Pestizide verstärken das Risiko, an Parkinson zu erkranken, um 75 Prozent

Pestizide verstärken das Risiko an Parkinson zu erkranken

Pestizide verstärken das Risiko an Parkinson zu erkranken

Parkinson gehört zu den neurodegenerativen Krankheiten, deren Häufigkeit in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Pestizide stehen als Ursache schon seit Jahren zur Debatte. Wissenschaftler der renommierten UCLA, der zweitältesten Universität in den USA, haben durch eine neue Methode den Beweis erbracht, dass zwei in der Landwirtschaft häufig verwendete Pestizide bei Bewohnern der Region das Risiko, an Parkinson zu erkranken, um 75% erhöht. Die der Krankheit zugrunde liegende Pestizidexpositionen können sogar Jahre zurückliegen.

Die fruchtbare Erde in Kaliforniens Central Valley hat die Region als eine der wichtigsten Anbauregionen in den USA, über lange Zeit berühmt gemacht. Aber es ist nicht nur die Erde, die diese Produktivität erlaubt. Feldfrüchte wie Kartoffeln, getrocknete Bohnen und Tomaten werden seit langem mit dem Fungizid Maneb und dem Herbizid Paraquat vor Schädlingen und Unkraut geschützt.

Wissenschaftlern ist bekannt, dass solche Pestizide in Tiermodellen und Zellkulturen neurodegenerative Prozesse auslösen, die zu Parkinson führen können. Jetzt haben Wissenschaftler der UCLA, University of California Los Angeles, zum ersten Mal den Beweis für ähnliche Prozesse beim Menschen erbracht.

In einer neuen epidemiologischen Studie fanden Wissenschaftler heraus, dass bei Anwohnern des Central Valley, bei denen Parkinson diagnostiziert worden war, frühere jahrelange Exposition gegenüber den beiden Pestiziden Maneb und Paraquat das Risiko, an Parkinson zu erkranken, um 75% erhöhte. Weiterhin fanden die Wissenschaftler heraus, dass bei Personen, die 60 Jahre und jünger waren und bei denen Parkinson diagnostiziert wurde, frühere Exposition gegenüber Pestiziden deren Risiko, an Parkinson zu erkranken, um das vier- bis sechsfache erhöhte.

Am 15. April hatten Beate Ritz, Professorin für Epidemiologie an der UCLA School of Public Health und Sadie Costello, ein ehemaliger Doktoralstudent, der jetzt an der University of California, Berkeley, beschäftigt ist, im American Journal of Epidemiology über ihre Ergebnisse berichtet. Sie gaben bekannt, dass Central Valley Bewohner, die zwischen 1974 und 1999 im Umkreis von 500m von gesprühten Feldern lebten, ein um 75% erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken, hatten.

Ergänzend stellten die Wissenschaftler fest, dass Personen, bei denen Parkinson im Alter von 60 Jahren oder jünger diagnostiziert wurde, ein noch weitaus höheres Risiko hatten, wenn sie Maneb, Paraquat oder beiden Pestiziden in Kombination in den Jahren zwischen 1974 und 1989 ausgesetzt waren. Jahre, in denen sie Kinder, Teenager oder junge Erwachsene waren.

Die Wissenschaftler hatten 368 Langzeitbewohner der Region Central Valley, die unter Parkinson litten, und 341 Personen als Kontrollgruppe in ihre Studie aufgenommen.

Parkinson ist eine Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die häufig motorische Fähigkeiten, die Sprache und andere Funktionen beeinträchtigt. Es wurde berichtet, dass die Krankheit bei einer hohen Anzahl von Bauern und Bewohnern ländlicher Gegenden auftritt, was die Hypothese stützt, dass landwirtschaftliche Pestizide teilweise dafür verantwortlich sein können.

Bis jetzt waren jedoch Expositionsdaten von Menschen noch nicht verfügbar, größtenteils, weil es zu schwierig ist, die umweltbedingte Exposition gegenüber einem spezifischen Pestizid zu messen.

„Weil die Pestizide aus der Luft oder auf dem Boden ausgebracht werden, können sie unbeabsichtigt in Gelände abdriften, fernab des Areals, das behandelt wurde. Dies geschieht oft in messbaren Konzentrationen, die später in der Luft, in Pflanzen und in Tieren festgestellt werden können und die mehrere hundert Meter vom eigentlichen Gelände entfernt sind, das mit Pestiziden behandelt wurde. Exakte Methoden zur Abschätzung umweltbedingter Expositionen in ländlichen Gemeinden sind seit langer Zeit bitter notwendig gewesen“, sagte Ritz, die Leiterin der Studie und Vizeleiterin der epidemiologischen Abteilung der School of Public Health.

Also entwickelten Ritz, Costello und ihr Kollege Myles Cockburn von der University of Southern California ein Tool für ein spezielles geographisches Informationssystem, das die Exposition gegenüber Pestiziden, die auf landwirtschaftlichen Feldern aufgebracht wurden, bei Menschen misst. Dieses GIS Tool kombiniert Karten hinsichtlich Landnutzung und Berichte über Pestizidverbrauch des kalifornischen Staates. Jede Aufzeichnung bezüglich Pestizidverbrauchs enthält den genauen Namen des Wirkstoffes des Pestizids und die Menge, die aufgebracht wurde, die Fläche des Feldes, die Aufbringungsmethode und das Datum der Applikation.

Die Forschungsteilnehmer waren in den Jahren zwischen 1998 und 2007 zusammengestellt worden. Es wurden Telefoninterviews durchgeführt, um deren demographischen Aufenthaltsort und die Expositionsinformationen zu ermitteln. Den betreffenden Personen wurden vor deren Befragung detaillierte Ermittlungsbögen hinsichtlich des Verlaufs des Wohnsitzes zugeschickt. Die Angaben wurden persönlich oder per Telefon überprüft. Die Wissenschaftler zeichneten die vollständige Wohnsitzhistorie auf, ergänzten die Daten und schätzen die umgebungsbedingte Exposition für alle historischen Adressen ab, an denen die Teilnehmer zwischen 1974 und 1999 gewohnt hatten, dem Zeitraum, der von den Pestizidverwendungsdaten abgedeckt wurde. All diese Daten trugen sie in das System ein.

„Die Ergebnisse bestätigen zwei vorhergehende Beobachtungen aus Tierversuchstudien“, sagte Ritz. „Eine, dass wenn man mehreren Chemikalien ausgesetzt ist, dies den Effekt einer Chemikalie verstärken kann. Das ist wichtig, weil Menschen oft mehr als einem Pestizid in ihrer Umgebung ausgesetzt sind. Zum Zweiten, das das Timing der Exposition ebenfalls wichtig ist.“

Ritz merkte an, dass dies die erste epidemiologische Studie sei, die starken Beweis erbringt, dass die Pestizide Maneb und Paraquat, um neurotoxische Wirkung zu entfalten, synergistisch wirken und das Risiko an Parkinson zu erkranken bei Menschen dadurch stark erhöhen.

„Von ganz besonderer Wichtigkeit, ist es,“ sagte Ritz, „und das ist konsistent mit anderen Theorien hinsichtlich des Fortschreitens der Parkinsonpathologie,  dass die Daten darauf hindeuten, dass das kritische Fenster der Exposition gegenüber Giftstoffen scheinbar Jahre vor dem Beginn der motorischen Symptome gewesen sein kann, also lange bevor eine Parkinson Diagnose gestellt wurde.“

Anmerkung: Alle Studienautoren bekundeten, dass keinerlei Interessenskonflikte bestehen. Die Forschung wurde von folgenden Behörden und Institutionen unterstützt: National Institute of Environmental Health Science, National Institute of Neurological Disorders and Stroke, Department of Defense Prostate Cancer Research Program. Die Pilotstudie wurde von der American Parkinson Disease Association unterstützt.

Übersetzung:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Netwok, 24. April 2009

Literatur:
UCLA, Press Release, Mark Wheeler, Pesticide exposure found to increase risk of Parkinson’s disease, 4/20/2009

Bildmaterial: Mark Wheeler

3 Kommentare zu “Pestizide verstärken das Risiko, an Parkinson zu erkranken, um 75 Prozent”

  1. Energiefox 28. April 2009 um 10:48

    Nicht nur Pestizide werden eingesetzt, nein täglich finde ich Müll. Diesen Müll habe ich überwiegend zwischen
    2 Äckern gefunden. Habe es der Stadt Lingen (Ems) geschickt und gesagt sie sollen es mal den Verantwortlichen
    als Speise vorsetzen damit sie kapieren wir haben ein Müllpromblem. Die antworten mir bis jetzt immer
    es wäre schwer vermittelbar das Problem. Sie sollen es endlich mal versuchen!!!!

    Man kann Angst und Bange bekommen hier auf dem Land, konfrontiert mit Gift und Müll. Ich lebe in der Nähe von Äckern. Auf der anderen Seite des Hauses ein kleiner Restwald mit einem Speichersee (Emsland, Geeste). Auf dem 1. Bilck Idylle pur. Nur der Wald auch vermüllt und sogar Autos fahren dort. Manchmal denke ich in den Städten lebt es sich in bestimmten Gegenden besser.
    http://img79.imageshack.us/img79/4563/amacker.jpg

    Ich möchte ergänzen das Foto zeig nur ein Teil des Müll den ich gestern
    dort fand.
    Mit den Pestiziden es ist natürlich um einiges schlimmer als das Müllproblem. Nur beides wird meiner Meinung von denen die die Macht haben verharmlost. Wir haben leider nur die Macht zu protestieren.

    Gruß Energiefox der gestern absolut keine Lust mehr hatte den Müll von
    anderen Leuten auf zu sammeln. (immer noch freiwilliger Müllpate)

  2. Franz 28. April 2009 um 16:51

    Ach wie sich Wikipedia irrt:

    „Maneb ist praktisch ungiftig, aber möglicherweise fruchtschädigend, kann also das Kind im Mutterleib schädigen.“

    Maneb ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Dithiocarbamate die als Pflanzenschutzmittel bei Pilzerkrankungen eingesetzt wird. Es liegt als gelbliches, gering wasserlösliches Pulver vor. Maneb taucht als Rückstand immer wieder in Früchten und Gemüse auf.

    Maneb wird als Pflanzenschutzmittel bei Pilzerkrankungen (Fungizid) eingesetzt. So zum Beispiel gegen Kraut- und Braunfäule (Phytophthora) und die Dürrfleckenkrankheit (Alternaria) an Kartoffeln und Tomaten, gegen Falschen Mehltau und Rostpilze an Zierpflanzen und gegen Blauschimmel (Peronospora tabacina) bei Tabak.[4] Im Jahr 2007 wurden zwischen 100 und 250 t Maneb in Deutschland eingesetzt
    http://de.wikipedia.org/wiki/Maneb

    BASF-Maneb-Spritzpulver

    Anwendungsverbot seit dem: 31.12.2007
    Zeitablauf einer Zulassung nach § 15 oder § 15b PflSchG

    Schreibt die Raiffeisen.com GmbH & Co. KG

    http://www.raiffeisen.com/pflanzen/psm-manager/splitParams/3/F/f/0/030727-00

  3. Franz 28. April 2009 um 17:16

    Das weiss Wikipedia schon über Paraquat

    Paraquat ….. als Kontaktherbizid eingesetzt wird. Sie wurde von der englischen Firma Imperial Chemical Industries (deren Agrarsparte heute Teil der Schweizer Syngenta ist) 1955 entwickelt und kam 1962 erstmals unter dem Handelsnamen Gramoxone® auf den Markt.

    Die US-Umweltbehörde EPA stufte Paraquat als möglicherweise krebserregend und als schwach mutagen ein. Bei hohen Dosen kann eine fruchtschädigende Wirkung auftreten.

    Problematisch ist der Einsatz von Paraquatpräparaten durch Kleinbauern in Entwicklungsländern, die Pflanzenschutzmittel oft ohne die notwendigen Schutzmaßnahmen anwenden.

    In mehreren Ländern wie z.B. Finnland, Schweden, Österreich und der Schweiz ist Paraquat nicht mehr zugelassen. Als Malaysia Paraquat verbieten wollte, kam es zu einem Konflikt zwischen den staatlichen Behörden und dem größten Hersteller von Paraquatpräparaten. Der Europäische Gerichtshof hat am 11. Juli 2007 in erster Instanz die Zulassungsrichtlinie für Paraquat aufgehoben, womit die Zulassung in Deutschland, bis eine neue Zulassung erfolgt, ruht.[8][3] Inzwischen bereitet Syngenta den Wiederzulassungsantrag vor.[9]

    http://de.wikipedia.org/wiki/Paraquat

    Der Hersteller

    Syngenta bereitet neuen EU-Zulassungsantrag für Paraquat vor:

    Basel, Schweiz, 09. Oktober 2007

    Umfassende Studien belegen die Sicherheit von Paraquat für Anwender, Verbraucher und die Umwelt. Syngenta setzt sich intensiv für eine sichere Anwendung ihrer Produkte einschliesslich Paraquat ein und bietet umfassende Stewardship- und Trainingsprogramme an. Im vergangenen Jahr wurden weltweit über 3,4 Millionen Bauern in der sicheren Anwendung von Pflanzenschutzmitteln geschult.

    http://www.syngenta.com/NR/rdonlyres/9C9E95AB-EFD5-47F5-BDAB-B7F2DD94ABEC/3580/20071009SyngentabereitetneuenEUZulassungsantragfür.pdf

    Umfassende Studien belegen die Sicherheit von Paraquat für Anwender, Verbraucher und die Umwelt?

    Syngenta wird umdenken müssen!

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