Die Karibik hat eine Schattenseite: Prostatakrebs durch Pestizide

Toxisches Paradies: Karibikinseln durch Pestizide verseucht

Sonne, Palmen, weiße Strände, azurblaues Meer. Urlaub oder sogar Leben in der Karibik, ein Traum, den mancher sich gerne erfüllen würde. Die Karibikinseln Guadeloupe und Martinique haben jedoch auch ihre Schattenseite. Die beiden Inseln weisen mit die höchste Rate von Prostatakrebs weltweit auf. Französische Wissenschaftler fanden den Grund hierfür heraus: Pestizide. 

Trauminseln mit Schattenseite
In einem Reiseführer der „Blumeninsel“ Martinique heißt es, „in den dichten Wäldern der Insel herrscht Stille, vergleichbar mit unseren Hinterhöfen“. Man kann dort allenfalls noch dem Zirpen von Feldgrillen lauschen. Dafür gibt es ausgedehnte Plantagen mit Bananen, Zuckerrohr, Mango, Avocado, Litschi, Guava und vieles Exotisches mehr, dass in alle Welt verschickt wird. Die Sonne und abendliche Regenfälle lassen die Flora üppig gedeihen auf den Antillen, den Inseln unter dem Winde. Das hat auch Nachteile: Schädlinge, die sich über die Pflanzen und das Obst hermachen. Der Pestizideinsatz auf den Plantagen ist entsprechend hoch.
 
Weltweite Spitzenposition für Prostatakrebs
Französische Wissenschaftler untersuchten mittels einer multifaktoriellen Analyse, warum auf Guadeloupe und Martinique mehr Männer an Prostatakrebs erkranken wie fast überall sonst auf der Welt. Im Jahr 2002 lagen die beiden Antilleninseln Guadeloupe und Martinique mit 152 neuen Prostatakrebsfällen pro 100 000 Einwohner/Jahr weltweit an der Spitze. Krebsneuerkrankungen treten dort vergleichsweise häufiger auf als auf allen anderen karibischen Inseln oder bei den Bewohnern Frankreichs.
 
Ursachen für Prostatakrebs auf der Spur
Eine Analyse der französischen Wissenschaftler zeigte, dass die Häufigkeit von Prostatakrebs auf Martinique und in Frankreich sich seit 1983 signifikant unterscheidet. Die Anstiegskurven sind nicht parallel, was darauf hindeutet, dass sich die Menschen auf den Karibikinseln zwar einerseits genetisch von denen in Frankreich unterscheiden können, aber andererseits, dass die Genetik keinesfalls der einzige Faktor sein könne, befand das Wissenschaftlerteam von Belpomme.
 
Umwelt und Bewohner pestizidbelastet
Anhand einer kartographisch angelegten Analyse über Bodenbelastung konnte das Team aus Paris belegen, dass die Kontaminierung des Wassers der Inselbewohner von den Bananenplantagen herrührt. Ferner stellte das Team retrospektiv fest, dass die Personen aus der Gesamtbevölkerung, die 1972 auf Martinique auf Organochlorpestizide in ihrem Fettgewebe hin untersucht wurden, mit extrem hohen Werten von DDT, DDE, alpha, beta and gammaHCH, Aldrin und Dieldrin belastet waren.
 
Pestizide Ursache für Krebs auf Karibikinseln
Das französische Wissenschaftlerteam kam zu dem Schluss, dass dieses festgestellte wachsende Auftreten von Prostatakrebs weder durch ethnographische Faktoren oder durch veränderten Lebensstil herrühren kann. Vielmehr war es für die Wissenschaftler schlüssig, dass Umweltfaktoren, wie der intensive anhaltende Kontakt gegenüber kanzerogenen, mutagenen und für das Fortpflanzungssystem toxischen Pestiziden den Prostatakrebs bei den Bewohnern auf Guateloupe und Martinique verursachen.
 
Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 19.03.2009
 
Literatur:
Belpomme D, Irigaray P, Ossondo M, Vacque D, Martin M. Prostate cancer as an environmental disease: An ecological study in the French Caribbean islands, Martinique and Guadeloupe, Int J Oncol. 2009 Apr;34(4):1037-44

4 Kommentare zu “Die Karibik hat eine Schattenseite: Prostatakrebs durch Pestizide”

  1. Mary-Lou 19. März 2009 um 21:53

    Es ist erschreckend, welche gesundheitliche Schäden der globale ungebremste Pestizideinsatz nach sich zieht. Ich habe einmal im Fernsehen einen Beitrag über Bananen- und Ananasplantagen gesehen. Die Arbeiter setzen dort Herbizide ohne Ende ein, um dem Unkraut Herr zu werden. Es gäbe sicherlich gesündere Methoden, aber so sind dort die Arbeitsweisen. Exotische Früchte sind demzufolge nicht nur Vitaminbomben, sondern bergen auch das Risiko, dass das Obst stark mit Pestizid- und Herbizidrückständen belastet ist und die Gesundheit der Konsumenten ebenfalls schädigen können . Man sollte sich daher gut überlegen, welches Obst auf dem Teller landet.

    Die Arbeiter auf den Plantagen der Karibikinseln tun mir leid. Arbeitsschutzmaßnahmen gibt es dort keine, sie bringen die Pestizide meist ohne irgendwelche Schutzvorkehrungen auf die Felder. Die hohe Prostatakrebsrate in der Karibik bestätigt die schlimme Umweltschädigung, die vor dem Menschen keinen Halt macht.

  2. Sebastian 20. März 2009 um 14:26

    Hallo,

    das ist sehr besorgniserregend, Pestizide sind wirklich ein Teufelszeug. Bei uns in Deutschland setzt man ja munter die Grenzwerte immer weiter nach oben, damit die Bauern ihr Obst und Gemüse ohne rechtliche Folgen überhaupt noch verkauft kriegen.

    Dass Prostatakrebs durch Pestizide begünstigt wird, war mir neu. In der Karibik wird meines Wissens auch meistens ohne jeglichen Arbeitsschutz damit hantiert. Kaum zu glauben, wie die Menschheit sich selbst kaputtmacht.

    Danke für die Info.

  3. Juliane 20. März 2009 um 17:29

    Das ist sicher der Fall, „dass Umweltfaktoren, wie der intensive anhaltende Kontakt gegenüber kanzerogenen, mutagenen und für das Fortpflanzungssystem toxischen Pestiziden den Prostatakrebs bei den Bewohnern auf Guateloupe und Martinique verursachen.“ Der Lebensstil hat aber sicher auch einen Einfluss. Chemikalien sind die Ursache. Falsche Ernährung begünstigt das Wachstum der Krebszellen.

    Was man bei den Untersuchungen vorfand, Organochlorpestizide DDT, DDE, alpha, beta and gammaHCH, Aldrin und Dieldrin sind auch die alten Gifte. Mittlerweile sind Organophosphor-Verbindungen auf dem Vormarsch. Und damit auch eine neue Gefahr. Die Wissenschaftler wissen durchaus, welche Risiken und Nebenwirkungen mit dem Einsatz dieser Stoffe verbunden sind:

    „Organophosphor-Verbindungen (OP) sind Substanzen, die als Insektizide lebensnotwendig für die Sicherung der Ernährung eines Großteils der Erdbevölkerung sind. Spielen sie, aufgrund des Klimas mitteleuropäischer Breitengrade, hier nur eine eher geringe Rolle, so ist ihr Haupteinsatzgebiet in heißen, subtropischen bis tropischen Regionen der Entwicklungsländer. Weltweit werden gegenwärtig ca. 100 Insektizide auf Organophosphorbasis eingesetzt (Kwong 2002). Gegenüber früher eingesetzten Organochlor-Verbindungen besitzen sie den Vorteil, schnell und vollständig abgebaut zu werden und sich nicht, wie z.B. DDT, in der Nahrungskette anzureichern. Dafür muss allerdings eine deutlich höhere akute Warmblüter-Toxizität in Kauf genommen werden. Pro Jahr treten schätzungsweise 3 Millionen durch Organophosphorinsektizide verursachte Vergiftungen auf, ca. 300 000 davon enden tödlich (Jeyaratnam 1990; Kwong 2002). Die letalen Vergiftungen entstehen häufig durch Einsatz in suizidaler Absicht. Nicht selten handelt es sich um Kurzschluss-Handlungen aufgrund ökonomisch oder sozial schwieriger Lage, ohne dass dem Leben ein definitives Ende gesetzt werden sollte (Phillips et al. 2002; Eddleston und Phillips 2004). Die Mehrzahl der Fälle sind jedoch akzidentelle oder chronische Expositionen, mit weniger akutem Krankheitsverlauf (Brown et al. 1989; Innes et al. 1990). “

    Quelle:

    Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

    Einfluss des Paraoxonase-Phänotyps auf die Abbaugeschwindigkeit
    hochtoxischer Phosphoryloxime

    http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6898/1/Stenzel_Jochen.pdf

    Was für eine Aussage:

    “ Dafür muss allerdings eine deutlich höhere akute Warmblüter-Toxizität in Kauf genommen werden.“

  4. Spider 27. März 2009 um 22:59

    Dass Prostatakrebs durch Pestizide ausgelöst wird, verwundert mich nicht. Immerhin begünstigen Pestizide unterschiedliche andere Erkrankungen, wie auch Depressionen.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/01/08/eine-haeufige-ursache-fuer-depressionen-und-angstzustaende-pestizide/

    Ebenfalls gelten Pestizide auch als Auslöser für Parkinson.

    http://www.purenature.de/blog/neues-aus-medizin-und-wissenschaft/parkinson-durch-umweltgifte-21-millionen-fur-forschung-bewilligt/

    Aber all dem nicht genug, Chemikaliensensitivität – MCS, wird ebenfalls durch Pestizide ausgelöst.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/12/16/pestizide-als-ursache-von-multiple-chemical-sensitivity-mcs-seit-jahrzehnten-bekannt/

    Man wäre also gut beraten, den Einsatz von Pestiziden auf globalem Niveau einzudämmen.

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