Erforschung genetischer Faktoren bei Chemikalien-Sensitivität, Chronic Fatigue und Asthma im Tierversuch

Tierversuch zur Erfoschung von Chemikalien-Sensitivität, Chronic Fatique und Asthma

Aufschluss über zugrundeliegende Mechanismen bei Chemical Sensitivity, Chronic Fatique und Asthma durch kontrollierte Tierversuch-Studie

Der Umstand, dass manche Menschen eine Chemikalien-Intoleranz entwickeln, wenn sie Chemikalien in ihrer Umwelt ausgesetzt sind und andere nicht, wirft die Möglichkeit auf, dass genetische Faktoren zur Entwicklung dieser Krankheit beitragen können. Wissenschaftler der University of North Carolina untersuchten diese Möglichkeit mittels kontrollierten Tierversuchs.

Genetisches Tiermodell soll Aufschluss bieten

Die amerikanischen Wissenschaftler fassten für ihre Studie Beweise aus einem genetischen Tiermodell zusammen, das auf cholinerger Hypersensitivität beruht. Dieses Modell schlägt ein abnormes cholinerges System als einen der prädisponierenden genetischen Faktoren vor.

Erhöhte Sensitivität auf Organophosphat-Pestizide

Für ihre Studie wählte das Wissenschaftlerteam speziell gezüchtete Ratten aus, die ganz besondere Merkmale ausweisen. Flinders Sensitive Line (FSL) Ratten bestehen aus Tieren, die durch selektives Züchten etabliert wurden. Die Linie hat eine erhöhte Sensitivität gegenüber Organophosphat-Pestiziden. Durch diese erhöhte Sensitivität der FSL Ratten gegenüber Organophosphaten wurde nachträglich herausgefunden, dass diese speziellen Ratten auch gegenüber direkt wirkenden muskarinischen Agonisten sensibler als herkömmliche Ratten sind. Sie weisen zusätzlich vermehrte Muskarinrezeptoren (auf Acetylcholin ansprechende Rezeptoren) auf, im Vergleich zu selektiv gezüchteten Parallelgruppen, den Ratten der Flinders Resistant Line (FRL) oder wahllos gezüchteten Kontrollratten.

Hypersensitivität – bei Ratten und bei Menschen zu beobachten

Verstärkte Sensitivität gegenüber cholinergen Substanzen wurde ebenfalls bei Menschen in verschiedenen Bevölkerungsteilen festgestellt, einschließlich bei Personen, die unter Chemikalien-Intoleranz leiden. In der Tat weisen FSL Ratten gewisse Verhaltenscharakteristiken in Bezug auf unnormalen Schlaf, Aktivität und Appetit auf, die ebenfalls bei Menschen aus diesen Bevölkerungsteilen in ähnlicher Weise berichtet werden. Ergänzend wurde über die FSL Ratten berichtet, dass sie eine verstärkte Sensitivität gegenüber einer Vielfalt anderer chemischer Substanzen aufweisen.

Bestimmte Bereiche des Körpers sind empfindlicher

Periphere Gewebe, wie die Darmmuskulatur und die weichen Muskelgewebe der Atemwege, scheinen sensibler gegenüber cholinergen Agonisten, als auch einem Antigen, dem Ovalbumin, zu sein.

Nach Exposition Untertemperatur als Reaktion

Untertemperatur, eine zentral gesteuerte Reaktion, ist bei FSL Ratten nach Nikotin und Alkohol stärker ausgeprägt. Auch bei anderen Substanzen, die selektiv für die dopaminergen und serotoninergen Systeme wirken, ist Untertemperatur eine stärker ausgeprägte Reaktion.

Multiple Mechanismen beteiligt

In einigen Fällen wurde bei den Versuchstieren eine verstärkte Sensitivität in Abwesenheit irgendwelcher Veränderungen bei den Rezeptoren, mit denen Medikamente interagieren (Dopamin-Rezeptoren), festgestellt, während Veränderungen bei den Rezeptoren bei anderen Fällen beobachtet wurden (Nikotinischer Rezeptor). Folglich müssen bei der zugrunde liegenden multiplen Chemikalien-Sensitivität / Chemikalien-Intoleranz der FSL Ratten multiple Mechanismen vorhanden sein. Eine Aufklärung dieser weiteren Mechanismen könnte wertvolle Schlüssel liefern insbesondere für solche Menschen, die von Chemikalien-Sensitivität / Chemikalien-Intoleranz betroffen sind.

Autor:

Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 27. September 2009

Literatur:

Overstreet DH, Djuric V., A genetic rat model of cholinergic hypersensitivity: implications for chemical intolerance, chronic fatigue, and asthma, University of North Carolina, Ann N Y Acad Sci. 2001 Mar;933:92-102.

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5 Kommentare zu “Erforschung genetischer Faktoren bei Chemikalien-Sensitivität, Chronic Fatigue und Asthma im Tierversuch”

  1. Domiseda 29. September 2009 um 12:05

    Vielen,vielen Dank, liebe Silvia, auch für diesen wegweisenden Bericht zu weiterer Entschlüsselung der noch unerforschten multiplen MCS-Mechanismen.

  2. Seelchen 29. September 2009 um 13:50

    Ich möchte mich auch für diesen sehr aufschlussreichen Artikel bedanken, Silvia.
    So kann man immer wieder hinzulernen und auch anderen gewisse Dinge besser erklären.
    Nochmals vielen Dank für Deinen Einsatz.

  3. BrunO 29. September 2009 um 15:33

    Mir tun die Versuchstiere leid. Ich möchte keine solche Ratte sein und weiß auch nicht, wie ich den Unterschied an Recht auf Leben und Gesundheit ethisch begründen sollte. Leider sind die Methoden der uns gewogenen Wissenschaft auch zu hinterfragen. Tierversuche sind verlockend, weil man immer etwas machen kann, selbst wenn man nichts sicher weiß. Dann findet man etwas und hofft, es auf das Menschenmodell übertragen zu können. Manchmal funktioniert das sogar, leider nur um den Preis, eine andere Kreatur zu quälen und als minderwertig abzustufen.

    Kommt jetzt bitte nicht mit einer Nutzenabwägung an. Der Deutsche Zentralrat der Juden hat sich auch „tierisch“ aufgeregt, als PETA das Leid von Tieren in der Massenhaltung mit Konzentrationslagern verglich. Dabei sagte selbst Isaac Bashevis Singer: „Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka.“ Was ich über artgerechte Nutztierhaltung und schmerzlose, komischerweise als human und nicht als tiergereicht bezeichnete Tötung von Schlachttieren denke, sage ich hier lieber nicht.

    Statt Tierversuche könnte man genausogut Gewebeproben von Erkrankten untersuchen, Kulturen anlegen usw. Die heutige Technik gestattet erstaunliches. Wenn man genug Einzelfälle untersucht, was natürlich aufwendiger ist als Ratten zu verbrauchen, hat man irgendwann auch ein theoretische Modell.

    Wahrscheinlich kann es der menschliche Erkenntnisdrang nur schlecht ertragen, im Dunkeln zu tappen und möchte immer etwas tun. Daß man MCS endlich schlüssig beweisen möchte, kann ich verstehen. Fände ich auch gut. Die Lobby wird die Verbreitung solcher Erkenntnisse trotzdem unterdrücken, solange es geht.

    Ratet mal, woher historische anatomische Erkenntnisse in der Medizin stammen? Unter anderem aus Vivisektionen von als Verbrecher verurteilten Menschen. Oder was ist mit den „Erkenntnissen“ aus den Menschenversuchen der Nazis? In diese Ecke möchte ich heutige Wissenschaftler selbstverständlich nicht stellen. Wer Medizin studiert oder studieren möchte, sollte sich aber dieses Erbes bewußt sein. Gibt es heute noch diese Versuche an lebenden Fröschen im Studium?

    Oh Teufel, oh Belzebub!

    Das war für und nicht gegen Silvia!

  4. Juliane 29. September 2009 um 16:10

    Heute Bruno gibt es einen Großversuch mit allen Lebewesen dieses Planeten. Lies mal fleißig hier in Blog und Forum.

  5. BrunO 29. September 2009 um 17:23

    @Juliane

    Wenn’s denn ein planvoller Großversuch wäre, höchstens der daß sich der Egoismus beweisen will, dann läuft dieser nicht erst seit heute und auch nicht nur mit den Lebewesen, sondern mit der ganzen Kugel. Unbequeme Wahrheiten gibt es für alle. Natürlich auch für mich, damit Du mich nicht irrtümlich für einen Heiligen halten mußt. Gefiele mir vielleicht sogar.

    Ich habe eine Methode kritisiert, nicht den Gegenstand. So wie sich der Mensch Erkenntnisse aneignet, so sieht er seine Umwelt. So wie er mit Tieren umgeht, geht er wenn es sein muß auch mit seinesgleichen um. Darum gibt es MCS.

    Lies mal…

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