Letztes Mahnschreiben: Deutschland muss Chemikalienrecht umsetzen

Deutschland droht ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, weil es europäische Chemikalien-Vorschriften nicht korrekt umgesetzt hat

Die EU-Kommission hat ein letztes Mahnschreiben an Berlin gerichtet. Konkret geht es um die Richtlinie über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen. Sie zielt unter anderem darauf ab, die menschliche Gesundheit und die Umwelt mit Hilfe umfassender Informationen besser zu schützen.

Die EU hat dabei viele verschiedene Produkte im Blick, etwa Kosmetika, Spielzeug, Farben und Elektrogeräte. Die Richtlinie (2008/112/EC) hätte bis zum 1. April 2010 in nationales Recht gegossen werden sollen. Deutschland hat die Kommission bislang nicht über Maßnahmen zur Umsetzung informiert. Eine Rüge ging auch an Finnland, Portugal und Polen. Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Monate Zeit, um der Aufforderung nachzukommen.

Umwelt: Kommission fordert vier Mitgliedstaaten zur Umsetzung der EU-Vorschriften für Chemikalien auf

Europäische Kommission

Brüssel, den 24. November 2010

Die Europäische Kommission fordert Deutschland, Finnland, Polen und Portugal dazu auf, ihre Gesetze für chemische Stoffe zu aktualisieren und sie mit den jüngsten auf EU-Ebene vereinbarten rechtlichen Änderungen in Einklang zu bringen. Diese Mitgliedstaaten haben die Kommission nicht über Maßnahmen zur Richtlinie über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in Kenntnis gesetzt. Polen hat die Kommission außerdem nicht über die Umsetzung von Rechtsvorschriften für Biozide informiert. Auf Empfehlung von EU-Umweltkommissar Janez Poto?nik übermittelt die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Die vier Mitgliedstaaten haben zwei Monate Zeit, um der Aufforderung nachzukommen. Andernfalls kann die Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.

Mit der Richtlinie 2008/112/EG[M1] über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (CLP) von Stoffen und Gemischen werden verschiedene andere Richtlinien über die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien geändert. Sie betrifft die „nachgeordneten“ Rechtsvorschriften für Kosmetika, Spielwaren, Farben, Lacke, Fahrzeugreparaturlackierungen, Fahrzeuge sowie Elektro- und Elektronikgeräte. Zweck dieser Richtlinie ist es, durch verbesserte Informationen und Kenntnisse zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit beizutragen.

Um dieser Richtlinie nachzukommen, hätten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vor dem 1. April 2010 erlassen und veröffentlichen müssen. Da Deutschland, Finnland, Polen und Portugal die Kommission nicht fristgerecht über die Umsetzung der Rechtsvorschriften unterrichtet haben, übermittelt die Kommission ihnen eine mit Gründen versehene Stellungnahme.

Darüber hinaus erhält Polen aufgrund fehlender Maßnahmen zur Umsetzung der aktualisierten Vorschriften für Biozide in innerstaatliches Recht eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Mit der Richtlinie 2009/107/EG wird die Richtlinie über das Inverkehrbringen von Biozidprodukten in Bezug auf die Verlängerung bestimmter Fristen geändert. Polen hätte diese Vorschriften bis zum 14. Mai 2010 in innerstaatliches Recht umsetzen müssen. Da diesbezüglich immer noch keine Rechtsvorschriften erlassen wurden, übermittelt die Kommission Polen eine mit Gründen versehene Stellungnahme.

Hintergrund der CLP-Rechtsvorschriften

Die CLP-Richtlinie wurde aktualisiert, nachdem neue Vorschriften zur Anpassung des EU-Systems über Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen an das GHS der Vereinten Nationen (United Nations Globally Harmonised System – weltweit harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) erlassen wurden. Dieses neue System stellt sicher, dass dieselben Gefahren überall auf der Welt einheitlich beschrieben und gekennzeichnet werden. Die vom GHS-System eingeführten Regelungen wurden in die Verordnung 1272/2008 aufgenommen, welche eine schrittweise Ersetzung von aktuellen Rechtvorschriften über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Mischungen vorsieht.

Hintergrund der aktualisierten Rechtsvorschriften für Biozide

Mit der neuen Richtlinie wird die Frist für die Prüfung der in sogenannten „Biozidprodukten“ vorhandenen Wirkstoffe verlängert, zu welchen u.a. Desinfektions- und Insektenabwehrmittel gehören. Wirkstoffe sind chemische Stoffe oder Mikroorganismen, die eine bestimmte Wirkung auf oder gegen Schadorganismen haben. Eine systematische Prüfung aller auf dem EU-Markt vorhandenen Wirkstoffe wurde im Jahr 2000 eingeleitet und sollte bis zum 14. Mai 2010 abgeschlossen werden. Um diesen Vorgang abzuschließen wurde die Frist nun bis zum 14. Mai 2014 verlängert.

Literatur:

Europäische Kommission, Umwelt: Kommission fordert vier Mitgliedstaaten zur Umsetzung der EU-Vorschriften für Chemikalien auf IP/10/1573, Brüssel, den 24. November 2010

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