Einer Person mit MCS zu sagen, es sei nur „ein wenig Duftstoff oder ein bisschen von einer Chemikalie“ in der Luft, ist genauso, wie einem Rollstuhlfahrer zu sagen, dass da „nur ein paar Stufen sind, die er überwinden muss“.
Geschrieben am Montag, 13. Oktober 2008
und abgelegt unter Chemical Sensitivity, Chemikaliensensibilität, MCS, Chemikaliensensitivität, Chemikalienunverträglichkeit, Duftstoffe, Gefahren durch Alltagschemikalien, Krank durch Chemikalien, Lifestyle, MCS, Multiple Chemical Sensitivity, Menschenrechte, Schwerbehinderung, Umweltkrankheiten.
Verfolgen Sie die Diskussion zu diesem Beitrag per RSS 2.0 Feed.
Sie können diesen Beitrag kommentieren oder einen Trackback von Ihrer eigenen Webseite setzen.
Gut dass die Situation von uns MCS Kranken anhand dieses Beispiels untermauert wird. MCS ist im Schwerbehindertenrecht geregelt, aber in der Praxis haben wir keinerlei Lobby, nichts ist MCS-behindertengerecht.
Es muss noch viel passieren. Ich wünsche mir viele Wortmeldungen, damit verdeutlicht wird, wie es uns geht Allen und welche Hürden wir alle in unserem schweren Alltag mit MCS überwinden müssen.
Ich möchte nicht mit einem Rollstuhlfahrer tauschen, aber wäre ich an einen Rollstuhl gebunden und hätte keine MCS, könnte ich dennoch mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Henriette
Früher waren wenigstens die Behinderten- WC’s duftfrei, seit einiger Zeit wird dort leider auch immer mehr beduftet. In den Arztpraxen schießen die Duftvernebler wie Pilze aus dem Boden. Immer mehr professionelle Reiniger werden immer stärker beduftet und wenn die in den Supermärkten und Einkaufszentren mit ihren Bodenreinigungsmaschinen lang fahren, hinterlassen sie großflächig eine Schicht Duftstoffe. In Kaufhäusern werden teilweise Abteilungen passend zur Jahreszeit beduftet. In Krankenhäusern werden immer mehr Bereiche beduftet, öffentliche Verkehrsmittel mit besonders intensiven und lang anhaltenden eigens für sie komponierten Düften versorgt.
Es gibt kaum noch Autos (auch Taxen) die nicht irgendwelche Duftprodukte drin haben, das ist teilweise so stark, das man es beim geparkten Auto wahr nimmt. Die Menschen selber benutzen immer mehr beduftete Produkte und sogar ihre Hunde haben mittlerweile eigenes Parfüm.
An ALLE die NOCH nicht erkrankt sind, stellt euch vor, jeder Duft wäre eine Treppenstufe und ihr im Rollstuhl, ihr würdet keinen Meter weit kommen.
Wir sind erkrankt, unsere Krankheit heißt MCS und für uns besteht die Welt aus unendlich vielen Treppenstufen und wenn wir zusammen klappen sieht man an uns vorbei oder murmelt was von wegen Säufer vor sich hin oder man wird angegafft. Da hat man schon eine Maske auf und klappt zusammen und dann so etwas in der Art.
„Was hat die denn da?“ „Ach lass die in Ruhe, die ist blöd und damit sie nichts sagen kann hat sie das vor dem Mund.“ Kinder entdecken mich und rennen schreiend zu ihrer Mutter und weinen und sind kaum zu beruhigen, man hat sich schon beim Personal über mich beschwert, ich wäre eine Zumutung. So geschehen in mehreren Einkaufsstätten.
Können Sie vielleicht jetzt erahnen, was es heißt mit MCS jeden Tag um das Überleben zu kämpfen?
Wir werden beleidigt, verhöhnt, misshandelt, wir erhalten keine Hilfen, am liebsten wäre den Verursachern dieser Erkrankung, dass wir uns in Luft auflösen.
Wie viele beduftete Produkte verwenden Sie täglich, wissen Sie es genau?
Was denken Sie, wie viele sind es, 3, 5, oder gar mehr?
Sie sind bestimmt ein reinlicher Mensch, Sie duschen, sie benutzen eine Bodylotion.
2 Düfte
Sie tönen und waschen sich die Haare und benutzen ein Spülung.
3 Düfte
Sie stylen die Haare mit Schaum, Gel, Haarspray.
3 Düfte
Sie wollen bestimmt nicht nach Schweiß riechen, ein Deo ist angesagt, evtl. noch ein Intimspray und eines für die Füsse.
3 Düfte
Sie wollen doch wohl nicht schon aus dem Haus gehen? Die Herren sind ja noch nicht rasiert, her mit der Rasierseife, Rasierschaum, Pre-Shave, After-Shave.
4 Düfte
Halt, Sie sind ja noch gar nicht angezogen. Womit haben Sie eigentlich ihre Wäsche gewaschen? Fleckenbehandlungsmittel, Produkt gegen Kalk in der Maschine, Waschpulver, Weichspüler, Stärke, Bügelwasser.
6 Düfte
Nun sind Sie endlich angezogen und gehen außer Haus, sie benutzen Bus, Bahn, das eigene Auto, was glauben, Sie finden Sie dort, richtig, viele verschiedene Düfte von anderen Menschen, von Reinigungsprodukten, von Duftbäumchen & Co; haben Sie noch einen Überblick wie viele Düfte Sie alleine schon mit sich herum tragen?
Sagen wir mal, wenn es wenige sind, kommen wir auf 10 und wer gerne beduftete Produkte benutzt kommt ganz schnell über 25 Produkte.
Dazu kommen noch die Düfte die sie unterwegs so aufsammeln und annehmen.
Meinen Sie wirklich das sie noch gut für ihren Hund, kleine Kinder oder für Menschen wie mich die sehr Geruchs-empfindlich sind, riechen? NEIN Sie verbreiten einen unerträglichen Gestank!
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie immer mehr von ihrem Parfüm nehmen müssen, damit Sie es riechen können? Die Lösung ist einfach, nicht ihr Parfüm ist schwächer geworden, sondern Sie sind unempfindlicher geworden.
Viele Duftstoffe sind noch sehr lange nachweisbar in Gewässern, Lebensmitteln etc. pp.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Versuchen Sie doch mal eine Zeit ohne Düfte aus zu kommen, es geht und man wird auch sauber und stinkt nicht wie ein Iltis. Sie sagen das gibt es nicht oder ich weiß nicht wo, kein Problem, besuchen Sie diese Seite und Sie werden staunen, was es alles gibt.
http://bagross.gmxhome.de/duftfrei/produktliste
Ihre Kinder, Enkel, ihre Haustiere werden es Ihnen danken, wenn Sie die Welt nicht weiter vergiften.
Ich unterhielt mich einmal einer Bekannten, dass MCS im Schwerbehintertenrecht in Deutschland zwar auf dem Papier geregelt sei, uns MCS Kranken die Anerkennung auf Schwerbehinderung jedoch in der Praxis oft mit unlauteren Mitteln verwehrt wird. Sie meinte dann ungläubig, wieso DU und behindert!?
In den Köpfen der Leuten existieren Behinderungen von Menschen nur als Rollstuhlfahrer oder als geistig Behinderte, wir kommen dabei nicht vor.
Man empfindet, dass Duftstoffe bei uns schwerste Symptome auslösen können, als maßlose Übertreibung oder setzt die Reaktionen mit Allergien gleich. MCS jedoch ist ganz was Anderes, es ist Tag täglich für viele der blanke Kampf ums Überleben. Unsere Behinderungen sieht man uns eben nicht an. Die Leute reagieren aber nur auf optische Begebenheiten und sichtbare Einschränkungen, wie z. B. Gehbehinderungen, bei ihren Mitmenschen.
Unsere schwerwiegenden Reaktionen werden von der Bevölkerung nicht als Behinderungen wahrgenommen. Mag sein, dass es an mangelnder Aufklärung liegt. Aber alleine die Tatsache, dass hierzulande in Krankenhäusern immer noch Duftstoffe erlaubt sind und mit herkömmlichen, zumeist gesundheitsschädlichen Putzmitteln gereinigt wird, obwohl es gesunde Alternativen gibt, verdeutlicht, dass unsere Interessen nicht in die Köpfe der Leute vordringen.
Dass es auch anders geht, kann man hier lesen:
http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/10/06/duftstoffe-verboten-in-krankenhaeusern-und-arztpraxen-in-schweden/
Da stellt sich für mich die Frage, was können Umweltkranke mit MCS tun, um ihre gerechtfertigten Ansprüche im Hinblick auf Barrierefreiheit unternehmen?
Wir sind genauso behindert wie Andere auch.
Also gleiches Recht für alle, ich möchte auch Barrierefreiheit.
Es muss noch viel passieren, bis für MCS Kranke, die Behinderte sind, wie andere Behinderte auch, endlich Barrierefreiheit erreicht wird.
Dazu gibt es bisher leider kein Fünkchen an Umsetzung, mir sind solche Bestrebungen und Ergebnisse bisher völlig unbekannt.
Würde man die Barrierefreiheit für MCS Behinderte vorantreiben, müssten diese erst garnicht soweit abrutschen, wie im Blog zum Weltblogtag berichtet. Viele Chemikaliensensible könnten dann sogar noch ihrer Arbeit nachgehen und müssten keine Hartz IV Empfänger werden.
http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/10/15/armut-durch-chemikalien-sensitivitaet-mcs/
Daher ist mir völlig unbegreiflich, dass sich in diese Richtung nichts bewegt. Wir Chemikaliengeschädigte sind von der Barrierefreiheit, die eigentlich allen Behinderten zusteht, derzeit völlig ausgespart.
Hier muss ich was bewegen, wir haben die gleichen Rechte, wie alle anderen Behinderte auch.
Auf dem Papier haben wir MCS Behinderte, ebenso das Recht auf Barrierefreiheit wie alle anderen Behinderten auch. Allerdings ist im alltäglichen Leben absolut nichts davon zu spüren. Wir stoßen ständig auf unüberwindbare Hindernisse.
Wir sollten uns überlegen, wie wir am besten auf diese Misere aufmerksam machen könen, und Verbesserungen für uns bewirken können.
Joana
Das stimmt, Barrierefreiheit ist für uns mit MCS nicht vorhanden. Wie heißt es immer so schön? „Nicht im Interesse der Allgemeinheit“. Oder warum gibt es nicht einmal eine duftfreie öffentliche Toilette???