Durst und Brände mit Limonade löschen?

Brominierte Schlacht: Eine Limonaden-Chemikalie mit zweifelhafter Unbedenklichkeit

Eine als Flammschutzmittel für Kunststoffe patentierte und in Lebensmitteln in ganz Europa und Japan verbotene brominierte Chemikalie namens BVO [brominated vegetable oil] wird in Nordamerika seit Jahrzehnten Limonaden zugefügt. Nun interessieren sich manche Wissenschaftler erneut für diese wenig bekannte Zutat, die man in den USA in 10 Prozent aller Limonaden findet. Untersuchungen über ihre Toxizität gab es zuletzt in den 70’er Jahren und manche Fachleute drängen nun auf eine Neubewertung. Nach ein paar extremen Limonade-Trinkgelagen – nicht weit von dem entfernt, was viele Computer-Spieler regelmäßig konsumieren – mussten ein paar Patienten wegen Hautschädigungen, Gedächtnisverlust und Nervenerkrankungen medizinisch behandelt werden, alles Symptome einer Brom-Überdosis. Andere Studien legen nahe, dass BVO in menschlichem Gewebe akkumuliert. In Versuchen mit Mäusen haben hohe Dosen Fortpflanzungs- und Verhaltensprobleme verursacht.

Marietta, Georgia, 12.12.2011 – Es ist Montagabend im „Battle & Brew“, einem Gamertreff in diesem Vorort von Atlanta. Die Leute machen es sich in Sesseln gemütlich, ihre Ohren verschwinden unter Kopfhörern, ihre Augen sind starr auf Flachmonitore fixiert und ihr Bewusstsein hat sich im Spiel des Tages aufgelöst: „The Elder Scrolls V: Skyrim“.

Um die ganze Nacht voll wach zu bleiben, hat jeder eine offene Dose „Spieler-Sprit“ in nächster Nähe der Tastatur stehen. „Ich habe manche dieser Typen gesehen, wie sie sechs Limonaden in sechs Stunden verarbeitet haben“, sagt Brian Smawley, ein regelmäßiger Gast der Spieler-Bar.

Die Gamer sagen, sie saufen ihren Treibstoff wegen dem Zucker und dem Koffein, doch die Trinker von Mountain Dew und einigen anderen Getränken mit Zitronengeschmack bekommen eine Portion sogenanntes brominiertes Pflanzenöl, oder BVO [s.o.].

BVO, von Chemiefirmen als Flammschutzmittel patentiert und in ganz Europa und in Japan für Lebensmittel verboten, wird seit Jahrzehnten in Nordamerika Limonaden zugesetzt. Nun interessieren sich manche Wissenschaftler erneut für diese wenig bekannte Zutat, die man in den USA in 10 Prozent aller Limonaden findet.

Nach ein paar extremen Limonade-Trinkgelagen – nicht weit von dem entfernt, was viele Computer-Spieler regelmäßig konsumieren – mussten ein paar Patienten wegen Hautschädigungen, Gedächtnisverlust und Nervenerkrankungen medizinisch behandelt werden, alles Symptome einer Brom-Überdosis. Andere Studien legen nahe, dass BVO in menschlichem Gewebe akkumuliert, so wie es weitere brominierte Verbindungen wie z.B. Flammschutzmittel tun. In Versuchen mit Mäusen haben hohe Dosen Fortpflanzungs- und Verhaltensprobleme verursacht.

Gutachten eines Industrieverbandes waren 1977 für die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel [FDA] die Grundlage, um den nach ihrer Auffassung sicheren Höchstwert für BVO in Limonaden festzulegen. Doch manche Wissenschaftler sagen, dass sich dieser Grenzwert auf unzulängliche, veraltete Daten stützt, darum bestehen sie darauf, dass man diese Chemikalie einer neuen Prüfung unterziehen muss.

„Von diesem Gutachten abgesehen ist die wissenschaftliche Datenlage spärlich“, sagte Walter Vetter, Lebensmittelchemiker an der Universität Hohenheim in Stuttgart und Autor einer neueren, aber unveröffentlichten Studie über BVO in europäischen Limonaden-Importen.

Flammschutzmittel in Limonade?

Wenn Sie das nächste Mal nach Mountain Dew, Squirt, Fanta Orange, Sunkist Pineapple, Gatorade Thirst Quencher Orange, Powerade Strawberry Lemonade oder Fresca Original Citrus greifen, sehen Sie sich die Inhaltsstoffe an. Mountain Dew führt brominiertes Pflanzenöl an vorletzter Stelle auf, neben Disodium EDTA [Ethylendiamintetraessigsäure-Natriumsalz (PDF)] und Yellow 5 [Tartrazin oder E102]. Bei diesen Getränken handelt es sich um eine Stichprobe jener, die BVO als Inhaltsstoff entsprechend den Anforderungen der FDA angeben. Die aller beliebtesten Limonaden – Coca-Cola und Pepsi – enthalten kein BVO.

Niemand muss ein Gamer sein, um diese Limonaden mit Fruchtgeschmack zu trinken. In den USA trinken 85 Prozent der Kinder mindestens einmal pro Woche ein Getränk, das Zucker oder künstliche Süßstoffe enthält, wie aus einer Studie vom November hervorgeht. Limonaden sind nach einer Studie des nationalen Krebs-Institutes (PDF) die größte Kalorienquelle für Teenager zwischen 14 und 18 Jahren. Für Erwachsene sind Limonaden, Energy- und Sport-Drinks die viert größte Quelle (PDF) für Kalorien, wie eine staatliche Studie heraus fand.

Halten Sie eine Flasche Mountain Dew gegen das Licht. Es sieht trüb aus. Brominiertes Pflanzenöl ist für das trübe Aussehen verantwortlich, weil es die fruchtigen Geschmacksstoffe in ihrer Mischung im Getränk fixiert. Ohne einen solchen Emulgator wie BVO würden die Geschmacksstoffe an die Oberfläche steigen. Die FDA begrenzt den Einsatz von BVO auf 15 ppm [15 mg pro kg] in Getränken mit Fruchtgeschmack.

Brominiertes Pflanzenöl, das aus Sojabohnen oder Mais gewonnen wird, enthält Brom-Atome, welche den Zitrus-Geschmacksstoff schwerer machen (PDF), so dass er sich mit Wasser mischt oder als Flammschutzmittel chemische Reaktionen verlangsamt, die zu einem Feuer führen.

Brominierte Flammschutzmittel werden neuerdings besonders genau unter die Lupe genommen, da Untersuchungen gezeigt haben, dass sie sich im Körper der Menschen ansammeln und weltweit auch in der Muttermilch. Um die Ausbreitung von Flammen zu verlangsamen, werden sie der Polystyrolschaum-Füllung für Polstermöbel und Kinderprodukte, wie auch den Kunststoffen für Elektronik-Artikel beigemischt. Tierstudien wie auch ein paar Humanstudien stellten einen Zusammenhang mit eingeschränkter neurologischer Entwicklung, verminderter Fruchtbarkeit, dem frühen Eintritt der Pubertät und veränderten Schilddrüsen-Hormonen her.

BVO müsste heutzutage nicht als Flammschutzmittel in Möbelpolsterungen verwendet werden, doch Patente in Europa, die Anfang 2011 Dow Global Technologies und in den Vereinigten Staaten Koppers Inc. erteilt wurden, sorgen dafür, dass dem so ist.

„Es gibt einige Bedenken [wegen BVO], da die Leute befürchten, es könnte sich ähnlich wie Flammschutzmittel verhalten und mit ähnlichen Gesundheitsrisiken verbunden sein“, sagte Heather Stapleton, eine Umwelt-Chemikerin an der Duke University, die sich auf die Erforschung von brominierte Verbindungen spezialisiert hat.

Die Limonaden-Hersteller und Branchenverbände sagen, sie machen sich wegen der Sicherheit von brominiertem Pflanzenöl keine Sorgen, sie sagen, ihre Produkte entsprechen den Richtlinien der Regierung.

„Es handelt sich um eine sichere, von der FDA zugelassene Zutat, die für manche Citrus-basierten Getränke verwendet wird“, sagte Christopher Gindlesperger vom amerikanischen Getränkeverband, der PepsiCo, den Hersteller von Mountain Dew vertritt. „Es ist wichtig, dass die Verbraucher darauf vertrauen können, dass unsere Produkte sicher sind und dass sich unsere Industrie an alle Vorgaben der Regierung hält“.

Chris Barnes von der Dr. Pepper Snapple Group, die Hersteller von Squirt und anderen Getränken die BVO enthalten, wiederholte diese Antwort.

„Alle Inhaltsstoffe in Produkten der Dr. Pepper Snapple Group entsprechen den Anforderungen der FDA und anderen Regulierungen“, sagte Barnes. Alte Daten

Einige Fachleute sind überzeugt, dass sich die Richtlinien der FDA auf Jahrzehnte alte Daten stützen.

„Solche Verbindungen, die derart verbreitet sind, sollten regelmäßig und mit neuerer Technik neu untersucht werden, um sicher zu stellen, dass es keine Wirkungen gibt, die von den früheren Untersuchungsmethoden nicht erfasst wurden“, sagte Charles Vorhees, ein Toxikologe am Cincinnati Children’s Hospital Medical Center, der die neurologische Wirkung von BVO in den frühen 80’er Jahren untersucht hat. „Nach meiner Ansicht gehört BVO zu jenen Verbindungen, die eine Neuuntersuchung rechtfertigen.“

Das Testen der Toxizität hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert. Inzwischen können Versuchstiere über mehrere Generationen auf Veränderungen in ihrer neurologischen Entwicklung, in ihrem Hormonhaushalt und in ihrer Reproduktion untersucht werden, was man sich in den 70’er und 80’er Jahren nicht vorstellen konnte.

„Ich bin kein Toxikologe, doch nach meiner Ansicht hat sich die toxikologische Untersuchung von Chemikalien seit damals verbessert“, fügte Vetter hinzu.

1970 stellten Wissenschaftler in England fest, dass Ratten nach einer sechswöchigen Diät die 0,8 Prozent brominiertes Maisöl enthielt, beachtliche Mengen an Brom in ihrem Fettgewebe hatten. Die Brom-Werte veränderten sich nicht, selbst nachdem die Ratten zwei Wochen lang eine Kontroll-Diät bekamen.

Etwa zur selben Zeit bestätigte eine Studie, dass sich Brom in Menschen ansammelt. Forscher untersuchten die Serum-Werte von Menschen in Großbritannien – wo BVO verwendet wurde – und von Kontrollgruppen in den Niederlanden und in Deutschland, wo BVO nicht verwendet wurde.

„Damals hatten britische Bürger im Vergleich zu den Bewohnern von Deutschland und den Niederlanden höhere Brom-Werte“, sagte Vetter. Nach diesen Studien wurden die höchsten Fett gebundenen Brom-Werte im Gewebe von britischen Kindern gefunden.

Die Autoren der Studie schrieben: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Brom-Rückstände in den Kindern auf die Aufnahme von brominiertem Pflanzenöl zurückzuführen ist.“

Daten aus Versuchen mit Ratten zeigen, dass BVO toxisch sein kann. Eine Studie aus dem Jahre 1971 von kanadischen Forschern stellte fest, dass Ratten die mit einer Diät gefüttert wurden, welche 0,5 Prozent brominiertes Öl enthielt, Schädigungen des Herzmuskels entwickelten. In einer späteren Studie von 1983 bekamen mit denselben Ölen gefütterte Ratten Verhaltensstörungen und solche, die mit 1 Prozent BVO gefüttert wurden, hatten Wahrnehmungsprobleme. Bei 2 Prozent waren sie nicht mehr fortpflanzungsfähig.

Die Diäten in jener Studie enthielten „kolossale Dosen“ BVO, ungefähr hundert mal mehr als die heutigen zulässigen Höchstwerte, sagte Vorhees, Hauptautor der Studie von 1983.

Doch zwei Fallstudien aus den letzten 15 Jahren zeigen, dass kolossale Dosen auch bei Menschen vorkommen können – mit gesundheitlichen Folgen.

Epische Gelage

In MMO-Nächten [s.u.] im Battle & Brew spielen manche Gamer 12 Stunden am Stück. in diesen Multiplayer Online games spielen tausende weltweit gegeneinander. Während diesen epischen Schlachten ist eine Limonade pro Stunde nicht ungewöhnlich. Ein Gamer, der jede Stunde eine 20 Flüssigunzen Flasche Limonade trinkt, bringt es in sechs Stunden auf 3,5 Liter.

„Sie sitzen 12 Stunden da und hauen sich nur Limonade rein“, sagte Smawley.

Nahezu jeder amerikanische Teen spielt Computerspiele, berichtet das Pew Research Center. Die 110 Milliarden Dollar Softdrink Industrie und die 74 Milliarden Computerspiele Industrie wissen das. Activision, der Hersteller von „Call of Duty: Modern Warfare 3“, der neusten Ausgabe dieses populären Computerspieles, hat sich mit Mountain Dew für eine Werbekampagne zusammen geschlossen und belohnt Spieler mit Bonuspunkten, wenn sie mehr Mountain Dew trinken.

1997 berichteten Ärzte aus der Notaufnahme an der University of California in Davis von einem Patienten mit einer schweren Brom-Vergiftung durch den täglichen Genuss von vier Litern Orangenlimonade. Er litt unter Kopfschmerzen, Müdigkeit, Ataxie (Verlust der Muskel-Koordination) und Gedächtnisverlust.

In einem Fall, der 2003 aus Ohio berichtet wurde, bekam ein 63-jährigen Mann an seinen geschwollenen Händen Geschwüre, nachdem er mehrere Monate täglich 8 Liter Red Rudy Squirt getrunken hatte. Bei dem Mann wurde Bromoderma diagnostiziert, eine seltene Überempfindlichkeit der Haut gegenüber Brombelastungen. Der Patient hörte mit dem Trinken des brominierten Softdrinks auf und erholte sich nach Monaten.

Reaktionen dieser Schwere stellen für die normale Bevölkerung kein Problem dar, sagte einer der an der Studie beteiligten Ärzte.

„Ein Konsum von BVO in normalem Umfang hat keine Gesundheitsprobleme zur Folge – außer dem Risiko, durch das Trinken von derart viel Zuckerwasser Diabetes zu entwickeln“. sagte Zane Horowitz, medizinischer Leiter des Oregon Poison Centers und Autor der Fallstudie von 1997.

Doch in der Spielerszene ist ein normaler Verbrauch nicht normal. Es sieht so aus, als ob jeder jemanden kennt, der oder die gewohnheitsmäßig diese „Brennstoff-Hilfe“ benötigt und genug konsumiert, um sich zu gefährden.

„Ich habe Hardcore-Typen gesehen, die sich nach jedem Spiel eine neue Ladung genehmigen“, Sean Hyatt, zweiter Chef im Battle & Brew.

„Und es sind nicht nur die „Stinker“ – Smawleys abschätze Bezeichnung für den stereotypisch verwahrlosten Spieler – die sich Gamer-Sprit rein donnern. Vorhees vom Cincinnati Children’s Hospital berichtet, dass sein Sohn die ganze Nacht auf bleibt, wenn er mit seinen Freunden ein neues Spiel antestet.

„Sie benutzen Mountain Dew nicht zufällig als Getränk, das sie wach hält – und sie essen so gut wie gar nichts“, sagte Vorhees.

Wenn jemand während solchen Gelagen nichts isst, nimmt dessen Körper das Getränk vollständig auf. Das ist für Kinder umso schlimmer, sagt Vorhees, weil sie weniger Körpermasse haben.

„Bei Kindern ist die Wirkung der Dosis meistens größer“, sagte Vorhees, „Ich glaube in der Tat, dass es Menschen gibt, welche diese hohen Dosen erreichen“.

Das verbotene Brom kommt zurück

Auf Daten aus früheren Studien gestützt, entfernte die FDA 1970 brominiertes Pflanzenöl aus seiner Positivliste GRAS (Generally Recognized as Safe/allgemein als sicher anerkannt) für Geschmacksstoff-Zusätze, sagte Douglas Karas, ein Sprecher der FDA. BVO kam wieder dazu, nachdem Studien eines Industrieverbandes von 1971 bis 1974 einen sicheren Grenzwert nachwiesen.

Der Verband der Hersteller von Geschmacksstoff-Extrakten bat die FDA, BVO wieder in Getränken mit Fruchtgeschmack zu erlauben, diesmal als Stabilisator, wozu es bis heute eingesetzt wird. Nach Prüfung der Eingabe und anderer Daten erlaubte die FDA den vorübergehenden Einsatz von BVO mit 15 ppm in Getränken mit Fruchtgeschmack, bis die Ergebnisse weiterer Studien vorliegen.

„Diese Entscheidung stützte sich auf die höchsten Werte aus vorliegenden Sicherheits-Studien, bei denen man keine schädliche Wirkung festgestellt hatte und auf die geschätzte tägliche Aufnahmemenge“, schrieb Karas in einer Email. „Obwohl es Dosen gab, die im Tierversuch Nebenwirkungen zur Folge hatten, gab es auch niedrigere [Höchst-]Dosen, bei denen man keine Nebenwirkungen beobachtete.“

Als Bedingung für die vorläufige Zulassung, lieferte der Herstellerverband zusätzliche Sicherheits-Studien an die FDA.

Die FDA legte fest, dass eine zweijährige Fütterungs-Studie mit Schweinen 1200 ppm als Wert, bei dem keine schädliche Wirkung auftritt, rechtfertigt. Eine zweijährige Fütterungs-Studie mit Beagle Hunden wurde ebenfalls durchgeführt. Obwohl es gerade zu dieser Studie qualitative Bedenken gab, sagte Karas, wurden bei den zwei Jahre lang mit bis zu 3600 ppm gefütterten Hunden keine Herzkreislauf-Erkrankungen festgestellt. Nach einer öffentlichen Prüfung der Daten, bei der es um die Qualitätsbedenken ging, beschloss die FDA, BVO in Getränken mit Fruchtgeschmack zu erlauben.

„Die Ergebnisse dieser Studien unterstützen einen sicheren BVO-Wert für Getränke von 15 ppm in Getränken mit Fruchtgeschmack“ sagte Karas. „Sein Gebrauch als Flammschutzmittel schließt seinen Gebrauch als Lebensmittel-Bestandteil nicht aus, solange der Gebrauch des Lebensmittels sicher ist.“

Über 30 Jahre später ist der Genehmigungs-Status von brominiertem Pflanzenöl immer noch vorläufig. Diesen Status zu ändern wäre kostenaufwendig und „stellt aktuell keine Priorität für die öffentliche Gesundheit dar“, sagte Karas.

Michael Jacobson, Geschäftsführer des Center for Science in the Public Interest [Zentrum für Wissenschaft im öffentlichen Interesse] war 1970 der der Petition beteiligt, BVO aus der Positivliste zu entfernen. Er sagte, es wäre für die FDA an der Zeit, eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung zu treffen.

„Ist es in den aufgenommenen Mengen schädlich? Vermutlich nicht“, sagte Jacobson. „Doch es wäre nicht schlecht, wenn sich die FDA gründlich mit der Literatur befassen würde, um zu einer Zulassung oder zu einem Verbot zu kommen“.

Auf mehr Sicherheit umstellen?

Wie aus einer auf einem Symposium über halogenisierte beständige organische Schadstoffe präsentierten Analyse (PDF) von importierten Limonaden hervorgeht, ist BVO nach Europa gesickert, ein Gebiet, in dem dieser Zusatzstoff überwiegend verboten ist.

„Wir fanden Produkte ohne Angabe der Inhaltsstoffe, obwohl BVO in den Limonaden vorhanden war“, sagte Vetter, Hauptautor der Studie.

Er sagte, Limonaden-Hersteller in Nordamerika könnten BVO problemlos durch Alternativen wie etwa Hydrokolloide ersetzen – Chemikalien, die in vielen Limonaden in Europa eingesetzt werden. Natürliche Hydrokolloide bilden auf dem Wasser kleine Tröpfchen, in denen Wasser unlösliche Verbindungen so lange, wie dies erforderlich ist, gelagert und stabilisiert werden können. Es handelt sich überwiegend um reine Naturprodukte, sagte Vetter.

Barnes von der Dr. Pepper Snapple Group sagte, dass BVO und Hydrokolloide „nicht die gleiche Funktionalität bieten und nicht untereinander ausgetauscht werden könnten“.

Vetter widersprach, wies darauf hin, dass Länder in Europa und anderswo seit Jahrzehnten natürliche Hydrokolloide für jene Limonaden-Marken verwendet haben, die in Nord-Amerika nicht ohne BVO auskommen.

Es gibt etliche Optionen, BVO durch sichere Chemikalien zu ersetzen“, sagte Vetter. „Ich kenne keine entscheidenden Nachteile von BVO gegenüber Hydrokolloiden oder umgekehrt.“

Warum wird in Amerika nicht auch umgestellt, wenn natürlich Alternativen in anderen Ländern längst in Gebrauch sind?

Wim Thielemans, ein Chemie-Ingenieur an der University of Nottingham in Großbritannien sagte, wenn die Alternativen in Europa längst in Gebrauch sind, „müsste ihre Leistung akzeptabel, wenn nicht sogar mit in den USA verwendeten brominierten Systemen vergleichbar sein“. Das bedeutet, „das Hauptmotiv, sie nicht zu verwenden, könnten die Kosten sein“, sagte er.

„Es ist ein nordamerikanisches Problem“, fügte Vetter hinzu. „In der EU würde BVO niemals erlaubt werden.“

Autor: Brett Israel für Environmental Health News, 12. Dezember 2011

Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Bitte beachten: Der Original-Artikel „Brominated battle: Soda chemical has cloudy health history“ steht unter der Creative Commons Lizenz: by-nc-nd. Diese Übersetzung wurde abweichend von dieser Lizenz von Environmental Health News genehmigt. Sie steht unter keiner CC-Lizenz.

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