Berkeley Studie: Schutz vor Pestiziden auch bei sachgerechter Anwendung nur bedingt möglich

Pestizide ruinieren die Gesundheit

Die Wenigsten schätzen die Gefahr von Pestiziden richtig ein

Pestizide sollten generell nur unter Beachtung umfassender Schutzmaßnahmen und mit entsprechender Schutzausrüstung ausgebracht werden. Der professionelle Umgang mit diesen toxischen Chemikalien ist durch behördliche Richtlinien geregelt. Im nicht professionellen Bereich achten jedoch die wenigsten Anwender auf sorgsamen Umgang mit diesen Gefahrstoffen. Wie wichtig Schutzmaßnahmen und Schutzkleidung sind, verdeutlicht das jüngste Forschungsergebnis der Berkeley University. Ein Wissenschaftlerteam stellte fest, dass selbst die behördlichen Richtlinien nicht ausreichen, um sich gänzlich vor Pestizidbelastung zu schützen.

Professioneller Umgang mit Pestiziden behördlich geregelt
Für den professionellen Umgang mit Pestiziden gibt es in vielen Ländern behördliche Richtlinien, um den Anwender weit möglichst vor Gesundheitsschäden und Vergiftung zu schützen. Sie umfassen u. a. Empfehlungen, welche Kleidung der Anwender tragen soll, und dass die Kleidung sauber sein soll und nicht mehrfach getragen, da sie dann Pestizidrückstände vormaliger Anwendungen aufweisen kann. Auch Schutzmaßnahmen, wie das Tragen von Handschuhen und Schutzbrille, werden in solchen Richtlinien und auf den Sicherheitsdatenblättern der Hersteller aufgeführt. Weiterhin sind besondere Verhaltensmaßnahmen in solchen Richtlinien verankert, um dem Pestizidanwender höchsten Schutz zu garantieren.

Helfen Schutzmaßnahmen und Schutzkleidung?
Um zu herauszufinden, ob Schutzmaßnahmen, Schutzkleidung und besondere Verhaltensregeln einen Einfluss auf den Anwender und dessen Expositionswerte gegenüber Pestiziden hat, untersuchte ein Wissenschaftlerteam der University of California in Berkeley Arbeiter auf Erdbeerfarmen und deren Pestizidbelastung.

Pestiziden mit Laboranalytik auf der Spur
Das Arbeitsschutzverhalten der Farmarbeiter wurde anhand von anamnestischen Berichten und spezifischer Laboranalytik ermittelt. Die Berkeley Wissenschaftler untersuchten die Exposition gegenüber Organophosphat Pestiziden, indem sie die Metaboliten im Urin (DMAP und MDA) ermittelten.

Höhere Belastung als Allgemeinbevölkerung
Die Wissenschaftler stellten fest, dass das Tragen von empfohlener Schutzkleidung, sauberer Kleidung, die Kombination von Händewaschen mit Seife und das Tragen von Schutzhandschuhen im engen Zusammenhang standen mit Reduzierung der DMAP und MDA Metaboliten. Doch trotz dieser Schutzmaßnahmen wiesen die Studienteilnehmer signifikant höhere Werte auf als der Bevölkerungsdurchschnitt, der durch nationale Referenzproben ermittelt wurde.

Schutzmaßnahmen und Schutzkleidung nutzen nur bedingt
Das Berkeley Team schloss aus dem Ergebnis der Studie, dass Schutzmaßnahmen insgesamt gesehen zwar geeignet sind, um Pestizidexposition bei Arbeitern effektiv zu reduzieren, dass jedoch weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die verschiedenartigen Belastungen der Arbeiter weiter zu reduzieren.

Weiterhin wiesen die Wissenschaftler aus Kalifornien darauf hin, dass es notwendig sei, die Möglichkeit der „take home“ Exposition zu reduzieren, um die Familien vor Pestizidexposition bspw. durch kontaminierte Arbeitskleidung, die meist nach der Arbeit mit ins Haus gebracht wird, zu reduzieren.

Risikofaktor Pestizide aus dem privaten Bereich verbannen
Privatpersonen, die Pestizide im Garten oder im Haus anwenden, tragen in den allerseltensten Fällen Schutzkleidung oder wissen, wie man sachgemäß mit Pestiziden umgeht. Die Gefährlichkeit und die Risiken, eine Vergiftung zu erleiden, werden weitgehend unterschätzt. Tritt eine Vergiftung ein, sind die Symptome oft diffus und werden daher nicht als Vergiftung eingeordnet. Hersteller entziehen sich der Haftung, indem sie auf der Produktverpackung mitteilen, dass bei sachgemäßer Anwendung keine Gefahr bestünde. Wie eine völlig sachgemäße Anwendung aussehen soll, wird in der Regel jedoch nicht mitgeteilt.

Da die Studie aus Kalifornien zeigt, dass selbst bei sachgemäßer Anwendung mit Aufnahme der Pestizide im Körper zu rechnen ist, sollten Privatpersonen alarmiert sein und sich nach ungiftigen Alternativen umsehen, anstatt sich einem für sie nicht kalkulierbaren Risiko auszusetzen.

Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 2. Oktober 2008

Literatur:
Salvatore AL, Bradman A, Castorina R, Camacho J, López J, Barr DB, Snyder J, Jewell NP, Eskenazi B.. Occupational behaviors and farmworkers‘ pesticide exposure: findings from a study in Monterey County, California, Center for Children’s Environmental Health Research, School of Public Health, University of California, Berkeley, California 94720-7380, USA., Am J Ind Med. 2008 Oct;51(10):782-94.

6 Kommentare zu “Berkeley Studie: Schutz vor Pestiziden auch bei sachgerechter Anwendung nur bedingt möglich”

  1. Juliane 3. Oktober 2008 um 22:51

    Zitat:

    „Da die Studie aus Kalifornien zeigt, dass selbst bei sachgemäßer Anwendung mit Aufnahme der Pestizide im Körper zu rechnen ist“

    Da fällt mir doch ein, was uns der Wannsee-Schwimmer im Sommer
    berichtet hat:

    „Bei der Diskussion um Pestizide, äußerte Dr. Straff vom UBA, Pestizide seien bei korrekter Anwendung unschädlich“

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/06/22/wannsee-schwimmer-berichtet-fachgespraech-wenn-umwelt-krank-macht-muss-die-politik-handeln/

    Dann sollten wir Herrn Dr. Straff einen Bildungsurlaub bei dem Wissenschaftlerteam der University of California
    empfehlen..

    Man lernt doch nie aus….

  2. Realityshow 4. Oktober 2008 um 22:15

    Hi Juliane,

    da kann man mal wieder sehen, welche Experten auf uns alle losgelassen werden…

  3. Energiefox 5. Oktober 2008 um 15:30

    Habe unter Umweltaktivist … im Blog berichtet, bei mir in Lingen Ems am Speichersee (Geeste) wurde Gift benutzt um die gepflasterten Gehwege von Gras zu befreien. Jetzt wächst das Gras schon wieder durch, mir hat ein Arbeiter gesagt, das tote Gras würde mit einer Maschine abgebürstet. Ist aber nicht geschehen, so wie ich es erkennen kann. Habe ja unter unglaublich schwierigen Bedingungen geschafft auf das Problem aufmerksam zu machen.

    Bei den Behörden hier in Niedersachsen ist anscheinend keiner zuständig.

    Sogar der Umweltminister aus Niedersaschen ist informiert. Nur ich habe bis jetzt keine Nachricht bekommen, wird diese unsinige Giftspritzerei jetzt weiter genehmigt oder nicht, die Behörde antwortet nicht mehr.

    Mir scheint es so, als ob das Problem einfach mal so ausgesessen wird.

    Gute Nacht Umweltschutz in Niedersachsen.

    Ich bin jetzt kein Jurist, aber ich meine, der Bürger hat laut Europarecht ein Recht auf Auskunft innerhalb einer angemessenen Zeit.

  4. Holger 6. Oktober 2008 um 14:07

    Das ist schon heftig, dass man trotz Einhaltung sämtlicher Schutzmaßnahmen der Gefahr läuft, gesundheitliche Schäden bei der Anwendung von Pestiziden davonzutragen. Abgesehen davon, habe ich bisher keinen einzigen Bauern gesehen, der beim Aufbringen von Pestiziden Schutzkleidung trug. Gesundheitsschädigende Spätfolgen sind also vorprogrammiert. Bei Gärtnern oder Hobbygärtnern, die ebenfalls immer öfter zur Chemiekeule greifen, habe ich bisher ebenfalls nie Schutzkleidung gesehen. Gerade bei der Anwendung von Herbiziden und Pestiziden im privaten Bereich, werden mögliche Gesundheitsstörungen m. E. völlig unterschätzt.

    Die Chemiekeule im eigenen Garten finde ich sowieso völlig fehl am Platz. Es gibt bestimmt andere Mittel und Wege, um sich Ungeziefer und Unkraut fernzuhalten.

  5. Emily Erdbeer 26. Oktober 2008 um 17:19

    Diese Berkeley Erkenntnisse müssten der Startschuß sein um endlich Alternativen zu toxischen Pestiziden einzusetzen. Was muss in einem Park, auf einem Schulgelände oder sogar auf dem Friedhof mit hochgiftigen Pestiziden hantiert werden? Völlig überflüssig und gefährlich für Mensch, Tier und Umwelt.

  6. T-Rex 16. November 2008 um 20:44

    Nicht ganz das Thema, aber trotzdem ein Erfolg, der eine „Ära“ zu Ende gehen läßt. Mottenkugel sind nach EU Recht jetzt verboten. Der typische „Oma-Gift-Geruch“ hat abgedankt.

    http://www.telegraph.co.uk/news/newstopics/howaboutthat/3463893/Holy-straight-bananas–now-the-Eurocrats-are-banning-moth-balls.html

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