Warum Sie nicht mitkriegen, dass Sie MCS haben

Krank ohne Grund? Nein Gründe gibt es

Menschen mit Multipler Chemikalien-Sensitivität (MCS) reagieren auf verschiedene Chemikalien. Zum Beispiel Autoabgase, Parfüm, Lösemittel aus Bodenklebern, Farbgerüche etc. können die Symptome auslösen. Das kann man sich vorstellen wie eine Allergie. Allerdings sind die Symptome nicht nur Atemwegssymptome, sondern können genauso gut Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Verdauungsbeschwerden, Störungen im Herz- Kreislaufsystem, Nervenbeschwerden, Muskelschmerzen, psychische Symptome, kurz Alles, beinhalten. Wohlgemerkt können, manche Patienten reagieren z.B. vorwiegend mit Migräne oder Atemwegsbeschwerden, während andere nie Migräne oder Atemwegsbeschwerden hatten.

Wie erkennt man MCS?

Wie erkennt man nun MCS? Eigentlich klar: Sie riechen irgendwas oder essen etwas Bestimmtes, und dann geht es Ihnen schlecht. Ansonsten haben Sie wohl auch kein MCS. So einfach ist es leider nicht. Angenommen, Ihnen geht es ständig schlecht. Sie haben zum Beispiel ununterbrochen Kopfschmerzen. Weiter angenommen, die kommen von dem Duftstoff in Ihrem Weichspüler, den Sie ständig nehmen. Sie haben ständig die damit gewaschenen Sachen an und schlafen im damit gewaschenen Bettzeug. Wie wollen Sie merken, dass es vom Weichspüler kommt?

Das ist es, was die Diagnose von MCS so schwierig macht. Man kann Menschen die Symptome einer Blinddarmentzündung so gut einbläuen, dass sie ins Krankenhaus gehen, wenn sie sie feststellen. Aber bei MCS kann man keine perfekt einschlägigen Symptome nennen. Stattdessen ist ein Patient, der MCS hat und es meistens nicht weiß, ständig von den Stoffen, die er nicht verträgt, umgeben. Wie soll er dann herausfinden, von welchen der Stoffe er Probleme bekommt? Unsere ganze alltägliche Umwelt ist ja chemisch.

MCS früh erkennen

Dabei ist es extrem wichtig, eine Tendenz in Richtung MCS früh zu erkennen. Schreitet die Krankheit fort, kann es zu einem Zustand kommen, in dem ein Leben in einer normalen Umgebung nicht mehr möglich ist. Das Überleben des Patienten ist dann nur in einer völlig abgeschotteten Umgebung möglich, und Symptome werden schon durch einen Mitmenschen mit Parfüm oder durch ein vorbeifahrendes Auto mit dem Benzingeruch aus dem Auspuff ausgelöst. Aus leichten Symptomen werden schwerste.

Eine leichte Form, eine Gefährdung, gibt es bei ca. 15-30% der Bevölkerung. Das ist nicht dramatisch, meist meidet der Patient die für ihn schlimmsten Stoffe intuitiv („Ich kann in keinen Bus gehen, da wird mir sofort schlecht.“ „Duftkerzen kommen mir nicht in die Wohnung.“ „Ich könnte keine Gummifabrik betreten.“). Solange man den Patienten nicht in eine stark belastete Umgebung, wie eine komplett verschimmelte Wohnung oder einen Neubau mit vielen Lösemitteln, eine Fabrik etc. bringt, passiert meistens nichts.

Schadstoffe minimieren – Diagnosehilfe und Behandlung zugleich

Wenn Sie unter chronischen Beschwerden leiden, die sich nicht erklären lassen, kann eine Minimierung der Schadstoffe im Umfeld eventuell helfen. Wenn es Ihnen dadurch besser geht, kann das ein Hinweis darauf sein, dass die Beschwerden durch Schadstoffe ausgelöst werden. Lassen Sie sich von Ihrem Gefühl bzw. Ihrer Nase leiten. Ideal wäre eine nicht mehr neue, also nicht frisch mit Farben und Bodenklebern ausgestattete Wohnung, die auch nicht verschimmelt ist. Weitere Infos finden Sie in dem Blog: Gesundheitsvorsorge: Einfach billig – Schadstoffe und Keime

Sie sind kein Ökochonder: MCS ist nicht Psycho!

Dramatisch ist, dass MCS-Patienten häufig nie ihre echte Diagnose erhalten und psychiatrisiert werden. MCS gehört nicht zur üblichen Differentialdiagnostik, obwohl es sehr häufig ist. Und MCS selbst wird häufig als psychisch bezeichnet. Warum wohl? An MCS-Patienten verdient keiner. Die bleiben daheim und meiden Chemikalien. Psychiatriepatienten dagegen sind profitabel. Psychiatrien, Psychopillen, Therapien, da klingeln die Pharmakassen. Denken Sie daran. Die wirtschaftlichen Interessen einiger Personenkreise sollten Sie nicht daran hindern, herauszufinden, warum Sie krank sind. Und andere auch nicht. Schicken Sie diesen Blog als Link herum, posten Sie ihn in Foren, in denen Sie mitschreiben! Damit tragen Sie zur dringend nötigen Aufklärung über MCS bei.

Autor: Amalie für CSN – Chemical Sensitivity Network, 19. August 2009

Weitere interessante Artikel von Amalie:

9 Kommentare zu “Warum Sie nicht mitkriegen, dass Sie MCS haben”

  1. Sophie S. 19. August 2009 um 12:30

    Liebe Amalie,

    danke für diesen überaus gelungenen Artikel über MCS. Er wird sicher zu MCS-Aufklärung beitragen. Sicher finden sich einige Leser in Deine Zeiten wieder und finden womöglich dadurch heraus, an was sie tatsächlich erkrankt sind.

    Mit intensiver Aufklärung können wir alle gemeinsam dazu beitragen, MCS weiter ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Jeder kann etwas beisteuern – entweder Blogs schreiben wie Du, oder die Blogberichte an andere weitergeben. Sicherlich wird uns jeder Beitrag, jeder noch so kleine Schritt, ein Stück weiter nach vorne bringen.

  2. Juliane 19. August 2009 um 13:07

    Hallo Amalie,

    gut, dass Du das mal so unter die Leute bringst.
    Stimmt, woher soll man es wissen.

    Auch Eva B. hat es nicht gewusst:

    „Es begann schleichend. Eva B., eine attraktive, lebenslustige junge Frau hatte eine kleine Erbschaft gemacht und sich damit einen Traum erfüllt. Die ausgebildete Masseurin hatte sich ein kleines Wellness-Zentrum eingerichtet, in dem sie selbstständig arbeiten konnte. Eva B. hatte bald viel Zulauf von Kundinnen, die zur Aroma-Massage
    kamen.

    Hier die MCS Geschichte von Eva B.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/11/11/depressionen-nicht-immer-ist-die-psyche-schuld/

  3. Silvia 19. August 2009 um 13:22

    Hallo Amalie,

    dieses Thema ist sehr wichtig, denn wenn ich am Telefon mit Chemikaliensensiblen spreche, kommt fast immer der Satz: Ich wusste es ja nicht was ich habe, hätte es mir nur einer gesagt, dann hätte ich ändern können…

    Stimmt, würde man MCS akzeptieren und angemessene Aufklärung betreiben, wären die meisten MCS Fälle zu verhindern und viele andere chemikalienbedingte Krankheiten auch.

  4. Juliane 19. August 2009 um 14:02

    Nicht verschweigen aber darf man, dass man kaum einen Mediziner findet in diesem Land, der MCS diagnostiziert. Einen Arzt zu finden, der sich da auskennt, ist schon fast wie 6 Richtige im Lotto.

    Im Februar 2008 veröffentlichte die Bild-Zeitung eine Serie

    „Die heimlichen Krankmacher“

    „Lärm, Chemie, Strahlen – das sind die wahren, die heimlichen Krankmacher!“ konnte man dort lesen.

    http://www.bild.de/BILD/ratgeber/gesund-fit/2008/02/heimliche-krankmacher/so-krank-macht-uns-der-alltag,geo=3789274.html

    Zeitgleich wurde ein Buch vermarktet:

    „Die heimlichen Krankmacher. Wie Elektrosmog und Handystrahlen, Lärm und Umweltgifte unsere Gesundheit bedrohen“ (Lilo Cross,Bernd Neumann)

    Prima, könnte man denken. Aufklärung von der Volkszeitung.

    Aber das macht stutzig:

    Im Anhang des Buches gibt es eine Liste mit Anlaufstellen für Patienten:

    Umweltambulanzen von A wie Aachen bis W wie Wilhelmshafen einschließlich der Allum gGmbH.

    Die Auflistung der Anlaufstellen findet man auch auf einer Internetseite der ALLUM gGmbH

    http://www.allum.de/service-umweltmedizinische-beratungsstellen.html

    Allum gGmbH scheut sich nicht, einen „Beipackzettel“ ins Netz zu stellen, der dem mutigen Patient schon vorher sagt, was ihn erwartet, falls er chemikaliensensitiv ist:

    http://www.allum.de/service-links-checkliste_umweltmedizin.html

    Mein Tipp für Menschen, die Symptome haben, die auf MCS hindeuten:

    Informieren Sie sich im Netz nicht nur bei Allum gGmbH

    Es gibt auch niedergelassene Mediziner, die wissen, was eine MCS Erkrankung ist und wie man die Diagnose stellt.

    Hilfreich kann auch ein Blick in das Forum von
    http://www.csn-deutschland.de/home.htm sein.

  5. Henriette 19. August 2009 um 15:22

    Vielen Ärzten ist MCS immer noch völlig unbekannt. Da MCS so vielfältige und auch bei jedem unterschiedliche Beschwerden verursachen kann, ist es schwierig, MCS festzustellen.

    Jeder Arzt müsste eine seriöse Zusatzausbildung in Umweltmedizin absolvieren und zusätzlich müsste es von höherer Stelle auch gewünscht sein, dass Umweltkrankheiten wie MCS, in Deutschland diagnostiziert werden. Derzeit darf Multiple Chemikaliensensitivität nicht sein, wg, des Wörtchens “Chemie” in der Krankheitsbezeichnung. MCS wird allenfalls unter dem psychischen Aspekt zugelassen, was leider weiter zu ungebremsten Leid bei den Betroffenen führen wird.

    Besorgniserregend ist, dass es derzeit wenige Umweltmediziner gibt, die diese Fachbezeichnung auch tatsächlich verdienen. Es nutzt niemandem, jedenfalls nicht den Patienten, wenn sogar Umweltmediziner namhafter Universitätskliniken unseres Landes, nicht in der Lage sind, oder sich nicht dafür berufen fühlen, Umweltkranke als das anzusehen, was sie tatsächlich sind, nämlich durch Umwelteinflüsse Krank gewordene. Stattdessen werden sie überwiegend mit Psychopharmaka ausstaffiert und werden weiter gesundheitlich geschädigt, weil die wahren Auslöser der MCS-Erkrankung munter weiter ihr Unheil treiben können.

    Wie lange soll der Wahnsinn noch weiter gehen, frage ich mich jeden Tag?

  6. Toxicwarrior 19. August 2009 um 15:56

    Liebe Amalie,

    schön dass Du dieses Thema aufgreifst, denn ich wusste auch nach 5 Arztbesuchen nichts über MCS. Auch die aufgesuchten Ärzte erwähnten nichts, im Gegenteil: zwei Ärzte wollten mich gleich psychiatrisieren. Ohne Anamnese, Diagnose und Medikamentenaufklärung wurde mir nahegelegt ein „Antipsychotikum“ Namens Sulpirid (Dogmatil®) einzunehmen, was ich mit Recht und Sorge um meine Gesundheit verweigerte. Meine Symptome entstanden durch eine Wohnung in der Laminatböden (Ausgasung von Lösemittel, Formaldehyd etc.) verlegt wurden. Zudem hatte der Eigentümer zwecks Vorbeugung von Schimmel- und Ungezieferbefall, diverse Fungizide und Pyrethroide in den Putz wie in die Wandfarben einrarbeiten lassen. Folglich lebte ich über Monate in einer Wohnung mit einem Gifte-Cocktail in der Raumluft. Auch dadurch kann MCS entstehen, wie bei mir.

    Erst Monate nach Auszug, linderten sich die qualvollen Symptome wie: Schleimhautreizungen, Atemwegsbeschwerden, Lichtscheue,
    Schweißausbrüche, Panikattacken und Angstzustände – auch ohne Antipsychotikum, Psychophamaka etc. Zudem verstehe ich bis heute noch nicht – trotz Nachfrage bei der Ärztin – warum sie mir so schnell ein Antipsychotikum verschrieben hatte, wobei ich explizit das Wort „Gifte“ als Auslöser meiner Symptome erwähnte. Noch heute habe ich diverse gesundheitliche Beschwerden, die aber gemessen an den zuerst o.g. Symptomen mir als erträglich erscheinen; die Wohl mein Leben lang bleiben werden.

    Hätte ich nicht selber nach meinen Symptomen recherchiert, und würde es solche Anlaufstellen im Internet wie csn-deutschland.de nicht geben, wäre ich heute sicherlich psychiatrisiert und schwerst Medikamentenabhängig.

    Genau aus diesem Grund ist die Aufklärung über Multipler Chemikalien-Sensitivität (MCS) in der Bevölkerung so wichtig, denn nur so ist zu gewährleisten dass in Zukunft Menschen die in erster Linie vergiftet sind, nicht psychiatrisiert werden, und auch keine sehr stressige Ärzteodysse oder falsch Diagnosen durchmachen müssen.

    Vielen Dank Amalie, und csn.deutschland.de

    Pharmakogene Depressionen:
    http://www.adfd.org/wissen/Pharmakogene_Depression

    Laminatböden und dessen Gefahren:
    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/08/13/laminat-belastet-umwelt-und-gesundheit/

    Pyrethroide / Anwendung / Gefahren:
    http://www.enius.de/schadstoffe/pyrethroide.html

  7. pretty woman 19. August 2009 um 17:36

    Ich bin 22 Jahre alt. Im Alter von fünf Jahren hatte ich die ersten Reaktionen auf Chemikalien in der Kindertagesstätte. Hatte ständig Fieberschübe, Schüttelfrost, Krämpfe, Schwindel, Schwächeanfälle, Völlegefühl, Leukos im Urin. Durch Kliniken, Unikliniken, Arztpraxen hat man mich geschickt. Ambulant und stationär. Nein, sie fanden nichts, die neunmalklugen Professoren und Doktoren. Als ich in einem Schulneubau dann endgültig zuzammenbrach, hatte ich das Glück an einen neu zugezogenen Facharzt zu geraten. Der hatte schon von MCS gehört. Er machte sich schlau und konnte die Diagnose stellen.

    Hätte mein Kinderarzt schon Informationen über MCS gehabt, müsste ich heute nicht das Leben einer MCS Kranken leben. Man hätte mich schützen können. Meine Angehörigen haben immer allen Experten geglaubt. Damals gab es noch kein Internet. Meine Krankheit begann schleichend. Genau wie die der Patientin Jung aus dem FR Artikel. In Ferien habe ich mich immer wieder erholt. Niemals hätte ich ein einen Schulneubau gehen dürfen. Aber wer sagt das den Eltern? In meinem Schulneubau waren viele krank von dem Fußboden und dem Wandmaterial. Die Schüler in Hagen hatten das Glück, dass ihnen jemand gesteckt hat, dass das das pure Gift ist, was aus dem Fußboden kommt. Uns hat es damals keiner gesteckt. Und die Ärzte erst recht nicht.

    Unser Gesundheitssystem ist eine Lobby-Loge. Deshalb gibt es keine Informationen über MCS.

    Jetzt soll aussortiert werden. Zu teuer, die Chemikalienopfer. Die mit dem Krebs werden noch gebraucht zur Gewinnmaximierung. Die mit MCS sollen noch schnell Gewinne in den Psychiatrien einbringen. Das ist die Wahrheit. Aber die Macher lügen sich selbst in die Tasche. Ihre Enkelkinder werden Genveränderungen aufweisen durch die ausgebrachten Chemikalien und auch erkranken. Das System ist am Ende. Auch wenn es Niemand wahrhaben will.

  8. K. Fux 20. August 2009 um 11:02

    Wäre es durch die Öffentlichkeit gewünscht, wäre es leichter herauszufinden, an was man leidet. Leider soll MCS bewusst ein Schattendasein führen, damit die Chemielobby weiter mach Lust und Laune agieren kann, ohne großartig in Verruf zu geraten.

    So werden leider noch viele Menschen unnütz jahrelang von Arzt zu Arzt rennen, ohne eine befriedigende Diagnose zu erhalten, die ihrem Leiden Linderung verschaffen könnte.

    Diesen Beitrag werde ich gerne weiterreichen.

  9. Juliane 20. August 2009 um 13:20

    Es ist in der Tat unerwünscht, die Kollateralschäden unserer Lebensweise in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, K. Fux.

    Gelitten und gestorben wird abseits der Öffentlichkeit. Ein paar Promis dürfen das dann öffentlich, weil es ja mittlerweile schick wird, Narben zu haben, wie kürzlich in der FR zu lesen war. http://www.csn-deutschland.de/forum/showthread.php?id=9996

    Aber eines ist auch klar. Änderen könnte man die Misere nur mit einer radikalen Änderung unseres Lebensstils. Und das ist der Haken. Wir sind kondidioniert auf Ersatzbefriedigung.

    Es wird nicht ohne radikalen Konsumverzicht gehen, wenn wir als Art überleben wollen.

    Rachel Carson hat 1962 Silent Spring (Der stumme Frühling) veröffentlicht.
    Spätestens seit diesem Buch, das an eine breite Öffentlichkeit gerichtet ist und das weltweit gelesen wurde, hätte die Politik handeln müssen.

    Carson hat ihr Buch Albert Schweitzer gewidmet.

    „Der Mensch hat die Fäigkeit, vorauszublicken und vorauszusorgen, verloren. Er wird am Ende die Erde zerstören“ (Albert Schweitzer)

    Es sieht so aus als hätte Albert Schweitzer Recht.

Kommentar abgeben: