Latexallergie im Krankenhaus: Problematik und Prävention

Chirurgen bei einer Operation

Latexallergie kann im Krankenhaus zu schweren bis lebensbedrohlichen Komplikationen führen, insbesondere bei Operationen. Da die Tendenz steigend ist, gehen Krankenhäuser präventiv dazu über, auf latexhaltige Materialien gänzlich zu verzichten. Mehrkosten, z. B. durch latexfreie Handschuhe, werden durch eingesparte Kosten bei verkürzten Behandlungsaufenthalten, wie auch durch Reduzierung der Erforderlichkeit für Latex-Allergietests, eingesparte Zahlungen wegen Rückgang der Berufsunfähigkeiten bei medizinischem Personal, etc., aufgewogen.

Hypersensitivität auf Latex bei Kindern häufig
Über allergische oder unmittelbar auftretende Hypersensitivitäten gegenüber Latex, wurden in der Vergangenheit bei Kindern mit steigender Häufigkeit berichtet, teilte ein französisches Wissenschaftlerteam in einer medizinischen Fachzeitschrift mit. Die Daten hinsichtlich der Häufigkeit variieren jedoch stark, berichten sie, da dies stark abhängig ist von der Bevölkerungsgruppe,  die untersucht wird und den angewandten Methoden, um die Sensibilisierung festzustellen. Zu den Subpopulationen bei Kindern, die besonders oft betroffen sind gehören: Allergiker, Kinder mit Spina bifida, Kinder die in neonatalen Phase operativen Eingriffen unterzogen wurden und solche, bei denen häufige operative Eingriffe erforderlich waren.

Latexallergie bei medizinischem Personal häufig
Latexallergie ist insbesondere auch bei Angestellten im medizinischen Bereich ein wichtiges und ernstes Thema. Eine Sensibilisierung tritt hauptsächlich über Wund- und Schleimhautkontakt mit Latexmaterialien während der Operation auf oder durch Inhalation von luftgetragenen Latexpartikeln, die durch gepuderte Latexhandschuhe freigesetzt werden.

Diagnostik ist möglich, aber teuer
Hinsichtlich der Diagnose einer Latexallergie ist die medizinische Historie, Hauttests (Pricktests) und die Suche nach spezifischen Serum IgE erforderlich. Der Nachteil: adäquate Diagnostik ist kostenintensiv. Um Latexallergien zu vermeiden, halten die Wissenschaftler aus Lyon die Entwicklung einer Leitlinie, die latexhaltige Medikamente auflistet, für unentbehrlich und als die wichtigste Präventionsmaßnahme um allergische Reaktionen zu vermeiden.

Beste Strategie: Vermeidung von Latex
Immuntherapie oder spezielle vorherige Medikation scheinen erfahrungsgemäß nicht effektiv zu sein, um die Risiken einer Anaphylaxie während einer Operation zu verhindern. Die wirkungsvollste Strategie um das Auftreten einer Sensibilisierung auf Latex zu verringern, ist komplette Vermeidung. Diese Strategie ist für Patienten und Angestellte im Gesundheitsbereich effizient und wurde in der chirurgischen Kinderklinik der Wissenschaftler in Lyon im Jahr 2002 eingeführt.

Umstellung auf latexfrei kein Problem
Früher bestand für Chirurgen das größte Problem darin, dass es relativ schwierig war mit latexfreien Handschuhen zu arbeiten. Das Material war häufig zu dick und verhinderte ein natürliches Tastvermögen, das für schwierige chirurgische Eingriffe sehr wichtig ist. Heute hingegen haben Hersteller sich der Problematik angenommen und latexfreie Handschuhe entwickelt, die über die gleiche Tastsensibilität wie Latexhandschuhe verfügen. Die zusätzlichen Kosten für latexfreie Handschuhe werden ausbalanciert, weil die Kosten für Allergietests, längere Krankenhausaufenthalte infolge von allergischen Reaktionen und Zahlungen der Berufsgenossenschaften für berufsunfähige medizinische Angestellte, nicht mehr länger zu Buche schlagen.

Die Richtigkeit der Entscheidung der französischen Wissenschaftler hat sich im klinischen Alltag bestätigt. In der chirurgischen Kinderklinik in Lyon trat seit der Einführung des latexfreien Programms kein einziger Fall von allergischer Reaktion gegenüber Latex bei Patienten oder dem Personal auf. Zwischenzeitlich wurden dort rund 25 000 Kinder unter latexfreien Bedingungen operiert.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 8. April, 2009

Literatur:
De Queiroz M, Combet S, Bérard J, Pouyau A, Genest H, Mouriquand P, Chassard D., Département d’Anesthésie Réanimation pédiatrique, Hôpital Femme Mère Enfant, Lyon, France, Paediatr Anaesth. 2009 Apr;19(4):313-9

5 Kommentare zu “Latexallergie im Krankenhaus: Problematik und Prävention”

  1. Annamaria 9. April 2009 um 01:34

    Lyon ist schlau.
    Was ist man in Deutschland?

    Magenspiegelung bei einem Latexallergiker in einem großen deutschen Krankenhaus:
    Die Ärztin wird von der Schwester nochmals auf die Latexallergie des Patienten hingewiesen und bekommt von ihr latexfreie Handschuhe gereicht. Darauf die Ärztin: „Die brauche ich nicht. Ich lange ja nicht den Patienten an. Ich lange ja nur den Schlauch an.“

    Einfach toll, oder?

  2. Groppo 9. April 2009 um 13:37

    Es freut mich sehr, dass wenigstens unsere französischen Nachbarn die Gefahr, die von Latexmaterialien im Medizinbereich ausgehen kann, erkannt haben und latexfreie Behandlung im Krankenhaus betreiben.

    Immer lese ich nur von tollen Verbesserungen im Ausland, wann kommt Deutschland endlich auf den Trichter, dass es Einiges zu tun gibt???

  3. Domiseda 9. April 2009 um 21:12

    Abgesehen von „Latex-Handschuhen“ sind für mich vorallem Infusions-Systeme und Katheder, Zuleitungen für z.B. Sauerstoff , Behälter für Infusionslösungen usw. ein sehr großes Problem. Latexfrei allein genügt bei mir nicht. Erst seit Latex plus PVC ausgeschaltet wurden,reduzierten sich bei mir akute Spontanreaktionen wie neurologische Probleme samt hohem Fieber und kaskadenartig sich entfachende Entzündungen. Erst unter der Voraussetzung Latex-plus -PVC-frei sind bei mir auch in niedergelassenen Praxen Infusionen überhaupt wieder möglich.
    Vor geplanten Krankenhausaufenthalten liste ich auf, was konkret bei mir benötigt wird. Ich bitte darum, dies alles zu besorgen, da eine detaillierte Umstellung oft nicht so einfach ist – auch weil im Bewußtsein des Krankenhauspersonals meist nur das Thema Handschuhe ist.
    Ich führe außer Haus immer ein PVC-und Latexfreies Infusionsbesteck mit mir, da dieses nicht zur Ausrüstung der Notfallmedizin gehört.
    Zum Problem Diagnostik:MCS-Patienten haben oft leider keine IgE vermittelten Allergien und reagieren nicht auf Hautpricktests.

  4. kate 12. April 2009 um 17:08

    Bei meiner Großmutter wurde kürzlich mal wieder etwas während der letzten OP verwandt gegen das sie laut Allergieausweis allergisch ist, und sie hatte vorher extra nochmal drauf hingewiesen. Das Bewußtsein ist in Deutschland wirklich verschwindend gering.
    In UK ist man da weiter. Sie sind hier sehr Allergiebewußt. Keiner will dafür haften müssen! Das ist der Grund. Trotzdem bekommt man Behandlung ohne Latex nur wenn man sagt dass eine Allergie vorliegt und die Latexsachen sind auch im gleichen Raum. MCS fand in einem Krankenhaus null Beachtung, im anderen wurde es zumindest in Erwägung gezogen. Aber das ist auch in Cambridge, wo ja viel geforscht wird.

  5. Silvia 14. April 2009 um 09:06

    Ein Hinweis einer CSN-Blogleserin:

    „Im Städt. Klinikum Karlsruhe, wird auf Latexallergiker Rücksicht genommen. Mind. ein OP ist latexfrei, die Matratze wird ausgetauscht und die Handschuhe, die in jedem Zimmer sind, werden entfernt. An der Zimmertüre und am Bett hängen jeweils Schilder mit „Vorsicht Latexallergiker“. Auch bei Putzmitteln wird darauf geachtet, wenn jemand was nicht verträgt.“

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