Unfruchtbare Paare sind stärker mit Phthalaten belastet

Forscher, die in Italien unfruchtbare Paare untersucht haben berichten, dass diese Paare mit Phthalaten, die sehr häufig in Kunststoffen und Kosmetika eingesetzt werden, stärker belastet sind, als fruchtbare Paare.

Unfruchtbare Paare sind drei- bis fünfmal höher mit Phthalaten belastet als fruchtbare Paare, die auf natürlichem Weg ein Kind gezeugt haben, stellt eine Studie aus Italien fest. Die [unfruchtbaren] Paare wiesen bei vier verschiedenen Phthalat-Klassen höhere Werte in ihrem Urin auf, dazu gehörte eine Phthalat-Verbindung, die sehr häufig in Kunststoffen eingesetzt wird und eine, die in Kosmetika zur Anwendung kommt.

Phthalate können als endokrin disruptive Chemikalien agieren, indem sie die Wirkung von natürlichen Hormonen wie Östrogen nachahmen oder diese beeinflussen. Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Phthalate Probleme wie vorzeitiges Ende der Schwangerschaft und reduzierte Wurfgröße bei Nagern verursachen können, allerdings wurden die Tiere in diesen Studien einer Belastung ausgesetzt, die hundert Mal höher als die der Bevölkerung war.

Phthalate kommen zum Einsatz um Vinyl-Kunststoffe weicher und flexibler zu machen. Bis(2-ethylhexyl)phthalat [Diethylhexylphthalat] (DEHP) ist der am allerhäufigsten verwendete Weichmacher. Die Verbindung kann aus Kunststoff-Lebensmittelverpackungen auf die Lebensmittel übergehen. Erwachsene werden hauptsächlich über die Nahrung mit Phthalaten belastet.

Andere Phthalate findet man außerdem in bestimmten Körperpflege-Produkten wie z.B. Nagellack, Parfüm und Kosmetika. Diethylphthalat (DEP) – das am häufigsten in Kosmetika eingesetzte Phthalat – findet man in Hygieneartikel wie Seife, Shampoo und Haarspülungen. Sie können über die Haut aufgenommen werden.

Aufgrund des allgegenwärtigen Einsatzes ist eine Belastung mit Phthalaten in der gesamten Bevölkerung überall vorzufinden.

Verringerte Spermienzahl und reduziertere Spermienbeweglichkeit im männlichen Samen stehen in Zusammenhang mit Belastung durch Phthalate, aber auch verringerte Blutwerte wichtiger männlicher Hormone. Eine andere Studie ergab, dass eine Phthalat-Belastung von Frauen während des Empfängnismonates mit dem erhöhten Risiko einer vorzeitigen Fehlgeburt verbunden war.

In dieser Studie haben 56 Paare, welche die Hilfe einer Familienberatung gesucht hatten um eine Schwangerschaft zu erreichen und 56 Paare, die wenigstens ein Kind auf natürlichem Wege bekamen, Urinproben abgegeben, die auf Phthalat-Konzentrationen untersucht wurden. Paare die aufgrund körperlicher Anomalien oder infolge von Operationen unfruchtbar waren, wurden in dieser Studie nicht berücksichtigt.

Die Wissenschaftler bestimmten die Konzentrationen von vier verschiedenen Phthalaten und deren Abbauprodukte im Urin aller teilnehmenden Paare. Die Phthalatwerte der unfruchtbaren Paare wurden mit den Werten der fruchtbaren Paare verglichen.

Die Werte aller vier Phthalate und ihrer Abbauprodukte waren im Vergleich zu den fruchtbaren Männern und Frauen sowohl bei den unfruchtbaren Männern als auch bei den Frauen deutlich höher. Im Fall der Abbauprodukte von DEP waren die Werte bei unfruchtbaren Frauen ungefähr fünf Mal und bei unfruchtbaren Männern ungefähr drei Mal höher als im Vergleich zu ihrem fruchtbaren Gegenpart. Die Werte der Abbauprodukte von DEHP waren bei unfruchtbaren Paaren ein Drittel höher im Vergleich zu fruchtbaren Paaren.

Es sind weitere Forschungsarbeiten nötig um zu bestimmen, welche Phthalat-Belastung mit bestimmten Ursachen von Unfruchtbarkeit in Zusammenhang gebracht werden können. Der nächste Schritt der Autoren wird darin bestehen, diese Ergebnisse mit den Lebensgewohnheiten und Arbeitsbedingungen der Paare zu vergleichen, die über einen speziell dafür entworfenen Fragebogen erhoben werden sollen.

Autor dieser Synopse: Renee Gardner für Environmental Health News, 22. Februar 2012
Übersetzung: BrunO für CSN – Chemical Sensitivity Network

Der Original-Artikel „Infertile couples have higher exposure to phthalates.“ wurde unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-ND (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung und keine abgewandelten Werke) veröffentlicht. Abweichend von dieser Lizenz hat uns Environmental Health News diese Übersetzung gestattet, welche unter keiner Creative Commons Lizenz steht.

Literatur:

Tranfo, G, L Caporossi, E Paci, C Aragona, D Romanzi, C De Carolis, M De Rosa, S Capanna, B Papaleo and A Pera. 2012. Urinary phthalate monoesters concentration in couples with infertility problems. Toxicology Letters http://dx.doi.org/10.1016/j.toxlet.2011.11.033.

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2 Kommentare zu “Unfruchtbare Paare sind stärker mit Phthalaten belastet”

  1. Therese 5. März 2012 um 17:02

    Und welche Rolle spielen bereits im Körper gespeicherte Substanzen?
    Welche Wirkung haben sie auf die Entwicklung eines Fötus und sind verantwortlich für Fehlgeburten?

    Auf zwei Fachtagungen 2008 „Vergiftet und allein gelassen“.
    2009 „Gewissenhafte Forschung Diagnosen und Handlungsmöglichkeiten bei Vergiftungen in der Arbeitswelt“,
    wo ich anwesend war, wurde von MCS Patienten berichtet dass sie eine Fehlgeburt hatten oder mehrere.
    Auch ich hatte 1979 eine Fehlgeburt im 4. Monatv(Zwillinge)vohne ersichtlichen Grund. Da man keine Ursache fand, sagte man einfach ich hätte zu schwer gehoben.Was ich aber nicht hatte.
    Wir waren schon 7 Jahre verheiratet.

    Mein Mann hatte zuvor schon 14 Jahre als Maler und Lackierer gearbeitet.
    Etwa 3 Jahre zuvor hatte er immer wieder über Wochen mit dichlormethan haltigem Abbeizer bei Kirchensanierungen gearbeitet, ohne jeglichen Arbeitsschutz.
    Abbeizer der Firma Grüneck, welcher später verboten wurde.
    Auch in der zweite Schwangerschaft 1981 gabs Komplikationen. Zum Glück kam unser Sohn gesund zur Welt.
    Ich denke dass einige Fehlgeburten Folgen dieser Gifte sind, aber das sagen die Ärzte ja nicht.
    Und dass viele Betroffene ahnungslos immer wieder Fehlgeburten haben.

    Das wurde uns 2002 als mein Mann krank wurde vom Arzt bestätigt.
    Wir könnten froh sein das unser Sohn gesund ist.

  2. aurora 27. Oktober 2014 um 11:08

    Bei mir gibt es schon seit einigen Jahren keine Plastikflaschen mehr, und möglichst kaufe ich auch keine Milchprodukte in Plastikverpackungen. Das sind neben Bio kaufen und Wasser filtern wohl die ersten und einfachsten Methoden, um die hormonaktiven Substanzen zu verringern. Vor allem sollten wir als erstes unsere Kinder davor schützen. Übrigens: hormonaktiv sind auch einige künstliche Duftstoffe und optische Aufheller in Waschmitteln! Einfach möglichst öko und Naturkosmetik kaufen!

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