Sonntagsgedicht: soll´n doch in die klapse geh´n

soll´n doch in die klapse geh´n

ich denke oft darüber nach

was wir alles erlebt haben,

als wir einst durch die strassen zogen

haben in die schaufenster geschaut

die mit schönen sachen prangen

habe dein glücklich gesicht gesehn

gespiegelt im glase

ich denke oft darüber nach

was wir alles erlebt haben,

als wir einst durch die strassen zogen

sahen den jungen muttis hinterher

die mit ihren kindern gangen,

freuten uns schon darauf,

dass wir es auch bald täten

ich denke oft darüber nach

was wir alles erlebt haben,

als wir einst durch die strassen zogen

gingen in das eiscafe

oder china-garden

und es schmeckte wunderbar

freute mich an deinem lachen

ich denke oft darüber nach

warum es nicht mehr geht

MCS: alles zerstört

ALLES zerstört

nichts ist mehr möglich

täglich neue botschaften

was dich alles plagt

das leben aus den fugen

reißt uns aus dem gleichgewicht

und die andren menschen

fleißig weggehört

niemand will mittragen

so schlimm kann es wohl nicht sein,

sollen doch nicht so übertreib´n,

wer hat das schon je gehört,

das düfte krank machen?

das kann doch nur psychisch sein,

soll´n doch in die klapse geh´n,

dort wo sie hingehör´n

ich denke oft darüber nach

warum es nicht mehr geht

MCS: alles zerstört

doch es werden immer mehr

die düfte krank machen

soll´n die alle auch

in die klapse geh´n?

kinder machen geht nicht mehr

arbeiten geh´n unmöglich schwer

allein shoppen – das war einmal

der alltag nur ne qual

CANARIES sind wir wohl,

doch wir finden das nicht toll,

würden lieber auch

normal leben

aber man lässt uns nicht

die krankheit hat noch kein gesicht

die pharma kann ja nichts

an uns verdienen

ich denke oft darüber nach,

warum es jetzt nicht mehr geht,

MCS: alles zerstört

wir sind nur lästig überall

ob genetisch-müllmaterial?

oder psychisch entartet?

wir sind nicht existent

drum werden wir auch nicht berentet,

s ´ist doch nur psychosomatisch

doch es werden immer mehr

die düfte krank machen,

fleißig weggehört,

nur nicht nachfragen

nur nicht mittragen

nur dummheit kann suggerieren,

s´kann ewig so weitergehn,

nun wird es sich rächen

unser siechtum hat gewarnt,

der falsche wohlstand längst enttarnt

atlantis lässt grüßen

ich denke oft darüber nach:

sind wir die eisschollen,

die jetzt den eisbären fehlen?

ist der mensch so überhitzt,

dass er wie ein feuer brennt?

affen, nashörner, tiger

sterben aus –

sind wir es nun

die zuerst dafür büßen?

ich denke oft darüber nach

was wir alles erlebt haben,

als wir einst durch die strassen zogen

nun sind wir in dem knast

der erzwungnen isolation

haben nicht das gesetz gebrochen

oder irgendwas verbrochen

oder DOCH?

pardon – natürlich –

wir sind wachstumbremser,

konsumverderber,

unsre krankheit

anti-westlicher-lebensstil

drum gehör´n wir verbrannt,

wir sind ketzer, hexer im geldgierland;

scheiterhaufen der NICHTBEACHTUNG

täglich in flammen

ich denke oft darüber nach,

warum nichts mehr geht,

MCS: alles zerstört

ALLES zerstört,

nichts ist mehr möglich

und doch

wir lachen:

unsre LIEBE

unsre LIEBE

ist IMMER möglich?

unsre LIEBE

ist der FELS

der brandung

ich denke oft darüber nach,

warum SIE noch immer

geht…

Autor: Gerhard Becker, CSN – Chemical Sensitivity Network, 11. April 2010

5 Kommentare zu “Sonntagsgedicht: soll´n doch in die klapse geh´n”

  1. Henriette 11. April 2010 um 14:06

    Hallo Gerhard,

    danke für Dein nachdenklich stimmendes und all umschreibendes Sonntagsgedicht.

    Schön dass Eure Liebe trotz MCS weiter funktioniert. In der heutigen Zeit ist es ein schweres Unterfangen, sich die Liebe trotz schwerer Krankheit zu bewahren, dies gelingt zumeist nicht einmal den Gesunden unter uns.

    Als MCS-Betroffene muss man bekanntlich Lebens- und Überlebenskünstler sein. Ich wünsche Euch Beiden und allen Anderen dafür viel Mut und Kraft.

    Herzliche Grüße
    Henriette

  2. Energiefox 11. April 2010 um 16:28

    Gerhard Dein Gedicht müsste auf das Titelblatt

    der Bild – Zeitung oder einer anderen auflagenstarken Zeitung, damit es von vielen Leuten gelesen wird. Wirklich sehr eindrucksvoll was Du geschrieben hast. Ich möchte mich dem Wunsch von Henriette anschließen, dass es gelingt die Liebe zu bewahren trotz MCS.
    Gruß Fox

  3. Seelchen 11. April 2010 um 17:58

    Das alles zu tragen
    lässt viele verzagen
    doch wir brauchen Mut
    und es tut uns gut
    wenn wir zusammenhalten
    und uns die Liebe behalten
    allein das gibt uns nur die Kraft
    wie man so den Alltag schafft.
    Nur noch 2 Plätze haben auch wir
    wo wir hinkönnen so wie ihr
    kein Bummel ist nun mehr drin
    nur isoliert macht es noch Sinn
    sonst kann man Arbeiten vergessen
    doch das kann ja keiner bemessen
    was es heisst,den andern zu pflegen
    und dabei noch gute Gedanken zu hegen.
    Lasst uns weiter voran
    unsre Grenzen ertasten
    und nicht mehr wie früher
    durch das Leben hasten
    man schätzt noch das Bisschen
    was man noch kann
    und das nimmt dir keiner
    denke daran !

    Viel Kraft für Alles von Seelchen

  4. Louis 11. April 2010 um 19:36

    Hallo Gerhard,
    Dein Gedicht spricht mir aus der Seele….
    Ja, wir Menschen sterben aus ! Was wir mit der Umwelt und den Lebewesen, zuletzt auch an uns selbst machen , kommt auf uns zurück….
    Ich weiss wovon ich rede. Habe MCS Und hatte ( hoffentlich) Krebs. Die Liebe ist es,was einen am Leben erhält und alles ertragen lässt…Danke für Dein Gedicht !
    Louis

  5. Gerhard Becker 26. April 2010 um 20:42

    Ihr Lieben,

    vielen herzlichen Dank für Eure herzlichen Kommentare, Gedanken und Reime!

    Ich war fast drei Wochen auf Arbeit und nicht zu hause, konnte daher erst heute Eure Kommentare lesen. Freut mich sehr, wenn Euch meine Verse so angesprochen haben.

    Lieben Gruß

    Gerhard

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