Deutsche Behörden warnen: Bei Chemikalien-Sensitivität / MCS kein Insektizid gegen Kopfläuse verwenden
Trotz hohem Hygienestandard sind auch in Deutschland Kopfläuse wieder auf dem Vormarsch. In Schulen, Kindergärten und dort wo viele Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, kann Gefahr bestehen, sich zu infizieren. Fängt es an zu jucken, ist mancher schnell in Panik und greift zu chemischen Mitteln zur Bekämpfung der Läuse. Die zur Wahl stehenden Präparate enthalten u. a. Permethrin, Pyrethrum, Allethrin oder Lindan. Alle diese Insektizide schädigen die Gesundheit. Deshalb raten Ministerien, Länder-, Bundesbehörden und Mediziner besonders Schwangeren, Stillenden und Personen mit MCS – Multiple Chemical Sensitivity (Chemikalien-Sensitivität) davon ab, diese gefährlichen, neurotoxischen Insektizide zu verwenden. (1-9)
Vorsicht bei toxischer Chemiekeule gegen Läuse
Die in Läusebekämpfungsmitteln eingesetzten insektiziden Wirkstoffe Permethrin, Pyrethrum, Allethrin und Lindan sind in der Toxikologie als gesundheitsschädlich eingestuft. Sie schädigen in erster Linie das Nerven- und Immunsystem. Selbst der Naturstoff Pyrethrum gilt als ein hochgradiger Allergie- und Asthmaauslöser. Synthetische Pyrethroide stehen unter Verdacht, Krebs auszulösen und das Erbgut zu schädigen.
Risikogruppen: Kinder, Schwangere und Chemikaliensensible
Das RKI – Robert Koch Institut und die BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (1,2,3) warnen eindringlich vor dem Einsatz von Insektiziden:
„Größere Aktionen in der Wohnung, wie etwa das Desinfizieren von Polstermöbeln oder die Behandlung von Teppichen mit Insektiziden, sind dagegen nicht nötig und – da es sich um Gifte handelt – eher schädlich“.
Für Schwangere und Stillende oder Personen, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity (Chemikalien-Sensitivität) leiden und Läusebekämpfungsmittel mit Pyrethrum oder Pyrethroiden erwägen, sprechen Behörden, Gesundheitsämter, Schulen und Mediziner auf ihren Informationsseiten eine weitere Warnung aus (1-9):
„…Während der Schwangerschaft und in der Stillzeit, bei MCS-Syndrom (multiple Überempfindlichkeit gegen chemische Substanzen) und Chrysanthemenallergie wird empfohlen, Kopfläuse rein mechanisch durch nasses Auskämmen mit dem Läusekamm zu entfernen.“
Kopfläuse lassen sich auch ohne Gift bekämpfen
Neben diesen beiden Warnungen, die im gleichen oder ähnlichen Wortlaut von zahlreichen Behörden, Schulen, Kliniken, Gesundheitsämtern, Gemeinden und Medizinern übernommen wurden, gaben die Bundesbehörden neben nassem Auskämmen noch weitere Ratschläge im Umgang mit Kopfläusen, durch die niemand Schaden nimmt (1,3):
Folgende Reinigungsmaßnahmen sind zu empfehlen:
- Kämme und Haarbürsten gründlich reinigen
- Handtücher, Leib- und Bettwäsche wechseln und bei mindestens 60 Grad waschen
- Mützen, Schals, Decken, Kopfkissen und Kuscheltiere wenn möglich ebenfalls bei mindestens 60 Grad waschen
- Textilien und Kuscheltiere, die nicht so heiß waschbar sind, für zwei Wochen in einem verschließbaren Plastikbeutel aufbewahren oder für einen Tag einfrieren
- Teppiche und Polstermöbel sowie Autositze und Kopfstützen sorgfältig absaugen
- Waschen von Textilien bei mindestens 60 Grad und gründliches Reinigen gemeinsam benutzter Gegenstände – ja!
Blinder Aktionismus, womöglich mit Desinfektionsmitteln oder Insektiziden – nein!
TIPP: Die informative, bebilderte 24-seitige Broschüre „Kopfläuse…was tun?“ kann kostenlos (bis 500Stk. von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung angefordert werden. Zusätzlich besteht auch auf der Webseite der bzga Möglichkeit die Broschüre „Kopfläuse – Was tun?“ herunterzulanden.
Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 19. April 2009
Literatur:
- RKI – Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte, Kopflausbefall (Pediculosis capitis), Aktualisierte Fassung vom Mai 2007 Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 47/2003
- BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, Broschüre Kopfläuse was tun? Mai 2004
- BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Kindergesundheit – Schaden Läusemittel meinem Kind, Download 2009
- Stadtgesundheitsamt Frankfurt, Der Magistrat, Sind Läusemittel giftig oder schädlich? Downloads 2009
- Stadtgesundheitsamt Frankfurt, Der Magistrat, Umgang mit Kopfläusen, 2005
- Gesundheitsamt des Schwarzwald-Baar Kreises, Merkblatt Kopfläuse, Downloads 2009
- Medical Tribune, Zweimal Chemie plus Kamm – So haben Kopfläuse keine Chance, Epidemiologisches Bulletin 2007; 20: 169 – 173
- Verwaltung Berlin Wilmersdorf, Merkblatt und zu unterschreibende Erklärung für Eltern, Download 2009
- Gesundheitsamt Freising, Infektionsschutz, März 2009
Liebe Silvia,
könnt Ihr diese pdf für CSN und seine Leser sichern?
Es ist doch wohl ein historischer Wendepunkt? Das Robert-Koch-Institut warnt vor dem Einsatz chemischer Mittel gegen Kopfläuse bei MCS Kranken!
Kopflausbefall (Pediculosis capitis)
RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte
Weitere Hinweise zur Therapie: Bezüglich der Anwendung und der möglichen Nebenwirkungen
sind die Angaben der Hersteller sorgfältig zu beachten. Bei fehlender Erfahrung sollte
ganz besonders bei der Behandlung von Kleinkindern ärztlicher Rat eingeholt werden. Während
der Schwangerschaft und in der Stillzeit, bei MCS-Syndrom (multiple Überempfindlichkeit
gegen chemische Substanzen) und Chrysantemenallergie wird empfohlen, Kopfläuse rein
mechanisch durch nasses Auskämmen mit dem Läusekamm zu entfernen.
http://www.pediculosis-gesellschaft.de/RKI-RatgeberKopflausbefall5-2007.pdf
Ob das alle Ärzte erreicht hat?
Ob es in allen Gesundheitsämter vorliegt?
Steht das denn mittlerweile auch auf der Patienteninformation dieser Mittel?
Diese Warnhinweise der deutschen Behörden, u. a. bei Multipler Chemikalien Sensitivität, keine herkömmlichen giftigen Läusebekämpfungsmaßnahmen einzusetzen, ist äußerst begrüssenswert. Ich hoffe genau wie Franz, dass diese Warnungmeldung alle entspechenden Institutionen, wie Ärzte, Kindergärten, Schulen etc. erreicht, damit die eindringlichen Empfehlungen der Behörden, auch entsprechend umgesetzt werden können, und Kinder und Chemikaliensensible vor weiterem Unheil, durch die Insektizide in herkömmlichen Läusemittel, bewahrt bleiben.
Das Robert Koch Institut hat endlich einmal realistische Fakten von Insektizid-belasteten Läusebekämpfungsmittel in Zusammenhang mit MCS gesprochen. Der Weg ist geebnet, ich hoffe, es folgen weitere Schritte.
Im Jahr 2007 hat das RKI diese Empfehlung gegeben. Was war in diesem Jahr ?
2007 hat man Lindan verboten:
„Lindan gehört zu den chlorierten Kohlenwasserstoffen. Es ist ein Kontakt-, Fraß- und Atemgift für erwachsene Läuse. Auch nachschlüpfende Larven werden durch die noch im Haar verbliebenen Lindan-Restmengen getötet. Die eiabtötende Wirkung wird kontrovers diskutiert.
Die Substanz darf nach europäischen Umweltrichtlinien seit Ende 2007 nicht mehr verwendet werden, weil sie als potenziell krebserregend gilt. Außerdem traten schwere Nebenwirkungen wie Missempfindungen, Unruhe, Zittern, Kopfschmerzen, Herzjagen, Erbrechen und Durchfall auf. Auch Todesfälle (Atemlähmung) kamen vor.“
http://www.apotheke-im-pluspunkt.com/Web-Dateien/Therapie_Praeparate.html
„In Deutschland gibt es etwa 1,5 Mio. festgestellte Kopflausfälle pro Jahr. Seit dem 31.12.2007 sind Lindan-haltige Läusemittel in Deutschland nicht mehr zugelassen. In Kalifornien gilt bereits seit 2002 ein Verbot für die Anwendung von Lindan zur Bekämpfung von Kopfläusen und Krätze. Eine im Dezember 2007 veröffentlichte Studie des National Institute of Environmental Health Sciences (NIEHS) zieht eine erste Bilanz….
Die kritische Ärzteschaft betont seit Jahren den Mangel an klinischen Studien zur Kopflaustherapie…“
http://www.pan-germany.org/deu/~news-724.html
Und 2007 gab es auch eine Studie:
„Ärzte Zeitung, 05.07.2007
Zur Therapie von Patienten mit Kopfläusen gibt es eine neue Option: ein Präparat mit physikalischem Wirkprinzip
Eine Vergleichsstudie mit dem neuen Dimeticone-haltigen Präparat (identisch mit Nyda® L) und 1-prozentiger Permethrin-Lösung hat ergeben: Mit Dimeticone hatten 95 Prozent der Kauflaus-befallenen Kinder schon am zweiten Tag keine lebensfähigen Läuse mehr.
An der Vergleichsstudie nahmen Kinder zwischen fünf und 15 Jahren teil, die besonders stark von Kopfläusen befallenen waren. Jedes Kind hatte 100 bis 200 Läuse. Am ersten und am achten Tag wurde entweder das Dimeticone-haltige Präparat oder 1-prozentige Permethrin-Lösung aufgetragen.“
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/haut-krankheiten/?sid=451598
Eigentlich sollte man annehmen, dass alle Gesundheitsämter die RKI Empfehlung auf ihrer Internetseite einstellen.
Gerade habe ich mal ein Update beim Gesundheitsamt Düren gemacht.
„Leider sind die gut wirksamen Läusemittel in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht anwendbar. Die Behandlung von Schwangeren, Säuglingen und Kleinkindern sollte nur nach ärztlicher Anleitung erfolgen. Auch bei Kopfhautentzündung sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden. Ansonsten spricht nichts gegen eine Behandlung in alleiniger elterlicher Regie. Entscheidend ist, dass die Gebrauchsanweisung des Läusemittels genau befolgt wird.“
http://www.kreis-dueren.de/a-z/53/merkblatt-kopflaeuse-betroffene.pdf
Und in Einzugsbereich dieses Gesundheitsamts gibt es MCS Kranke.
Komisch, warum wurde 2007 nicht über diese Änderungen der Bestimmungen und Empfehlungen zur Kopflausbehandlung in den Medien berichtet?
Habe ich da was verschlafen?
Was steht denn noch so im Internet.
Update ALLUM:
„Für einige dieser Medizinprodukte liegen Studien zur Wirksamkeit vor. Die Wirksamkeit ist meist etwas geringer als die der pyrethrum- bzw. pyrethroidhaltigen Präparate; die dimeticonhaltigen Mittel werden daher von Stiftung Warentest (September 2008) als „mit Einschränkung geeignet“ eingestuft. Während und nach der Anwendung sind offene Flammen fernzuhalten, da die Mittel leicht brennbare Bestandteile enthalten. Auch Haartrockner können gefährlich werden (Stiftung Warentest, Heft 03/2009, S. 81).
Bei Kopflausbefall während einer Schwangerschaft ist ihre Anwendung durchaus sinnvoll – dann sind sie insektizidhaltigen Präparaten vorzuziehen.
Die Deutsche Pediculosisgesellschaft gibt in ihrem Webauftritt einen Überblick über „Läusemittel mit Wirksamkeitsbeleg“.
Fazit
Bis breite Praxiserfahrungen mit neuartigen Läusemitteln vorliegen werden, wird man letztlich doch immer wieder auch Insektizide zur Kopflausbekämpfung einsetzen müssen. Dann wird wahrscheinlich gegen eine Behandlung mit einem pyrethroidhaltigen Shampoo nichts einzuwenden sein. Durch anschließendes „nasses Auskämmen“ wird der Behandlungserfolg verbessert.
Das Robert Koch-Institut hat im Sommer 2007 seine Empfehlungen zur Kopflaustherapie überarbeitet und empfiehlt nun ein kombiniertes Vorgehen mit chemischen, physikalischen und mechanischen Mitteln.
Autoren: Dr. M. Otto, Prof. K. E. von Mühlendahl
Stand: März 2009″
http://www.allum.de/therapie/pyrethroide-und-kopflausbekaempfung.html
„Die Träger von ALLUM
Das Informationsangebot wurde von der gemeinnützigen Kinderumwelt GmbH, einer Einrichtung des Dachverbandes der Deutschen Kinderärzte (DAKJ), mit Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstellt und mit Unterstützung der CWFG, Frankfurt/M. fortgeführt.
Seit November 2007 besteht eine Kooperation mit der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). “
http://www.allum.de/
Für alle Leser, die mit dem Kürzel CWFG nichts anfangen können:
Das hier zeigt Google bei der Suche nach dem Kürzel CWFG
Das Impressum einer Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft mbH
http://www.forum-chemie-macht-zukunft.de/Seiten/Ausgeblendet/impressum.aspx
Nachdem endlich Lindan verboten wurde – es ist dennoch weiterhin präsent- hoffe ich, daß auch Dimeticone (Erdölderivate; zum Teil pthalathhaltig) irgendwann (voraussichtlich erst dann,wenn es genügend Geschädigte gibt!)ebenfalls verboten werden. Ich empfinde es als fahrlässig, wenn von der Stiftung Warentest Dimeticone nur aufgrund des Kriteriums der Wirksamkeit bei der Beseitigung der Kopfläuse als „mit Einschränkung geeignet“ (siehe Zitat im Kommentar von Jaliane 15.05 Uhr,8.Mai) eingestuft werden. Ich kann diese Substanzen nicht als Alternative akzeptieren.
Es wurde nun auch endlich einmal Zeit, dass deutsche Behörden endlich im Zusammenhang von Insektiziden und Chemikalien, Klartext und Tacheles reden. Nervengifte und Chemikalien sind für niemanden gesund, für Menschen, deren Immunsystem noch nicht entwickelt oder angegriffen ist, oder für Chemikaliensensible, können die Chemikalien derartiger Produkte zu schweren gesundheitlichen Beschwerden führen.
Hoffentlich finden diese Meldungen auch bei den entsprechenden Stellen Gehör und Anwendung. Aber allzu oft bleibt es bei erteilten Warnhinweisen, an die sich niemand hält.
Noch ein Blick ins Internet.
Was schreibt Wikipedia über die Kopflaus ?
Update Wiki
„Wichtige Hinweise
Kinder im Säuglingsalter, Kleinkinder, Schwangere und stillende Mütter sowie Allergiker sollten vor Anwendung eines chemischen Mittels unbedingt einen Arzt konsultieren. “
Diese Seite wurde zuletzt am 24. Januar 2009 um 12:49 Uhr geändert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kopflaus
Na so was, man kennt die Epfehlungen des RKI und setzt Weblinks:
Einzelnachweise
↑ Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin Nr. 20 vom 18. Mai 2007
Weblinks
Kopflausbefall – Informationen des Robert Koch-Instituts
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Bestellung und Download der pdf-Broschüre Kopfläuse … was tun? (auf deutsch, türkisch und russisch)
http://de.wikipedia.org/wiki/Kopflaus
Warum Schreiben die Autoren der freien Enzyklopädie Wikipedia „Allergiker“ wo es im Originaltext heißt:
„Während der Schwangerschaft und in der Stillzeit, bei MCS-Syndrom (multiple Überempfindlichkeit gegen chemische Substanzen) und Chrysanthemenallergie wird empfohlen, Kopfläuse rein mechanisch durch nasses Auskämmen mit dem Läusekamm zu entfernen“
Warum verschwindet bei Wiki „MCS-Syndrom (multiple Überempfindlichkeit gegen chemische Substanzen) “ ?
Wer kennt sich mit der Qualitätskontrolle bei Wiki aus?