Spanische Wissenschaftler finden Ursachen für Chemikaliensensitivität (MCS)

Pestizide können die Gesundheit schwer schädigen und Chemical Sensitivity auslösen

Spuren von Parfüm, Reinigungsmitteln und Abgasen, der Geruch einer neuen Tageszeitung oder frischer Lackfarbe verursachen bei manchen Menschen körperliche Beschwerden, die von Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit bis zum Bewusstlosigkeit reichen können. Die als Chemikaliensensitivität (MCS) bezeichnete Symptomatik betrifft ca. 15% der Allgemeinbevölkerung. Bestimmte Berufs-gruppen haben, aufgrund der Arbeitsstoffe mit denen sie in Kontakt stehen, einen noch weitaus höheren Anteil zu verzeichnen. Bei einigen der Erkrankten sind die Auswirkungen so schwer, dass sie nur noch unter speziellen Bedingungen leben können, um beschwerdefrei zu sein. Ohne adäquate medizinische Behandlung und entsprechenden Vermeidungsstrategien weiten sich die Symptomatik und die Anzahl der Substanzen, auf die reagiert wird, immer weiter aus. Die Konsequenzen sind dementsprechend folgenreich. Manche sind außer Stande, ihren Arbeitsplatz zu behalten, andere müssen ihr Haus aufgeben oder sogar ohne Kontakt zu anderen Menschen leben. Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern forschen seit Jahren intensiv nach Ursachen und werden zwischenzeitlich immer häufiger fündig.

Konkrete Ursachenforschung im Bereich Umweltkrankheiten
In Spanien beschrieb ein Wissenschaftlerteam der Universität Barcelona Chemikaliensensitivität (MCS) in der medizinischen Fachzeitschrift Medicina Clinica treffend als Toleranzverlust gegenüber zahlreichen Umweltchemikalien. Das Team von Fernández-Solá untersucht seit Jahren Ursachen und Folgen von Umweltkrankheiten, insbesondere Chemikaliensensitivität (MCS) und Chronic Fatigue Syndrome (CFS). Das Ziel der aktuellen Verlaufsstudie bestand darin, 52 chemikaliensensible Patienten der Universitätsklinik Barcelona, Abt. Toxikologie / Chronic Fatigue, genau zu beschreiben und vor allem die Ursache ihrer Erkrankung herauszufinden. Die Wissenschaftler gaben als Ergebnis bekannt, dass MCS häufig durch Exposition gegenüber chemischen Substanzen ausgelöst wird, ganz speziell durch Pestizide. Eine Feststellung, die durch weitere internationale Studien und Mitteilungen von Ministerien der letzten Jahre bestätigt wird.

Zielgerichtete Diagnostik bringt handfeste Ergebnisse
Das Wissenschaftlerteam aus Barcelona, hatte 2005 die Studie „Chronic Fatigue Syndrome and Multiple Chemical Hypersensitivity after Insecticide Exposure“ veröffentlicht. Das Ergebnis der Studie erbrachte, dass die damaligen Studienteilnehmer durch Pestizide chemikaliensensibel geworden waren. (1)
Im Juni 2007 wurden die Ergebnisse einer Verlaufsstudie veröffentlicht, die auf diese erste Studie aufbaute. (2) Man hatte speziell solche Studienteilnehmer ausgewählt, die MCS Symptome zeigten und fortlaufend in der Klinikeinheit für Toxikologie und Chronic Fatigue (Chronische Erschöpfung) in Behandlung waren.

Die Diagnose wurde gemäß internationalem Standard ermittelt, alle Patienten erfüllten die validierten MCS Diagnosekriterien des American Consensus und vervollständigten u. a. den international von Wissenschaftlern anerkannten Quick Environmental Exposure and Sensitivity Inventory (QEESI) Fragebogen, der dazu dient, MCS- spezifische Symptome aufzudecken.

Chemikalien Krankheitsauslöser von MCS enttarnt
Insgesamt wurden 52 chemikaliensensible Patienten in die aktuelle Studie einbezogen. Das Durchschnittsalter lag bei den teilnehmenden Männern bei 47.2 Jahren und bei 46 Jahren bei den Frauen. Der Ursprung der Erkrankung stand bei 59.6% in Zusammenhang mit Exposition gegenüber zahlreichen chemischen Stoffen am Arbeitsplatz, einschließlich Arbeitsunfällen bei 14 Patienten (Verneblung von Pestiziden am Arbeitsplatz). Bei 38.5% der Studienteilnehmer konnte das Syndrom nicht mit einer toxischen Exposition in Zusammenhang gebracht werden und wurde als eine Folge der bei den Patienten vorliegenden chronischen Erschöpfung (CFS) in Betracht gezogen. Die Studienteilnehmer wurden über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten beobachtet, um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Die Wissenschaftler merkten an, dass während dieser Zeit alle Patienten stabil blieben und niemand starb.

Wichtige Fakten zu Chemikaliensensitivität festgestellt
Das Fernández-Solá Team schloss aus seiner aktuellen Verlaufsstudie, dass MCS im Normalfall hauptsächlich Frauen mittleren Alters betrifft. Weiterhin fand man heraus, dass MCS häufig durch Exposition gegenüber chemischen Substanzen ausgelöst wird, insbesondere durch Pestizide. Zusätzlich bestätigte das Team Arbeiten anderer Wissenschaftler, die ebenfalls besagen, dass ein Zusammenhang mit dem Chronic Fatigue Syndrom bei Chemikaliensensiblen häufig ist. Die Prognose bei Chemikaliensensitivität sei, laut den Beobachtungen der Wissenschaftler aus Barcelona, zwar gut, aber die Patienten seien in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigt.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008

Literatur:

  1. Fernandez-Sola J, Liuis Padierna M, Nogue Xarau S, Munne Mas P., Chronic Fatigue Syndrome and Multiple Chemical Hypersensitivity after Insecticide Exposure, Medicina Clinica, 124(12):451-3, April, 2005
  2. Nogué S, Fernández-Solá J, Rovira E, Montori E, Fernández-Huerta JM, Munné P., Multiple Chemical Sensitivity: study of 52 cases, Med Clin (Barc). 2007 Jun 16; 129(3):96-8

11 Kommentare zu “Spanische Wissenschaftler finden Ursachen für Chemikaliensensitivität (MCS)”

  1. Analytiker 4. Januar 2008 um 13:39

    Wenigstens bringt Spanien die Tatsachen, dass Chemikalien als Krankheitsauslöser für CFS (Chronic Fatigue Syndrome) aber auch für Chemikaliensensitivität enttarnt wurden, an die Öffentlichkeit. Gute Arbeit in Deutschland in Sachen Aufklärung über die Auswirkungen von Pestiziden auf unser aller Gesundheit, leistet Greenpeace. Auf deren Homepage kann man einiges über Pestizidrückständen in unseren Lebensmittel in Erfahrung bringen:

    http://www.greenpeace.de/

    http://www.greenpeace.de/themen/chemie/pestizide_lebensmittel/detail/artikel/chronik_und_wirkung_der_greenpeace_pestiziduntersuchungen/

  2. Mary-Lou 6. Januar 2008 um 14:49

    Der Einsatz von Pestiziden hat schwerwiegende Folgen für unser aller Gesundheit und das globale Ökosystem. Neben den Gesundheitsfolgen, wie die Entstehung von Krebserkrankungen, fördert der Pestizideinsatz auch das Artensterben.

    Hierzu möchte ich eine zwar etwas ältere Studie von 1998 anführen, die im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums durchgeführt wurde. Hierbei geht es u. a. auch eine gesamtwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse für Deutschland (alte Bundesländer):

    http://www.umweltbund.de/deutsch/allgemein.html

    Wird der Pestizideinsatz nicht drastisch verringert, wird zukünftig die Zahl der Umweltpatienten dramatisch ansteigen, abgesehen von den anderen schwerwiegenden Folgen für Umwelt und Natur.

  3. Spider 7. Januar 2008 um 11:30

    Einschränkung des Gebrauchs an Insektiziden und Pestiziden käme Mensch und Natur zugute. Der Industrie wäre eine Reduzierung des Insektizideinsatzes hingegen ein Dorn im Auge. Daher wird es in Deutschland auch weiterhin Studien wie die RKI-Studie, bei der die Ursachen von MCS (Multiple Chemikalien Sensitivtität) weitgehend als psychischer Natur hervorgingen, geben.

    Andere Länder gehen die Problematik der Umweltkrankheiten scheinbar offener an, denn es gibt glücklicherweise viele Studien aus dem Ausland, die andere Ursachen für Chemikaliensensitivität feststellen konnten. Diese werden von der Deutschen Umweltmedizin öffentlich immer gerne verneint wird. Vielfach sind es die deutschen Universitätskliniken, die angeben, dass man MCS noch nicht nachweisen kann. Die deutsche Umweltmedizin scheint nicht auf dem neusten Stand der Wissenschaft zu arbeiten. Denn dass MCS (Chemikaliensensitivität) und CFS (Chronic Fatigue Syndrome) heutzutage nachweisbar sind, kann man hier in diesem aufschlussreichen Bericht nachlesen. Japanische Wissenschaftler konnten MCS-Symptome ebenfalls bei Chemikalienexposition im Niedrigdosisbereich nachweisen:

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2007/12/28/japanische-multicenterstudie-zu-multiple-chemical-sensitivity-mcs/

  4. Realityshow 11. Juli 2008 um 17:12

    Seltsam, immer wieder liest man, dass ausländische Wissenschaftler Ursachen für Chemikaliensensitivität (MCS) in Erfahrung bringen, wie auch hier in Spanien. Die Forscher enttarnten toxischen Exposition, wie hier in diesem Blogbereicht erwähnt, Verneblung von Pestiziden am Arbeitsplatz.

    Um so erstaunlicher empfinde ich die Tatsache, dass man in Deutschland weiterhin behauptet, Chemikaliensensitivität sei rein psychogenen Ursprungs.

    Da wundert mich nicht, dass das Ausland sich fragt:
    „What´s up in Germany!“

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/02/14/auslaendische-wissenschaftler-in-der-medizin-fragen-whats-up-in-germany/

    Wenn das so weiter geht, kann der Forschungsstandort aber keinen Blumentopf mehr gewinnen.

  5. X-Faktor 15. Juli 2008 um 09:32

    Das Ignorieren solch aussagekräftiger MCS-Studien vermittelt den Eindruck, dass man nicht an den wahren Ursachen der Krankheitsentstehung bzw. an der Krankheitsvermeidung ist. Diese Ignoranz verstärkt die Hilfslosigkeit, der MCS-Patienten in Deutschland ausgesetzt sind, nicht einmal in ein Krankenhaus können sie zur Behandlung. Die dort vorhandenen Duftstoffe von Personal und Mitpatienten, können starke Symptomauslösungen bei den Betroffenen bewirken, der Einsatz von Desinfektionsmittel und herkömmlichen Putzmittel gibt uns den Rest.

    Das es auch anders gehen kann, beweist Schweden, ich denke, sie nehmen MCS-Studien wie die spanische hier, im Gegensatz zu deutschen Verantwortlichen, ernst.

    Hier ein Link zu einem Beitrag, den ich im PureNature-Blog entdeckt habe:

    http://www.purenature.de/blog/neues-aus-medizin-und-wissenschaft/schluss-mit-duftstoffen-in-schwedischen-krankenhausern/

  6. Adele 15. Juli 2008 um 13:01

    Hallo X-Faktor,

    im Ignorieren sind die Deutschen Entscheidungsträger bzgl. MCS ganz groß. Ich kann nicht verstehen, dass man die wissenschaftlich belegten Fakten derart übergehen kann.

    Immerhin ist MCS eine unheilbare Erkrankung, man nimmt also von ganz oben in Kauf, dass Menschen unheilbar krank werden. Die Nummer mit der Gesundheitsreform und Kosteneinsparung kann man somit nicht mehr für voll nehmen. Würde man Chemikaliensensibilität tatsächlich bekämpfen bzw. Neuerkrankungen eindämmen/verhindern, könnte man Millionen sparen und menschliches Leid verhindern.

    Man geht lieber dazu über bzw. bleibt beim einst eingeschlagenen Weg des Wegsehen und Verleugnen. Unsere europäischen Nachbarn sind uns weit voraus. Dieses Verhalten wird nicht folgenlos bleiben und sich sicher rächen.

  7. T-Rex 16. November 2008 um 20:53

    Merkwürdig ist doch, dass solche Studien hier in Deutschland überhaupt nicht angesprochen werden. Man meint gar, es gäbe sie nicht. Woran hängt es, kann man kein Englisch sondern nur Latein oder wo ist die Hürde?

  8. Lucie 17. November 2008 um 08:24

    Solche Studien will man in Deutschland unter den Teppich kehren, damit man möglichst lange die RKI Studie in den Himmel heben kann und die wahren Begebenheiten um Chemikaliensensibilität, außen vor lassen kann, um an die Geschädigten keine Regressansprüche zahlen zu müssen, nehme ich an.

  9. Morningstar 12. März 2009 um 13:22

    Das passt zu dem neueren Blogs über Bisphenol A, dort werden in Deutschland ebenfalls verharmlosende Strategien an den Tag gelegt und die Schädlichkeit der gesundheitsschädigenden Chemikalie heruntergespielt, obwohl eine Vielzahl von Studienergebnissen und Pressemeldungen andere Aussagen treffen.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2009/03/09/us-hersteller-nehmen-toxische-babyflaschen-vom-markt-verkauf-nach-europa-geht-weiter/

    Ausländische Wissenschaftsstudien bzgl. MCS und Chemikalien kann man scheinbar mehr Glauben schenken. Die MCS-RKI-Studie ist tatsächlich nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht. Ich persönlich finde die RKI-MCS-Studie einfach nur peinlich. Deutschland scheint in punkto Wissenschaft immer weiter ins Hintertreffen zu gelangen, wie man am Beispiel von MCS – Multipler Chemikaliensensitivität bestens ableiten kann.

  10. Michael Hundsdorf 3. Mai 2010 um 01:55

    Seit 25 Jahren erlebe ich die Hölle auf Erden. Alle Ärzte sagen ich sei gesund und mir geht es teilweise nur beschissen.

    Vor zwei Jahren war ich bei einer Heilpraktikerin für Schadstoffe und Allergien, die sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Thema befasst. Ich habe MCS! Ich war 13 Jahre Formaldehyd, Lacken, Lösungsmittel, Holzschutmittel, Farben und Kunststoffen im Holzgroßhandel, wo ich arbeitete, ausgesetzt!

    Ich kann die Gifte nicht mehr nachweisen, wurde als Simulant abgestempelt und als Psychopat. Ich bin nicht mehr voll arbeitsfähig und lebe von ALGII ! Ich wurde entlassen, vom Arbeitsamt rausgeworfen, weil ich meine Krankheit nicht nachweisen konnte und noch heute glauben mir Ärzte nicht. Man hat keine Rechte.

    Ich habe schon Medien angeschrieben, aber es interessiert niemanden!

    Es ist eine Schande und ein Skandal, wie MCS – Geschädigte behandelt werden in Deutschland!

  11. Energiefox 1. Juni 2010 um 04:04

    Lieber Michael Hundsdorf,

    ich habe kein MCS aber bin durch Umweltthemen an dies Forum gekommen.

    Dein Satz..
    Ich habe schon Medien angeschrieben, aber es interessiert niemanden!..

    Mir geht so so ähnlich mit Umweltthemen, die interessieren auch so recht niemanden…

    Ist jetzt nicht vergleichbar mit Deiner Sache und und all den Anderen aus diesem Forum die MCS haben. Als ich bin auch sprachlos bzw mir stehen auch fast die Tränen in den Augen, wenn ich sehe wie viele einfach weg schauen bei dem Thema MCS.

    Wir sind ein ein sogenanntes christliches. Abendland und da ist es mehr als unverständlich , dass Ihr parktisch betteln müsst um Anerkennung.

    Falls Du Dich wunderst, dass ich um diese Uhrzeit schreibe ich konnte nicht schlafen (kleine Erkältung (Allergie?) vermutlich, nichts Schlimmes )
    Gruß Fox

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