Ist Pillenschlucken die neue Volkskrankheit?

thommy-blog.jpgFreiverkäufliche Medikamente werden bei uns so stark umworben wie nie zuvor. Die Medien überfluten mit Werbespots für Arzneien, Diät- und Vitaminpräparate – für jeden Zweck quasi das passende Mittelchen. Zeitungen sind ebenfalls vollgestopft mit Medikamentenwerbung, die uns die schnelle und einfache Lösung für fast jedes medizinische Problem vorgaukeln. Pille einwerfen und schon geht´s wieder!

Stürzt das Kind, dann gibt man am besten gleich eine Wund- und Heilsalbe.
Bei Kopfschmerzen nimmt man sofort eine Schmerztablette, damit man alle Aktivitäten ungehindert wahrnehmen kann. Für Magenschmerzen und Völlegefühl nach zu fettem Essen oder zu viel Alkohol gibt ja Säurehemmer.
Gegen Rückenschmerzen am besten gleich eine Salbe auftragen oder ein Wärmepflaster.
Überflüssige Pfunde bekämpft man mit Pülverchen aus der Apotheke und das Abnehmen geht fast von selbst, ganz ohne Sport, so die Werbung. Auch Erkältungsmittel werden uns noch und nöcher angepriesen.

Die sorglose Einnahme der verschiedensten Medikamente, diese wohlmöglich miteinander kombiniert, sollte uns vorsichtig stimmen, das kann nicht gut gehen. Alt bewährte Heilmittel geraten durch den Trend der schnellen unkomplizierten Selbstmedikation in den Hintergrund. Das Wissen um diese oftmals sehr wirkungsvollen und gut verträglichen Hausmittel geht völlig verloren.

Anstatt sich maßlosen Essattacken und übermäßigem Alkoholkonsum hinzugeben, rate ich auf die Alarmsignale des Körpers zu achten, seinen Lebensstil zu korrigieren, sich zu bewegen und auch mal versuchen, ein Zipperlein auszuhalten. Man muss nicht wegen jeder Kleinigkeit sofort zur Keule greifen, einige Beschwerden vergehen von selbst. Die Pharmaindustrie freut sich, deren Rechnung geht auf, wie die Pressemeldungen über ständige Umsatzsteigerungen bestätigen. Die Werbung macht sich bezahlt, denn deren Kasse klingelt!

Ein Spaziergang oder Ruhe bewirken oft Wunder bei Kopfschmerzen und erspart so manche bittere Pille. In meiner Kindheit gab es bei kleineren Blessuren nicht gleich ein Wundheilungspräparat. Bei uns galt die Devise „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, Pflaster drauf und die Wunden heilten ganz von alleine. Durch den epidemieartigen Bewegungsmangel unseres Zeitalters, sind Übergewicht, Rücken- und Gelenkprobleme die reinsten Volkskrankheiten. Hier würden mehr Bewegung, wie z. B. Nordic Walking, Schwimmen, Fahrradfahren, spezielle Gymnastikübungen für den Rücken dazu beitragen, dass diese Erkrankungen erst gar nicht entstehen bzw. sie sich auf gesunde Weise regulieren. Die Dicksten in ganz Europa zu sein, ist keine besondere Ehre. Ausreichend Bewegung und sportliche Aktivitäten, fettarme und gesunde ausgewogene Ernährung verhelfen zum gesünderen Abnehmen als die Drinks aus der Apotheke.

Die medikamentenlastige allgegenwärtige Werbung suggeriert uns, die Einnahme von Medikamenten als harmlose Normalität anzusehen. Aber weit gefehlt, es sollte uns hingegen bewusst sein, dass Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Es handelt sich um synthetisch hergestellte Präparate, sprich chemische Stoffe, angereichert mit Aromen und anderen Hilfsstoffen, deren negative Auswirkungen, ebenfalls nicht zu unterschätzen sind. Durch den Standartsatz „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“, soll die Alltagstauglichkeit unterstrichen oder vorgetäuscht werden. Allerdings ist ein weiteres nicht zu unterschätzendes Risiko, die Selbstmedikation, denn Kombination verschiedener Präparate kann ungeahnte Folgen haben.

Wir stopfen uns gedankenlos voll mit Arzneimittel ohne über die möglichen  Folgen nachzudenken. Dass viele medizinische Studien das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt werden, wissen die meisten Leute leider nicht. Der SWR berichtete im vergangenen Jahr, dass davon auszugehen ist, dass bis zu 90 Prozent der Pharmastudien in irgendeiner Form manipuliert sind:

Euer Thommy

11 Kommentare zu “Ist Pillenschlucken die neue Volkskrankheit?”

  1. Eric 10. März 2008 um 23:10

    Die Ärzte setzen allem dann die Krone auf, in dem sie viel zu schnell dabei sind mit dem Verschreiben. Und von wegen, „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker”! Über mögliche Nebenwirkungen und Risiken klären einem die Ärzte eigentlich nicht auf. Das ist meine bisherige Erfahrung. Und ich war schon bei vielen Ärzten, bei sehr vielen.

  2. Henriette 11. März 2008 um 08:46

    Ich finde auch, dass Pillenschlucken ein Problem unserer Gesellschaft ist. Leichtsinnigkeit im Umgang mit Medikamenten kann ungeahnte Folgen mit sich bringen, man wird schnell abhängig von Schmerzmittel & Co.

    Außerdem verweichlichen die Deutschen zunehmends, durch den schnellen Griff zur Pille für alle Lebenslagen. Das fängt wie von Thommy beschrieben, bereits bei unseren Kindern an, die schon bei kleinen Wehwehchen von ihren Eltern medikamentös versorgt werden. Was wird aus ihnen, wenn sie groß sind? Ihnen wird das Pillenschlucken ja quasi anerzogen.

  3. Analytiker 11. März 2008 um 13:17

    Ärzten wird zunehmend der Geldhahn zugedreht, manche Hausarztpraxis wird zukünftig schließen müssen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der ein oder andere von ihnen, kleine Sahnestückchen der Pharmareferenten annehmen werden, mit denen sie für das häufige Verschreiben derer Medikamente belohnt werden.
    Die Korruption ist auch hier angekommen, da bin ich mir sicher.

  4. Spider 13. März 2008 um 15:29

    Der Einfluss der Werbung trägt Früchte. Geschickt stellen es die Pharmafirmen an und binden immer mehr Kinder in Arzeimittelwerbung mit ein. Der Hustensaft oder das immunstärkende Präparat schmecken so lecker, da möchten die Kinder noch eine extra Ration. Ich finde das extrem daneben!

  5. Analytiker 14. März 2008 um 21:50

    Im SWR kam gestern in der Sendung Odysso ein Beitrag über „Medizinische Studien: Scheinforscher“.

    http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=3116992/k304e6/index.html

    Textauszug zum Link:

    Es ist schon erstaunlich: Da gibt es gut wirkende Medikamente, und trotzdem kann sich ein neues Präparat, das zwar nicht besser wirkt aber erheblich teurer ist, auf dem Markt durchsetzen und gewaltige Umsätze machen. Mit Steigerungen von über 20 Prozent im Jahr. Wie kann den Pharmaunternehmen ein solcher Marketingcoup gelingen? Odysso ist dieser Frage nachgegangen, denn schließlich sind die Beitragszahler diejenigen, welche die etwa 26 Milliarden Euro aufbringen, für die allein bei uns pro Jahr Medikamente verkauft werden. Und die Kosten explodieren weiter. Es fällt ein schwerer Verdacht auf die Industrie…

    …Verlockende Angebote der Pharmareferenten

    Viele Ärzte empfangen außerhalb der Sprechzeiten Pharmareferenten. Diese Vertreter informieren den Arzt über die Medikamente ihrer Pharmafirmen, bringen jede Menge Werbematerial mit und manchmal – manchmal machen sie dem Arzt auch ein verlockendes Angebot:

    „Anwendungsbeobachtung“ heißt das Zauberwort. Die Idee: der Arzt gibt der Pharmafirma Informationen über seine Erfahrungen mit einem bestimmten Medikament und bekommt dafür ein Honorar. Das ist eigentlich nichts Verwerfliches und Arzneimittelhersteller sind manchmal sogar verpflichtet, solche Untersuchungen zu machen…

    Aber lest selbst weiter, es lohnt sich!

    Gruß Analytiker

  6. Joana 26. März 2008 um 10:05

    Ich finde dass der Griff zu Medikamenten viel zu häufig und sorglos geschieht. Immerhin haben Medikamente Nebenwirkungen, die oft nicht zu unterschätzen sind, die aber viel zu leichtsinnig ohne Nachzudenken in Kauf genommen werden. Die Leichtfertigkeit im Umgang mit Pillen und Tröpfchen unserer Zeit, wird ebenfalls beim Arztbesuch untermauert. Früher bekam man beim Mediziner seines Vertrauens auch einmal einen Ratschlag zur Anwendung eines lang bewährten Hausmittels, aber ich denke die Abhängigkeit zu den Pharma-Riesen macht sich auch hier deutlich bemerkbar.

    Was ich immer vermisse, dass die Mediziner großzügig Präparate verschreiben, aber über mögliche Nebenwirkungen und über mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten unzureichend informieren bzw. überhaupt nicht aufklären. Kontaktiere ich neue Ärzte, gehen diese bei mir als MCS-Patientin nicht ausreichend bzw. überhaupt nicht auf meine angegebene Medikamentenunverträglichkeiten ein. Meist schauen sie mich ungläubig mit großen Augen an und drücken mir dennoch ihr Rezept in die Hand – eine Entwicklung die zum Nachdenken anregen sollte. Gleichgültige Ärzte sind eine Gefahr für die Patienten, das ist jedenfalls meine Meinung.

    Bei der Anwendung der freiverkäuflichen Medikamenten sieht es nicht besser aus. Apotheker verkaufen auch nur, Aufklärung gleich null.

  7. Janik 5. April 2008 um 12:50

    Medikamente werden viel zu leichtsinnig verschrieben und von vielen Patienten zu oft vom Arzt verlangt. Gesunde Lebensweise ist vielen zu mühseelig, da wird lieber geschluckt, ust ja so schön bequem.

    Übelst ist das Einwerfen von Psychopharmaka, statt die eigene Psyche zu pflegen und sich auch nicht von jedem Arzt eine Psychodiagnose als dessen Hilfsdiagnose, nebst Pillchen, aufzwängen lassen. Nicht überall wo Psycho attestiert wird, ist Psycho tatsächlich die Ursache!

  8. Mary-Lou 11. April 2008 um 17:22

    Pillenschlucken ist schon zur Volkskrankheit geworden, denn so leichtfertig wie der Umgang mit Medikamenten heute vonstatten geht, hat man früher keine Arzneien eingenommen. Medikamente werden fast wie Lebensmittel oder was ganz Harmloses dargestellt und die möglichen gesundheitlichen Folgen werden nicht ausreichend genug in Betracht gezogen.

    Allerdings, verordnet einem der Arzt keine Medikamente, ist es den meisten Patienten auch nicht recht.

    Ich finde Medizin wird heute bei jedem kleinen Wehwehchen konsumiert. Das ist purer Leichtsinn.

  9. yol 12. April 2008 um 21:27

    Zugegeben, die Pharmaindustrie will Geld verdienen, viel Geld. Dazu wird Werbung benutzt, das kostet einerseits, bringt scheinbar aber noch mehr ein. Warum? Hat der „Konsument“ keinen eigenen Willen, kein funktionsfähiges Gehirn mehr, da er ja auf Suggestionen oder Manipulationen hereinfällt?
    Der Verbraucher ist auch eigenverantwortlich, für das, was er einkauft.
    Leider ist da noch die verdammte moderne Bequemlichkeit, an der so vieles kaputt geht, vielleicht der Mensch sogar. Eine Pille für alles reinzuzwerfen ist einfach nur bequem, man braucht nicht mal zu denken, das haben andere schon vorab getan.
    Der Mensch als Müllschlucker, sei es reiner Chemiemüll oder Fastfood, es kommt auf das gleiche heraus.
    In unserem Hause steht seit 37 Jahren kein Fernseher mehr, vielleicht hilft das auch, Herr seiner selbst zu bleiben…

  10. Supergirl 27. April 2008 um 10:05

    Medikamente werden viel zu leichtfertig verschrieben, die Nebenwirkungen werden oft unzureichend beachtet. Homöopathische Medikamente werden öffentlich durch Pressemeldungen des öfteren als wirkungslos dargestellt. Ich sehe das als Machenschaft gegen Naturheilpräparate, weil die Industrie Umsatzeinbußen befürchtet, da sich die Bevölkerung eine verträglichere und nebenwirkungsärmere Behandlung wünscht. Der sorglose Umgang mit so mancher Pille hat schon viel Unheil gebracht.

    So berichtet die ARD in der Sendung Panorama bereits 1999 von sogar tödlichen Nebenwirkungen und geht von ca. 25000 Opfern jährlich aus. Auch die Gefahr der Wechselwirkungen verschiedener Arzneien wird zu sehr vernachlässigt. Die Gefahr besteht in der Einnahme falscher, zu vieler und schädlicher Medikamenten.

    http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/1999/erste7222.html

  11. K. Fux 1. September 2008 um 19:53

    Hallo Thommy,

    mit Deinem Bericht hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen, Pillenschlucken scheint mir tatsächlich zur Volkskrankheit in Deutschland geworden zu sein.

    Ich habe eben kurz Fernsehen geschaut, da ist mir so richtig bewußt geworden, wieviel Werbung die Pharmaindustrie doch schaltet, und die wirkt bei den Konsumenten. Pillenschlucken geht ja so einfach, da braucht man sich um Ursachen für die Gesundheitsbeschwerden nicht mehr zu kümmern, die Medikamente erledigen das schon. Es ist erschreckend, wie sehr sich die Leute manipulieren lassen.

    Kleine Blessuren heilen auch ohne Heilsalbe, liebe Eltern! Und Kopfschmerzen lassen sich oft schon durch einen Spaziergang an der frischen Luft lindern. Aber was tun die Leute, sie greifen zum „Allheilmittel“ Pharmazeutika, mögliche Nebenwirkungen werden in Kauf genommen und sind der Mehrheit der Konsumenten mit Sicherheit nicht bewußt.

    Mit mir nicht, das habe ich auch vor meiner MCS-Erkrankung nicht mitgemacht!

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