Update: Emotionalität und Falschinformationen schaden allen MCS-Kranken

In seinem letzten Blog schrieb Dr. Merz über Aktivisten und Selbsthilfegruppen, die künstlich Verwirrung über den im ICD-10 stehenden Diagnoseschlüssel für MCS schaffen. Seit rund drei Jahren gehen einzelne Patientenvertreter hin und stellen diesen Diagnoseschlüssel, der darlegt, dass MCS eine körperlich bedingte Erkrankung ist, mit Nachdruck in Frage und dessen Existenz sogar in Abrede. Trotz dass von CSN ein eindeutiges Schreiben von DIMDI breitflächig verbreitet wurde, hören diese Störungen nicht auf. Auch im aktuellen Fall gibt es keine Einsicht, die Verbreitung falscher Informationen wird von einer Aktivistin sogar auf nationaler und internationaler Ebene weiter betrieben. Sie schreibt seit ein paar Wochen in diversen Newsgruppen über den ICD-10 zu MCS Verfälschendes und versucht, ihr für alle MCS Kranken schädliches Verhalten in einem der letzten Schreiben moralisch zu rechtfertigen, indem sie ihren eigenen verlorenen Rechtsstreit anführt.

Die von einer Aktivistin verbreitete Meinung über den MCS ICD-10:

Nach Auskunft von Dr. Küppers vom DIMDI (Deutsches Institut für Medizin, Dokumentation und Information – medizinische Klassifikation [s. Anmerkung!]), dient das ICD-10-GM Klassifikationssystem nur dem Zweck der ärztlicher Abrechnung und der Statistik. Sie schrieb, dass der ICD-10 (-GM) in der Regel keine Krankheiten definiert.

Trotz des ICD-10-GM Klassifikationssystems, Codes 78.4… Allergie, nicht näher bestimmt, können Mediziner, Psychiater, Psychologen und Medizinische Experten unsere Erkrankung immer noch als „mentale“, „psychogene“, „psychosomatische“ Störung diagnostizieren, wenn sie das so wollen.

Als Beleg für diese traurige Wahrheit möchte ich Dich über meine eigenen Erfahrungen mit dem Deutschen Rechtssystem informieren. Im April 2002 klagte ich. In einem Verfahren vor dem Landgericht xx behauptete der Gutachter, ein angesehener Professor und Leiter der Universitätsklinik in Köln ganz offen das unten stehende, obwohl er mit dem ICD-10 Klassifikationssystem vertraut sein sollte:

>> Was die herkömmliche (orthodoxe, traditionelle) Medizin betrifft, ist ein klinisches Syndrom wie „MCS“ nicht bekannt und anerkannt. „Multiple Chemical Sensitivities“, wie die Klägerin diese Bezeichnung für die Krankheit übersetzt, hat im Rahmen der herkömmlichen medizinischen Behandlung keinen Einfluss auf die therapeutischen Verfahren. „MCS“ ist eine Angelegenheit nichtmedizinischer Praktiker (Homöopathen, und andere).>>

Diese Verfahren löste bei mir eine Art Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD – Posttraumatic Stress Disorder) aus. Wenn ich also z.B. über Artikel wie den von Christiane Tourtet stolpere „GERMANY IS THE FIRST COUNTRY TO RECOGNIZE MULTIPLE CHEMICAL SENSITIVITY (MCS) AS A PHYSICAL DISEASE“ („DEUTSCHLAND IST DAS ERSTE LAND, DAS MULTIPLE CHEMICAL SENSITIVITY (MCS) ALS EINE ORGANISCHE ERKRANKUNG ANERKENNT“) dann schmerzt mich das immer noch und ich schlucke meinen Zorn über die erfahrene Ungerechtigkeit herunter.

Alles Gute aus Deutschland,

xx

* Anmerkung: DIMDI wurde falsch ins Englische übersetzt. Das DIMDI heißt auf Deutsch „Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information“ und nicht „Deutsches Institut für Medizin, Dokumentation und Information“

Dr. Tino Merz zur erneuten Falschdarstellung der Aktivistin:

Den Text der Aktivistin muss man von hinten lesen. Die Autorin ist verletzt und ärgert sich über ein Gutachten, in dem steht, dass es MCS aus der Sicht der Schulmedizin gar nicht gibt. Statt sich schlau zu machen, wie man einen solchen Unfug effektiv begegnen kann – wenn der Herr Professor den ICD nicht kennt, ist er entweder inkompetent oder befangen – schluckt Sie Ihren Ärger runter.

Nun kann und will sie nicht glauben, was Dr. Küppers in ihrem klaren Schreiben an Silvia Müller geschrieben hat. Sie hat wohl gefragt, ob es denn wirklich stimmt. Das ist die alte Weisheit: „Wer lang fragt …“ Mittlerweile hat wohl Frau Dr. Küppers Druck bekommen. Also rudert sie zurück und unsere Autorin gibt ihr die Gelegenheit dazu.

Schließlich verkündet unsere Autorin die Welt belehrend, dass der ICD gar keine Diagnosen enthält und die Ärzte sich daran auch nicht halten müssen, als traurige Wahrheit.

Dieser Vorgang zeigt, wie es denjenigen, die, wider besseres Wissen, den Stand der Wissenschaft in Sachen MCS in Abrede stellen und als Psycho umdeuten, schaffen, eine immense wissenschaftliche Literatur zu Müll zu verarbeiten, nämlich indem sie ihre Pseudowissenschaft als neue wissenschaftliche Erkenntnisse präsentieren (Prinzip Erlanger Fake: Vertauschung von Ursache und Wirkung), dies als schulmedizinische Korrektness apostrophieren und von allen verlangen, dies als „seriös“ zu akzeptieren. Sie habe es offensichtlich geschafft, dass viele Selbsthilfegruppen dies akzeptieren. Ich verweise auf das Zitat in meinem MCS-Strategiepapier zur „Wissenschaftsgläubigkeit“. Dort sagt eine Aktivistin, die Nichtakzeptanz von MCS liege an der Wissenschaftsgläubigkeit der Journalisten und Politiker. Also akzeptiert die Aktivistin, dass MCS wissenschaftlich ungeklärt ist. Die traurige Wahrheit ist folglich, dass solche Selbsthilfegruppen am eigenen Grab fleißig mitschaufeln.

Autor: Dr. Tino Merz für CSN – Chemical Sensitivity Network, 5. Februar 2009

Teil I: Künstlich erzeugte Verwirrung über den ICD-10 zu MCS

Weiterführende Informationen:

9 Kommentare zu “Update: Emotionalität und Falschinformationen schaden allen MCS-Kranken”

  1. Mary-Lou 5. Februar 2010 um 11:05

    Für mich lesen sich die Ausführungen der betroffenen Aktivistin genau wie von Dr. Merz interpretiert. Sie ist verletzt und kommt nicht darüber hinweg, dass sie in ihrem eigenen Verfahren derart über den Tisch gezogen wurde. Dass dem so ist, ist bedauerlich, aber es rechtfertigt nicht, in der Öffentlichkeit festgeschriebene Tatsachen bzgl. MCS, auf nationaler und internationaler Ebene, in Frage zu stellen.

  2. BrunO 5. Februar 2010 um 11:32

    Eine Alles-Besser-Versteherin kann sich vor Gericht nicht wehren! Es wird doch auch im Jahre 2002 möglich gewesen sein, einem Gericht nachzuweisen, daß MCS im Alphabet des Deutschen ICD-10 steht.

  3. Kerstin 5. Februar 2010 um 13:30

    Sehr geehrter Herr Dr. Merz,

    ich kann Ihre Antwort nur befürworten.

    Warum gelingt es nicht, MCS als chronisch entzündliche Multisystemerkrankung zu publizieren? Oder ist das noch nicht ausreichend belegt?

    Ich als Betroffene habe von Hill, Huber, Müller das Buch „Multiple Chemikalien-Sensitivität“, 2. Auflgage, und von Prof. Pall in deutscher Übersetzung den Aufsatz „Multiple Chemikaliensensibilität: Toxikologie- und Sensibilitätsmechanismen“. Die dort aufgestellten Thesen schienen mir als Laie nachvollziehbar.

    Vielen Dank auch an csn-deutschland für die Hinweise auf diese Literatur.

    Kerstin

  4. Galaxie 6. Februar 2010 um 00:12

    Die Frau hat meiner Meinung nach ein ambivalentes Verhalten und zieht alle anderen so vom Regen in die Traufe. – Leider gibt es noch genug ähnliche Personen, wo wir wachsam sein sollten, bevor noch mehr Unheil passiert. – Wir alle haben genug Widersacher. Die Wahrheit ist nicht gewollt, weil das angeblich bequemer ist; aber in Wirklichkeit kommt doch dabei das Gegenteil heraus mit Schäden grösseren Ausmaß, wie z.B. der Klimakatastrophe und dann ist es bald zu spät und niemand kann sich davon ausschließen.

    Viele Grüsse v. Galaxie!

  5. Maria Magdalena 6. Februar 2010 um 00:20

    Sehr geehrter Herr Dr. Merz,

    Sie haben es vortrefflich auf den Punkt gebracht-ich zitiere Ihre Analyse (s. o.): „Dieser Vorgang zeigt, wie es denjenigen, die, wider besseres Wissen, den Stand der Wissenschaft in Sachen MCS in Abrede stellen und als Psycho umdeuten, schaffen, eine immense wissenschaftliche Literatur zu Müll zu verarbeiten, nämlich indem sie ihre Pseudowissenschaft als neue wissenschaftliche Erkenntnisse präsentieren (Prinzip Erlanger Fake: Vertauschung von Ursache und Wirkung), dies als schulmedizinische Korrektness apostrophieren und von allen verlangen, dies als “seriös” zu akzeptieren.“ (Zitat Dr. Merz)

    Leider kann ich mir schwer vorstellen, dass die besagte Aktivistin infolge eines Traumas (Enttäuschung) so gehandelt hat, denn einige Details aus dieser Geschichte, widerlegen meines Erachtens ihre Behauptung.

    Vielmehr scheint sie eine geplante Aktion gegen MCS auszuführen, die Teil der Bemühungen der Psycho-Lobbyisten ist, die Krankheit MCS als Folge toxischer Schäden zu leugnen, mit dem Ziel, MCS für eine Art psychische Epidemie, ja Pandemie, Öko-Hysterie, zu erklären, um die wahren Ursachen, nämlich giftige Chemikalien, zu vertuschen und Geschäfte auf Kosten der Allgemeinheit zu machen.

    Die Art und Weise, in der diese Person vorgeht, ist sehr professionell und hat nichts mit Emotionen zu tun.

  6. Adele 6. Februar 2010 um 11:15

    Ich finde das Verhalten der betreffenden Aktivistin ungeheuerlich. Wenn sie ein Trauma wegen ihrem missratenen MCS-Verfahren hat, sollte sie sich dringend in psychologische Behandlung begeben.

    Das was sie derzeit in der Öffentlichkeit bzgl. MCS unternimmt, schadet allen MCS Kranken. Ihre Emotionen und Enttäuschung über den Ausgang ihres eigenen MCS-Verfahrens sollte sie dringlichst außen vorlassen und schleunigst wieder zurechtrücken, was sie angerichtet hat.

  7. Dr. Tino Merz 6. Februar 2010 um 23:56

    Das ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass die SHG’s seit 2000 entschlossen sind, ihren Gegnern gegenüber guten Eindruck zu machen. Schlagwort: „seriös“. Dadurch haben sie denen die Interpretationsoberhoheit für alle Fragen, ja auch alle Antworten, zu Fragen, die noch gar nicht gestellt waren, eingeräumt. Seit über zehn Jahren, werden keine neue Fragen mehr gestellt. Keiner kriegt hier mit, dass wirkliche alle wichtigen wissenschaftlichen Fragen zu Kausalität längst geklärt sind.
    Ihr müsst Euch nicht wundern!

  8. Dr.Donate 8. Februar 2010 um 13:50

    Die Diskussion um die Existenz der Krankheit „MCS“ führt nur dazu, dass die Juristen als „staatlich geprüfte Nichtmediziner“ noch Forschungsbedarf bezüglich MCS erkennen und sich so ganz bequem einer Entscheidung in der Sache entziehen können.
    Die Datenlage zu MCS ist, wie Dr. Merz zu Recht sagt, ausreichend, um die „Psychothese“ der Ätiologie von MCS zu widerlegen. Dies immer wieder in Frage zu stellen dient nur den Interessen der Industrie: Durch die Psychiatrisierung der MCS-Patienten kann sich einerseits die Chemische Industrie bequem aus der Verantwortung für die durch ihre Produkte verursachten Schäden (chemische Verletzungen) stehlen, andererseits wird der Umsatz der Pharmazeutischen Industrie durch die bei „Psychos“ notwendige Langzeitbehandlung mit Psychopharmaka erheblich gesteigert.
    Die von dieser Aktivistin angestoßene Diskussion ist absolut kontraproduktiv und führt nur dazu, dass Justiz und Versicherungen die Existenz von MCS auch weiterhin leugnen werden.
    Das muss sofort aufhören, da die sowieso schlechten Aussichten mit Gutachten vor den Sozialgerichten gegen die beklagten Versicherungen erfolgreich zu bestehen aussichtslos zu werden drohen.

  9. yolande 8. Februar 2010 um 20:13

    @ Dr. Merz

    Danke für die Beharrlichkeit mit der Sie die eigentlich klare Rechtslage immer wieder betonen müssen.

    @ Dr. Donate

    Danke für ihren objektiven Beitrag, der das von Dr. Merz Geschriebene/Gesagte bestätigt/untermauert.

    Da stell ich mir als Ausländer doch die Frage wem die Vorgehensweise der grade eben wieder diese Aktivistin sich bedient nutzen soll? Doch nicht ihr selbst, wenn sie dann Betroffene sein soll.

    Es gibt wohl mehrere Möglichkeiten, warum Menschen Dinge tun, die ihnen selbst und anderen schaden. Ich zweifle sehr dran, dass ein verlorener Prozess ausreicht sich mit solchem Eifer zu bemühen Fehlinformationen in die Welt zu streuen. Es sieht eher aus nach gezielter „Propaganda“ von seiten derer, die endlich an uns etwas verdienen wollen – selbst um den Preis der wissentlichen Falschbehandlung.

    Dass aber hier noch Menschen mit MCS Beihilfe leisten wollen grenzt an bodenlose Dummheit oder bodenlose Gemeinheit, wobei beides recht gefährlich ist – besonders für alle andern Betroffenen.

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