Schadstoffkontrollierte Krankenwagen und voller Einsatz für Chemikaliensensible

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Notfallmediziner setzen sich für MCS – Multiple Chemical Sensitivity ein

Im amerikanischen Bundesstaat Ohio setzt man sich in ganz besonderem Maße für Menschen ein, die unter MCS – Multiple Chemical Sensitivity (Chemikalien-Sensitivität) leiden. Eine Patientenorganisation für Chemikaliensensible erreichte in Kooperation mit Notfallmedizinern und Feuerwehr, dass zwei Ambulanzfahrzeuge speziell umgerüstet wurden. Neun weitere Krankenwagen werden in Kürze folgen.

Fortschritte für Chemikaliensensible
In Ohio tritt die Aktion „Green Progress“ (grüner Fortschritt) für Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity (MCS) ein, um eine verträglichere Umwelt für die MCS Kranken zu schaffen. MCS ist ein chronischer Gesundheitszustand, der durch toxische Chemikalien verursacht wird, von denen wir in unserem Alltagsleben umgeben sind. MCS Kranke entwickeln häufig neurologische, kardiovaskuläre, rheumatische, vaskuläre und pulmonale Beschwerden durch toxische Expositionen. Andere Menschen entwickeln Krebs, Asthma, Depressionen, Parkinson, Alzheimer, Geburtsdefekte und andere schwere körperliche Erkrankungen durch die gleichen Expositionen, die MCS verursachen.
Ambulanzfahrzeuge wegen MCS Kranken umgerüstet
Das Ohio Network for the Chemically Injured (ONFCI), eine gemeinnützige Organisation, tritt seit den 90zigern für Menschen mit MCS ein. Das ONFCI fördert Aufklärung über MCS, liefert Unterstützung und networking für MCS Betroffene.

Die Organisation, die von Toni Temple geleitet wird, hat jüngst erreicht, dass zwei Ambulanzfahrzeuge in der Region umgerüstet wurden. Nachdem die Organisationsleiterin sehr sensible auf Dieselabgase reagierte und bei einem Notfall wegen massiver Herzbeschwerden durch die Dieselabgase des Rettungsfahrzeuges beinahe starb, strebte sie Änderung zum Wohle aller an.

Schwere Reaktionen durch Dieselabgase
Da Ambulanzfahrzeuge bei einem Einsatz meistens den Motor laufen lassen, ist der Patient den Abgasen voll und ganz ausgesetzt. Dieselabgase enthalten eine Vielzahl gefährlicher Chemikalien und sind dafür bekannt schwere Reaktionen bei vielen Chemikaliensensiblen auszulösen. Durch ein spezielles Abgassystem kommen in den beiden Ambulanzfahrzeugen, auch wenn das Fahrzeug mit offenen Türen steht, keine Abgase mehr in die Transportkabine hinein.

Als angenehmer Nebeneffekt für die Umwelt werden die gesamten Emissionen um 40% reduziert. Neun weitere Ambulanzfahrzeuge sollen in Kürze folgen. Wertvolle Hinweise hatte Toni Temple für ihr Projekt durch eine Umweltorganisation bekommen. Diese hatte es erreicht den Ausstoß von Dieselabgasen bei Schulbussen in den Griff zu bekommen.

Krankenhaus auch für MCS Kranke
Toni Temple bekam durch eine Überexposition mit einer gefährlichen Chemikalie, MCS und hatte größte Schwierigkeiten, wenn sie ins Krankenhaus musste. Sie reagierte dort schwer auf Reinigungs- und Desinfektionsmittel und Inventar. Ihre Reaktionen war teilweise so problematisch, dass man sie nach draußen bringen musste. Nach mehreren dramatischen Erfahrungen schrieb die Leiterin der Patientenorganisation ein Buch, das den Titel „Gesünderes Krankenhaus“ trägt und vielen MCS Patienten, Ärzten und Kliniken wertvolle Informationen im Umgang mit der Erkrankung liefert.

Spezielle Instruktionen für Rettungskräfte
Die Organisation für MCS Kranke in Ohio ist insbesondere dem Feuerwehrleiter der Region und dem Direktor für Notfallmedizin sehr dankbar für ihr herausragendes Engagement, durch das Möglichkeiten geschaffen wurden, damit Patienten mit Chemikaliensensitivität risikoärmer geholfen werden kann. Die MCS Kranken, die sehr schwer auf Dieselabgase während eines Krankentransportes reagieren, werden in erheblichem Umfang davon profitieren.

Der Direktor für Notfallmedizin gab für die Rettungskräfte der Region zusätzlich ganz spezielle schriftliche Anweisungen heraus, um MCS Patienten gesundheitliche Schädigung und Reaktionen durch bestimmte Allergene, erfahrungsgemäß schwer oder nicht zu tolerierende Medikamente und problematische medizinische Hilfsmittel während eines Rettungs- oder Krankentransporteinsatzes, zu ersparen.

Über einen weiteren Erfolg der Organisation für Chemikaliensensible in Ohio berichten wir in Kürze.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 4. Mai 2009

Reference:
Ohio Network for the chemically Injured, OHIO’s „GREEN“ SENATE BILL, GREEN LIBRARY MEETINGS, AND GREENING OF THE FLEETS HIGHLIGHT MCS AWARENESS MONTH, Press Release May 2009

11 Kommentare zu “Schadstoffkontrollierte Krankenwagen und voller Einsatz für Chemikaliensensible”

  1. Adele 5. Mai 2009 um 20:03

    Krankenwagen umzurüsten, um Chemikaliensensiblen nicht gesundheitlich zu schaden bzw. sie erst behandeln zu können, das wäre überall dringend nötig. Es ist erstaunlich, wie sorgsam die Amerikaner mit MCS Kranken verfahren. In Deutschland hingegen, sind wir ganz weit im Abseits.

    Es tut immer wieder gut zu lesen, das anderenorts getan wird und lässt mich hoffen, dass Entscheidungträger hier in Deutschland im CSN-Blog lesen und hoffentlich zum Nachdenken und Handeln animiert werden.

    Adele

  2. Analytiker 5. Mai 2009 um 20:36

    In Deutschland wird man die Notwendigkeit solcher Umbaumaßnahmen sicher auch noch erkennen. Umweltkranke wie MCS-Patienten werden wie die Entwicklung zeigt, leider nicht weniger. Wenngleich man in der Öffentlichkeit noch eifrig behauptet, Multiple Chemikalien Sensitivität sei ein Phänomen bzw. eine seltene Erkrankung. Dass es genau anders ist, zeigen die Fakten.

  3. Springmaus 5. Mai 2009 um 20:44

    Von so etwas habe ich ja noch nie gehört. Super Neuigkeit, die uns Chemikaliensensilbe hier zum Träumen anregen wird.

    Auf die Bedürfnisse von MCS Betroffenen angepasste Krankenwagen, wow, wir können nicht einmal in ein Krankenhaus vor lauter Duftstoffe, schädlicher Reinigungsmittel und Desinfektionsmittel, die uns noch kranker machen.

  4. Marcel 6. Mai 2009 um 10:04

    Super Idee der amerikanischen Notfallmediziner, davon können wir in Deutschland nur träumen. Wir können ja schon froh sein, wenn Ärzte unsere Chemikalien Sensitivität ernst nehmen und auf unsere Medikamentenunverträglichkeiten eingehen. Schadstoffarmen Krankenwagen, sollte allgemein oberste Priorität eingeräumt werden, das käme allen zu Gute, den Patienten, den Notfallmedizinern und der Umwelt.

  5. K. Fux 6. Mai 2009 um 14:09

    Diese Umrüstung der Krankenwagen sollte weltweit Nachahmer finden. Schadstoffarme Krankenwagen sollten zur Norm für alle Krankentransporte werden.

    Danke an CSN für den informativen Blog, ihr seid spitze!

    Gruss K. Fux

  6. Domiseda 7. Mai 2009 um 06:17

    Wielange wird es international dauern, bis dieser Gefahrenfaktor- an sich selbstverständlich- von vornherein ausgeschaltet wird?

    MCS-Kranken und Allergikern wäre zur Minimierung ihrer Risiken (und damit gleichzeitig der Kosten) bereits sehr gedient, wenn eine ad hoc mögliche Ausrüstung von Notarztwägen/ Krankenwägen mit einem kompletten PVC-unbd latexfreiem Infusionssystem inklusive Zuleitungen zum Sauerstoffgerät plus Wasser p.i. in der Glasflasche verbindlich würden.
    Diese Produkte wurden auch hierzulande seit Jahren von mehreren Firmen entwickelt und sind vorrätig.
    Es würde auch dem Ansehen des Forschungsstandorts Deutschland sehr dienen, wenn Ergebnisse deutscher Forschung als Frühwarnsystem nicht jahrelang ignoriert und ausgeloggt würden, sondern endlich in die allgemeine Praxis umgesetzt würden.

  7. G. Hinsche 7. Mai 2009 um 08:41

    Entsprechende Fahrzeuge wären prima und für alle gut !
    Aber zu Fahrzeugen gehören auch Fahrer und anderes Personal. Ein bedufteter Patient, ein bedufteter Fahrer oder Arzt und die beste Ausrüstung ist für die Katze !
    Da stehen wir wieder am Anfang – Der Mensch und seine Einstellung zu den Dingen ist der Punkt !

  8. Jewel 7. Mai 2009 um 13:46

    Da möchte ich mich meinem Vorredner anschließen, es wäre äußerst wünschenswert, wenn die Notfallmediziner und das komplette Rettungspersonal auf Duftstoffe verzichten würde. Damit wäre gewährleistet, dass den Patienten wirklich geholfen werden könnte, bei solchen Rettungseinsätzen.

    Schadstoffkontrollierte Krankenwagen und duftfreies Personal, dann wäre alles perfekt.

    Ich begreife die ganze Bedufterei sowieso nicht, denn wer sprüht sich schon freiwillig Chemikalien auf die Haut? Ist doch nicht normal, aber die meisten Leute wissen eben nicht, was sie tun.

  9. PappaJo 9. Mai 2009 um 01:27

    Das sollte wirklich ein Standart werden. Duftstoffverbot in Arztpraxen und Krankenhäusern, bei Personal und Patient/Besucher. Und warum nur einige Krankenwagen umrüsten und nicht generell alle? Wenn ich das so lese bekomme ich immer mehr Lust auf Amerika.

    Gerade Heute den Unsinn wieder erlebt. Stehe so im Bioladen, kommt eine aufgetüdelte mittleren Alters rein, mit Ihrer Chemiegaswolke. Ich wollte ja schon mit den Gurgen auf sie losprügeln aber dann dachte ich schade um das Gemüse….

    Was geht in deren Köpfen vor? Einerseits urgesund am besten in demeter-Qualität ernähren aber zeitgleich in Parfüm (Lösungsmitteln) baden.

  10. Realityshow 9. Mai 2009 um 18:52

    Alle Arbeitenden im medizinischen Bereich sollten frei von Duftstoffen sein. Leider ist das Bewusstsein dafür nicht vorhanden, denn hier lebt man noch nach der einst ins Leben gerufenen Kampagne der Aroma- und Wellness-Welle, unwissend, dass die dort eingesetzten Stoffe / Aromen / Dufstoffe, Chemikalien und alles andere als gesund für Jedermann sind, ganz im Gegenteil. Schließlich sind Duftstoffe ein weit verbreiteter Auslöser für schwerwiegende Allergien und lebenslange Duftstoff-Allergien, bis hin zu lebensbedrohlichen Überempfindlichkeitsreaktionen.

    Hier muss noch einiges geschehen, hoffentlich bald. Die Initiative der Rettungsleute von Ohio sollte weltweit Schule machen, damit Chemikaliensensiblen, im Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus, nicht noch Schlimmeres geschieht.

    Gruß Reality

  11. Thorsten Dressler 24. April 2018 um 23:22

    Klingt vielversprechend und ist der BRD weit voraus. Es wäre interessant zu wissen welches Abgasfiltersystem dort verbaut wird (Dieselabgase haben wir hier ja auch), ebenso wäre eine Kopie der Exakten Richtlinien für Einsatzkräfte interessant

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