Alkohol in Parfums und Duftstoffen verstärkt Gesundheitsbeschwerden

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Die schwedische Wissenschaftlerin Eva Millqvist forscht seit vielen Jahren nach den Ursachen von Hypersensitivitätsreaktionen bei Menschen mit Chemikalien-Sensitivität und sensorischer Hyperreaktivität. Parfums und Duftstoffe gehören zu den häufigsten Auslösern für die Reaktionen bei diesen Personengruppen. In ihrer Mitte Juli erschienenen Doppelblindstudie berichtet Millqvist ihre allerneuesten Erkenntnisse. Bei mit Duftstoffen versehenen Produkten und Parfüm könnte als Ursache die Kombination von Ethanol als Lösungsmittel bei empfindlichen Personen die Atemwegsreaktion verstärken.

Parfums und Duftstoffe besonders problematisch

Ethanol (normaler Alkohol) dient in Parfums und duftstoffhaltigen Produkten in erster Linie als Lösemittel, Füllstoff, Haftvermittler und Trägersubstanz. Aftershaves und Eau de Toilette enthalten einen besonders hohen Ethanolgehalt, ebenso manche Reinigungsmittel wie beispielsweise Glasreiniger.

Den Ursachen auf der Spur

Ein Aspekt, den Millqvist und ihr Team in ihrer aktuellen Studie zur Erklärung von Atemwegssymptomen aufgriffen, die durch Chemikalien und Duftstoffe ausgelöst wurden, ist die sensorische Hyperreaktivität (SHR) der Nerven in den Schleimhäuten der Atemwege. Patienten mit SHR zeigen eine erhöhte Hustenreaktion auf inhaliertes Capsaicin (Wirkstoff von Chili), vermittelt durch TRP-(transient receptor potential) Ionenkanäle. In Tierversuchen wurden einige TRP-Kanäle durch Ethanol verstärkt, weshalb das Ziel in der aktuellen Millqvist Studie darin bestand zu untersuchen, ob vorherige Inhalation von Ethanol die Capsaicin-Hustenreaktion bei Patienten mit SHR in irgendwelcher Weise beeinflussen kann.

Sauberes Studiendesign enttarnt Alkohol als Wirkungsverstärker

Fünfzehn Patienten mit SHR und 15 gesunde Kontrollpersonen wurden in drei Sitzungen mit zwei Konzentrationen von inhaliertem Capsaicin provoziert. Vor jeder Provokation mit Capsaicin wurde vorhergehend inhalativ Kochsalz oder eine von zwei Konzentrationen von Ethanol in einer doppeltblinden, randomisierten Verfahrensweise verabreicht. Die Studienteilnehmer reagierten in Dosis abhängiger Weise mit Husten auf die Inhalation von Capsaicin. Bei den Patienten, aber nicht bei der Kontrollgruppe, erhöhte vorhergehende Inhalation von Ethanol die Hustenantwort in Dosis abhängiger Weise.

Alkoholhaltige Duftstoffe als Problem erkannt

Millqvist und ihr Team ermittelten, dass eingeatmetes Ethanol die Hustenreaktion auf Capsaicin (Chili) bei Patienten mit sensorischer Atemwegshyperreaktivität verstärkt. Das Studienergebnis legt nahe, dass die Pathophysiologie von SHR mit TRP-Rezeptoren in den sensorischen Nerven der Schleimhäute der Atemwege zusammenhängt. Diese Erkenntnis könnte eine wichtige Erklärung dafür darstellen, dass Chemikaliensensible und Personen mit sensorischer Hyperreaktivität über Beschwerden durch alkoholhaltige Duftstoffverbindungen wie Parfums und Aftershaves ganz besonders häufig klagen.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. Juli 2008

Übersetzung: Karlheinz

Literatur: Millqvist E, Ternesten-Hasséus E, Bende M., Inhaled ethanol potentiates the cough response to capsaicin in patients with airway sensory hyperreactivity, Department of Respiratory Medicine and Allergology, Asthma and Allergy Research Group, The Sahlgrenska Academy at University of Gothenburg, S-413 45 Gothenburg, Sweden. Pulm Pharmacol Ther. 2008 Jun 22.

11 Kommentare zu “Alkohol in Parfums und Duftstoffen verstärkt Gesundheitsbeschwerden”

  1. Mary-Lou 26. Juli 2008 um 16:42

    Danke Silvia und auch danke Karlheinz,

    für all die Mühe die Ihr Euch immer macht, um uns die neusten Forschungsergebnisse in Bezug auf Schadstoffe und dadurch ausgelöste folgenreiche Erkrankungen wie MCS, Allergien und andere Umwelterkrankungen, zur Verfügung zu stellen. Die Gefahren durch Alltagschemikalien sind nicht von der Hand zu weißen, auch wenn man hierzulande immer versucht uns eine andere „Wahrheit“ vorzugaukeln.

    Um so wertvoller sind diese aussagefähigen Blog-Berichte, die ich schon vielfach, bzw. den Link zum CSN-Blog, weitergereicht habe.

    Liebe Grüsse
    Mary-Lou

  2. Bongo Wongo 26. Juli 2008 um 19:00

    Wieder eine Studie, die meine persönliche gesundheitliche Erfahrungen mit Duftsfoffen und Parfums bestätigt. Oft bekomme ich u. a. starke und lang anhaltende Hustenreaktionen auf das Parfum meiner Mitmenschen.

    Bei Ärzten wird man vielfach nicht ernst genommen, aber die nehmen ja selber gerne After Shave und dergleichen. Wenn man die Thematik dann anspricht, fühlen sie sich wahrscheinlich auf den Fuß getreten.

    Aber der Fairness halber möchte ich gerne erwähnen, dass ich kürzlich bei einem Lungenfacharzt vorstellig war, der meine Schilderungen äußerst ernst nahm. Der bemängelte, dass die Leute heute maßlos mit dem Einsatz von Parfum übertreiben und sich der Schädlichkeit von Parfums. die Chemikalien darstellen, für ihre Gesundheit überhaupt nicht bewußt seien. Er riet mir, Parfumstoffe dringend zu meiden, auf Grund der heftigen Reaktionen die ich darauf entwickele, nämlich Schwindel und schwere Atemnot.

    Die Behandlungsmethoden für nicht MCS-Patienten fallen für mich leider komplett aus, da ich die Asthma- und Bronchialsprays die er in der Regel in solch einem Fall verordne, leider allesamt nicht vertrage, auf Grund meiner bestehenden Medikamentenunverträglichkeit.

    Also es gibt sie noch, Ärzte die einen ernst nehmen, MCS kennen und uns nicht belächeln.

  3. Franz 27. Juli 2008 um 22:12

    Lieber Karlheinz,

    herzlichen Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, diesen Text zu übersetzten.

    Eva Millqvist ist ein Stern am dunklen Himmel über Europa. Und ich bin froh, dass wir wenigstens hier im Blog erfahren, dass es nicht nur die deutsche Lehrmeinung über MCS gibt.

    Gruß Franz

  4. Lucie 28. Juli 2008 um 16:39

    Diese Studienergebnisse bestätigen bestätigen doch unsere MCS-Beschwerden. Man sollte daher die Blog-Berichte allesamt in einem Buch veröffentlichen und die deutschen Umweltambulanzen der Universitätskliniken damit ausstatten, damit sich die dort arbeitenden Mediziner entsprechend weiterbilden können. Denn leider wird man seitens dieser Anlaufstellen zumeist nicht angemessen behandelt, sondern als Hypochonder abgestempelt. Dem sollten wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenwirken, schließlich geht es um unsere Gesundheit und sogar um Menschenleben.

  5. Henriette 29. Juli 2008 um 07:13

    Geht man mit Symptomen wie Hustenreiz und Schleimhautreizungen zum Arzt, wird dieser kaum einen Zusammenhang mit dem Beschwerdebild und Duftstoffen bzw. Alkohol in Parfums in seine Diagnosestellung mit einbeziehen. Man bekommt ein Rezept in die Hand gedrückt und fertig. Bringen die Medikamente keinen dauerhaften Erfolg, heißt es dann: Sie haben empfindliche Schleimhäute, finden sie sich damit ab.“

    Genauso ist es einem Freund ergangen. Nach den Ursachen, außer den herkömmlichen Allergie-Tests, wird nicht ausreichend untersucht. Die tatsächlichen Auslöser für die Beschwerden bleiben meist unentdeckt. Parfum als Krankheitsauslöser wird bei der Ausbildung der Ärzte in Deutschland ausgeklammert, Fehldiagnosen sind daher vorprogrammiert.

  6. Realityshow 29. Juli 2008 um 13:37

    Die Verantwortlichen in Deutschland werden auch noch begreifen lernen, dass es besser wäre, endlich Klartext zu reden, die Tatsachen als gegeben anzunehmen und Gegenmaßnahmen gegen den Beduftungswahn einzuschlagen. Ist der Kollaps erst einmal am Gipfelpunkt angelangt, ist der Zug abgefahren.

    Die Entscheidungsträger werden noch dahinter kommen, dass es keinen anderen Ausweg gibt, als sich den wahren Ursachen von umweltbedingten Erkrankungen, MCS und dergleichen, zu bekennen, Parfums und deren Bestandteile als Krankmacher zu akzeptieren, denn die Auswirkungen des jahrelangen Vertuschens werden schwerwiegender sein, als man es sich vorstellen kann. Davon bin ich überzeugt.

    Ich kenne einige junge gut ausgebildete Leute, die MCS-bedingt ihren Beruf an den Nagel hängen mussten und zum größten Teil von Hartz IV leben, einigen wurde auch die Erwerbsminderungsrente bewilligt.

    Die wissenschaftlichen Belege des gesamten Blogs lassen bei mir Unverständnis aufkommen, warum man der besorgniserregenden Entwicklung nicht gegensteuert.

  7. Lucca 30. Juli 2008 um 08:11

    Eine wichtiger ASpekt den Chemikaliensensible und ihre Ärzte nicht vergessen sollten ist, dass Desinfektionsmittel fast immer alkoholhaltig sind. In Praxen und Kliniken muss desinfiziert werden, das ist klar, aber für Chemikaliensensible sind Reaktionen vorprogrammiert.

    Wenn Ihr zum Arzt müsst wartet solange es geht draussen, nehmt Sauerstoff mit und/oder setzt Eure Aktivkohlemaske auf. Das ist kein Komplettschutz aber hilft bereits enorm den Schaden zu begrenzen.

  8. Andi 5. August 2008 um 21:16

    Eva Millqvist hat hiermit bewiesen, dass sie eine herausragende Wissenschaftlerin ist. Alkohol ist auch in Medikamenten vielfach vorhanden, daran sollten die Mediziner bei ihren MCS-Patienten denken. Solche Arzneien vertrage ich nicht, schon der Geruch löst bei mir heftige Atemwegsprobleme und Schleimhautreaktionen aus. Nun habe ich endlich einen wissenschaftliche Nachweis, denn man wird noch oft belächelt und nicht ernst genommen.

    Wie ich durch den Blog erfahren habe, hat Schweden die Brisanz von Duftstoffen/Parfum und MCS schlechthin erkannt und leistet gute Forschungsarbeit auf dem Gebiet.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/06/19/reaktion-auf-parfum-auch-ohne-riechen-des-parfums-moeglich/

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/04/21/chemikaliensensitivitaet-durch-loesemittel/

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/04/18/jugendliche-haeufig-an-chemikaliensensitivitaet-erkrankt/

    Schade dass sich die deutsche Wissenschaft dem Thema MCS und Umweltkrankheiten so ablehnend verhält und diese zukünftig immer wichtiger werdenden Forschungsgebiete kategorisch ablehnt. Dabei wäre objektive und unabhängige Forschung im Umweltbereich auch in Deutschland dringend erforderlich.

  9. Emily Erdbeer 7. August 2008 um 09:34

    Andi, wo Du recht hast hast Du recht.

    Zielgerichtete Umweltmedizin kann zur Produktivität eines Landes beitragen, dass muss in die Betonköpfe eindringen. Außerdem glückliche, gesunde Menschen kaufen mehr. Wer so krank ist wie wir kann kaum noch shoppen und es fehlt das Kleingeld dazu.

  10. Wanderfalke 9. August 2008 um 16:26

    Man sollte sämtliche CSN-Blogs die MCS betreffen, einschließlich der MCS Lügen, an alle Rentenversicherungsträger, BG’s, Umweltambulanzen und Gutachter versenden, damit sich die Herrschaften über den ausländischen MCS Forschungsstand informieren können, damit die Diskriminierungen uns gegenüber endlich der Vergangenheit angehören.

    Schließlich gibt es genügend MCS Studien mit entsprechender Aussagekraft, so dass wir uns die Verleumdungen im sonst so gewissenhaften und ordentlichen Deutschland, nicht länger bieten lassen müssen.

  11. Emily Erdbeer 26. Oktober 2008 um 17:13

    Hallo Lucca, außer dem Alkohol enthalten viele Flächenwischdesinfektionsmittel auch noch Duftstoffe und natürlich die Bakterizide. Ein Cocktail der es in sich hat wenn man MCS oder Duftstoffallergien hat.

    Gruß, Emily

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