Pestizide verursachen Abneigung gegen Alkohol
Spanische Wissenschaftler der Universität Almeria haben im Tierversuch bewiesen, was Chemikaliensensible weltweit berichten: Erhöhte Empfindlichkeit und Abneigung gegenüber Alkohol. Eine einmalige Exposition gegenüber dem Organophosphatpestizid Chlorpyrifos reicht aus, dass Ratten Alkohol für lange Zeit vermeiden. Wenn sie dennoch Alkohol zu sich nehmen, führt dies zu einem verstärkten Betäubungseffekt. Eine Beobachtung, die bei chemikaliensensiblen Menschen ebenfalls zutrifft.
Schadstoffe lösen Alkoholintoleranz aus
Menschen, die unter Chemikaliensensitivität leiden, berichten immer wieder, dass sie Alkohol nicht mehr tolerieren und auch eine Abneigung dagegen haben. Zwei, drei Schlückchen Wein oder Bier reichen aus und sie fühlen sich sturzbetrunken oder bekommen schwerste Symptome. Der Ursache dafür ging ein fünfköpfiges Wissenschaftlerteam aus Spanien auf den Grund. Schadstoffe, vor allem Pestizide scheinen schuld zu sein. In der medizinischen Fachzeitschrift Toxicological Sciences berichteten sie entsprechend, dass eine wiederholte oder ständige Exposition mit einer großen Vielzahl von chemisch nicht miteinander verwandten Schadstoffen zur Entwicklung einer Multiplen Chemikalien Sensitivität (MCS) und erhöhter Empfindlichkeit gegenüber Suchtmitteln führen kann. (1)
Tierversuch belegt Aussagen von Chemikaliensensiblen
Neurobiologische Interaktionen zwischen Drogen und Umweltgiften genau zu analysieren, ist ein Fachgebiet, das für Wissenschaftler weltweit von zunehmend großem Wert ist. Das Forschungsgebiet bildet eine wichtige Brücke zwischen Umweltmedizin, Toxikologie und Drogen- bzw. Arzneimittelforschung, die vielschichtige weiterführende Erkenntnisse in vielen Bereichen erbringen kann. Um die von Chemikaliensensiblen behauptete Abneigung und Intoleranz gegenüber Alkohol zu belegen, bauten die spanischen Wissenschaftler eine kontrollierte Tierversuchsstudie auf. Insbesondere die klinischen Hinweise darauf, dass beim Menschen eine Exposition gegenüber Organophosphaten mit einer erhöhten Ethanol-Empfindlichkeit und einem freiwillig verringerten Konsum von alkoholhaltigen Getränken einhergehen könnte, interessierten die Mediziner.
Chlorpyrifos, in USA verboten, in Europa erlaubt
Demgemäß untersuchte die vorliegende Studie insbesondere die neurobiologischen Reaktionen und Verhaltensweisen in Bezug auf Ethanol bei Wistar-Ratten, die zuvor dem Organophosphat-Pestizid Chlorpyrifos (CPF) ausgesetzt waren. Dieses Pestizid ist in Deutschland und den anderen europäischen Ländern noch immer in sehr vielen Schädlingsbekämpfungsmitteln für den häuslichen Gebrauch und die Landwirtschaft enthalten. Konventionelle Nahrungsmittel weisen regelmäßig Rückstände auf. In den USA ist das Pestizid wegen seiner Neurotoxizität und anderen schweren Nebenwirkungen seit vielen Jahren in nahezu allen Anwendungsbereichen verboten. Ein EPA Memorandum hatte zusätzlich bestätigt, dass Chlorpyrifos Chemikalien Sensitivität (MCS – Multiple Chemical Sensitivity) auszulösen vermag.
Einmal reicht aus
Die Tierversuche der spanischen Wissenschaftler waren erfolgreich. Sie bestätigten, was man anhand der Aussagen von Chemikaliensensiblen vermutet hatte. In Übereinstimmung mit den klinischen Daten zeigten mit einer Einmalinjektion von Chlorpyrifos vorbehandelte Tiere ein lang anhaltendes Vermeidungsverhalten gegenüber Ethanol, das weder aus einem veränderten Geschmacksempfinden noch einer Verstärkung der aversiven Charakteristika von Ethanol herrühren konnte. Darüber hinaus war zu beobachten, dass eine Vorbehandlung mit Chlorpyrifos zu einer verstärkten ethanol-induzierten Betäubung führte.
Wenn man bedenkt, dass viele unserer Nahrungsmittel Rückstände von Chlorpyrifos aufweisen, ist die Erkenntnis der Wissenschafter als sehr bedenklich einzustufen und erfordert auch in der EU ein rasches Verbot des Pestizides. Denn Unverträglichkeit gegenüber Alkohol ist bei Chemikaliensensiblen ein Faktor, der kaum Relevanz im Alltag besitzt, bei den ebenfalls von dieser Personengruppe vielfach beklagten Medikamentenunverträglichkeiten können die Auswirkungen jedoch weitaus folgenschwerer sein.
Autor: Silvia K. Müller , CSN – Chemical Sensitivity Network
Literatur: Carvajal F, Lopez-Grancha M, Navarro M, Sanchez-Amate M, Cubero I., Long-Lasting Reductions of Ethanol Drinking, Enhanced Ethanol-induced Sedation, and Decreased c-fos Expression in the Edinger-Westphal Nucleus in Wistar Rats Exposed to the Organophosphate Chlorpyrifos, Toxicol Sci. 2006 Dec 26
Begriffserklärung: Aversiv: Vermeidung, Ablehnung (Bsp.: Aversive Reize werden gemieden bzw. lösen eine Vermeidungsreaktion aus)
Pestizidrückstände in unseren Lebensmittel sind an der Tagesordnung. Vielfach werden die Grenzwerte stark überschritten. Besonders schlimm ist es aber, dass viele Lebensmittel sehr viele verschiedene Pestizidrückstände aufweisen. Werden bei diesen die Grenzwerte allesamt eingehalten, sind so dennoch verkehrsfähig, mit möglichen unerwünschten Folgen – in ihnen ist regelrecht ein Cocktail an Pestizidrückständen vorhanden.
Institutionen wie Greenpeace und der BUND leisten gute Erfolgen durch ihre Untersuchungen und decken schwarze Schafe auf. Möglicherweise sind negative Pressemeldungen eine Ursache für die verstärkte Nachfrage bei der Bevölkerung nach Bio-Produkten. Das ist eine schöne Tendenz. Denn wie die spanischen Wissenschaftler nachgewiesen haben, machen Pestizide krank. Sei es beim Aufbringen auf die Felder, bei den Bauern oder als Rückstände auf unseren Tellern. Die Auswirkungen sind gravierend.
Nachfolgend habe ich zum Thema Pestizide einen interessanten Link gefunden, der uns verdeutlicht, warum Pestizide so massenhaft zum Einsatz kommen. Auch hier sind wir alle wieder den Interessen der Nahrungsmittelindustrie sowie der Chemieindustrie ausgeliefert.
http://www.bund.net/index.php?id=1195
Noch ein Nachtrag zu meinem Bericht, denn die Kernaussage der Studie lässt darauf schließen, dass es bei vielen Medikamenten nicht besser aussieht.
Medikamentenunverträglichkeit bei MCS-Patienten
Chemikaliensensible leiden aufgrund ihrer zahlreichen Überempfindlichkeiten und Sensibilitäten häufig unter Medikamentenunverträglichkeit. In der Praxis stellt dies für den behandelnden Arzt ein zusätzliches Erschwernis und für den Patienten ein erhöhtes Risiko dar. Oft sind vor einer erstmaligen Einnahme die Unverträglichkeiten nicht bekannt oder das Risiko gewisser Substanzen wird unterschätzt.
Die Tokio Universitiy of Science führte daher eine Studie „Die Probleme von Patienten mit Multipler Chemikalien Sensibilität bei der Einnahme von Medikamenten“ durch.
Die Wissenschaftler hatten eine Bewertung mittels eines Fragebogens durchgeführt.
Es sollte erfasst werden, inwieweit MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. 205 Personen, die durch einen Arzt MCS diagnostiziert bekommen hatten, nahmen teil. Die Ergebnisse der Erhebung zeigten, dass 60% der MCS Patienten Schwierigkeiten mit der Einnahme von Medikamenten haben. Die größten Schwierigkeiten hatten Frauen und Personen in der Altersgruppe zwischen 40-59 Jahren, sowie Patienten, die ihre MCS als Reaktion auf Pestizide oder Medikamente entwickelt hatten.
Die Ergebnisse zeigten, dass Lidocain nahezu nicht anwendbar ist bei MCS Patienten. Weiterhin waren Koffein, Aspirin, Chlorphenylamin Maletat, Minocyclin Hydrochlorid, Levofloxacin, etc. bei MCS Patienten ungeeignet. Viele der befragten Patienten, die aufgeführte Medikamente als nicht tolerierbar angaben, berichteten über Allergien in ihrem Werdegang, was darauf schließen lässt, dass Allergien bei den Beschwerden, die Patienten bei der Einnahme von Medikamenten entwickeln, beteiligt sind.
Referenz:
Suzuki J; Nikko H; Kaiho F; Yamaguchi K; Wada H; Suzuki M., The problems of multiple-chemical sensitivity patients in using medicinal drugs
Faculty of Pharmaceutical Sciences, Tokyo University of Science, Yamazaki, Noda, Japan. Yakugaku Zasshi 2004 Aug;124(8):561-70
Die Abneigung bzw. Unverträglichkeit von Alkohol bei MCS Patienten ist beispielhaft für diese Untersuchungsergebnisse der spanischen Wissenschaftler. Ich selbst kann diese Ergebnisse nur bestätigen. Alkohol löst bei vielen MCS Patienten eine drastische Symptomverstärkung aus. Bei meinem persönlichen Beschwerdebild kann ich bestätigen, dass ich starke Unverträglichkeiten gegen Aspirin und alkoholhaltige Medikamente entwickelt habe. Alkohol vertrage ich so gut wie garnicht mehr. Ich entwickele nach Alkoholkonsum (in Minidosen) schon extreme Kopfschmerzen, die sich über Tage danach noch verstärken und durch nichts in den Griff zu kriegen sind.
Auch in Gesprächen mit anderen MCS-Betroffenen wurden mich ähnliche Unverträglichkeiten auf Medikamente, Koffein und Alkohol bestätigt.
Bei mir liegt ebenfalls eine ausgeprägte Medikamentenunverträglichkeit vor, Alkohol geht garnicht. Gut auf Alkohol kann man leicht verzichten. Aber als MCS-Patientin habe ich erhebliche Probleme mit meiner Medikamentenunverträglichkeit, denn sie betrifft nicht nur chemische Medikamente, sondern auch Naturheilpräparate, da dort oftmals Alkohol enthalten ist. Somit wird die medikamentöse Therapie, die bei Chemikaliensensiblen sowieso äußerst schwierig ist, bei MCS-Patienten mit vorliegender Alkoholunverträglichkeit nochmals erheblich eingeschränkt.
Chlorpyrifos wurde an meinen Arbeitsplatz in rauhen Mengen verwendet. Alkohol vertrug keiner von uns so richtig, das weiß ich noch von den Firmenfeiern.