Afrika – Menschen mit MCS leiden besonders unter Pestiziden

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Hitze, Feuchtigkeit – ideale Brutplätze für Moskitos – Malaria. Durch die Bevölkerungsexplosion im Hochland im Südwesten von Uganda wurden fruchtbare Feuchtgebiete in Moskitolöcher verwandelt. Malariagebiet. Allein im Jahr 1999 starben dort schätzungsweise 100 000 Menschen an der Malaria. Durch die USA wurden Hilfsmaßnahmen durchgeführt. Pestizide sollten Rettung bringen, doch die gesundheitlichen Nebenwirkungen sind groß. Auch in Afrika gibt es Menschen mit Chemikalien-Sensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity), sie trifft es besonders. 

Pyrethroide im Großeinsatz
Die Malaria Kontrollinitiative von U.S. Präsident Bush wurde 2005 ins Leben gerufen  und führte dazu, dass im Distrikt Kabale, an der Grenze zu Ruanda, Hunderte von Häusern mit einem Pestizid gegast wurden. Verwendet wurde das Pyrethroid Lambda-Cyhalothrin (ICON). Ganz abhängig von den Chemikalien, die als weiterer Inhaltsstoff verwendet werden, ist das Pestizid leicht bis sehr gefährlich. Rund ein halbes Jahr ist das Pyrethroid, das auf die Wände gesprüht und vergast wird, aktiv. 

Pyerthroid verursacht Gesundheitsbeschwerden
Trotz dass man das Projekt zur Bekämpfung von Malaria überwachte, klagten viele Bewohner von 107 000 behandelten Häusern über Symptome. Kopfschmerzen, Schwindelanfälle und temporärer Hörverlust wurden insbesondere beklagt, sagte ein Offizieller, der seinen Namen aus Furcht nicht nennen wollte. Er selbst litt unter Niesen und tagelang anhaltendem Husten. Nicht verwunderlich, denn die Bewohner der pestizidbehandelten Häuser hatten keine Schutzkleidung wie die Arbeiter, die die Gifte ausbrachten, und waren dann anschließend dem Gift in ihren Häusern bis zu dessen Zerfall ausgesetzt.

Schaden- Nutzenabwägung statt ungiftige Alternativen
Von Seiten der Gesundheitsbehörde versuchte man hingegen, das Pestizid und dessen Anwendung zu verteidigen. Man stellte den Nutzen und die Effektivität des Pyrethroids in der Moskitobekämpfung heraus. Die Menschen hätten nur kurzfristig unter Jucken der Haut gelitten, wenn sie mit den besprühten Wänden in Kontakt gekommen wären. Der Rest wurde verschwiegen und dass es ungiftige Alternativen gibt, kam nicht zur Sprache.

Chemikaliensensible sind besonders gefährdet
Alex Muhwezi, ein Repräsentant von IUCN (eine internationale Vereinigung zum Erhalt der Natur) beschrieb ICON als ein normal übliches Pestizid, dass von der WHO für Innenräume zur Bekämpfung von Malaria anerkannt sei. Anerkannt für seine Wirksamkeit, nicht dass es unschädlich für Menschen ist. Seiner Auffassung nach käme es vor allem darauf an, wie das Pestizid gehandhabt würde. Am  Wichtigsten dabei sei zu wissen, dass eine Person, wenn sie vor dem Kontakt mit dem Pyrethroid bereits krank gewesen oder allergisch auf Parfum oder auf Insektensprays sei, dass diese Person dann mit schlimmen Auswirkungen rechnen müsse.

Wer krank ist hat das Nachsehen

Man weiß im afrikanischen Uganda somit ganz genau, dass bestimmte Pestizide, wie das in Kabale eingesetzte Pyrethroid ICON, auf kranke, chemikaliensensible und allergische Menschen sehr gefährlich wirken können, eine Tatsache, die nicht in jedem Land so deutlich ausgedrückt wird. Aber wie sieht die Prävention für diese krankheitsbedingt besonders anfälligen Menschen aus? Sie leben meist in großer Armut, wohin sollten sie unterdessen ausweichen, um den angenommenen schweren gesundheitlichen Folgen zu entkommen?

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 28. Juni 2008 

Literatur: IPS, HEALTH-UGANDA: USAID’s Malaria Control Plan Risks Public Disapproval, 25. Sept. 2006

12 Kommentare zu “Afrika – Menschen mit MCS leiden besonders unter Pestiziden”

  1. Analytiker 28. Juni 2008 um 15:27

    MCS kennt keine Grenzen, kann man da nur sagen.

    Aber dass die Amerikaner so sorglos mit dem Pyrethroid Lambda-Cyhalothrin (ICON) im Distrikt Kabale umgegangen sind, ist schon verwunderlich. In den USA ist MCS längst seit vielen Jahren bekannt und durch eine Vielzahl von Studien belegt. Das ist schon mehr als grobe Fahrlässigkeit, was dort abgeht, nur um die Malaria in den Griff zu bekommen.

    Was haben die Menschen nun davon, dass sie nun anstatt an Malaria an MCS erkrankt sind.

    Unbegreiflich wie man Pestizide so arglos versprühen kann und die Leute dann ihrem Schicksal überlässt.

  2. Silvia 28. Juni 2008 um 15:31

    An Malaria kann man sterben, an MCS zwar auch, aber nicht so schnell und es kommt nicht so häufig vor. Also wird das kleinere Übel vorgezogen. Abgesehen davon, dass immer Konzerne hinter solchen Aktionen stehen, die diese Chemikalien mit Nachdruck verkaufen wollen. In Uganda ging es um 1.3 Millionen Dollar.

    Pyrethroide hinterlassen nicht nur bei Kranken Spuren, sondern auch bei Gesunden. Nervenschäden, Immunschäden, Allergien oder das Entstehen einer MCS sind Folgen, die man in der Wissenschaft seit Jahren kennt.

    Anderorts werden Moskitos mit alternativen Methoden bekämpft, erfolgreich sogar und ohne Resistenzbildung – warum nicht überall?

  3. Marina 28. Juni 2008 um 15:48

    Jedes mal, wenn ich einen TV-Bericht über die Malariabekämpfung in Afrika gesehen habe, mussste ich an MCS denken. Dieser Blogbericht von Silvia spricht das Thema endlich mal an. Es gibt sie also doch, die Schäden der großflächigen Chemieeinsätze. Hätte mich ja auch gewundert, wenn nicht. Es soll halt wohl keiner öffentlich darüber reden, deswegen bekommt man über die Medien das wahre Ausmaß nicht zu sehen.

    Auch Moskitonetze, die an die arme Bevölkerung in Afrika verteilt werden, sind mit solchen Mitteln imprägniert.

  4. Princess 28. Juni 2008 um 21:44

    Malariabekämpfung mit Pestiziden, davon habe ich bisher noch nichts gehört. Schlimm was mit den Leuten dort geschieht. Klar dass die Verantwortlichen das wahre Ausmaß der Gesundheitsschäden außen vor halten, denn zwischen kurzfristigem Hautjucken und einer MCS-Erkrankung liegen Welten. Aber im Vertuschen sind die Amerikaner ja ganz groß, angeblich gibt es auch kein Golf-Krieg-Syndrom, sprich MCS. Die Soldaten die im Golf-Krieg ihre Gesundheit gelassen haben, haben genauso schlechte Karten wie die armen Menschen in Afrika. Schlimm was weltweit durch den Einsatz von CHEMIE so alles angerichtet wird.

  5. Spider 29. Juni 2008 um 14:35

    Da mich das interessante wie auch besorgniserregende Blog-Thema besonders interessiert, habe ich mich ein wenig im w w w umgeschaut und einen aktuellen Bericht in der TAZ entdeckt, den ich Euch zur Verfügung stellen möchte:

    Malaria
    WHO wieder gegen DDT

    Vor einem Jahr forderte die Weltgesundheitsorganisation, Wohnräume mit DDT zu besprühen, um Malariamücken zu töten. Nun rudert sie zurück: Das Gift soll nur ausnahmsweise benutzt werden. VON WOLFGANG LÖHR…

    http://www.taz.de/index.php?id=zukunft&art=2955&id=wissen-artikel&cHash=4589bbcd72

  6. Mary-Lou 30. Juni 2008 um 10:56

    Das ist schon extrem, dass bei derartiger großflächiger Malariabekämpfung in Kauf genommen wird, dass die Bevölkerung an MCS erkrankt.

    Dass es auch anders geht, habe ich beim googlen entdeckt:

    Erfolgreiche Malaria-Bekämpfung durch Fische
    Indische Forscher setzen auf biologische Waffen

    http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=040107023

  7. Henriette 1. Juli 2008 um 15:45

    Silvia, es ist extrem was Du mit diesem Blog aufzeigst. Die Leute dort tun mir sehr Leid. Ja, wo sollen sie hin, wenn sie gesundheitliche Schädigungen erlangt haben, an MCC erkrankt sind, durch den massiven Einsatz des Pestizides Pyrethroid Lambda-Cyhalothrin (ICON), in Kabale?

    Es trifft immer die Armen, die man dann mit ihren Problemen völlig alleine lässt. Das ist eine Schande, überhaupt der viel zu sorglose Umgang mit Pestiziden, der auch bei uns Einzug gehalten hat.

  8. never ending story 7. Juli 2008 um 11:05

    MCS kennt keine Grenzen. MCS wird einmal DIE Erkrankung unseres Zeitalters, vergleichbar mit einer Mega-Seuche wie die Pest im Mittelalter. Die Umweltsünden werden leider nicht weniger auf unserem Planeten, die chemischen Stoffe ebenfalls nicht.

    Die Auswirkungen von dem ganzen werden unermessliche Konsequenzen für alle haben, auch für diejenigen, die uns die ganze Zeit so geschlossen verleugnen und Behauptungen verbreiten, es gibt MCS-Patienten, aber das Krankheitsbild MCS gibt es nicht.

  9. Lucie 14. Juli 2008 um 00:18

    Pestizide, Insektizide und Herbizide sind die Geißel der Menschheit. Hat man einmal damit angefangen, wird die Dosierung stets erhöht, durch die sich entwickelnden Resistenten. Aber es geht auch anders, z. B. in der ökologischen Landwirtschaft, die nicht nur einen Beitrag für unsere gesündere Ernährung leistet, sondern auch für den Umweltschutz.

    Umfassender Umweltschutz kommt immer noch viel zu kurz, es muss globaler Umweltschutz geleistet werden, der ist unabdingbar. Die Menschen in Afrika zählen zum Armenhaus der Erde und man opfert ihre Gesundheit bei diesen fragwürdigen Aktionen. Der Gipfel ist, dass man sie dann mit ihren Problemen und ihrer entwickelten MCS alleine lässt.

  10. no doubt 15. Juli 2008 um 15:08

    Lucie, da gebe ich Dir vollkommen recht. Ist man erst einmal an den Folgen der Umweltzerstörung erkrankt, hat man schlechte Karten. Hilfe braucht man dann nicht zu erwarten, eher wird man noch mit Füßen getreten.

  11. Nelly 8. August 2008 um 06:53

    Dass man schwere Erkrankungen bei der Bevölkerung bei der Malaria-Bekämpfung mit Pestiziden in Kauf nimmt, war mir bis eben nicht bewußt. Aber dass MCS in Uganda Einzug gehalten hat, war mir ebenfalls unbekannt. Ich dachte Chemikaliensensitivität sei ein reines Problem von Industrieländern.

    Der arglose und stets ansteigende Pestizideinsatz ist noch einmal der Untergang der Menschheit.

  12. Andi 11. September 2008 um 18:20

    Ich schließe mich meinen Vorrednern an, mir war ebenfalls nicht bewußt, dass Pyrethroide wie z. B. ICON in Afrika großflächig zum Einsatz kommen. Ich dachte die Chemie-Keule beherrsche die Entwicklungsländer noch nicht so sehr wie unsere Gefilde. Schlimm ist das alles, die Bewohner im Malariagebiet haben mein Mitgefühl.

    Ich hätte nicht gedacht, dass MCS im Hochland des Südwesten Ugandas ein Thema ist, ich dachte Chemikalien Sensitivität wäre auf die Industrienationen beschränkt. MCS kennt keine Grenzen, das wurde mir durch diesen Blog so richtig bewusst.

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