Hier riecht´s nach Zigarette!

Der Mann kam aus dem Postamt, wo er gerade für seine MCS-kranke Frau ein Paket abgegeben hatte und setze sich zu ihr ins Auto. Die Frau saß am Lenkrad und schnüffelte mit der Nase, wie ein Reh, das einen bedrohlichen Geruch wahrgenommen hatte.

„Hier riecht ´s nach Zigarette!“, stellte sie fest.

Der Mann wusste, dass seine Frau in solchen Dingen immer Recht hat, allein – er wusste nur nicht warum. Er roch auch nichts. Wieso kann es plötzlich im Auto nach Zigarette riechen?

„Vielleicht riecht es noch von der Werkstatt her, die Mechaniker rauchten in der Werkstatt?“, überlegte der Mann laut und blickte missmutig auf den Neuschnee, der in diesem März hartnäckig liegen blieb. In der Tat war das Auto erst wenige Tage von der Werkstatt zurück.

„Dann hätte ich es schon gestern und auf der Herfahrt gerochen“, entgegnete die Frau.

„Vielleicht hatte einer der Postkunden geraucht und ich habe diese Rauchfahne mit ins Auto geschleppt“, versuchte der Mann eine Erklärung zu finden. Aber die Frau schüttelte nur mit dem Kopf und startete das Auto, um zum Supermarkt zu fahren, wo der Mann ein duftfreies Waschmittel kaufen sollte.

Als der Mann sich mit der Einkaufstasche wieder ins Auto setzte, wunderte sich die Frau: „Komisch – kaum als du weg warst, war der Zigarettengeruch weg und jetzt ist er wieder da, als du hereinkamst.“

Der Mann konnte nur noch verwundert mit der Schulter zucken.

Die nächste Fahrt führte zu einem Büro der Abfallwirtschaft, wo der Mann gelbe Säcke holen wollte. Aber es hatte geschlossen. Der Mann stieg wieder ins Auto, klopfte seine Schuhe ab, damit der Schnee abfiel, der sich im Sohlenprofil festgesetzt hatte. Plötzlich entdeckte der Mann eine Zigarettenkippe vor seinen Füßen. Daher also der Zigarettengeruch! Der Zigarettenstummel musste sich schon eine Zeit lang mit dem Schnee im Profil seines Schuhs befinden.

„Siehste nun, dass ich nicht spinne?, rief die Frau erleichtert. Aber das wusste der Mann schon lange und streichelte ihre Wange.

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, Mai 2010

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5 Kommentare zu “Hier riecht´s nach Zigarette!”

  1. Maria 16. Mai 2010 um 10:08

    Hallo Gerhard,

    Deine Geschichte beschreibt mal wieder sehr treffend, wie es uns MCS Kranken oft im Alltag ergeht und dass uns unser Geruchssinn nicht täuscht.

    Als Spinner möchten uns viele gerne sehen, doch unsere Nase täuscht sich nicht. Das werden sicherlich viele Menschen auch noch verstehen lernen(müssen), die uns heute noch aus Unverständnis und Unwissenheit belächeln.

    Mein Umweltmediziner sagte einmal zu mir, es ist zwar schlimm, dass sie auf alles so stark reagieren, aber seien Sie froh, es ist ein Warnsystem Ihres Körpers. Andere haben diese Fähigkeit nicht und erkranken vermutlich in späteren Jahren infolgedessen an Alzheimer, Parkinson oder Krebs.

    Auf viele weitere Gedichte und Geschichten von Dir, lieber Gerhard und viele Grüsse,

    Maria

  2. Seelchen 16. Mai 2010 um 11:35

    Hallo Gerhard!
    Ja,das ist der Alltag und allein schon der Supermarkt-Geruch,die ja auch Insektizide als Köder auslösen wegen Ungeziefer kann ich nicht mehr tolerieren.
    Wenn mein Mann einkauft,muss er alle Lebensmittel zuerst 3 Tage in einen anderen Raum bringen zum Ausgasen der Verpackungen und dann können sie erst in meine Küche.Auch muss er sich nach dem Einkaufen sofort umziehen.
    Als er letzte Woche ein Produkt schon am nächsten Morgen reinbrachte,weil er es gerne zum Frühstück essen wollte,wurde es mir nach 2 Minuten so schlecht im Magen und Leber ,dass ich das Frühstück vergessen konnte und wieder lag.
    So ist das und man könnte tausende Geschichten darüber schreiben.Lass es uns tun….
    Liebe Grüße von Seelchen

  3. Energiefox 16. Mai 2010 um 12:42

    Gerhard ,
    http://img36.imageshack.us/i/anglersee.jpg/

    das sah ich am kleinen See bei mir in der Nähe. (Anglersee er ist am Wald und in Niedersachsen ist ab Mai Rauchverbot an und in Wäldern).
    Habe da vor kurzem Angler gesehen, die schleppen ja schon etliches an Ausrüstung mit. Natürlch müssen die mit Autos direkt zum See vorfahren . 2 Parkplätze in der Nähe. Vermutlich war es ein Angler.
    Das Glas mit Kippen etwa 8 Meter von der Mülltonne entfernt. Am Speichersee Geeste Lingen (Ems) ganz in der Nähe dann auch Zigarettenkippen und heute sogar Böller. Im Forum unter Artenvielfalt weltweit bedroht, habe ich was dazu geschrieben . Meine Stadt Lingen (Ems) hatte ich gebeten weil überall in der Stadt Kippenreste liegen, sogar in Blumenkübeln, etwas dagegen zu unternehmen. Das niedersächsische Gesetz lässt es nicht zu die Antwort.

    Gut das Du es in Form eines Gedichtes gebracht hast und das Leute mit MCS besonders darunter leiden schreibst.

    Der Staat braucht Geld, hier könnte er Geld einfordern in Form von Strafen, wer Müll und dazu zählen besonders Zigarettenkippen so fies entsorgt, sollte bestraft werden.

    Gruß Fox

  4. Gerhard Becker 16. Mai 2010 um 17:22

    Ihr Lieben,

    vielen herzlichen Dank für Eure wertvollen Kommentare!

    Das sage ich Manu tröstend auch immer, liebe Maria, dass sie „wenigstens“ schnell erfährt, was ihr Körper nicht haben will.

    Liebes Seelchen, Dich möchte ich ermuntern, Deine sehr eindrucksvollen Erlebnisse auch in solchen Kurzgeschichten zu verarbeiten. Stoff dazu hast Du ja genug.

    Eine ähnliche Beobachtung konte ich auch machen. Da gibt es an Flüssen extra Parkplätze nur für Angler. Um dorthin zu kommen müssen sie auf einem Weg fahren, der sonst ein Wander- und Radfahrerweg ist. Ich konnte jetzt seit dem Vorfrühling allerdings noch nicht wieder einen Blick darauf werfen, da ich zu lange auf Arbeit bin.

    So lästig wie das gedankenlose Wegwerfen von Kaugummis wegen der unhygienischen Folgen ist, Zigarettenkippen stellen, auf einer viel höheren Stufe, direkt eine giftige Gefahr für andere, besonders kranke Menschen, für kleine Kinder und sicher auch für Tiere dar.

    Liebe Grüße
    Gerhard

  5. X-Faktor 17. Mai 2010 um 07:41

    Hi Gerhard,

    mit Deiner Geschichte triffst Du voll ins Schwarze, genau so ist der Alltag von MCS Kranken.

    Daumen hoch, mach weiter so!

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