Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich
Krankheitssymptome werden im medizinischen Alltag in der Regel mit entsprechenden Medikamenten behandelt. Nahezu alle marktüblichen Medikamente enthalten chemische Inhaltsstoffe. Patienten mit Chemikalien Sensitivität (MCS) und ihre Ärzte werden hierdurch vor ein Problem gestellt, denn diese Patienten leiden aufgrund von Reaktionen auf Spuren bestimmter Chemikalien häufig unter Medikamentenunverträglichkeit. Der behandelnde Arzt steht dem oft hilflos gegenüber, denn selten sind vor einer erstmaligen Einnahme die Unverträglichkeiten bereits bekannt oder das mit gewissen Substanzen verbundene Risiko wird weit unterschätzt.
Unvorhergesehene Nebenwirkungen
Im Praxisalltag fallen Patienten mit Chemikalien Sensitivität häufig durch schwere unerwartete Reaktionen bei Medikamenteneinnahme oder Verabreichung von Anästhetika auf. Um die Problemstellung Medikamentenunverträglichkeit bei Chemikaliensensiblen besser einordnen zu können, führte die Tokio University of Science in ihrer pharmakologischen Forschungsabteilung eine Studie mit dem Titel „Die Probleme von Patienten mit Multipler Chemikalien Sensibilität bei der Einnahme von Medikamenten“ durch.
Diagnose bekannt – medikamentöse Behandlung nicht möglich
205 Personen, die durch einen Arzt Multiple Chemical Sensitivity (MCS T 78.4) diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Wissenschaftler erfassten, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die Ergebnisse der Erhebung zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die größten Schwierigkeiten hatten Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie Patienten, die ihre MCS als Folge einer Pestizidexposition oder durch Medikamente entwickelt hatten.
Risiken und Nebenwirkungen zu erwarten
Die Ergebnisse der japanischen Studie zeigten deutlich, dass Lidocain, ein gängiges Betäubungsmittel, bei Patienten mit Chemikalien Sensitivität nahezu nicht anwendbar ist. Weiterhin waren Koffein (oft in Schmerzmitteln enthalten), Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. für MCS Patienten ungeeignet. Auffallend für die japanischen Wissenschaftler war, dass viele der Patienten, die bestimmte Medikamente nicht tolerieren können, über Allergien in ihrem Werdegang berichteten. Die Pharmakologen schlossen daraus, dass auch Allergien bei den Beschwerden beteiligt sind, die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten entwickeln.
Fazit
Aufgrund der Tatsache, dass medikamentöse medizinische Behandlung laut der vorliegenden Studie der University of Tokio für Chemikaliensensible mit erheblichen Risiken verbunden sein kann, ist für einen behandelnden Arzt ohne umfassende Erfahrung mit MCS Patienten, eine Behandlung u. U. riskant. Eine Anfrage bei einer Umweltklinik oder bei einem erfahrenen Umweltmediziner ist ein guter Weg, um die Gefahr von Komplikationen zu reduzieren oder die Prognose für den chemikaliensensiblen Patienten durch geeignete Medikamente oder Betäubungsmittel im Vorfeld einer Operation zu verbessern.
Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008
Literatur:
Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs, Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan, Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70

