Motivationen, Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity /MCS als psychisch krank zu erklären

Die Frage ist WARUM?

Menschen, die auf geringe Spuren von Alltagschemikalien reagieren und an Chemical Sensitivity /MCS erkrankt sind, berichten häufig, dass sie von Ärzten, Sachbearbeitern bei Behörden oder Krankenkassen, von Mitmenschen und sogar bei Gericht, ohne dass irgendein ein medizinischer Nachweis vorliegt, als psychisch krank abgestempelt werden. Erkrankte berichten auch, dass ihnen gegenüber oder sogar in Berichten und Befunden behauptet wird, die Krankheit MCS sei eine psychische Krankheit.

Dies geschieht, obwohl die Arbeitsgruppe Medizinische Klassifikation im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit DIMDI, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, die Krankheit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) im ICD-10 folgendermaßen codiert hat:

MCS – Multiple Chemical Sensitivity T78.4

…Allergie, nicht näher bezeichnet; Kapitel 19 (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen), Abschnitt T66-T78 (Sonstige und nicht näher bezeichnete Schäden durch äußere Ursachen).

Das DIMDI, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, teilt explizit mit: „Eine Zuordnung der o. g. Erkrankungen zum Kapitel 5 (Psychische und Verhaltensstörungen) ist seitens der ICD-10-GM nicht vorgesehen.“

Dies geschieht, obwohl Multiple Chemical Sensitivity / MCS in Deutschland als körperliche Behinderung (Ziffer 26.18) anerkannt ist.

Dies geschieht, obwohl MCS seit 1945 bekannt ist und über 400 Studien bzgl. Chemikaliensensitivität veröffentlicht wurden, die von einer körperlichen Ursache der Erkrankung MCS ausgehen.

Thommy’s Blogfrage der Woche:

  • Was glaubt Ihr, welche Motivation und Gründe stecken dahinter, wenn MCS Kranke von Medizinern ohne eingehende Fachkenntnisse in Psychologie und über Chemikalien-Sensitivität pauschal ohne gezielte Untersuchung als psychisch krank abgestempelt werden?
  • Was steckt dahinter, wenn Sachbearbeiter bei Behörden und Krankenkassen in Berichten schreiben, der an MCS Erkrankte leide nur unter einer psychischen oder psychiatrischen Krankheit?
  • Was motiviert diese Menschen ohne profundes Fachwissen, MCS Kranke als psychisch krank abzustempeln?

11 Kommentare zu “Motivationen, Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity /MCS als psychisch krank zu erklären”

  1. Franzi 20. April 2009 um 21:09

    Ich kann mir nur vorstellen, dass die das so machen, weil sie in Behörden und Krankenkassen schwer Druck bekommen, dass sie sonst ihren Arbeitsplatz verlieren, weil Ärzte ihren Nimbus sich auflösen sehen und ihn auf diese Weise zu retten versuchen. Sie werden über MCS während ihres Studiums nichts oder kaum Nennenswertes gelernt haben und keine Notwendigkeit gesehen haben, sich darüber später schlau zu machen. Das sind jedenfalls aufgrund meiner Erfahrungen so meine Überlegungen. Überall steckt die Lobby dahinter, schätze ich mal: Chemiestandort Deutschland. Basta!

  2. yol 20. April 2009 um 23:13

    @ Franzi
    Ich denke es steckt mehr dahinter. So wie Du es beschreibst, würde ich dann sagen: die Ratten verlassen das sinkende Schiff! Kein Mensch mit einer festgefügten Persönlichkeit wird dem Druck von Lobby’s nachgeben. Aber auf dieser Welt gibt es auch weniger festgefügte Persönlichkeiten, die für Geld viel, andere sogar alles tun. Hiervon sind Ärzte nicht ausgeschlossen, denn auch sie sind Menschen. Einige denken sogar immer noch, sie seien Götter (in Weiss), was heute nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, denn der Patient ist mündig geworden, was ein erheblicher Störfaktor geworden ist. Und der Patient ist heute gut informiert, manchmal tatsächlich besser als der Arzt, den er aufsucht. Den passenden Arzt zu finden ist auch zur Lotterie geworden.

    Es gibt die einen und die andern, auch unter Ärzten. Nicht jeder ist sich bewusst, dass er teils von seiner eigenen Gilde manipuliert wird.
    Dann gibt es allerdings auch noch die, die für Geld alles tun (Vernünftiges tun sie zwar damit nicht, aber es zu haben scheint als Ziel ausreichend zu sein). Und wenn diese Anzahl mitsamt der Zahl der Naiven, gutgläubigen Ärzte, die nur ihre Pflicht tun wollen und deshalb den Manipulationsmechanismus nicht durchschauen in der Mehrheit sind, dann steht es schlecht um den Patienten, insbesondere dann wenn er eine Krankheit hat, die die KONSEQUENZ des massiven Einsatzes von Chemie in allen Lebensbereichen als lebenden Beweis darstellen!

    Vergessen wir nicht, dass in Verwaltungsräten von Unikliniken teils mehrheitlich Chemiegiganten sich eingenistet haben, da haben Ärzte (und Patienten) nicht mehr viel zu bestellen.

    Noch kommt der Druck von oben, d.h. das Geld besitzt noch die Macht.
    Ob das in Zukunft noch so sein wird, dann wenn es ein Heer von kranken und arbeitsunfähigen Menschen gibt, die nichts als ihr Leben noch zu verlieren haben? Ob dann Geld dann noch vor dem massiven Druck von unten schützt??? Schon Wilhelm Busch wusste um diese menschlichen Zustände, er beschrieb es tlw. so – „….durch seine unbesonne GIER“.

  3. Domiseda 21. April 2009 um 06:43

    Die Einstufung von MCS als psychische oder psychoreaktive “ Störung“ z.B. aufgrund einer Chemikalienphobie verweist das Problemfeld in einen subjektiven, wenig objektivierbaren Bereich – und damit aus der öffentlichen in die private Verantwortung.
    Eine Anerkennung von MCS (auch im allgemeinen Bewußtsein) als schwere physische Erkrankung, objektiv nachweisbar durch toxische Einwirkungen auch von Alltagschemikalien ,hätte auf breiter Basis immense Konsequenzen auf verschiedensten Ebenen – gerade für die öffentliche Hand:z.B. vermehrt Anerkennung von Berufsunfähigkeit; z.B. baubiologisch einwandfreie Ausstattung von Schulen, Krankenhäusern, Behörden, Universitäten; z.B.auf das derzeitige Horror-Thema Materialien zur „Wärmedämmung“;z.B.ein möglicherweises Verbot von sog.“Duftstoffen“ im öffentlichen Raum und generell eines Verbots von weiteren Kosmetika /medizinischen Haut-Therapeutika mit Derviaten der Chlorchemie, usw… Das alles zöge immense Einschränkungen der Wirtschaft und deren Neuorientierung nach sich in vielen Branchen (inklusive Pharma-Industrie).
    MCS ist für Nichtbetroffene unvorstellbar- auch für Ärzte und Verwaltungsangestellte, solange sie nicht selbst damit geschlagen sind.
    Eine „Psycho-Diagnose“ befreit davon,sich- höchst zeitraubend -detaillierte Kenntnisse aneignen zu müssen und Konsequenzen ziehen zu müssen.

  4. schlumpf 22. April 2009 um 09:46

    Die meisten Ärzte in Deutschland wissen das MCS keine psychische Krankheit ist. Studierte Mediziner sind durchaus in der Lage zu erkennen, das eine Erkrankung bei der regelmäßig Psychotherapien völlig versagen nicht der Psyche zuordbar sind. MCS ist eine unerwünschte und unbequeme Krankheit für die Gesellschaft. In einem Land in der im TV fast im Minutentakt Werbung für immer neue Produkte mit Düften aus dem Chemielabor gemacht wird, passt MCS einfach nicht in das System. Da das GKV-System keine Behandlung für MCS-Kranke vorsieht, verpassen viele Ärzte ihren Patienten eine systemkonforme Psycho-Diagnose. Das ist praktisch und bequem. Das Patienten dadurch in übelster Weise diskriminiert werden und keine sinnvolle Behandlung erhalten, wird einfach in Kauf genommen.

  5. Maritta 22. April 2009 um 16:35

    Die Motivation dahinter ist der Wille unserer Politiker, so habe ich es jedenfalls in einer sehr beklemmenden Situation, quasi unter vier Augen,
    aus dem Munde eines Psychiaters gehört.

    Wahrscheinlich wird der volkswirtschaftliche Schaden – welcher durch chemikalienverursachte Krankheiten entsteht – preisgünstiger eingeschätzt, als das Verbot der Produktion und Verbreitung von Chemikalien

  6. Turboboy 27. April 2009 um 14:03

    Ich schreibe nicht viel, aber hoffentlich treffend. Den meisten Medizinern fehlt Einfühlungsvermögen und abstraktes Denken. Bei MCS muss man um die Ecke und manchmal auch um zehn denken können. Außerdem sind wir das, was Mediziner als schwierige Patienten bezeichnen. Das sind wir eigentlich nicht, aber das Türen einrennen und das uns entgegengebachte Unverständnis macht uns im Laufe der Zeit dazu.
    LG Heiko Mäder-Höhn

  7. PappaJo 27. April 2009 um 15:00

    Mediziner (Ärzte) sind…

    …mit Kassenzulassung abhängige Herdentiere! Wer da quer schiesst riskiert die Kassenzulassung und demnach seine Einkünfte. Ausnahmen gibt es aber auch hier, z.B. Dr. Binz. Das beweist Rückrad und nötiges Fachwissen. Wahrscheinlich auch die jahrelange Berufserfahrung.

    Ärzte sollten in Ihrer Ausbildung zuerst das Thema Toxikologie abhandeln, für mindestens 2 Jahre. Damit ein Verständnis dafür entwickelt wird, wie die Chemie in einem lebenden Organismus wirkt. Nicht nur bei direktem Kontakt und in hohen Dosen, sondern auch im Niedrigdosisbereich über Jahre und Jahrzehnte. Spätfolgen eben.

    Erst im Anschluss sollten die weiteren Fächer gelehrt werden.

    Ich habe den Eindruck das Ärzte eigentlich und überwiegend nur Pillenandreher sind. Also sag mir dein Problem und ich verschreibe dir die Medizin. Das kittet nur das akute Problem aber beseitigt kaum die Ursache.

    Bei MCS-Kranken ist die Vorhergehensweise natürlich unmöglich. Wer verträgt noch irgendwelche Medizin!?

    Fazit:
    Es grasiert ein breites Halbwissen in der Welt der Halbgötter in weiß.

    Ursache:
    Ausbildung mangelhaft

    Abhilfe:
    Freizeit opfern und nachbüffeln

    Aber eigentlich zu spät, wie ich meine. Wir (MCSler) sind anscheinend der Anfang und die Spitze vom Eisberg. Und in den letzten Jahren bin ich kaum jemanden begegnet ohne eine neurologische Störung. Man könnte auch meinen es ist bereits 5 nach 12 und das was man noch machen kann ist eine Schadensbegrenzung.

  8. T-Rex 17. Mai 2009 um 16:57

    Multiple Chemical Sensitivity als psychisches Problem hinzustellen ist die einfachste Lösung, aber nur auf den ersten Blick und wenn man sich nicht der Folgen des Ignorierns bewusst ist.

    Multiple Chemical Sensitivity ignorieren schafft mehr und mehr chronisch Kranke die aus dem sozialen Gefüge rausfallen. Dadurch wreden dann Kosten produziert, statt durch gezielte Therapie den Menschen wieder auf die Beine zu helfen um produktiv zu sein.

    Multiple Chemical Sensitivity ignorieren ist eine Sackgasse.

  9. Spider 17. Mai 2009 um 22:46

    Seit ich den Film „Das Pharmakartell“ im ZDF in Frontal21 gesehen habe, ist alles noch klarer als zuvor:

    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,7488768,00.html

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/649184?inPopup=true

    Die Fakten aus dem Beitrag kann man 1 : 1 auf MCS – Multiple Chemical Sensitivity übertragen.

    Insofern wundert mich nicht, dass Behörden und viele Ärzte, leichtfertig Umweltkranke als psychisch Kranke deklarieren. Der Druck der Industriezweige, die MCS mit dem Wörtchen „CHEMICAL – CHEMIE“ in der Mitte durchkreuzt, ist zu groß. Der Pharmamarkt ist der größte Markt der Welt. Die Pharmaindustrie ist sehr verwurzelt mit der Chemieindustrie.

    Also Leute, wen wundert daher der Ablauf mit MCS um uns herum?

    Ehrlich gesagt, mich nicht mehr.

  10. I-Pünktchen 20. Mai 2009 um 09:24

    Die Menschen bzw. Ärzte, die Multiple Chemical Sensitivity als psychische Erkrankung abtun, obwohl die internationale Wissenschaft zu ganz anderen Erkenntnissen gelangt, werden ihren einst geleisteten Eid vergessen haben. Denn die Ignoranz wissenschaftlicher Forschung und den Aussagen der WHO bzgl. Mulitple Chemical Sensitivity, nämlich die Klassifizierung als organische Erkrankung, ist Handeln mit System und nicht aus Unwissenheit.

    An Multiple Chemical Sensitivity kann jedoch jeder erkranken, auch die Ignoranten.

  11. Eric 27. Mai 2009 um 09:27

    Ich sehe es wie Ihr, Multiple Chemical Sensitivity darf es offiziell nicht als Erkrankung geben und so setzen die Interessenvertreter alles daran, uns als Hypochonder abzutun. Mit psychischen Erkrankungen kommen wir der Chemieindustrie nicht in die Quere, dann sind wir sozusagen selber Schuld, dass wir krank sind.

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