Spanische Universität stellt in zwei Studien fest: Insektizide verursachen Multiple Chemical Sensitivity (MCS)

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Während in Deutschland immer wieder bewusst Artikel veröffentlicht werden, in denen behauptet wird, man wüsste nicht, ob Chemikaliensensitivität (MCS- Multiple Chemical Sensitivity) überhaupt existiert und durch was diese gesteigerte Sensibilität gegenüber Chemikalien im Niedrigdosisbereich ausgelöst wird, häufen sich wissenschaftliche Studien aus vielen anderen Ländern, die Existenz und Ursachen dieser Erkrankung darlegen. Von der Universität Barcelona wurden zwei Studien veröffentlicht, die über Patienten referieren, die als Folge einer Insektizidexposition eine Hypersensibilität gegenüber Chemikalien, sowie MCS – Multiple Chemical Sensitivity und CFS – Chronic Fatigue Syndrome entwickelten. (1,2)

Stand der Wissenschaft zu MCS in Spanien

Laut einem Team spanischer Wissenschaftler der multidisziplinären Klinik für Toxikologie und Chronische Erschöpfung, sind CFS – Chronic Fatigue Syndrome – und MCS – Multiple Chemical Sensitivity – gut definierte Erkrankungen, die nach Exposition von Insektiziden eintreten können. Diese Erkenntnis hatte man durch ein Kollektiv von 26 Patienten gewonnen, welches CFS nach Insektizidexposition entwickelt hatten. Ein Drittel der Fälle entwickelte gleichzeitig auch eine Hypersensibilität auf Chemikalien (MCS). 

Ursache & Wirkung

Die Patienten, über die die Wissenschaftlergruppe berichtete, hatten als Ursache ihrer Erkrankung eine toxische Exposition erlitten, nachdem sie ihren normalen Arbeitsplatz nach einer Insektizidvernebelungsaktion betreten hatten. Bei 42% der Patienten waren die Sicherheitsmaßnahmen bei der Vernebelungsaktion nicht eingehalten worden. Die Mehrzahl der Patienten, Frauen im mittleren Alter, hatten eine akute Entzündung der oberen Atemwege, ohne muscarinartige oder nikotinartige Manifestation, gefolgt von einem Darmsyndrom und neurokognitiven, wie auch fibromyalgischen Manifestationen, sowie chronische Erschöpfung, entwickelt.

Folgen von Insektizidintoxikation

Die Dauer der Erkrankung der spanischen Patienten war unterschiedlich. Bei 19% betrug die Dauer weniger als ein Jahr. 58% der Insektizidexponierten waren länger als ein Jahr krank. 23 % der Patienten hatten so schwere gesundheitliche Probleme erlitten, dass sie dadurch arbeitsunfähig geworden waren.

Dringende Präventionsempfehlung

Da die gesundheitlichen Folgen der Insektizidexposition sehr schwerwiegend und für die Betroffenen durchweg überaus folgenreich waren, empfahlen die Wissenschaftler der Universität Barcelona in der medizinischen Fachzeitschrift Medicina Clinica: Um solche toxischen Expositionen zu vermeiden, ist es sehr wichtig, Sicherheitsmaßstäbe wie Abriegelung und Ventilation der Umgebung nach Insektizideinsätzen sehr sorgsam zu befolgen. Dadurch kann das Entstehen solcher Erkrankungen verhindert werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Dezember 2007

Literatur:

  1. Fernandez-Sola J, Liuis Padierna M, Nogue Xarau S, Munne Mas P., Chronic Fatigue Syndrome and Multiple Chemical Hypersensitivity after Insecticide Exposure, Medicina Clinica, 124(12):451-3, April, 2005
  2. Nogué S, Fernández-Solá J, Rovira E, Montori E, Fernández-Huerta JM, Munné P., Multiple Chemical Sensitivity: study of 52 cases, Med Clin (Barc). 2007 Jun 16; 129(3):96-8

12 Kommentare zu “Spanische Universität stellt in zwei Studien fest: Insektizide verursachen Multiple Chemical Sensitivity (MCS)”

  1. Analytiker 29. Dezember 2007 um 19:36

    Es läßt Hoffnung aufkommen, dass man in anderen europäischen Ländern reelle Ursachen für Multiple Chemikaliensensitivität (MCS) und Chronic Fatigue Syndrome (CFS) zuläßt. Bei uns in Deutschland hätte man sich niemals derart zu den tatsächlichen Ursachen der erkrankten Menschen bekannt – man hätte sie psychiatrisiert.

    Sicherlich wird man in Spanien den Arbeitsschutz hinsichtlich dieser Erkenntnisse anpassen und somit neuen Krankheitsfällen entgegenwirken. Beachtlich finde ich, dass die beiden veröffentlichten Studien von Universitäten stammen – undenkbar in Deutschland.

    In Deutschland sind die Universitäten dermaßen abhängig von ihren Geldgebern der sogenannten „Forschungsgelder“, dass Studienergebnisse ganz andere Aussagen haben. Alles auf Kosten der Patienten, leider.

  2. Analytiker 30. Dezember 2007 um 11:43

    Umweltkrankheiten sind unbequeme Krankheiten. Die Diagnose Chemikalien Sensitivität (MCS) wird von der deutschen Umweltmedizin selten gestellt, Duftstoffallergien lassen sich mit den üblichen Diagnosemethoden in den meisten Fällen bei MCS-Patienten nicht nachweisen. Chemikalien Sensitivität (MCS) wird gerade in Deutschland von den Umwelt-Ambulanzen der Universitätskliniken gerne verdrängt. Oft werden realistische Studienergebnisse zurückgehalten.

    Dazu habe ich neulich zwei interessante Links entdeckt:

    http://www.sueddeutsche.de/,tt4m2/deutschland/artikel/981/75906/

    http://www.ökotest.de/cgi/nm/nm.cgi?doc=akt-201207-studien

    Ich persönlich hatte einmal einen solchen Termin in der Poliklinik einer deutschen Universitätsklinik. MCS stand u. a. auf meinem Überweisungsschein. Als ich den behandelten Mediziner auf MCS ansprach, bekam ich zur Antwort, davon halte er nichts. Obwohl ich von einem anerkannten Umwelt-Labor aus Bremen den Nachweis einer Formaldehydbelastung meines Wohnumfelds hatte, wurde ich von diesem Universitäts-Arzt nicht Ernst genommen. Er verleugnete wie viele Umweltmediziner in diesem Land, die Existenz von Chemikalien Sensitivität (MCS). Es folgten keine weiteren Untersuchungen, um weiteren Ursachen meiner Erkrankung auf den Grund zu gehen. In Deutschland werden Studien zu Umweltkrankheiten manipuliert und Umweltkranke werden mit ihren gesundheitlichen Problemen systematisch alleine gelassen.

  3. Analytiker 30. Dezember 2007 um 11:50

    Ich sehe gerade, der Link von Ökotest funktioniert nicht. Man kann ihn finden, wenn man auf der Startseite von Ökotest

    http://www.ökotest.de/index.html

    oben in der Zeile : News / Aktuelles

    anklickt und dann:

    20.12.07 | Zu viele Studien sehen nie die Öffentlichkeit – Interview mit Dr . Gerd Antes, Chef des Deutschen Cochrane-Zentrums

    anklickt. Das ist ein interessanter Bericht, wie ich finde.

    Viel Spaß beim Lesen. Dieser Bericht gibt Aufschluss darüber, warum Studien u. a. über Chemikalien Sensitivität in Deutschland immer derart ausfallen.

  4. Silvia 30. Dezember 2007 um 12:33

    Danke für die Infos Analytiker. Genau wie Du sehe ich auch, dass es Verflechtungen sind, die einer ordentlichen Diagnosestellung bei Umweltkranken und insbesondere bei Chemikaliensensiblen im Wege stehen.

    Ein weiterer Beleg dafür, den ich anführen möchte, ist eine Sammlung von Artikeln die in der medizinischen Fachzeitschrift „Neuro Aktuell“.Anfang Dezember erschienen sind. Geschrieben sind die Berichte von Dr. med. Wolfgang Hausotter, einem Neurologen und Psychiater, der sich seit Jahren dem Bekämpfen von Umweltkrankheiten verschrieben hat. Viele kennen ihn noch von seinen unsäglichen Publikationen im Deutschen Ärtzeblatt. Genau nach diesem Strickmuster ist die aktuelle Artikelserie geschrieben. Fakten gleich null, Literaturliste dünn und bei 2004 stehengebliebe, dafür ein Konglomerat von Polemik und Mutmaßungen. Unsere medizinischen Berater sind gerade dabei diese Neuro Aktuell Artikel auseinanderzunehmen. Hier wird eine Tellungnahme der Herausgebers gefordert werden.

  5. Lucca 30. Dezember 2007 um 22:50

    Da sagst Du was Analytiker „In Deutschland werden Studien zu Umweltkrankheiten manipuliert …“. Fällt mir die x-Mal umgedreht RKI Studie ein. Das Ding war schon grau wie ein altes Stück Brot, da war es noch nicht auf dem Tisch. Hin und her gedreht haben ihre dünnen Ergebnisse sie, damit etwas Psychisches an den Patienten zu finden sei. Geld zum Fenster rausgeworfen, mehr was das nicht.

  6. Mary-Lou 31. Dezember 2007 um 15:53

    Prof. Eikmann von der Universitätsklinik Gießen, bagatellisiert nicht nur systematisch die Existenz von Umwelterkrankungen sowie die Krankheitsursachen für Umweltkrankheiten, wie z. B. MCS (Multiple Chemical Sensitivity), nein er hat auch einen gewissen Ruf, wenn es um die Begutachtung anderer Umweltbelange geht:

    http://sbl-fraktion.de/?p=259

    Textauszug:

    „Dr. Eikmann wird von Antragstellern gern in Anspruch genommen, weil er auch ohne Ermittlung der örtlichen Vorbelastung regelmäßig gesundheitliche Unbedenklichkeit bescheinigt“, kommentiert Jürgen Wrona von der BI.“

    Da braucht man sich nicht zu wundern, warum die deutschen Studien zu Umweltkrankheiten ausfallen, wie bspw. die immer gerne zitierte RKI-Studie, die erstens längst überholt ist und zweitens, nicht das Papier Wert ist, auf dem sie gedruckt wurde. An dieser Studie war Prof. Eikmann maßgeblich daran beteiligt. Also wen wundert da noch das Ergebnis!?

  7. Silvia 1. Januar 2008 um 11:49

    Die RKI MCS Studie war eine mit erheblichen Mängeln behaftete Studie, das gaben selbst die Studienleiter zu. Weiterführende Ergebnisse erbrachte sie nicht. Von dieser Studie großartig zu reden sollten Verantwortliche in der Umweltmedizin oder bei den Behörden lieber unterlassen, die Studie ist kein Ruhmesblatt und zeugt nicht von Kompetenz. Eher davon, dass die deutsche Umweltmedizin in Bezug auf MCS international den Anschluss verpasst hat.

  8. Analytiker 2. Januar 2008 um 10:29

    Ja die RKI-Studie wird immer gerne angeführt bei Berufsgenossenschaften, Rentenverfahren und von Versicherungen. Für psychische Krankheiten gibt es keine Zahlungsverpflichtung seitens der BG´s. Darum fällt das Ergebnis der RKI-Studie sicherlich dermaßen „psychisch“ aus. In Deutschland gibt es offiziell keine Multiple Chemikalien Senitivität (MCS), nur psychische Erkrankungen. Seltsam nur, dass bei all den krebserregenden Stoffen, die uns alltäglich umgeben, sei es im privaten Umfeld oder am Arbeitsplatz, offiziell niemand an deren Folgen erkrankt, sondern immer nur psychische Symptome aufweist. Da kann ich nur lachen, so ein Schmarrn.

  9. Silvia 3. Januar 2008 um 23:41

    Die zweite spanische MCS Studie habe ich jetzt eingestellt.
    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/01/03/spanische-wissenschaftler-finden-ursachen-fuer-chemikaliensensitivitaet-mcs/

  10. T-Rex 12. April 2008 um 08:16

    Bringt mehr solcher Studien!!!
    Laßt es nicht weiter zu, dass in Deutschland behauptet wird, man wüsste nicht woher MCS kommt.

  11. Lucie 14. Juli 2008 um 00:08

    Dass man MCS und CFS nach einer Insektizidexposition entwickeln kann, haben spanische Wissenschaftler belegt. Deutsche Forscher beschäftigen sich scheinbar mit anderen Themen. Insektizide und Pestizide werden in immer stärkerem Ausmaß ausgebracht, an deren Folgen wir alle zu leiden haben. Aber das allerschlimmste ist, dass man so tut, als wäre das alles halb so wild und lässt MCS-Kranke allein mit ihrer ruinierten Gesundheit, nimmt weitere Krankheitsfälle in großem Ausmaß in Kauf, denn diese ausländischen Studien schenkt man bei uns kaum Beachtung.

    Handeln auf Grund der besorgniserregenden Fakten – Fehlanzeige.

    Die Hauptsache die Wirtschaft floriert, die Chemiebranche kann stets mit Umsatzsteigerungen aufwarten, auf unsere Kosten.

  12. never ending story 9. August 2008 um 14:40

    @Silvia

    Deinem Kommentar vom 1. Jan. möchte ich mich anschließen. Mit Ruhm bekleckert haben sich die ausrichtenden Institutionen der RKI sicher nicht. Um so unverständlicher ist es, dass man sich heute immer noch auf die MCS-RKI Studie bezieht, obwohl bekannt ist, dass deren Aussagekraft null und nichtig ist. Die Deutsche Wissenschaft hat hierbei meiner Meinung nach völlig versagt und den Anschluss an die internationale MCS Forschung längst verpasst.

    Insektizide und Pestizide sind gefährlicher als man es uns immer beteuert. Gut dass ausländische Studien die deutschen Behauptungen widerlegen und somit die wahren Übeltäter entlarvt werden.

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