Diagnose MCS verweigert, der Patient trägt den Nachteil

Im Artikel: „Input – MCS korrekt diagnostizieren ist notwendig und nicht so schwer“ wurde verdeutlicht, dass es de facto nicht sonderlich problematisch ist, MCS zu diagnostizieren. Resonanz im Blog, im CSN Forum und per Mail zeigten, dass Erkrankte diese Diagnose trotzdem vorenthalten bekommen. Obwohl es für ihre vorhandene Symptomatik auf Alltagschemikalien im Niedrigdosisbereich keine andere Erklärung gibt und Ausschlussdiagnostik ohne konkreten anderweitigen Befund blieb, schreiben ihre Ärzte, bzw. Umweltärzte MCS nicht in den Befund oder auf die Überweisung. Der existierte Code für MCS im ICD-10 – T78.4 findet keine Anwendung.

Liegt MCS in einem Schwergrad vor, der erfordert, dass auf den Erkrankten besondere Rücksicht genommen nehmen muss, weil die Person sonst nicht richtig funktionieren kann oder Schmerzen erleidet, dann ist es nachteilig, wenn die bezeichnende Diagnose unterschlagen wird.

Das Vorenthalten der Diagnose MCS kann für eine chemikaliensensible Person bedeuten, dass Behörden und Institutionen die Hände gebunden sind, um Hilfe oder Unterstützung zu gewähren.

Es kann auch bedeuten, dass ein Antrag auf Anerkennung der MCS als Schwerbehinderung beim Versorgungsamt abgelehnt wird, denn wie soll die Behörde anerkennen, wenn kein Befund das Vorliegen bestätigt? Gleiches beim Rentenverfahren, bei der Beantragung einer behindertengerechten Wohnung, beim Antrag auf höhere Zuwendung für spezielle Ernährung, Medikamente, bei der Bewilligung einer (notwendigerweise duftstofffreien) Pflegeperson, oder beim Antrag auf Behandlung der MCS in einer Umweltklinik.

Thommy’s MCS Blogfrage der Woche:

  • Wurde Euch die Diagnose MCS verweigert, obwohl es keine andere Erklärung für Eure Beschwerden gibt?
  • Mit welcher Begründung wurde gerechtfertigt, dass MCS nicht im Befund oder Attest stehen wird?
  • Was wurde Euch anstatt MCS attestiert?
  • Welche Unterstützung wurde Euch stattdessen entgegengebracht, um Eure Ansprüche durchzusetzen oder notwendige Hilfe zu erhalten?
  • Hattet Ihr Nachteile, weil Euch MCS durch keinen Arzt bestätigt wurde?
  • Z.B. beim Antrag auf Anerkennung der MCS als Schwerbehinderung beim Versorgungsamt, beim Rentenverfahren, bei der Beantragung einer behindertengerechten Wohnung, beim Antrag auf höhere Zuwendung für spezielle Ernährung, Medikamente oder beim Antrag auf Behandlung der MCS in einer Umweltklinik, etc.?

6 Kommentare zu “Diagnose MCS verweigert, der Patient trägt den Nachteil”

  1. Stables 23. März 2010 um 21:22

    Ich kann von Glück sagen, das mir das nie passiert ist. Meine Hausärztin ist eine normale Internistin die ihren Beruf ernst nimmt. Sie hat bei mir mit dem Code für Formaldehydintoxikation und MCS kodiert und an andere Ärzte überwiesen. Auf den Berichten für die Versicherung standen diese Schlüssel auch. Dass es andere Fälle gibt, habe ich schon öfter gehört.

  2. Domiseda 24. März 2010 um 08:13

    Ich habe seit sehr vielen Jahren durchgehend von allen behandelnden Ärzten die Diagnose MCS + Diagnosen weiterer Erkrankungen, die auch zur Diagnose Multisystemerkrankung führten. Diese basiert auf vielen unterschiedlichsten Laborbefunden, die aber jahrelang uninterpretiert und unkoordiniert waren.
    Im Folgenden versuche ich, Thommy´s Blogfragen zu beantworten gleichzeitig mit einem Nachtrag zum Blog vom 20.03.2010:
    Die Diagnosekriterien für MCS entsprechend dem Ärzteinfoblatt w ä r e n sicher in jeder Praxis feststellbar,wenn praktiziert.Aber:Die meisten Ärzte wollen neue Laborwerte machen und wollen nicht auf die Befunde einer sehr langen Krankengeschichte einfach zurückgreifen.
    Für mich als Langzeit-MCS-Kranke stellen sich dabei folgende Probleme: eine labortechnisch objektive Aktualisierung der bestehenden Befunde, bzw neue labortechnische Nachweismethoden mitaufzunehmen scheitert in meinem Fall daran: Es wäre notwendig die gesamte medikamentöse antioxidative Therapie mindestens eine Woche abzusetzen. Dies ist erfahrungsgemäß bei mir nicht möglich,wegen einer lebensbedrohlichen Verschlechterung meines Zustands.Die Folge ist z.B. und u.a.,daß meine früher (ohne Substitution)oft genug nachgewiesene sehr hohe Entflammbarkeit
    unter dem Einfluß antientzündlicher Substanzen nicht mehr nachgewiesen werden kann- wenngleich die tatsächliche Problematik bei Expositionen ungemindert blieb.Je höher der Pegel z.B. an Vit C plus Magnesium, der B-Vit ist, desto weniger aussagekräftig sind die Tests- auch wenn die Probleme gleichgeblieben sind.Leider vermisse ich in der Praxis, daß ärztlicherseits die entsprechenden Vermerke auf den Laborzetteln gemacht werden: z.B. ohne Substitution, mit Substitution von…; unter Einfluß einer Exposition(z.B. wenn die Schilddrüsen-+Leberwerte entgleisen); unmittelbar nach Infusion von…(z.B. wenn dann die Werte plötzlich normal sind).
    Leider kranken die meisten meiner Atteste an Sprachinsuffizienzen: Mich wundert oft,wenn – sicher nicht aus böser Absicht, sondern eher aus Gedankenlosigkeit und sprachlichem Unvermögen- eindeutige und juristisch gültige Befund-
    N a c h w e i s e dann sprachlich verzerrt erscheinen als „H i n w e i s “ auf…, oder z.B. die Verwechslung von bloß „Belastung“ statt „Intoxikation“…Oder: wenn unmittelbar nach einer unfreiwilligen Exposition gemessen die pathologischen Werte der NLG nicht mit dem Vermerk versehen werden „nach Exposition von..“ und die ohne Exposition normalisierten Kontrollwerte ebenfalls nicht entsprechend gekennzeichnet sind .Leider passiert, daß dieselben Umweltmediziner, die in ihren Publikationen und im Internet glasklare Formulierungen zuwege bringen, dies in Attesten nicht bewältigen und dadurch die Patienten in Teufels Küche bringen, da die Krankenversicherer und Ämter genau diese unklaren Formulierungen bei unzweideutigen Laborbefunden als willkommene Quellen der bewußten Fehlinterpretation nehmen.
    Leider mache ich auch folgende Erfahrungen:mehrere Umweltmediziner lehnen mittlerweile die MCS -spezifisch deleten Gen-Polymorphismen ab- je nach eigenem Interesse der Durchsetungen anderer Parameter.Und leider andererseits: ich habe seit Jahren letztlich uninterpretiert diverse diesbezügliche Defekt-Nachweise; Umweltmediziner sagten mir, diese seien so eindeutig, daß sie keiner Interpretation bedürften; dies sieht für mich anders aus: da ich durch vielfältige Akutsituationen unterschiedlichste Ärzte gezwungenermaßen aufsuchen muß, werden diese Befunde, da nicht „lesbar“von vornherein belächelt abgetan entsprechend der allgemein bekannten Kampagne.

    Im Übrigen verdanke ich erst dem CSN-Blog kurz vor Weihnachten 2008, daß ich überhaupt wagte, den Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen.Aber: Obwohl in keinem einzigen meiner Befunde und Atteste jemals ein Hinweis auf eine psychische oder psychiatrische Erkrankung zu finden ist- im Gegenteil, diese expressis verbis ausgeschlossen wurde-war im Bescheid zu lesen:“MCS als psychoreaktive Störung“.

  3. Clarissa 24. März 2010 um 09:08

    Mir wurde für ein Gerichtsgutachten von einer Ärztin, wo ich vor Jahren für eine Allergieaustestung war, im Gerichtsgutachten nur eine Angsstörung bescheinigt, weil ich sie nach der Austestung nie wieder aufsuchte. Vor Gericht fragte mich der Vorsitzende Richter,, warum ich eine soziale Angsstörung hätte und wie ich diese erlebe – nachdem ich ihn über MCS und die Probleme in einer “normalen” Welt voller Schadstoffe informiert hatte, hat er diese Angsstörung als Fehldiagnose beiseite gelegt. Es gibt nur ein Problem, diese schwachsinnige Aussage einer Dermatatolgin steht jetzt ein für allemal im Raum und irgendein Hansel wird sich da bestimmt mit Freuden drauf stürzen, um dieses Falschgutachten gegen mich zu verwenden.
    Bei meinen Hausärzten (die wenig Ahnung von MCS haben, aber sehen was los ist mit mir) steht aber immer brav T78.4 auf den Überweisungen drauf. Rezepte für Schmerzmittel und Co steht auch immer “Orginalpräparat muss abgegeben werden wegen Unverträglichkeiten MCS T78.4?.
    Na wenigstens das klappt, ist ja auch schon etwas wert.

  4. Groppo 24. März 2010 um 20:00

    Meine behandelnden Ärzte haben ebenfalls kein Problem, den richtigen Diagnoseschlüssel bzgl. MCS – T78.4 zu verwenden. Auf meinen Überweisungen steht schon seit vielen Jahren immer dieser Schlüssel. Mein Hausarzt und mein Lungenfacharzt sind kompetent und so ist auch ihre Behandlung bzw. ihr Umgang mit Patienten.

    Fehldiagnosen hatte ich früher oft, bevor ich irgendwann bei einem Umweltmediziner gelandet bin, der dann die tatsächliche Ursache meiner Beschwerden erkannte.

    Bei Gutachten sieht die Sache schon anders aus, da wollte man mich über den Tisch ziehen und hat Befunde und Diagnosen ignoiert. Doch das Spielchen machte mein Rechtsbeistand nicht mit und so hat sich am Ende alles zum Guten gewendet.

    Ich bekam die Anerkennung meiner Schwerbehinderung u.a. für MCS, und die volle Erwerbsminderungsrente wg. MCS und meiner anderen Erkrankungen zuerkannt.

    Das bewusste Ignorieren, von Fachärzten gestellten Diagnosen durch Gutachter in Sozialverfahren sowie die bewusste Fehlbeurteilung, sollte man rechtlich verfolgen lassen.

    Doch leider mangelt es oft an finanziellen Mitteln, um seine berechtigten Ansprüche auch durchzusetzen. Daher möchte ich allen MCS Patienten den gut gemeinten Rat mit auf den Weg geben, schließt eine Rechtsschutzversicherung ab, bevor ihr Eure Ansprüche geltend macht. Damit hat man dann gute Chancen, sein Ziel zu erreichen.

  5. Hildegard Lieders 6. Juni 2011 um 13:17

    Hallo,

    ich bin seit Jahren von vielfältigen Beschwerden geplagt, die genau in das Schema einer MCS passen. Ich benötige dringend aufdeckende Hilfe und würde mich über Adressmaterial von ambulanten Diagnosemöglichkeiten einer MCS in/um Bremen oder im norddeutschen Raum riesig freuen.

    Herzlichen Dank für eine Antwort und liebe Grüße von hl

  6. Hildegard Lieders 21. Dezember 2013 um 18:30

    Hallo,
    nach 2 Jahren möchte ich hier weiter machen, wenn es geht. Frau Lieders, Ihre Worte könnten meine sein.
    Seit 12 Jahren laufe ich Spießrouten.
    Meine letzte Erfahrung war eine Augenarztpraxis. Ich warnte vor, dass ich auf 98% aller medizinischer Gaben heftig reagiere. Sie gab mir die Augentropfen… Als ich wieder zu mir kam, stand ein Pulk von Rettungskräften um mich herum. Ich nahm wahr, konnte mich aber weder bewegen, noch reden. Cirka 1 Stunde später verließ ich völlig geschwächt diese Praxis. Die Notärztin bezeichnete mich als Simulantin. Ich hätte keine Allergie, da ich nicht krampfte. Sie wollte mir Cortison spritzen. Mein Mann sagte ihr (so erzählte er mir hinterher), dass er sie dann wg. vorsätzl. Körperverletzung anzeigen werde, so sie doch von ihm das Wissen meines Zustandes habe, es aber ignorieren wollte. MCS gäbe es nicht. Niemand reagiere auf alles. Solch einen Blödsinn hätte sie noch nie gehört. Die Augenäztin verweigerte mir jegliche Weiterbehandlung, ich solle erst mal einen Psychater aufsuchen.
    Da ich unterdessen in Delmenhorst wohne, steht für mich die selbe Frage, wie für Frau Lieders. Aktuell 2013. Leider blieb ihre Frage unbeantworte. Reingungsmittel, Duftstoffe, Chemikalien etc. werden immer problematischer für mich. Mein Gesundheitszustand (auch meine Sehkraft!) verschlechtert sich bedenklich rasant, doch niemand kann oder will mir sagen, was da nicht stimmt. Irgendwann kann der stärkste Mensch das nicht mehr aushalten.
    Christine
    Ich hoffe, ich erfahre per Mail, wenn hier jemand kommentiert

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