Gericht entscheidet: Möbel die Chemikalien ausdünsten, müssen zurückgenommen werden – auch nach über einem Jahr

Schlafzimmermöbel dürfen keine Chemikalien ausdünsten, entscheidet Gericht

Rechtsgültiges Urteil:

Möbel die Chemikalien ausdünsten, müssen zurückgenommen werden

Zur Frage, ob ein von Schlafzimmermöbeln über längere Zeit ausgehender unangenehmer Geruch den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt:

Wenn Schlafzimmermöbel auch mehr als ein Jahr nach dem Kauf noch einen unangenehmen Chemikaliengeruch verströmen, dann kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Dabei ist es ohne Belang, ob die Gerüche auch gesundheitsschädlich sind.

Das entschied das Landgericht Coburg, bestätigt durch das Oberlandesgericht Bamberg, und verurteilte den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises von rund 6.200€. Der Geruch und die damit verbundene nachvollziehbare Sorge der Käuferin, dass dadurch ihre Gesundheit gefährdet werde, verhindern nach Auffassung der Gerichte einen ungestörten Gebrauch der Schlafzimmereinrichtung.

Sachverhalt

Rund ein Drittel seiner Lebenszeit verbringt der Mensch schlafend, so dass das Schlafzimmer regelmäßig der am längsten genutzte Raum ist. In ihrem Refugium wollte es die Klägerin daher gemütlich haben und kaufte beim Beklagten eine Einrichtung in Esche massiv für rund 6.200€. Doch auch Monate nach dem Kauf verströmten die Möbel einen unangenehmen Chemikaliengeruch. Die Klägerin monierte das, der Verkäufer konnte aber keine Abhilfe schaffen. Als eine Raumluftanalyse eine auffällige Häufung flüchtiger organischer Verbindungen ergab, trat die Klägerin vom Kauf zurück und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Gerichtsentscheidung

Mit Erfolg, denn das Landgericht Coburg gab ihrer Klage statt. Auch noch 13 Monate nach der Anlieferung ging von der Schlafzimmereinrichtung ein störender Geruch aus. Unabhängig von der Frage, ob es für die organischen Verbindungen einen verbindlichen Grenzwert gibt und dieser überschritten war, eignen sich die Möbel nicht für die gewöhnliche Verwendung, also das Schlafen in dem mit ihnen ausgestatteten Raum, und sind deshalb mangelhaft. Denn auch ohne besondere Vereinbarung kann ein Käufer solcher Möbel erwarten, dass sie geruchsneutral sind oder Geruchsentwicklungen, die wegen der Lackierung unvermeidbar sind, zumindest alsbald nach dem Aufstellen verschwinden.

Fazit

In Schlafzimmermöbeln, die einem buchstäblich stinken, muss man nicht in seine Träume sinken.

Literatur:

Landgericht Coburg, Wenn das Schlafzimmer dem Käufer stinkt, Pressemitteilung 426/09, 28. August 2009

LG Coburg, Urteil vom 13.5.2009, Az: 21 O 28/09; OLG Bamberg, Beschlüsse vom 13.7. und 7.8.2009, Az: 6 U 30/09; rechtskräftig

7 Kommentare zu “Gericht entscheidet: Möbel die Chemikalien ausdünsten, müssen zurückgenommen werden – auch nach über einem Jahr”

  1. Energiefox 4. September 2009 um 11:11

    Ich denke, solche Möbel dürften gar nicht gebaut, bzw. verkauft werden. Mein Schwester hat vor kurzem Möbel gekauft, die haben ca. 3 Wochen gestunken. Ich denke, es war bestimmt nicht gesund. Wenn man es nicht mehr riecht, kommen immer noch krankmachende Chemikalien-„düfte“. Ein Vetter von mir ist vor kurzem an Alzheimer verstorben. Ein Kerl wie ein Baum, hat eine Holzhandlung gehabt – Dachstuhlausbau. Der ist vermutlich durch die Chemiekalien im Holzbau so krank geworden, bis er dann nach mehreren Jahren so elendig an Alzheimer verstarb.
    Gruß Energiefox

  2. Henriette 4. September 2009 um 17:11

    Dass schadstoffbelastete Möbel überhaupt verkauft werden dürfen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Es wird einfach in Kauf genommen, dass viele ahnungslose Verbraucher gesundheitliche Langzeitschäden erleiden können.

    Das Urteil ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wäre es begrüßenswert, wenn derartige Möbel überhaupt nicht in den Verkauf gelangen würden. Umfassender Verbraucherschutz wäre angesagt, damit die Gesundheit von uns allen nicht durch Chemikalien in Möbel etc. unnötigerweise geschädigt werden kann.

  3. Frank 21. Mai 2010 um 16:23

    Hallo Zusammen,

    wie würde es sich dann mit Küchenmöbeln verhalten? Die Küchenmöbel gasen selbst nach mehrern Jahren noch merklich aus. Nicht nur das es unangenehm riecht, es ist auch so das AdHoc meine Nasenschleimhäute anschwillen und sich ein rauer sowie brennender Geschmack im Mund bildet.

    Danke für eure Hilfe!

    Gruß
    Frank

  4. Janik 22. Mai 2010 um 10:01

    Hallo Frank,

    bei Küchenmöbel sollte es sich ähnlich verhalten. Einen Fachanwalt zu konsultieren wäre nicht schlecht. Lege ihm das Urteil zu den Schlafzimmermöbeln vor.

    Wieviele Jahre hast Du die Küchenmöbel schon?
    Hast Du einen Formaldehydcheck gemacht?

    Wichtig für Dich wäre herauszufinden, ob der Hersteller noch existiert. Wenn er längst nicht mehr produziert, brauchst Du nichts zu unternehmen, es wäre nur Geldrausschmiss.

    Eine andere Variante wäre den Hersteller anzuschreiben und ihn um Stellungnehme zu bitten. Du hättest damit gleich etwas für das Gericht in der Hand falls es doch soweit käme. Für den Fall dass der Hersteller einsichtig ist, verlange Austausch der Möbel gegen schadstofffreie.

    Gruß, Janik

  5. Frank 22. Mai 2010 um 13:09

    Hallo Janik,

    vielen Dank für Deine schnelle Antwort!

    Seit September 2001 :O(! Sieht aber immer noch wie neu aus! Weil ich versucht habe meine Wohnung für mich wieder einigermaßen bewohnbar zu machen stand sie ca. 1 1/2 Jahre in unserer Garage. Leider war ich dazu gezwungen sie wieder auf zu stellen.

    Der Hersteller ist N.o.l.t.e. Küchen. Eigentlich ein guter Hersteller solcher Produkte. Nein, diesen Check habe ich noch nicht gemacht.

    Ich werde es so machen wie Du sagtest – Vielen Dank!

    Gruß
    Frank

  6. Hans 7. März 2016 um 19:40

    Habe nach 11 Monaten ein Befund Neurologisch: Gangunsicherheit, herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit, Sensibilitätsstörungen,Polyneuropathie durch Formaldehyds
    Ich habe auf ein Sofa 11 Monate geschlafen, das ich bei einen namhaften Händler gekauft und der Formaldehyds Test nach auch nach 11 Monaten bedrohlich

  7. Johann 26. März 2016 um 20:28

    2015 Formaldehyd in Sofa aus Bochum, wo ich 11 Monate mit gelebt hab, und nun das.
    Irreparable Neurologische Schädigung durch Nutzung eines Sofas – der Befund Neurologisch:
    Gangunsicherheit, herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit, Sensibilitätsstörungen, Polyneuropathie durch Formaldehyd daraus ergibt sich MCS.
    Natürlich ist es mir bewusst, dass die Behandlung meines MCS, CFS, Formaldehyd-Problems gerade in Deutschland sehr schwierig ist.
    Zumal ich noch weiter durch die Symptome eines MSC betroffenen, wie PNP, ständige Müdigkeit, Depressionen, Reizbarkeit, Muskelschwäche, Schlafstörung,
    Gefühlschwankungen und ständige Infektion -wie Dauer Erkältung und Husten leide.
    Das Sofa stand 11 Monate in der Wohnung wo es ausgedünstet hat. Und leider meldet sich das sehr großes namhafte Möbelhaus in Bochum nicht.
    Deshalb suche ich auch auf diesen Weg und weitere Betroffene oder Geschädigte
    Mit freundlichen Grüßen und ein gesegnetes Osterfest
    Johann

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