Chronische Intoxikation – Sensibilisierung – Allergien

Seit dem 2. Weltkrieg sind Allergien um das 20- bis 30-fache gestiegen. Die Belastung der Bevölkerung wird in Bayern mit 20 – 30% angegeben (zugegeben). Die deutsche Allergietestung missachtet immer noch den Allergietyp IV, das ist der Allergietyp einer zellulären Immunreaktion. Dieser spielt in Sachen Umweltmedizin eigentlich die Hauptrolle.

In Zusammenhang mit dem so umstrittenen MCS ist anzumerken, dass MCS in aller Regel – Rea gibt 80% an – in Verbindung mit Nahrungsmittelallergien vorkommt.

Wirkschwellenmodulation

Die Sensibilisierung ist also eine Form der Wirkschwellenmodulation. Mit einfachen Worten: Die toxikologischen Wirkschwellen sind innerhalb eines Individuums zeitlich nicht konstant (s.a. Chronische Intoxikation/Entgiftung).

Allergische Reaktionen auf Chemikalien

Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) der deutschen Forschungsgemeinschaft hat vor über 10 Jahren eine besondere Liste der „sensibilisierenden Arbeitsstoffen“ eingeführt. Diese Liste wächst mit jeder Ausgabe und zwar exponentiell.

Im Text findet sich folgende Beschreibung:

„Bis heute lassen sich weder für die Induktion einer Allergie (Sensibilisierung) noch für die Auslösung einer allergischen Reaktion beim Sensibilisierten allgemein gültige, wissenschaftlich begründbare Grenzwerte angeben. Die Induktion ist um so eher zu befürchten, je höher die Konzentration eines Allergens bei der Exposition ist. Für die Auslösung einer akuten Symptomatik sind in der Regel niedrigere Konzentrationen ausreichend als für die Induktion einer Sensibilisierung. Auch bei Einhaltung der MAK-Werte sind Induktion oder Auslösung einer allergischen Reaktion nicht sicher zu vermeiden.“ (MAK-Liste 2006).

Diese Formulierungen sind etwas umständlich, aber es ist eine mögliche Beschreibung von MCS. Zwar beschränkt sich die MAK-Kommission im Kontext auf humorale Immunmechanismen, erfasst also nur die halbe Wahrheit, aber dennoch ist es ein Schritt in die richtige Richtung und eine Bestätigung dafür, dass gar nicht die Rede davon sein kann, dass MCS eine psychische Erkrankung sei.

MCS-Definition

Die MCS-Definition, die heute als die Konsensdefinition gilt, stammt von dem amerikanischen Arbeitsmediziner Cullen, und ist ähnlich umständlich, wie sich die MAK-Kommission ausgedrückt hat:

Konsensuskriterien für multiple chemische Sensitivität (MCS) sind :

[Cullen 1987, Cullen et al. 1995, UBA 2003]

  1. Die Symptome treten nach Chemikalienexposition reproduzierbar auf.
  2. Das Beschwerdebild ist chronisch
  3. Das Beschwerdebild wird bereits durch niedrige – zuvor tolerierte – Konzentrationen, die allgemein gut vertragen werden, hervorgerufen.
  4. Die Beschwerden bessern sich bzw. verschwinden nach Elimination des Agens.
  5. Reaktionen treten gegenüber zahlreichen, chemisch nicht verwandten Substanzen auf.
  6. Die Symptomatik umfasst zahlreiche Organsysteme.

Eleganter und treffender ist die Definition der amerikanischen Umweltbehörde EPA: „MCS sind Reaktionen auf Chemikalien, die vorher vertragen worden sind.“ (Wirkschwellenmodulation). Die amerikanische Arbeitsmedizinerin Grace Ziem betont einen anderen Aspekt: „Reaktionen auf Chemikalien, die von der Allgemeinbevölkerung vertragen werden“.

Beide Definitionen zusammen ergeben eine ausreichende Definition, nämlich eine, die markiert, dass hier eine Wirkschwellenmodulation innerhalb eines Individuums stattgefunden hat und andererseits, dass die üblichen Bewertungsgrößen wie etwa ADI-, BAT- oder MAK-Werte für die Bewertung nicht mehr herangezogen werden können.

MCS-Diagnose ist sehr einfach

Prof. Ross vom EHC, Dallas, definierte auf Anfrage: „Chemical Sensitivity is Sensitivity to Chemicals“. Es ist in der Tat so einfach:

„Bei mir stellte sich einmal ein Mann vor, der immer von Elektromotoren die Wicklungen abgebrannt hat. Durch die Brandgase hat er eine toxische Enzephalopathie entwickelt. Er konnte sich u.a. keine Graphiken und keinen Zeichnungen mehr merken – schlimm für einen Techniker. „MCS habe ich aber nicht“, sagte er. Meine Gegenfrage „Wie fühlen Sie sich, wenn Sie in einem Kaufhaus an der Parfümtheke vorbeigehen?“ – Gedankenpause – „Wenn meine Frau den Haarspay nimmt, dann krieg‘ ich die Krise“…

Dass man sich in Deutschland so schwer tut, MCS zu diagnostizieren, liegt also daran, dass man sich nicht traut. Das Phänomen ist ganz einfach zu erkennen, nur wenn man daran zweifelt, dass es das Phänomen überhaupt gibt, dann hat man natürlich Probleme und möchte gerne eine möglichst komplizierte Definition, damit sie den Anschein von Wissenschaftlichkeit hat. Die WHO subsumiert MCS unter Allergien.

Der Stand der Wissenschaft zu MCS entnehmen Sie bitte meinem MCS – Papier. Die Lektüre ist für Strategiefestlegungen in Rechtverfahren unerlässlich.

Autor: Dr. Tino Merz, Sachverständiger für Umweltfragen, www.dr-merz.com

Weitere wichtige Artikel zum Thema:

5 Kommentare zu “Chronische Intoxikation – Sensibilisierung – Allergien”

  1. Henriette 11. August 2009 um 11:18

    Sehr geehrter Dr. Merz,

    besten Dank für die Veröffentlichung über MCS – Multiple Chemikalien Sensitivität.

    Ihre Anmerkungen schaffen Klarheit und tragen zur Aufklärung über MCS bei. Dadurch wird offenkundig, dass diejenigen Meldungen, die MCS nach wie vor als Phänomen und seltene Erkrankung betiteln bzw. Chemikaliensensitivität reinen psychischen Ursprung andichten, nicht dem wissenschaftlichen Sachstand zu MCS entsprechen, sondern lediglich dazu inszeniert sind, um industriellen Interessen dienlich zu sein.

  2. Juliane 11. August 2009 um 18:26

    Herzlichen Dank, lieber Herr Dr. Merz, für Ihren Beitrag.

    Wir bleiben am Ball. Niemand soll in diesem Land nicht herausfinden können was eine MCS Erkrankung ist und wie man sie diagnostiziert:

    Für Alle, die den Film noch nicht kennen oder vielleicht schon vergessen haben,
    stelle ich hier nochmal ein Google-Video ein. Eine Gesprächsrunde zu der auch Herr Dr. Merz eingeladen war:

    37° Plus, MCS Gesprächsrunde

    http://video.google.de/videoplay?docid=-3150171055554331105

    Das war der Film über den man sprach:

    37° Ich kann dich nicht riechen – Wenn Alltagsdüfte krank machen

    12.02.08 37°Plus, ZDF, MCS, Teil 1 von 3 Multiple Chemikalienunverträglichkeit
    http://video.google.de/videoplay?docid=-8886029444847972293

  3. Lucca 11. August 2009 um 20:35

    Vielen Dank Herr Dr. Merz,

    Sie haben prägnant auf den Punkt gebracht was sonst kein „Experte“ in Deutschland schafft.

    Wir freuen uns auf weitere Beiträge, damit endlich kompaktes Wissen über MCS Einkehr hält.

  4. Maria Magdalena 13. August 2009 um 11:24

    Sehr geehrter Herr Dr. Merz,

    Ihre Informationen sind sehr wertvoll, weil sie auf harten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Fakten beruhen. Somit dient Ihre Arbeit dem Wohl des Menschen in Deutschland als höchstem Gut des Staates. Ein Staat, der seine durch Schadstoffe erkrankten Bürger im Stich lässt und die Tatsachen ignoriert, ist sich selbst sein schlimmster Feind.

    Allen Psychiatrisierern von MCS und anderen Umweltkrankheiten kann man nur Verachtung entgegenbringen, denn ihre Haltung ist menschenverachtend und kontraproduktiv.

    Vielen Dank, Herr Dr. Merz, für Ihre Unterstützung von Umweltkranken und viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit zum Wohl der Umweltpatienten!

  5. Gismo 14. August 2009 um 15:56

    Vielen Dank Herr Dr. Merz für Ihre wertvollen Informationen. Es ist ermutigend, dass es auch noch Menschen mit Charakter und Format gibt, die MCS Kranke nicht verraten und verkaufen, sondern den aktuellen wissenschaftlichen Sachstand in der Öffentlichkeit kundtun. Umweltpatienten brauchen Unterstützung im Kampf gegen Umweltbelastung durch Chemikalien und für eine bessere Aufklärung der Allgemeinheit.

    Nochmals besten Dank für Ihren aussagekräftigen Beitrag.

Kommentar abgeben: