Das Gift der Insektenblume

  Totenkopf, Totenschädel - auf der einen Seite der Globus, Weltkugel mit Blumenkranz  - Symbol für Verseuchung des Globus durch Pestizide aus der Chrysantheme

Pestizide aus der Chrysantheme verseuchen den ganzen Globus

  

Im Herzen Afrikas findet man sie. Die Felder mit Chrysanthemum cinerafolis und Chrysantemum coccineum. Wunderschöne margaritenähnliche Blumen, die aber nur auf den Feldern das Auge des Betrachtes erfreuen. Sie sind nicht für die Vasen im fernen Europa bestimmt. Die Blüten dieser Blumen werden getrocknet und zu feinem Pulver verarbeitet. Und dieses Pulver ist eine der begehrten Handelwaren des Kontinents. 

Chrysanthemum cinerafolis und Chrysantemum coccineum gehören nämlich zu jenen Pflanzenarten, die insekttötende Wirkstoffe produzieren. 

Durch Zugabe von Extraktionsmitteln (Kerosin/ Methanol, Petroether/ Acetonnitril oder Petroether/ Nitromethan) werden aus dem Pulver der Blüten sogenannte Pyrethrine gewonnen. Pyrethrine wurden bereits 1917 von der US Marine hergestellt: Insektizide zum Einsatz gegen Moskitos, Hausfliegen und andere Tierchen. 

Natur im Chemielabor umgebaut

Das Pulver der Chrysanthemum-Blüten ist teuer. Deshalb setzten Chemiker Piperonylbutoxid und anderer Substanzen zu und erzielten damit eine höhere Toxizität. Die zugesetzten Substanzen wirken als Synergisten.  

Weil aber auch das so gewonnene Insektizid immer noch teuer ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis Chemiker die Struktur der natürlichen Pyethrine entschlüsselten. Das gelang  bereits im Jahr 1924. Und 1947 wurde dann Allethrin synthetisiert. Damit gelang in den fünfziger Jahren der Markteinstieg. 

Allethrin war dem Naturprodukt noch ähnlich. Aber es war weniger giftig als Pyrethrine und ebenso wie Pyrethrine nicht photostabil. In rascher Folge kamen neue Produkte aus den Chemielaboren. Giftigere (zweite Generation) und photostabilere (dritte Generation). 

Permethrin ist ein Insektizid aus der dritten Generation. Permethrin ist in Deutschland als Mittel gegen Kopfläuse und Krätze zugelassen und findet auch in der Tiermedizin gegen Läuse, Flöhe, Milbe und Zecken Verwendung. Permethrin dient als vorbeugendes und/oder bekämpfendes Holzschutzmittel. Wollteppiche werden damit ausgerüstet. In Deutschland und Österreich ist Permethrin nicht als Pflanzenschutzmittel zugelassen. 

Ein Gift erobert den ganzen Globus

Der Boom der Pyrethroide kam mit der Einführung photostabiler Verbindungen (vierte Generation) für die Landwirtschaft. Fenvalerat, Deltamethrin, Cypermethrin und Permethrin sind die Umsatzrenner der Hersteller. 

Pyrethrine und Pyrethroide werden tonneweise produziert und sind mittlerweile über den Globus verteilt. Pyrethrine und Pyrethroide sind Insektizide. Aber auch für Menschen sind sie gefährlich:

„Naturpyrethrum und alle Pyrethroide sind Nervengifte, die auch das Zentralnervensystem angreifen. Pyrethroide reichern sich im Gehirn an. Kurz nachdem man Pyrethroiden ausgesetzt war, können die Gifte im Blut gemessen werden, sie werden aber relativ schnell abgebaut. Bei Langzeitbelastungen können sie im Fettgewebe gespeichert werden.“ 

Was passiert bei akuten Vergiftungen?

„Bei akuten Vergiftungen mit Pyrethroiden sind die ersten Symptome Reizungen und Rötungen der Haut und Schleimhaut, Kribbeln und Jucken, Taubheit um den Mund, Augenbrennen und Reizhusten. Dazu kommen die Symptome von Vergiftungen mit Nervengiften wie Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Schwächegefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Schweißausbrüche. Diese Empfindungen gehen wieder zurück, wenn die Belastung vorüber ist.“ 

Was passiert bei chronischen Vergiftungen?

„Bei chronischer Einwirkung können Taubheitsgefühle auf der Haut, Kopfschmerz, Schwindel, Depression, Erschöpfung, Angst, Seh- und Hörstörungen, Herz-Rhythmusstörungen, Muskelschwäche, Immunschwäche und Asthma auftreten.Bei Personen in stark belasteten Innenräumen und Flugpersonal sind chronische Vergiftungen beobachtet worden. Permethrin und Cypermethrin stehen im Verdacht, hormonelle Wirkungen zu haben und die Fortpflanzung zu schädigen“ 

Auch die Natur ist bekanntermaßen nicht harmlos 

Pyrethrine sind entgegen der landläufigen Meinung nicht harmlos:

„Pyrethrine wirken neurotoxisch, sowohl auf sensorische wie auch auf motorische Nerven… Ein zweijähriges Kind starb, nachdem es 14 g Pyrethrum-Pulver gegessen hatte. Es gab auch tödliche Vergiftungen durch inhaliertes Pyrethrin-Aerosol Pyrethrine verursachten im Rattenversuch Leber- und Schilddrüsenkrebs. 

Belastende Hintergrundbelastung

Das alltägliche Gift gehört zu dem, was die Experten eine „Hintergrundbelastung“ nennen. Auch unsere Kinder bleiben vor der alltäglichen „Hintergrundbelastung“ nicht verschont. Unsere Human Biomonitoring Spezialisten wissen das auch: 

Kinder-Umwelt-Survey, Pilotstudie (2001/2002):

Hinweise auf Expositionspfade für die innere Belastung mit Organophosphaten und Pyrethroiden: 

„In der Pilotstudie des Kinder-Umwelt-Surveys (KUS) wurden die Urine von 2- bis 17-jährigen Kindern aus vier Orten in Deutschland auf ihre Gehalte an Organophosphat- und Pyrethroidmetaboliten untersucht… 

Die Exposition gegenüber Pyrethroiden wird bestimmt durch das Lebensalter, den Probenahmeort, den Konsum von gekochtem Gemüse und die Verwendung von Pyrethroiden im häuslichen Innenraum. Die signifikante Korrelation zwischen den Metabolitgehalten im Urin und den Permethringehalten im Hausstaub zeigt, dass Hausstaub eine Quelle für die Belastung von Kindern darstellen kann. Wahrscheinlich ist dies auf die Staubaufnahme durch Hand-zu-Mund-Kontakt zurückzuführen“ 

Herzlichen Dank an Gastautorin Juliane für diesen informativen Blogartikel!

7 Kommentare zu “Das Gift der Insektenblume”

  1. Clarissa 11. Juni 2008 um 12:13

    Danke Juliane, was für ein Artikel – Wahnsinn was uns Menschen mit diesen gezüchteten Insektiziden angetan wird. Wer kennt nicht diese Stecker wo so ein Wirkstoffplättchen rein geschoben wurde und schon hatte man eine ganze Nacht Ruhe vor den lästigen Blutsaugern. Sollte ja auch nicht gefährlich sein, „mit einem Wirkstoff aus der Natur“, wer weis schon was man sich damit angetan hat ohne auch nur die geringste Ahnung vor den schlimmen Folgen zu haben.
    Ich habe so ein Teil viele Jahre benutzt, bei dem Gedanken daran wird mir heute echt übel.

  2. Franz 11. Juni 2008 um 23:38

    Pyrethrine wurden und werden auch heute noch am Handel als „biologische“ Alternative angeboten. Und die Kunden wenden diese Mittel dann im Glauben an, ein ungiftiges Produkt zu verwenden.

    Und Wollteppichböden mit Permethrin waren und sind ein Problem. Oft kommen die Teppichböden auch noch ins Kinderzimmmer oder werden in den Kindergärten und Grundschulen verklebt.

    Ich habe 1985 die Firma Bayer angeschrieben, um mich über Eulan schlau zu machen.Ich erinnere mich noch an die Antwort: Unser Eulan ist fest mit der Faser verbunden. Das Mittel wurde als absolut unbedenklich bezeichnet. “ Die Firma Bayer hat die Produktion des Stoffgemischs im Jahr 1988 eingestellt, heißt es bei Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Eulan) Warum wohl?
    Es gibt schon ein Nachfolgeprodukt, das ebenfalls problematisch ist.

    Die Verbraucher werden immer an der Nase herumgeführt und Untersuchungsergebnisse werden so interpretiert, wie es der Industrie in den Kram passt.

    „Teppiche und Teppichböden aus Naturfasern wie Kokos, Sisal und Wolle werden von der GUT auf Pestizidrück-
    stände hin getestet. Dabei dürfen bestimmte Pestizide nicht nachgewiesen werden (GUT-Schadstoffprüfung).
    Eine Ausnahme bilden die Mottenschutzmittel Permethrin bzw. Sulcofuron, für die die GUT gesundheitlich unbe-
    denkliche Einsatzmengen vorschreibt.“ http://193.201.162.104/de/Wollteppichen.htm

    Und obwohl Risiken und Nebenwirkungen bekannt sind empfiehlt das RKI auch weiterhin den Einsatz von Insektiziden bei der Kopflausbehandlung:

    „Eine optimale Behandlung besteht nach heutiger Auffassung in der Kombination mechanischer, chemischer und physikalischer Wirkprinzipien. Am Tag der Diagnose (Tag 1) soll – unter genauer Beachtung aller Hinweise der Hersteller – mit einem geeigneten Insektizid behandelt werden.“
    http://www.rki.de/nn_468404/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2007/08__2007.html

    Alles halb so schlimm, wenn man es nur richtig macht.

    Fazit von Prof. K. E. von Mühlendahl :

    „Pyrethrium und Pyrethroide besitzen hervorragende Anwendungseigenschaften als Pflanzen-, Vorrats- und Holzschutzmittel, als Human- und Tierarzneimittel, als Entwesungsmittel und als Textilschutz.
    Unsachgemäßer Gebrauch von pyrethroidhaltigen Insektiziden kann zu akuten Gesundheitsbeschwerden führen. Vor einem leichtfertigen Einsatz wird daher gewarnt.“
    http://www.allum.de/index.php?mod=noxe&lang=true&n_id=28

    Klar, wenn das Experiment schief geht, war es eben die unsachgemäße Anwendung und der leichtfertige Einsatz.

  3. alo 14. Juni 2008 um 00:57

    Halloo, ich habe im Magazin BIO einen Beitrag gelesen, wodurch
    eine Katzenbesitzern über ein halbes Jahr die Tiermatratze gegen Milbenbefall ihres Haustieres mit einem Spray auf Basis dieser chemisch hergestellten Chrysantheme benutzt haben solle und bewiesenermassen davon MS bekam, man entdeckte die Ursache und sie konnte therapeutisch wieder geheilt werden.

  4. Jewel 12. Juli 2008 um 10:47

    Danke Juliane für den sehr informativen Beitrag. Dass wir alle dermaßen der Chemie ausgesetzt sind und unsere Kinder bereits einen großen Teil abkriegen, ist besorgniserregend.

    @Clarissa

    Solche Plättchen im Stecker hatte ich auch ab und an mal benutzt. Es roch während der Anwendung immer ganz speziell. Wer weiß, vielleicht haben die Dinger einen Anteil an unserer MCS-Erkrankung. Gesundheitsfördernd sind solche Insektenschutzmaßnahmen mit Sicherheit nicht. Früher ist man leider ziemlich unbedarft mit manchem Produkt umgegangen, das passiert uns heute nicht mehr so leicht.

  5. Terminator 15. Juli 2008 um 14:30

    Der Einsatz von Insektiziden ist enorm, auch dort, wo man ihn nicht vermutet und sich in trügerischer Sicherheit wiegt. Dass beim Fliegen Insektizide versprüht werden, mit allen möglichen gesundheitlichen Folgen, ist kaum in Worte zu fassen, aber was ich heute morgen an anderer Stelle gelesen habe, hat mich sehr erschüttert.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/07/14/klage-gegen-air-france-wegen-verspruehens-von-insektiziden-vor-rueckfluegen-nach-europa/

  6. sara 1. Oktober 2013 um 09:54

    Also ich habe meine beiden weissen Mäuschen damit behandelt als sie von Milben befallen waren. Das Mittel bekam ich in einer Tierhandlung. Ich habe sie wie beschrieben damit eingesprayt. Die folgenden Tage konnten sie nicht mehr gerade gehn, kippten ständig um, verhielten sich wie wirr. Laufen konnten sie gar nicht mehr. Sie konnten nichts mehr essen und trinken und einige Tage später waren beide tot..

  7. sandra 15. Oktober 2014 um 22:51

    mein vater starb vor 2 monaten qualvoll an ALS, einer neurologischen Erkrankung. er hat sein leben lang als Gärtner auch viel mit permethrin und pyrethrum gearbeitet, es fand auch einsatz im haus als insektenspray und als „mueckenplaettchen“. zudem hat er unsere Haustiere oft damit behandelt. und jahrelang hatten wir gewaechhaeuser voller Chrysanthemen, die er pflanzte und erntete.
    einmal lief ihm versehentlich eine grosse menge insrktenschutzmittel ueber den koerper. danach bekam er laehmungserscheinungen und schweissattacken, was sich aber schnell wieder besserte.
    mit 77 wurde ihm dann diese schreckliche krankheit diagnostiziert. eine untersuchung bei einem naturheilarzt, der mit EAV austestete, ergab dann eine massive belastung mit pyrethrum und permethrin…leider war es da schon zu spät, er starb 5 monate spaeter.
    die menge macht sicher viel aus, weshalb es bei vielen Menschen erstmal nicht ausfällt.
    also VORSICHT!!

Kommentar abgeben: