Josè Maldonado / Stanford University. Maldonado legte anschaulich dar, dass psychische Symptome klar von psychiatrischen Krankheiten unterschiedene werden müssen, da deren Ursache nur zu oft nicht in der Psyche begründet ist, sondern in der Wirkungsweise von bestimmten Chemikalien, Medikamenten und den Begleiterscheinungen von anderen Krankheiten. Ein Aspekt, dem in der Praxis sicher in den allerseltensten Fällen Beachtung geschenkt wird und wodurch man vielen Erkrankten therapeutisch nicht gerecht wird.

Wenn Chemikalien, Medikamente und Krankheiten die Psyche beeinflussen
Josè Maldonado riet Ärzten bei seinem Vortrag auf einem Psychiatrie-Kongress in San Diego, jene Krankheiten, die psychische Symptome auslösen, von den primär psychiatrischen Erkrankungen zu unterscheiden. Infektionen, Krankheiten des endokrinen Systems, Stoffwechselkrankheiten, neurologische Erkrankungen und Krankheiten des Bindegewebes seien häufige unterschätzte Auslöser einer psychischen Symptomatik. In seinem ausführlichen Referat ging der Psychiater auf verschiedene Faktoren ein, gab aber zu verstehen, dass dies nur die Spitze des Eisberges sei, denn alleine über Infektionskrankheiten, die dazu in der Lage sind, psychische Symptomatiken auszulösen, könne er einen ganzen Monat lang erzählen.

Chemo, Pestizide, Schwermetalle,…
Maldonaldo, Professor für Psychiatrie und Medizin, leitet am Stanford Universitity Medical Center die medizinische und forensische Psychiatrie. Er bot auf dem „US Psychiatric and Mental Health Congress“ in San Diego Ärzten klinische Beratung zur Unterscheidung primär und sekundär psychischer Symptome an. Es gäbe bei jeder Krankheit bestimmte Hinweise, die die Unterscheidung ermöglichen.

Neben den genannten Krankheiten könnten auch verschiedene Medikamente wie (Korticostereoide, Opiate, Chemotherapien gegen Krebs, Parkinsonmittel), Drogen und Alkohol oder Toxine wie Schwermetalle, bestimmte Insektizide, z. B Organophosphate, oder manche Farben psychische Symptome auslösen. Es müsse daher darauf geachtet werden, ob der Patient mit solchen Substanzen belastet sei oder war. Bei Patienten, die bspw. unter Angstzuständen litten, müsse eruiert werden, ob diese Kohlenmonoxid, lösemittelhaltigen Farben oder Benzindämpfe ausgesetzt waren. Psychosen hingegen könnten bspw. durch Benzin, Organophosphatinsektizide, Nervengase, Schwermetalle, Kohlenmonoxid, Farben und Lösungsmittel ausgelöst werden.

Medikamente
Besonders häufig sei es auch die Wechselwirkung von Medikamenten, erläuterte Maldonado, sowohl verschriebene als auch freiverkäufliche. Dazu führte Maldonaldo ein Beispiel aus seinen Erfahrungen als Psychiater der Stanford Transplantationsabteilung an. Er stellte fest, dass manche Patienten über 20 Mittel einnahmen, die nicht Teil ihrer Therapie waren. An einem Tag fragte er einen Transplantationspatienten, wie viele verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente er denn so einnehme. Der Mann zog eine Tüte voll mit Medikamenten hervor. Dann habe er ihn gefragt, ob er auch frei verkäufliche Medikamente einnähme. Daraufhin hätte der Mann eine weitere, noch größere Tüte herbeigebracht.

Endokrine Störungen
Störungen der Schilddrüse können eine Vielzahl psychischer Symptome verursachen. Maldonaldo nannte hier Angst, Depressionen, Bipolare Störungen und Manien, seelische Labilität und schwere Symptome bis hin zu Demenz, Psychosen und Delirium.

Mit einer Angststörung verwechselt werden kann das Pheochromocytoma, das Katecholamine ausschüttet. Mit Urintest, CT von Kopf, Nacken und Brust oder auch dem Massieren der adrenalinausschüttenden Drüsen, was Panikattacken hervorruft, lässt sich der Tumor identifizieren. Der Tumor muss operativ entfernt werden.

Hyperparathyroidismus ruft neben verschiedenen körperlichen Symptomen auch Müdigkeit und nicht selten das Restless-Legs-Syndrom hervor.

Eine überaktive Nebenschilddrüse kann Depressionen, Gedächtnisschwäche, Appetitlosigkeit, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit verursachen, im Extremfall kommt es zum Delirium. Auch hier ist die chirurgische Entfernung die Therapie der Wahl.

Diabetes
Bei Unterzuckerung, meist durch Diabetes, kommt es zu eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten, Schweiß, Angst, Zittern, bis hin zum Koma. Man könne leicht herausfinden, erklärt Maldonaldo, ob der Zustand durch Unterzuckerung bedingt ist, wenn man dem Patienten etwas Zuckerhaltiges zu essen gibt.

Stoffwechselstörungen
Eine erbliche Störung des Kupferstoffwechsels führt zur Anreicherung von Kupfer im Körper und in der Folge zu Bewegungsstörungen, Psychosen und Persönlichkeitsveränderungen. Neurologische Symptome, auch parkinsonähnlich, können ebenso auftreten wie Depression und Paranoia. Behandelt werden kann z.B. mit Chelaten oder Zink, dem Gegenspieler von Kupfer im Körper. Maldonaldo vergaß nicht, an dieser Stelle eindringlich darauf hinzuweisen, dass sich neurologische Symptome zu Beginn der Therapie verschlechtern können.

Porphyrie
Die Pophyrie, eine relativ seltene Stoffwechselerkrankung, kann körperliche und psychische Symptome von unterschiedlichster Intensität und verschiedenster Art hervorrufen. Sie ist mit einer Urinuntersuchung feststellbar.

Infektionskrankheiten, Borreliose
Man  könne einen ganzen Monat damit verbringen, über Infektionskrankheiten zu sprechen, stellte Maldonaldo bei seinem Vortrag fest.

Die Borreliose etwa werde oft fehldiagnostiziert. Die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenbiss zu erkranken, liegt bei 3%. Die Borreliose kann zu einer Arthritis, die kommt und geht, neurologischen Symptomen, Hirnhautentzündung und Hirnentzündung mit Schädigungen sowie Herzdefekten führen.

Aus psychiatrischer Sicht sei die Borreliose oft schwer von der Depression zu unterscheiden. Andere psychische Symptome verschiedener Intensität könnten hinzukommen, so etwa Panikattacken, Halluzinationen, Anorexie, Manien etc. Die Diagnose dieser Infektion wird durch Bluttest gestellt. Ergänzend könnten ein PET Scan und ein MRT weiteren Aufschluss über das Ausmaß der bereits eingetretenen Hirnschädigung bei Erkrankten geben.

Herpes
Herpesinfektionen können zur Hirnhautentzündung oder Gehirnentzündung führen. Maldonado gab zu verstehen, dass plötzliches Fieber, Kopfschmerzen, gefolgt von kognitiven und neurologischen Störungen, sowie neuropsychiatrischen Symptomen wie Halluzinationen, Gedächtnisverlust, Änderungen des Verhaltens etc. zu den Anzeichen der Erkrankung gehören, die bis zum Koma führen und tödlich enden kann. Verschiedene klinische Tests, u.a. PCR Tests, ermöglichen die Diagnose, behandelt wird mit Virostatika. Ein MRI könne ergänzend Entzündungen im Hirn aufdecken. Maldonado erwähnte, dass nach der Erkrankung neurologische Schäden zurückbleiben können.

Bindegewebserkrankungen

Lupus (SLE), sagte der Stanford Mediziner, kennzeichne sich durch wiederkehrende Phasen von Entzündungszuständen verschiedener Organe, wie Haut, Gelenke, Nieren oder Blutgefäße. Die Erkrankung zeige sich auch durch psychische und neurologische Symptome wie Demenz, Psychose oder kognitive Störungen. Die medikamentöse Behandlung müsse den Ursprung dieser Psychosen selbstverständlich berücksichtigen.

Delirium
Maldonaldo konzentrierte sich bei seinem Vortrag auch insbesondere auf Deliriumszustände, die 15% aller medizinischen Fälle, 40% auf chirurgischen Stationen und 80% der Patienten auf der Intensivstation betreffen. Patienten im Delirium würden häufiger an der zu Grunde liegenden Erkrankung sterben oder schwerere Verläufe erleben. Maldonaldo erläuterte, dass er keinen einzelnen Grund für das Delirium sähe, vielmehr verschiedene Risikofaktoren. So seien ältere Menschen häufiger betroffen als junge, Männer öfter als Frauen, verschiedene Genussgifte oder Drogen würden das Risiko ebenso erhöhen, wie manche Medikamente. Als Folge würden bei den Patienten auch nach Abklingen der Erkrankung oft psychische und neurologische Störungen auftreten. Daher sei es wichtig, das Delirium schnell zu erkennen und korrekt zu behandeln.

Neuropsychiatrische Maskerade
Maldonaldo vermittelte auf dem Psychiatrie-Kongress, dass das Wissen über die verschiedenen Faktoren, die eine neuropsychiatrische Maskerade bedingen, an Mediziner aller Fachrichtungen weitergegeben werden sollte und auf internationaler Ebene fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung werden muss. Nur so könne man vermeiden, dass Patienten in einen Teufelskreis geraten und unnötig in Psychiatrien enden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 8. Februar 2009

Übersetzung: Amalie für CSN

Literatur: José R. Maldonado, Vortrag Neuropsychiatric Masquerade, 21th U.S. Psychiatric and Mental Health Congress, 2008

Eine häufige Ursache für Depressionen und Angstzustände: Pestizide

Deprimiert durch Pestizide

In einer Langzeitstudie untersuchten amerikanische Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Pestiziden und Depressionen. Sie stellten fest, dass bestimmte Pestizide und Herbizide zu Depressionen, Angstzuständen, Neurosen und anderen psychiatrischen Störungen führen können.

Zusammenhang zwischen Pestizidkontakt und Depressionen erkannt
Eine Literaturrecherche in der Anfangsphase ihrer Studie offenbarte dem amerikanischen Wissenschaftlerteam, dass im letzten Jahrzehnt bereits starke Zusammenhänge zwischen hoher arbeitsbedingter Pestizidexposition und verstärktem Depressionsrisiko aufgedeckt wurden (Amr et al. 1997, Farahat et al. 2003, Stephens et al. 1995). In einer Studie über eine ägyptische Bevölkerungsgruppe wurde festgestellt, dass die Häufigkeit depressiver Neurosen bei Männern, die Pestizide über einen längeren Zeitraum herstellten, größer war, als bei einer Kontrollgruppe (Amr et al. 1997). Bei den Pestiziden, die Studienteilnehmer dieser Studien ausgesetzt waren, handelte es sich vornehmlich um Carbamate, Pyrethroide und Organophosphate. Diese Pestizide befinden sich auch in Deutschland im häuslichen wie im Agrarbereich im Großeinsatz.

Die Autoren der aktuellen, im Dezember 2008 in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives erschienenen Studie hoben noch zwei weitere Studien besonders hervor, bei denen man Zusammenhänge aufgedeckt hatte. So gab es eine ägyptische Studie, die belegte, dass Männer, die beruflichen Umgang mit Pestiziden hatten, im Vergleich zu Verkäufern oder Büroangestellten höhere Punktzahlen bei der Erfassung neurotischer Depressionen aufwiesen (Farahat et al. 2003). Auch in England fanden Wissenschaftler Zusammenhänge. Hier fiel auf, dass die Anfälligkeit für psychiatrische Erkrankungen bei 146 Schäfern, die Organophosphatpestiziden ausgesetzt waren, um 50% höher lag als bei Steinbrucharbeitern, die man als Kontrollgruppe herangezogen hatte (Stephens et al. 1995).

Depressionen – Folgekrankheit akuter Pestizidexposition
Bei ihrer Recherche in der wissenschaftlichen Fachliteratur suchten die Wissenschaftler ergänzend nach Zusammenhang zwischen akuter Pestizidvergiftung und Depressionen als Spätfolge der Vergiftung. Auch bei dieser Recherche wurden sie fündig und teilten mit, dass bereits aussagekräftige Studien Langzeitdepressionen als Spätfolge akuter Pestizidintoxikation aufgedeckt hatten (Beseler et al. 2006; Reidy et al. 1992; Rosenstock et al. 1991; Savage et al. 1988; Stallones and Beseler 2002). Stallones und Besele fanden ergänzend heraus, dass eine durch Pestizide verursachte Erkrankung bei 761 Bewohnern von Farmen in Zusammenhang mit Depressionen stand. In einer brasilianischen Studie stellte man bei 52 Tabakfarmern, die mit Organophosphaten in Kontakt gewesen waren, fest, dass die Anzahl derer, die unter Depressionen und Angststörungen litten, signifikant höher als erwartet war und dass die Beschwerden nach dreimonatiger Karenz gegenüber Organophosphaten abklangen (Salvi et al. 2003).

Auch Pestizidkontakt im Niedrigdosisbereich hat Folgen
Eine weitere Studie, die das Wissenschaftlerteam fand, hatte sogar herausgefunden, dass, obwohl die oben genannten Studien hohe Konzentrationen von Pestiziden voraussetzen, sogar bereits Mechanismen von Forschern vorgeschlagen wurden, die die einen Zusammenhang schon bei chronischer Toxizität im Niedrigdosisbereich erklären (Brown and Brix 1998; Browne et al. 2006; Ray and Richards 2001).

Ausgeklügeltes Studiendesign
In der aktuellen Studie untersuchte die Gruppe von Wissenschaftlern verschiedener amerikanischer Universitäten und Institute ebenfalls den Zusammenhang zwischen Depressionen und Kontakt mit Pestiziden. Hierzu benutzten sie Informationen aus einer Langzeitstudie, der Agricultural Health Study (AHS), die zwischen 1993 und 1997 in Iowa und North Carolina durchgeführt wurde, um einen Überblick zu erlangen. In der AHS-Studie waren Informationen von über 89 658 Personen, die Pestizide ausbrachten, bzw. mit Personen zusammen lebten, die Pestizide ausbrachten, gesammelt worden.

Das Studiendesign war sehr umfangreich und umfasste viele Faktoren, um letztendlich zu einem repräsentativen Ergebnis zu gelangen. So wurden u.a. nur Teilnehmer zugelassen, die selbst nicht kommerziell Pestizide ausbrachten. Die meisten Teilnehmer waren Farmer und deren Lebenspartner. Es wurde unterschieden zwischen Personen, bei denen Depressionen ärztlich festgestellt und Medikamentierung oder Elektroschocktherapie eingesetzt wurden und Personen, die sich selbst als depressiv bezeichneten. Ausgeschlossen von der Studie wurden Personen, bei denen eine Blei- oder Lösungsmittelvergiftung bekannt war, da beides im starken Zusammenhang mit neurologischen Beschwerden steht. Der Zeitraum, in dem die Teilnehmer Pestiziden ausgesetzt waren, wurde in vier Kategorien eingeteilt, um festzustellen, in welchem Zeitrahmen welcher Effekt eintritt. Weiteren Aufschluss erwarteten sich die Wissenschaftler durch das Abfragen von 50 verschiedenen Pestiziden, die sie in drei Hauptgruppen – Organochlorverbindungen, Organophosphate, Carbamate –  aufteilten.

Wissenschaftler stellen fest: Pestizide lösen Depressionen aus
Als Ergebnis ihrer Studie gaben die Wissenschaftler bekannt, dass Depressionen sowohl mit einer Pestizidvergiftung als auch mit einer Pestizidexposition im Hochdosisbereich (HPEE) in Zusammenhang stehen. Auch hohe kumulative Pestizidexposition stand in signifikantem Zusammenhang mit diagnostizierten Depressionen. Diese Feststellungen werden durch Studien manifestiert, die bereits im Vorfeld stattgefunden hatten und bei denen Forscher festgestellt hatten, dass Personen, die mit Pestiziden in Kontakt waren, mit Angstsymptomen und Depressionen reagierten (Reidy et al. 1992; Savage et al. 1988; Stokes et al. 1995).

Akut Pestiziden ausgesetzte Wanderarbeiter auf Farmen mit dokumentierter Hemmung der Acetylcholinesterase, einem Marker für Organophosphatintoxikation, berichteten signifikant häufiger darüber, dass sie sich deprimiert fühlten und unter Angst litten, als Personen aus der Kontrollgruppe, die keinen Kontakt zu Pestiziden hatten (Reidy et al. 1992, Savage et al. 1988).

Bemerkenswert sind auch die Erkenntnisse von Steenland et al. Sie fanden 1994 signifikante Veränderungen im Gefühlsleben von Personen heraus, bei denen eine Pestizidvergiftung zum Zeitpunkt der Untersuchung schon 3 bis > 10 Jahre zurücklag.

Die aktuelle Studie ist deshalb einzigartig, da sie in Bezug auf die Feststellung, dass Depressionen auch in Zusammenhang mit einer chronischen Pestizidintoxikation ohne ärztlich diagnostizierte Vergiftung auftreten.

Hilft Schutzausrüstung gegen Depressionen durch Pestizide?
Ein weiteres wichtiges Kriterium, das die amerikanische Wissenschaftlergruppe herausfinden wollte, war, ob Schutzausrüstung (Stoff- oder Lederhandschuhe, chemikalienresistente Handschuhe, Gasmaske, Gesichtsschutz und Wegwerfkleidung) davor bewahren können, dass exponierte Personen durch Pestizide depressiv werden. Es stellte sich heraus, dass einzig und allein das Tragen von chemikalienresistenten Handschuhen die Pestizidexponierten vor Depressionen schützen konnte.

Bestimmte Pestizide lösen häufiger Depressionen aus
Durch ihre Untersuchungen ermittelten die Wissenschaftler auch, dass es Pestizide gibt, die vorrangig Depressionen auslösen. Sie stellten fest, dass ständige Verwendung von Organophosphaten oder Pestiziden der Organochlorklasse im signifikanten Zusammenhang mit einer diagnostizierten Depression stand.

Gene können eine Rolle spielen
Genetische Prädisposition kann eine weitere Rolle dabei spielen, ob Depressionen durch Pestizidexposition eintreten. Diejenigen, bei denen affektive Erkrankungen in der Familie lagen, könnte dies zu erhöhtem Risiko führen, um Depressionen zu entwickeln, wenn sie ACHE-hemmenden Pestiziden ausgesetzt sind (Janowsky et al. 1994). Ein gesteigertes Risiko bei Personen, die Pestizide über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind, kann weiterhin durch eine genetische Prädisposition gegenüber den Auswirkungen durch Pestizide eintreten, die aus einem Paraoxygenase Polymorphismus oder anderen Genvarianten resultieren (Browne et al. 2006; Cherry et al. 2002; Costa et al. 2003).

Langzeitexposition gegenüber DDT wurde hingegen eher mit einem Anstieg psychiatrischer Symptome in Verbindung gebracht (van Wendel de Joode et al. 2001). DDT alleine, löste Depressionen in keinem signifikanten Zusammenhang aus, genauso wenig Carbamate. Was im Fall von Carbamaten letztendlich für eine rasche Reaktivierung der Acetylcholinesterase (ACHE) spricht.

Reduzieren von Pestizideinsatz ist wichtig
Im Resümee ihrer Studie sprachen sich die Wissenschaftler dafür aus, dass Ärzte unbedingt nach Gefühlsschwankungen bei ihren Patienten Ausschau halten sollten, die mit Pestiziden in Kontakt sind. Sie begründen dies mit ihren eindeutigen Feststellungen und sprechen sich dafür aus, dass eine generelle Reduzierung von Pestizidexpositionen äußerst wichtig sei.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 8. Januar 2009

Literatur:

  1. Cheryl L. Beseler,1,2,3 Lorann Stallones,1 Jane A. Hoppin,4 Michael C.R. Alavanja,5 Aaron Blair,5 Thomas Keefe,6 and Freya Kamel 4, Depression and Pesticide Exposures among Private Pesticide Applicators Enrolled in the Agricultural Health Study, Environ Health Perspect. 2008 December; 116(12): 1713-1719.
  2. Colorado Injury Control Research Center, Department of Psychology, Colorado State University, Fort Collins, Colorado, USA
  3. Epidemiology Department, College of Public Health
  4. Department of Environmental, Agricultural and Occupational Health, University of Nebraska Medical Center, Omaha, Nebraska, USA
  5. Epidemiology Branch, National Institutes of Environmental Health Sciences, National Institutes of Health, Department of Health and Human Services, Research Triangle Park, North Carolina, USA
  6. Occupational and Environmental Epidemiology Branch, Division of Cancer Epidemiology and Genetics, National Cancer Institute, National Institutes of Health, Department of Health and Human Services, Rockville, Maryland, USA
  7. Department of Environmental and Radiological Health Sciences, Colorado State University, Fort Collins, Colorado, USA

Depressionen: Nicht immer ist die Psyche schuld

Depressive Frau

Es begann schleichend. Eva B., eine attraktive, lebenslustige junge Frau hatte eine kleine Erbschaft gemacht und sich damit einen Traum erfüllt. Die ausgebildete Masseurin hatte sich ein kleines Wellness-Zentrum eingerichtet, in dem sie selbstständig arbeiten konnte. Eva B. hatte bald viel Zulauf von Kundinnen, die zur Aroma-Massage kamen.

Alles lief besser als erwartet – dann der Zusammenbruch
Eigentlich hätte Eva B. zufrieden sein können. Wenn da nicht diese Müdigkeit und die Konzentrationsstörungen gewesen wären. Zuerst dachte Eva B., die viele Arbeit sei schuld. Aber in der Klinik, in der sie vorher gearbeitet hatte, hatte sie oft längere Arbeitszeiten gehabt. Als ihr Befinden auch nicht mehr vor ihrem Freund und anderen Menschen zu verbergen war, suchte Eva B. einen Arzt auf. Der aber konnte keine körperlichen Ursachen feststellen und verordnete der jungen Frau ein antidepressiv wirkendes Medikament. Aber Eva B. bekam Schwindel, Benommenheit, ihr Mund war trocken, sie kämpfte mit Übelkeit. Eva B. konnte die Blase nicht mehr entleeren und verhielt sich so auffällig, dass der Freund sie abends in eine Klinik brachte. Dort wurde sie in der psychiatrischen Abteilung untergebracht. Eva B. erhielt verschiedene psychiatrische Diagnosen und die Ärzte versuchten, sie auf Medikamente einzustellen.

Die „Psyche“ war doch nicht schuld
Als Eva B. schließlich die Klinik verlies, war sie nicht mehr fähig, ihr Wellness-Zentrum weiter zu führen. Evas Freund zog sich schnell zurück, und auch viele andere Menschen in ihrem Bekanntenkreis distanzierten sich. Eva B. musste ihr kleines Unternehmen verpachten. Immer, wenn Eva B. die Räume ihres Wellness-Zentrums betrat, ging es ihr schlecht. Aber sie nahm keine Notiz von diesem Zusammenhang. Erst ein Jahr später, nachdem ihre aufmerksame Schwester sie zu einem gut informierten Arzt gebracht hatte, wurde klar, was geschehen war.

Eva B. hatte auf die Massageöle mit Symptomen reagiert, die ihr damals behandelnder Hausarzt und auch die Klinikärzte für eine Depression gehalten hatten, und Eva B. wurde wegen der Nebenwirkung des verordneten Medikamentes stationär behandelt.

Medikamente gegen Depressionen nicht für jeden unproblematisch Eva B. ist nämlich, wie acht Prozent der einheimischen Bevölkerungsgruppe, Trägerin einer genetischen Variante, die dazu führt, dass sie das verordnete antidepressive Mittel nicht vertragen hat.

Eva B. ist sicher kein Einzelfall.

Medikamente, die Allgemeinmediziner und Fachärzte gegen Depressionen oder Symptome einer Depression verordnen, sind  nicht unproblematisch.

Oft werden sogar Mittel verordnet, die vom Hersteller gar nicht als Medikament gegen Depressionen entwickelt wurden.

Depressionen sollen ja heute eine weit verbreitete Krankheit sein
Viele Menschen gehen mit Beschwerden zum Arzt und erwarten, dass sie dort eine Pille bekommen, die sie aller Sorgen enthebt. Aber man sollte sich auch klar machen, dass ein Medikament nicht die Umstände verändert, unter denen mal lebt. Auch wenn man antriebslos, traurig, müde, schlafgestört etc. ist, sollte innehalten und nachdenken die erste Handlung sein.

Dr. Strunz schreibt in seinem Bestseller „Frohmedizin“: „Es gibt viele Studien, die zeigen: Sport wirkt wie ein Antidepressivum“. Und der französische Psychiater David Servan-Schreiber berichtet in „Die neue Medizin der Emotionen“ über die Erfolge, die man mit der Gabe von Omega-3 Fettsäuren auch bei schweren seelischen Erkrankungen gemacht hat.

Umfeld kontrollieren
Wie das Beispiel von Eva B. zeigt, sollte man auch darauf achten, ob Symptome in Abwesenheit von Duftstoffen und/oder Chemikalien verschwinden. Auch die Wohn -und Arbeitsräume auf Schimmelbefall zu prüfen kann hilfreich sein.

Wichtige Ratschläge:
Tägliche Bewegung am Besten an der frischen Luft und die richtige Ernährung, nämlich das, was man unter Mittelmeerkost versteht, sind die Grundpfeiler seelischer Gesundheit. Unter Umständen sind auch Nahrungsergänzungsmittel mit Omega3 Fettsäuren sinnvoll. Da braucht man einen Mediziner, der sich mit Orthomolekularer Medizin, auskennt.

Also als Erstes anfangen zu laufen, es muss nicht gleich ein Marathon sein, den Küchenschrank und den Kühlschrank ausmisten und nur frische Nahrungsmittel einkaufen. Schwerpunkt Gemüse, Gemüse, Obst, Olivenöl und Leinöl verwenden und auch Fisch auf den Speiseplan setzen.

Als nächstes für einen geregelten Schlaf sorgen. Auch bei Schlafstörungen täglich früh aus dem Bett.

Und dann die Atmung. Das muss man lernen. Auch hier kann man bei Dr. Strunz nachschlagen: „Es gibt … 100 Meter Bücher über Atemtechnik… Sie können die 100 Meter ganz schnell zusammenfassen: ‚Atmen Sie aus’…

Sie atmen zurzeit 16-mal in der Minute. Sie müssten aber nur viermal. Das wissen Sie bloß nicht. Sie wissen gar nicht, was das bedeutet: viermal. Sie könnten es herausfinden. Sie nehmen die Uhr und atmen fünf Minuten lang viermal pro Minute. Ist überhaupt keine Kunst. Kann jeder. Wissen Sie, was dann passiert in den fünf Minuten? Ihr Kalziumspiegel steigt dermaßen an… Sie werden plötzlich ein Buddha, in nur fünf Minuten… In fünf Minuten haben Sie Ihr Leben verändert… Sie sind …Ruhig. Souverän“ (Dr. Ulrich Strunz, Praxisbuch Mental Programm, Seite 104)

Der einfach Weg zu innerer Harmonie
David Servan-Schreiber berichtet in seinem „Antikrebsbuch“ wie man seinen Körper mit ganz einfachen Methoden harmonisieren kann:
„Seit 15 Jahren interessiert sich Dr. Luciano Bernardi von der Universität Pavia in Italien für die autonomen Rhythmen der Körpers, die die Basis der Physiologie bilden: den Atemrhythmus, die Variationen des Herzrhythmus…, für den Anstieg und Rückgang des Blutdrucks und selbst für Variationen bei Zufluss und Abfluss des Blutes zum und vom Gehirn. …
Als Dr. Bernardis Versuchspersonen eine Litanei von ‚Ave Maria‘ auf Lateinisch zu rezitieren begannen, registrierten die Apparate ein ganz und gar unerwartetes Phänomen: Alle biologischen Rhythmen kamen in Einklang…

Ein erklärbares Wunder
Dr. Bernardi dachte nicht an ein Wunder, sondern fand eine ganz einfache wie wichtige Erklärung: In Italien rezitiert die Gemeinde den Rosenkranz abwechselnd mit dem Priester. Jede Fürbitte erfolgt mit einer einzigen Ausatmung, die nächste Einatmung findet statt, während der Priester an der Reihe ist. Die Versuchspersonen waren ganz natürlich in ihren vertrauten Rhythmus verfallen. Und dabei hatten sie sich automatisch, ohne sich dessen bewusst zu sein, auf eine Frequenz von sechs Atemzügen pro Minute eingestellt. Das ist genau der natürliche Fluktuationsrhythmus der übrigen Funktionen, die Dr. Bernardi messen wollte (Herz, Blutdruck, Blutfluss zum Gehirn)…

Nun war Luciano Bernardis Neugier geweckt, und er sagte sich, wenn das ‚Ave Maria‘ die Physiologie so tief greifend zu verändern vermochte, müssen andere religiöse Praktiken den gleichen Effekt haben…

Bernardi erweiterte das ursprüngliche Experiment und brachte Personen, die niemals einen östlichen Glauben praktiziert hatten, das bekannte Mantra des Buddhismus bei: ‚Om-Mani-Padme-Hum‘. Wie beim Yoga lernten sie, mit voller Stimme jede Silbe des Mantra zum Klingen zu bringen…

Bernardi beobachtete genau die gleichen Resultate wie beim ‚Ave Maria‘: Die Atmung stellte sich von selbst auf einen Rhythmus von sechs Atemzügen pro Minute ein, und entsprechend erfolgte die Harmonisierung – die ‚Kohärenz‘- der anderen biologischen Rhythmen.“

Nicht jeder verträgt jedes Medikament
Wenn mit keinen vorgenannten Maßnahmen Erfolg zu erzielen ist und man sich entschließt, ein Medikament zu nehmen, sollte man sorgfältig sein bei der Wahl des Arztes.

Man kann den Arzt darauf ansprechen, erst einen Gentest zu veranlassen, um sicher zu stellen, dass „erbliche Tippfehler im Gen des Enzyms CYP2D6 aufspürt“ werden. Ein solcher Test kann unter Umständen von der Krankenkasse bezahlt werden. „Genetische Varianten sind nicht selten. Ein falsches Medikament oder eine Überdosierung könne schnell mehrere Tausend Euro an Folgekosten verursachen. Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich etwa 60.000 Menschen im Zusammenhang mit unerwünschten Arzneimittelreaktionen“, sagt der Pharmakologe Jürgen Borlak vom Fraunhofer-Institut.

Und zu guter letzt noch ein weiterer wichtiger Hinweis:
15 Prozent der einheimischen Bevölkerung können keinen Milchzucker verstoffwechseln. Auch eine genetische Variante. Den Menschen fehlt einfach das dafür notwendige Enzym Lactase. Sicher schon mal irgendwo gehört. Und dann taucht plötzlich ein Reizdarm auf.

Das Reizdarmsyndrom hat schon so Manchen zum Psychiater geführt. Denn die Betroffenen leiden nicht nur am Reizdarm. Über kurz oder lang kommt es zu Mangelernährung mit Folgen wie Schwäche, Schwindel, Krämpfen, Depressionen, etc. Man kann auch hier einen Gentest machen. Oder einfach mal vier Wochen auf alle Milchprodukte verzichten. Auch auf die versteckten Milchbestandteile in Form von Milchpulver, Molkepulver etc.

Autor:
Juliane, 11. November 2008

Literatur:
Dr. Ulrich Strunz, Praxisbuch Mental Programm, Seite 104, Heyne, 2008

Luciano Bernardi, Peter Sleight, Gabriele Bandinelli, Simone Cencetti, Lamberto Fattorini, Johanna Wdowczyc-Szulc,  Alfonso Lagi, Effect of rosary prayer and yoga mantras on autonomic cardiovascular rhythms: comparative study, BJ 2001;323:1446-1449 ( 22-29 December )

David Servan-Schreiber, Anti-Krebs-Buch: Was uns schützt: Vorbeugen und nachsorgen mit natürlichen Mitteln, Kunstmann, Antje, Verlag (5. März 2008)

Fibromyalgie: SPECT Diagnostik findet Ursachen für chronische Schmerzen

Fibromyalgie: Ursache gefundenManche an Fibromyalgie Erkrankten beschreiben ihre Schmerzen mit „Zahnweh am ganzen Körper“. Auch „Rheumaschmerzen“ fallen als Beschreibung. Der Krankheitsbeginn liegt meistens um das 35. Lebensjahr, wobei überwiegend Frauen davon betroffen sind. Es gibt jedoch auch Kinder und Jugendlich, die unter Fibromyalgie leiden. Die Ursache für die Krankheit, von der in Deutschland rund 2.4 Millionen betroffen sind, wird oft leichtfertig auf die Psyche geschoben, was den tatsächlichen Ursachen nicht gerecht wird, wie eine aktuelle Studie aus Frankreich belegt.

Wenn Schmerzen zum Alltag gehören
Gemäß dem „National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases“ ist das Fibromyalgie eine häufig auftretende und chronische Gesundheitsstörung, die charakterisiert wird durch ausgedehnte Muskelschmerzen, Erschöpfung und zahlreiche schmerzempfindliche Stellen. Diese schmerzenden Stellen, Tenderpoints genannt, sind an bestimmten Punkten vorzufinden – zum Beispiel im Nacken, an den Schultern, im Rücken, den Hüften und den oberen und unteren Extremitäten – an denen Menschen mit Fibromyalgie Schmerz auf leichten Druck hin empfinden. Fibromyalgie ist eine der häufigsten Ursachen für Schmerzen, die den Bewegungsapparat betreffen, und Behinderungen. Zwischen drei und sechs Millionen Menschen sind alleine in den USA davon betroffen, das bedeutet, einer von 50 Amerikanern leidet darunter. In Deutschland ist die Fibromyalgie ebenfalls weit verbreitet. Zwischen 80 und 90% der diagnostizierten Erkrankten sind Frauen.

Wissenschaftlern aus Frankreich gelang es mittels SPECT (Single Photon Emission Computertomographie), funktionale Veränderungen in bestimmten Teilen des Gehirns von Patienten festzustellen, bei denen Fibromyalgie diagnostiziert worden war. Dies kräftigt die bisherige Vorstellung, dass die Symptome dieser Krankheit mit einer Fehlfunktion des Gehirns in den Teilen einhergehen, in denen die Schmerzverarbeitung stattfindet.

„Unsichtbare Krankheit“ wurde sichtbar
„Von Fibromyalgie wird häufig angenommen es sei eine „unsichtbare Krankheit“, weil bildgebende Verfahren die Muskeln betreffend negativ sind“, sagte Eric Guedj, der Leiter der Studie. „Frühere bildgebende Studien über Patienten mit diesem Syndrom haben jedoch übernormalen cerebralen Blutfluss (Gehirndurchblutung) in einigen Teilen des Gehirns und unternormalen Blutfluss in anderen Arealen gezeigt. Nach dem Durchführen von Aufnahmen des ganzen Gehirns der Studienteilnehmer wendeten wir statistische Analysen an, um den Zusammenhang zwischen der funktionalen Aktivität selbst im kleinsten Areal des Gehirns zu erfassen, als auch verschiedene Parameter, die mit Schmerz, Behinderungen, sowie Angst und Depressionen in Zusammenhang stehen.“

In der Studie, über die in der Novemberausgabe der medizinischen Fachzeitschrift „The Journal of Nuclear Medicine“ berichtet wurde, beantworteten 20 Frauen mit der Diagnose Fibromyalgie und 10 gesunde Frauen als Kontrollgruppe Fragebögen, um den Grad ihrer Schmerzen, Schwierigkeiten im Beruf, morgendliche Müdigkeit, Steifheit, Angst und Depressionen festzustellen. Dann wurde ein SPECT durchgeführt, um positive und negative Korrelationen zu bestimmen.

Die französischen Wissenschaftler bestätigten, dass die Patientinnen mit Fibromyalgie, im Gegensatz zu den gesunden Studienteilnehmerinnen, Abnormalitäten in der Durchblutung des Gehirns zeigten. Weiterhin stellten sie fest, dass diese Abnormalitäten direkt mit dem Schweregrad der Krankheit korrelierten. Eine Zunahme der Durchblutung wurde in den Regionen des Gehirns festgestellt, die dafür bekannt sind, Schmerzintensität zu unterscheiden. Eine Verminderung der Durchblutung wurde in den Arealen vorgefunden, von denen angenommen wird, dass sie in die emotionale Verarbeitung von Schmerzen involviert sind.

Angst und Depressionen nicht relevant
In der Vergangenheit dachten einige Wissenschaftler, dass die Schmerzen, die von Fibromyalgiepatienten berichtet werden, ein Resultat von Depressionen seien, anstatt Symptome einer Krankheit. „Interessanterweise fanden wir heraus, das diese funktionalen Abnormalitäten unabhängig vom Angst- oder Depressionsstatus waren“, sagte Guedj.

Dem Wissenschaftler zufolge wird die Einschätzung einer Behinderung häufig bei kontrollierten klinischen Studien eingesetzt, um das Ansprechen auf eine Behandlung zu beurteilen. Da bildgebende molekulare Techniken wie SPECT dabei helfen können, ein Ansprechen eines Patienten auf eine spezifische Behandlung vorherzusagen und um die Genesung der Gehirnverarbeitung im Verlauf bewerten können, könnte es sich als hilfreich erweisen, wenn diese Untersuchungsmethode in zukünftige kontrollierte pharmakologische Studien einbezogen würde.

Fibromyalgie ist kein Phantom
„Fibromyalgie könnte in Verbindung mit einer umfassenden Fehlfunktion der cerebralen Schmerzverarbeitung stehen“, ergänzte Guedj. „Diese Studie demonstriert, dass diese Patienten Modifikationen der Gehirndurchblutung aufweisen, die bei gesunden Versuchspersonen nicht gefunden wurden, und sie verstärkt die Vorstellung, dass Fibromyalgie eine „richtige Krankheit / Gesundheitsstörung“ ist.

Obwohl über Fibromyalgie oft gedacht wird, dass es ein mit Arthritis verwandter Zustand ist, werden dabei jedoch keine Entzündungen und Gelenk-, Muskel- oder Gewebsschäden verursacht. Allerdings beeinträchtigen die signifikanten Schmerzen und die begleitende Erschöpfung eine Person in ihren Tagesablauf in erheblichem Maße, ebenso wie man es von Arthritis kennt.

Wege zur Linderung der Schmerzen
Viele der Erkrankten berichten, dass ihnen Wärme sehr hilft. Aufenthalte in trockenem sonnigen Klima, Sauna und Infrarottherapie werden als lindernd empfunden. Ernährungsumstellung hat bei manchen Personen mit Fibromyalgie frappierende Ergebnisse gebracht. Auch Gymnastik und Sport in Maßen hat mittelfristig einen guten Effekt. Ergänzend berichten viele Betroffene, dass ihnen Lymphdrainage Erleichterung bringt, wogegen Massagen oft als zu schmerzhaft angegeben werden.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. November 2008

Literatur:
SNM Press Release, Fibromyalgia Can No Longer Be Called the „Invisible“ Syndrome, November 3, 2008
Eric Guedj, Serge Cammilleri, Jean Niboyet, Patricia Dupont, Eric Vidal, Jean-Pierre Dropinski,Olivier Mundler, Clinical Correlate of Brain SPECT Perfusion Abnormalities in Fibromyalgia, THE JOURNAL OF NUCLEAR MEDICINE, Vol. 49, No. 11, November 2008

Chemikalien-Sensitivität ist kein Buch mit sieben Siegeln

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Gutes Studiendesign und Fleißarbeit schaffen Fakten

Die wohl aufschlussreichsten Studien über das Leben mit Chemikalien-Sensitivität (MCS – WHO ICD-10 T78.4) und die Auswirkungen der weit verbreiteten Krankheit wurden von den Wissenschaftlern Caress und Steineman von der State University of West Georgia durchgeführt.Das Forscherteam stellte fest unter welcher Symptomatik die Erkrankten leiden, wie lange ihre Reaktionen auf Spuren von Alltagschemikalien im Schnitt anhalten, durch was sie am Häufigsten ausgelöst werden und welche Auswirkungen die Krankheit hat. Die Ergebnisse decken sich weitgehend mit Angaben, die deutsche Chemikaliensensible berichten. Die Studien widerlegen die Behauptung, dass Chemikalien-Sensitivität eine diffuse, auf keiner Ebene zu packende Krankheit ist.

Studiendesign und Epidemiologie – Erste Phase

Das Wissenschaftlerteam Caress und Steineman stellten sich für seine hervorragend strukturierte zweigeteilte Studie verschiedene Aufgaben. Die erste Phase bestand aus dem Abfragen einer Gruppe von 1582 zufällig ausgewählten Personen aus dem Ballungsgebiet von Atlanta, Georgia, um festzustellen, ob bei ihnen eine Hypersensibilität auf Chemikalien vorliegt. In dieser Phase berichteten 12,6% der Befragten über eine Hypersensibilität auf Alltagschemikalien. 3,1% der Teilnehmer berichteten, dass sie eine medizinische Diagnose einer Umwelterkrankung oder MCS von einem Arzt hatten.

Ursache und Auswirkung – Zweite Phase

Die zweite Phase der Studie bestand in einer ausführlichen weiterführenden Befragung der Personen, die eingangs über eine Hypersensibilität berichtet hatten. Die Wissenschaftler überprüften die potentielle Verbindung zwischen Beginn der Reaktionen und spezifischen chemischen Stoffen, Verbindungen zu anderen Krankheiten, potentielle Triggerstoffe, sowie Veränderungen des Lebensstils von hypersensiblen Personen. Von den Personen, die berichteten, dass sie ungewöhnlich sensibel auf Alltagschemikalien sind, konnten 42,7% die ursprüngliche Ursache (Auslöser) der Hypersensibilität angeben. Ein signifikanter Prozentsatz von 27,5% berichtete, dass die Hypersensibilität nach einer Pestizidexposition eintrat. Mit dem gleichen Prozentsatz von 27,5% wurden Lösemittel als Verursacher angegeben.

Verlust des Arbeitsplatzes durch Chemikalien-Sensitivität

Von den Studienteilnehmern, die über eine Hypersensibilität gegenüber Chemikalien berichteten, wurden nur 45,1% medizinisch behandelt. Die Mehrheit der Befragten gab an, zuhause einige Vorsichtsmaßnahmen aufgrund ihrer Hypersensibilität vorzunehmen. Etwas weniger als ein Drittel (29,9%) gaben an, dass ihre Hypersensibilität es schwierig macht, in normaler Art und Weise in Geschäften einzukaufen. Außerdem verloren 13,5% der Teilnehmer ihren Arbeitsplatz, weil ihre Hypersensibilität gegenüber Alltagschemikalien sie von einer adäquaten Funktionsweise an ihrem Arbeitsplatz abhielt. Umgerechnet auf die gesamte US Bevölkerung, rund 290 Millionen Menschen, bedeutet die Studie, dass rund 36,5 Millionen Amerikaner an MCS leiden, und mehr als 5,2 Millionen deshalb ihren Job verlieren können.

Beginn der Chemikalien-Sensitivität

Das Ergebnis der zweiten Phase der Studie legte dar, dass jüngere Teilnehmer eher an Chemikaliensensibilität erkranken als Ältere. Der Beginn der Chemikalien-Sensitivität lag bei den meisten Teilnehmern in der produktivsten Zeit des Lebens, zwischen dem 20. und 36. Lebensjahr.

  • vor dem 20. Lebensjahr – 32.4%
  • vom 21.-36. Lebensjahr – 35,2%
  • vom 26.-50. Lebensjahr – 14,8%
  • nach dem 50. Lebensjahr – 9,7%

Ursprünglicher Auslöser der Chemikalien-Sensitivität

Bei der Angabe des initialen Auslösers ihrer Chemikaliensensibilität konnte die Mehrzahl der Teilnehmer exakte Angaben machen. Pestizide und Lösemittel zählten zu den Hauptauslösern der Hypersensibilität.

  • 27,5% Pestizide
  • 27,5% Lösemittel oder schwere Reinigungsmittel
  • 17,4% Baumaterialien
  • 15,9% Benzin oder Erdölprodukte

Auslöser für Reaktionen

Bei Fragen nach den Reaktionsauslösern bei Chemikaliensensiblen zeichnete sich ein klares Bild ab. Die Mehrzahl reagierte auf Substanzen, denen wir in unserem Alltagsleben ständig begegnen. Dies erklärt auch, dass manche Betroffenen ihre Arbeit nicht mehr ausführen können.

  • 88,4% Reinigungsmittel
  • 81,2% Pestizide
  • 81,2% Parfüm
  • 72,5% Autoabgase
  • 60,9% Friseursalons
  • 53,6% neuer Teppichboden
  • 39,1% neue Möbel
  • 39,1% Chlor im Trinkwasser
  • 26,1% Druckfarbe

Reaktion auf Chemikalien können direkt eintreten

Die Mehrzahl der Chemikaliensensiblen reagiert direkt nach Exposition gegenüber einem Auslöser. Bei sehr wenigen Betroffenen trat die Reaktion über einen längeren Zeitraum verzögert ein.

  • 42% reagierten direkt nach Exposition
  • 24,6% reagierten innerhalb ca. einer Stunde
  • 5,8% reagierten erst nach Stunden
  • 26,1% reagierten unterschiedlich, abhängig von der Art der Exposition
  • 1,4% waren sich nicht sicher

Dauer der Reaktion auf Alltagschemikalien

Die Dauer der Reaktionen auf Chemikalien der verschiedenen Teilnehmer variierte stark.

  • 47,8% reagierten über Stunden
  • 40,6% reagierten über mehrere Tage
  • 11,6% reagierten über Wochen

Symptomatik der Reaktion

Es wurde offensichtlich, dass die Betroffenen unterschiedlich reagieren und verschiedene Maßnahmen als Hilfe gegen die Reaktionen ergreifen müssen. Fast alle Teilnehmer reagierten jedoch mit neurologischen Beschwerden auf minimalen Kontakt mit Alltagschemikalien.

  • 88,4% reagierten mit Kopfschmerzen
  • 76,8% reagierten mit brennenden Augen
  • 59,4% reagierten mit asthmaartigen Beschwerden
  • 55,1% reagierten mit Magenbeschwerden/Übelkeit
  • 50,7% reagierten mit mehreren Symptomen
  • 46,4% reagierten mit Schwindel
  • 31,9% reagierten mit Konzentrationsverlust
  • 30,4% reagierten mit Muskelschmerzen
  • 17,4% reagierten mit Fieber
  • 7,2% verloren das Bewusstsein

Art der Reaktion fast immer gleich

Beim Großteil der Studienteilnehmer lief die Reaktion auf Chemikalien, auf die sie reagieren, immer gleich ab.

  • 68,1% reagierten immer gleich
  • 18,8% reagierten meistens auf die gleiche Art
  • 8,7% reagierten meist ähnlich
  • 2,9% reagierten nie oder selten auf die gleiche Art
  • 1,4% waren sich nicht sicher

Zusammenhang mit anderen Krankheiten

Die Wissenschaftler untersuchten auch den Zusammenhang von Chemikaliensensibilität zu anderen Krankheiten und kamen zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Teilnehmer (53,6%) unter anderen Krankheiten, die mit der MCS in Zusammenhang standen, litt.

  • 26,1% Gastrointestinale Beschwerden
  • 21,7% Fibromyalgie
  • 18,8% CFS oder andere Immunsystemstörungen
  • 27,5% andere Krankheiten
  • 73,9% Allergien gegenüber natürlichen Substanzen
  • 65,2% Pollenallergien
  • 52,2% Reaktionen auf Tierhaare
  • 55,1% Allergien gegenüber Hausstaub und Hausstaubmilben
  • 3, 0% Reaktionen auf Schimmelpilze
  • 44,9% Reaktionen auf andere natürliche Allergene

Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen oder psychogene Ursache

Da in wissenschaftlich nicht begründeten Berichten immer wieder darauf verwiesen wird, Chemikaliensensibilität sei eine psychogene Erkrankung, hielten es die Wissenschaftler der University of Georgia für besonders wichtig, diesen Aspekt gründlich abzuklären. Das Ergebnis zeigte, dass nur 1,4% der Studienteilnehmer über Depressionen, Angstzustände oder andere emotionale Probleme berichteten, bevor ihre Symptome auf Alltagschemikalien anfingen. 37,7% der Befragten gaben jedoch an, dass sich psychische Beschwerden nach Krankheitsbeginn manifestierten.

Der Unterschied zwischen psychischen Symptomen vor und nach Beginn der Erkrankung, schwächt die Behauptung MCS sei psychogen oder Hypersensibilität auf Alltagschemikalien ein Produkt emotionaler Störungen, erheblich. Die Ergebnisse zeigen vielmehr, dass körperliche Beschwerden zuerst eintreten und emotionale Probleme sich erst in Folge einstellen. Es ist plausibel, dass die Hypersensibilität auf Alltagschemikalien so zerstörend wirken kann, dass sie beträchtlichen mentalen Stress, aufgrund des Versuchs des Betroffenen, mit den limitierenden Umständen umzugehen, verursacht.

Eine weitere Erklärung der Wissenschaftler ist, dass toxische Substanzen das Gehirn in den Funktionen, die mit Gemüt und Emotion zusammenhängen, beeinträchtigen könnten. Die Erforschung dieses Bereichs fordern verschiedene Wissenschaftler schon seit längerem.

Umstellung im täglichen Leben durch Chemikaliensensibilität

Da Chemikaliensensible auslösende Substanzen meiden müssen, um symptomfrei zu bleiben, verlangt dies zahlreiche Umstellungen in ihrem Alltag und täglichen Leben von ihnen. Einige der Teilnehmer mussten den Wohnort wechseln, in ein anderes Haus ziehen oder ihr Haus ihren Bedürfnissen entsprechend umbauen.

  • 13% Auszug aus dem Haus
  • 34,8% Veränderung im Wohnumfeld (Entfernen von Teppichboden / Möbelstücke)
  • 76,8% Umstellung von Reinigungs- und Körperpflegemittel, Hygieneartikel
  • 15,9% Umstellung von Gasversorgung auf Elektroversorgung.
  • 33,3% anderweitige Veränderungen im Haus
  • 47,8% Installierung von Luft- und Wasserfiltern

Viele Betroffene litten unter gesundheitlicher Beeinträchtigung durch Handlungen Dritter, die sie in ihrem Alltag gesundheitlich schwer beeinträchtigten.

  • 39,1% Rauch aus dem offenen Kamin des Nachbarn, Grillrauch
  • 33,3% Zigarettenrauch anderer
  • 14,5% im Stand laufendes Auto
  • 31,9% Pestizid- und Herbizidanwendung des Nachbarn
  • 18,8% Verwendung von duftenden Waschmitteln

Zusammenfassendes Ergebnis der Studie der University of Georgia

Die Studie kam zum Ergebnis, dass bis zu 15% der Amerikaner, ca. 5,2 Millionen, eine Hypersensibilität auf bestimmte Chemikalien im Niedrigdosisbereich haben. Dies bestätigt eine erste Aussage über die Häufigkeit von Chemikaliensensibilität durch die NAS – National Academy of Sciences 1981. Bei den meisten Chemikaliensensiblen liegt der Beginn ihrer Erkrankung zwischen dem 20. und 36. Lebensjahr.

Vielen Chemikaliensensiblen war der Auslöser ihrer Erkrankung bekannt. Die häufigsten Auslöser der Chemikaliensensibilität waren Pestizide und Lösemittel. Die Betroffenen reagierten zumeist direkt nach Exposition gegenüber einer Alltagschemikalie. Fast alle Betroffenen reagieren auf Reinigungsmittel, Pestizide und Parfüm mit neurologischen Symptomen wie Kopfschmerzen und Schwindel. Die Reaktion dauert bei fast allen mehrere Stunden bis Tage, bis sie abklingt. 52,2% der Chemikaliensensiblen beurteilten ihre Reaktionen als schwer bis sehr schwer.

Die meisten der Betroffenen leiden zusätzlich unter Allergien auf natürliche Substanzen. Psychische Krankheiten lagen vor Beginn der Erkrankung bei nur extrem wenigen Betroffenen (1,4%) vor, traten aber durch die Schwere der Erkrankung und die Begleitumstände (z.B. durch Verlust des Hauses oder Arbeitsplatzes) im weiteren Verlauf bei über einem Drittel ein.

Chemikaliensensibilität erfordert von schwer Betroffenen, große Umstellungen in ihren Lebensgewohnheiten und große kostenintensive Veränderungen im Wohnumfeld. Fast die Hälfte der Betroffenen benötigt Luft- und Wasserfilter, um beschwerdefrei leben zu können. Ca. 13,5% der Hypersensiblen verlieren aufgrund der MCS ihren Arbeitsplatz. Medizinische Behandlung erhält nicht einmal die Hälfte der Betroffenen. 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Juli 2008

Literatur:

  • Caress SM, Steinemann AC.,A national population study of the prevalence of multiple chemical sensitivity.Arch Environ Health. 2004 Jun;59(6):300-5.
  • Caress SM, Steinemann AC., Prevalence of multiple chemical sensitivities: a population-based study in the southeastern United States.Am J Public Health. 2004 May;94(5):746-7.
  • Caress SM, Steinemann AC, Waddick C.Symptomatology and etiology of multiple chemical sensitivities in the southeastern United States.Arch Environ Health. 2002 Sep-Oct;57(5):429-36.

Angst und Depressionen zu Leibe rücken

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Neben medikamentöser Behandlung und Psychotherapie kann es für Menschen mit Angsterkrankungen und Depressionen zusätzlich sehr hilfreich sein, ihre Ernährung entsprechend auszurichten. Eine ausgewogene Ernährung, Vermeidung von Allergenen und gezielte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gehören hierzu genauso, wie die Vermeidung von Nahrungsmitteln, die dafür bekannt sind, leicht Angstzustände oder Depressionen zu verursachen oder solche vortäuschen.

Nahrungsmittel können zwar keine Angsterkrankung oder Depressionen heilen, jedoch kann eine Änderung der Essgewohnheiten und Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel bei manchen Betroffenen enorme Unterstützung bedeuten.

Viele kleine Mahlzeiten verteilt über den Tag einnehmen
Große Zwischenräume zwischen den Mahlzeiten oder Überspringen von Mahlzeiten kann zu niedrigem Blutzucker führen. Dies kann Zittern, Nervosität und Reizbarkeit auslösen. Deshalb ist es ratsam, mehr komplexe Kohlenhydrate (Stärken) und weniger einfache Kohlenhydrate (Zucker) zu konsumieren. Von kohlenhydratreichen Mahlzeiten und Snacks wird angenommen, dass sie die Menge des Botenstoffs Serotonin im Gehirn steigern, was einen beruhigenden Effekt hat. Komplexe Kohlenhydrate benötigen zusätzlich einen längeren Zeitraum zur Verstoffwechselung, was verhindert, dass der Blutzucker zu schnell fällt.

Allergene als Auslöser von Angst und Depressionen
Es wird leider noch immer viel zu selten darüber informiert, dass Nahrungsmittel nicht nur in der Lage sind körperliche Symptome auszulösen, sondern auch die Stimmung eines Allergikers beeinflussen können. Einige Allergene der „Top 10 Liste“, wie bspw. Weizen, Milch, Zucker, Eier, Schokolade, Orangen und Erdnüsse zählen hierzu, doch auch jedes andere Nahrungsmittel oder eine Histaminintoleranz vermag bei bestimmten Menschen eine Gehirnallergie auszulösen und kann dadurch auch zu Angstzuständen, Panikattacken, Depressionen bis hinzu Suizidgedanken führen. Eine Weglassdiät führt bei diesen Menschen nicht selten zu drastischer Verbesserung und in manchen Fällen sogar zu Symptomfreiheit.

Serotonin in der Nahrung gegen Angst
Nahrungsmittel in den Speiseplan aufzunehmen, die Tryptophan enthalten, ist sehr hilfreich. Die Aminosäure Tryptophan wird in unserem Körper in Serotonin umgewandelt und wirkt dadurch Angst und Depressionen entgegen. Tryptophan ist besonders in Milch, Bananen, Geflügel, Soja, Nüssen, Sesam, Käse, Erdnussbutter und Hafer enthalten. Bei Aufnahme dieser Nahrungsmittel in den Speiseplan muss man jedoch unbedingt auf  Allergien achten, um eventuelle allergische körperliche Reaktionen oder Gehirnallergien zu vermeiden.

Wasser – Trinken, Trinken, Trinken
Sehr wichtig ist es für Angstpatienten, immer für ausreichend Flüssigkeitszufuhr zu sorgen. Selbst leichte Dehydrierung kann die Gemütsverfassung beeinträchtigen und Ängste verstärken oder hervorrufen. Es kommt jedoch sehr auf das richtige Getränk an. Alkohol beispielsweise hat zwar einen sehr raschen beruhigenden Effekt für die meisten Menschen, aber er kann, sobald er im Körper verstoffwechselt wird, angstartige Symptome hervorrufen. Kaffee kann Angst, Panikattacken und Depressionen auslösen. Das darin enthaltene Koffein ist ein Stimulans, das einen zittrig und nervös werden lassen kann. Außerdem ist Koffein in der Lage, den Schlaf zu beeinflussen. Es ist stattdessen ratsam, möglichst viel gutes Wasser aus Glasflaschen oder gefiltertes Wasser, sowie Obst- und Gemüsesäfte zu sich zu nehmen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

Mayo Klinik, Coping with anxiety disorder can be difficult, May 7, 2007Jahng.

JW, Kim JG, Kim HJ, Kim BT, Kang DW, Lee JH., Chronic food restriction in young rats results in depression- and anxiety-like behaviors with decreased expression of serotonin reuptake transporter, Brain Res. 2007 May 30;1150:100-7

Patrick Holford, Optimale Ernährung für die Psyche, Veda Nutria, 2003Nardi AE, et al. Caffeine Challenge Induced Panic Attacks in Patients with Panic Disorder, Compr Psychiatry. 2007;48:257-263

Anmerkung:

Informationen in diesem Artikel dienen nicht als Aufforderung zur Selbstbehandlung. Jede Therapie, Einnahme von Nährstoffen oder spezielle Diäten sollten immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.