Japanische Multicenterstudie zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)

Fragebogen zur MCS Diagnostik

Ein japanisches Wissenschaftlerteam beschreibt Multiple Chemical Sensitivity (MCS) als ein Syndrom, bei dem multiple Symptome durch Chemikalien-exposition im Niedrigdosisbereich eintreten, Details seien bisher ungeklärt. Das Ziel der Ende Dezember 2007 veröffentlichten Multicenterstudie bestand darin, die jeweiligen klinischen Charakteristika bei ärztlich diagnostizierten MCS Patienten zu analysieren. Die Wissenschaftler bewerteten diese spezifischen Charakteristika anhand der 106 Krankenakten von Patienten, bei denen MCS gemäß den international in der Wissenschaft angewendeten Diagnosekriterien, dem American Consensus von 1999, und den japanischen Diagnosekriterien für MCS diagnostiziert worden waren. (1)

 Studiendesign

Das Team führte mittels eines validierten Fragebogens, des Quick Environment Exposure Sensitivity Inventory (QEESI), eine Auswertung subjektiver Symptome der Patienten durch. Anschließend verglichen sie diese QEESI Auswertungs-ergebnisse mit denen von vier Patientengruppen aus den USA, über die Miller und Prihoda zuvor berichtet hatten. Es handelte sich bei den amerikanischen Wissenschaftlern um einen kontrollierten Vergleich von Symptomen und chemischen Intoleranzen, die von Golfkriegsveteranen, Personen mit Implantaten und Personen mit Multiple Chemical Sensitivity berichtet worden waren. (2)  

Patientengruppe

74% des japanischen Patientenkollektivs waren Frauen. Die Mehrzahl der männlichen Patienten war um dreißig Jahre alt, während das Alter der Frauen zwischen 10 und 65 Jahren variierte. Bei den bewerteten verursachenden Faktoren lag bei Männern die Tendenz bei einer Verursachung durch den Arbeitsplatz, während weibliche Patienten eine Vielfalt von Faktoren zeigten.

 Studienergebnis

Allergische Erkrankungen waren bei 84.0% der Patienten vor der Erkrankung präsent. Ein signifikanter Unterschied bei der QEESI Auswertung zwischen Männern und Frauen wurde nur in einem von zehn Punkten gefunden, der Symptomschwere und der Auswirkung der Krankheit im Leben. Jedoch waren alle zehn Bewertungspunkte bei der chemischen Intoleranz bei Frauen signifikant höher als bei Männern, was auf eine schwerere Symptomatik bei der weiblichen Patientengruppe hindeutet. Die durchschnittliche QEESI Punktzahl in der japanischen Patientengruppe lag niedriger, als bei allen vier amerikanischen Patientengruppen mit selbst berichteter MCS. Hierzu ist anzumerken, dass die amerikanischen Patientenkollektive, die zum Vergleich herangezogen wurden – u. a. Implantatpatienten und Golfkriegsveteranen – Extremgruppen darstellen, die nicht unbedingt repräsentativ für die allgemeinen Patienten mit Chemikalien-sensitivität anzusehen sind.

Fazit

Diese japanische Studie ist ein weiteres Beispiel dafür, dass sich erfreu-licherweise weltweit immer mehr Wissenschaftler adäquat mit dem Thema MCS auseinander setzen und im Stande sind, die Erkrankung zu diagnostizieren.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network

Literatur:

  1. Hojo S, Ishikawa S, Kumano H, Miyata M, Sakabe K., Clinical characteristics of physician-diagnosed patients with multiple chemical sensitivity in Japan, Department of Environmental Science, Shokei Gakuin University, Japan; Department of Psychosomatic Medicine, The University of Tokyo, Tokyo, Japan; Department of Public Health and Clinical Ecology, Kitasato University School of Pharmaceutical Sciences, Tokyo, Japan., Int J Hyg Environ Health. 2007 Dec 20.
  2. Miller, C.S., Prihoda, T.J., 1999b. A controlled comparison of symptoms and chemical intolerances reported by Gulf War veterans, implant recipients, and persons with Multiple Chemical Sensitivity. Toxicol Ind Health 15, 386-397.  

Anhang

Diagnosekriterien Chemikaliensensitivität (MCS) American Consensus 1999

  1. Die Symptome sind durch (wiederholte chemische) Exposition reproduzierbar
  2. Der Zustand ist chronisch
  3. Minimale Expositionen (niedriger als vorher oder allgemein toleriert) resultieren in Manifestationen des Syndroms
  4. Die Symptome verbessern sich, oder verschwinden, wenn der Auslöser entfernt ist
  5. Reaktionen entstehen auch gegenüber vielen chemisch nicht verwandten Substanzen
  6. Die Symptome betreffen mehrere Organsysteme

Asthma, Allergien, Migräne, Chronic Fatigue Syndrome (CFS) und Fibromyalgie stellen keine Ausschlussdiagnose für MCS dar.

7 Kommentare zu “Japanische Multicenterstudie zu Multiple Chemical Sensitivity (MCS)”

  1. Lucca 28. Dezember 2007 um 22:03

    Es kommen vernünftige Studien über MCS aus allen Himmelsrichtungen. Nur wir hier in Deutschland lassen es auf Meinungsäußerungen einschlägig bekannter „Umweltambulanzen“ beruhen. Sie sind weder in der Lage MCS zu diagnostizieren, noch es zu behandeln. In der Öffentlichkeit heucheln sie Verständnis für uns und Mitgefühl und im zweiten Atemzug erklären sie unsere Erkrankung als psychisch. Wieso kann dieses Verhalten zu Ungusten von schwerkranken Menschen im Zeitalter von Internet und freiem Informationsaustausch kritiklos stehenbleiben?

  2. Analytiker 29. Dezember 2007 um 19:47

    Auch hier kommen die realistischen Studien wieder aus dem Ausland. Deutschland macht Augen und Ohren zu und meint, die Probleme umweltbedingter Erkrankungen vorerst aus dem Weg geschafft zu haben. Aber so einfach ist es leider nicht. Verbuddelt man Giftfässer, sind die Gefahren die davon ausgehen können, leider auch nicht beseitigt, im Gegenteil, die Auswirkungen werden schlimmer und die Zeitbombe tickt weiter.

    Dies ist vergleichbar mit MCS und anderen Umwelterkrankungen. Anstatt sich der Sachlage zu stellen und Verbesserungen anzustreben, werden die schwerkranken Patienten mit Psychopharmaka vollgestopft, ohne Beachtung der Gesundheitsgefahren, die durch diese Medikamente zusätzlich bei diesen Umweltpatienten ausgelöst werden können, und die dringend notwendigen Maßnahmen bleiben diesen Patienten leider verwehrt. Es wird dadurch sogar in Kauf genommen, dass sie ihre Erwerbsfähigkeit komplett verlieren. Gut ausgebildete Fachkräfte werden somit mit System auf´s Abstellgleis manövriert.

  3. Mary-Lou 30. Dezember 2007 um 14:15

    Hallo Lucca,

    das verstehe ich auch nicht. Wieso halten sich in Deutschland längst überholte Studienergebnisse. Wie funktioniert es, dass sich das Märchen in Deutschland über psychische Ursachen bei Umwelterkrankungen, besonders in Bezug auf Chemikalien Sensitivität (MCS), so kritiklos geduldet werden?

  4. Lucca 30. Dezember 2007 um 22:56

    Es wird nicht kritiklos geduldet, es wird sogar applaudiert dafür, dass so ein Schrott verbreitet wird. Systematisches Vorgehen nenn ich dass.

    Nur Mary-Lou, kennst Du das alte Sprichwort: Der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht? Sieht man gerade was jetzt in Texas läuft. Da wird die Luft dünn zum Atmen für diese Ärztemißhandler und Patientenverächter. Völlig korrekt dass es da eskaliert.

    Es kann nicht sein, dass Rücksicht auf ein paar People genommen wird, die Kohle damit verdienen andere zu vergiften und sich dann solche Typen anheuern, die Ärzte fertigmachen die Kranken helfen.

  5. Analytiker 31. Dezember 2007 um 10:45

    Hier kann man tatsächlich von systematischer Vorgehensweise sprechen. Die Deutsche Presse dabei als Werkzug missbraucht. Ein kürzlich in der Frankfurter Rundschau veröffentlichter Zeitungsartikel über MCS (Mulitpe Chemikalien Sensitivität), bestätigt dieses Vorgehen. Nachfolgend die Links dazu. Allerdings bitte ich den beiden Blogs und dem FR-Forum zum Thema, besondere Beachtung zu schenken, denn dort kann man die Wahrheit über MCS nachlesen:

    http://www.frblog.de/mcs/

    http://www.frblog.de/mcs2

    http://forum.fr-online.de/forum/showthread.php?p=4443#post4443

  6. Silvia 3. Januar 2008 um 23:43

    Aus Japan kamen noch ein paar sehr interessante Studien. Nach und nach werde ich sie für Euch aufbereiten und einstellen. Ihr werdet Euch wundern wieviel seriöse Wissenschaft es gibt.

  7. Lucie 15. Juli 2008 um 21:08

    Hallo Silvia,

    diese japanische Multicenterstudie zu MCS (Multiple Chemical Sensitivity) ist hochinteressant. Du hast recht, das ist seriöse Wissenschaft, im Gegensatz zu Beispielstudien aus Deutschland, wie z. B. die RKI-Studie.

    Stimmt es, dass die RKI-Studie von Drittmittel der Chemischen Industrie finanziert wurde oder ist das nur ein Gerücht?

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