Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und Sick Building Syndrom (SBS) im Mäuseversuch bestätigt

MäuseversuchInternationale Studien haben mehrfach gezeigt, dass etwa 15 % der Allgemeinbevölkerung unter Chemikal-iensensitivität (MCS) leidet. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Schaden geht in die Milliardenhöhe.


Deuten Menschen jedoch an, durch Schadstoffe im Innenraum oder durch Alltagschemikalien krank geworden zu sein, wird ihnen oft kein Glauben geschenkt. Ihre Beschwerden werden bagatellisiert und gerne auf die Psyche geschoben, der Grund liegt auf der Hand: Kostenabwehr.


Moderne Schadstoffanalytik ist mittlerweile jedoch in der Lage, Aufschluss zu bringen. Ein Labor in den USA konnte bei Mäusen ähnliche Reaktionen und Sensitivitäten nach Inhalation von flüchtigen Innenraum-schadstoffen feststellen, wie man sie von Chemikaliensensiblen kennt. Den Versuchstieren kann jedoch im Gegensatz zu Menschen keine Simulation unterstellt werden.

Mäuse brauchen kein Geld
Anderson Laboratories ist ein renommiertes Labor in Vermont in den USA, das sich seit über zwei Jahrzehnten auf Schadstoffanalytik spezialisiert hat. Das besondere an diesem Labor sind Tierversuche im Doppel- oder Trippelblind Verfahren, die zur Beweisführung dienen, dass bestimmte Materialproben toxische Inhaltsstoffe enthalten. Die von Menschen beklagten Reaktionen werden sehr oft bei den Labormäusen nachgewiesen. Die Versuche werden bei Anderson Laboratories mittels Video aufgezeichnet und im Doppelblindversuch abgesichert. Gerade dann, wenn behauptet wird, dass beispielsweise Angestellte in einem Büro gar nicht krank sein können durch die Ausgasungen eines giftigen Teppichbodens und nur hysterisch sind, kann ein solcher Test sehr anschaulich verdeutlichen, dass Emissionen des besagten Teppichbodens sehr wohl Reaktionen hervorrufen können. Für solche Versuche wird Luft über eine Teppichbodenprobe in ein abgeschlossenes Glas-Terrarium geblasen, in dem sich die Versuchtiere befinden. Nicht selten tritt bei solchen Versuchen sogar das Ableben der Versuchstiere ein. Gleichzeitig zu den Tierversuchen werden Screenings durchgeführt, die analysieren, um welche Schadstoffe es sich handelt. Für Personen, die sich in Gerichtsverfahren befinden, kann eine solche Analytik und Tierversuchsreihe ausschlaggebend sein, denn Labormäusen ist keine Hysterie, Geldnot, Simulantentum, etc. anzuhängen.

Alltagschemikalien lösen sensorische und pulmonale Irritationen aus
Viele Symptome, die bei MCS und Sick Building beschrieben werden, berichtet das Anderson Team, ähneln den Symptomen, von denen man weiß, dass sie durch flüchtige irritierende Chemikalien eintreten. Insbesondere Reizungen von Augen, Nase und Rachen sind häufig bei SBS, MCS und sensorischer Irritation (SI). Auch Atembeschwerden werden bei SBS, MCS und pulmonaler Irritation (PI) sehr häufig beobachtet.

Mäuse reagieren auf Weichspüler, Wegwerfwindeln, Parfüm…
Anderson Laboratories klärte in der vorliegenden Studie die Fragestellung, ob Innenraumschadstoffe sensorische und / oder pulmonale Irritationen hervorrufen können. Dazu atmeten die Mäuse der Versuchsreihe eine Stunde lang die verdünnten flüchtigen Emissionen von Raumluftspray, Weichspüler, Parfüm und Schaumstoffmatratzen ein. Währenddessen konnten bei den Versuchstieren zahlreiche Kombinationen von sensorischen und pulmonalen Irritationen, als auch Verminderung der Atmung (analog einer Asthmaattacke) gemessen werden. Luftproben, die in Räumlichkeiten genommen wurden, in denen Menschen sich wiederholt über schlechte Luftqualität beschwerten, verursachten ebenfalls sensorische und pulmonale Irritationen und Verminderung der Atmung bei den Mäusen. (Anm.: die Mäuse waren zuvor auf funktionale Ausfälle hin untersucht worden). Bereits in vorherigen Studien hatte Anderson Laboratories schon zahlreiche neurologisch bedingte Verhaltensänderungen nach Expositionen gegenüber Emissionen von Produkten oder Luft aus einer angeschuldigten Räumlichkeit bei den Versuchsmäusen dokumentieren können. Solche neurologischen Beschwerden sind vordergründiger Teil der Symptomatik bei SBS und MCS Patienten. Anderson Laboratories empfiehlt anhand der veröffentlichten Daten, dass SBS und MCS als sensorische Irritation, pulmonale Irritation und Neurotoxizität beschrieben werden kann. Denn all diese Beschwerden können von flüchtigen irritativen Chemikalien verursacht werden, die beispielsweise aus herkömmlichen Alltagsprodukten ausgasen und in belasteter Innenraumluft vorgefunden werden.

Chemikaliensensitivität bei Mäusen beobachtet
Bei einigen der verabreichten Chemikalienmischungen (z.B. Emissionen einiger Weichspüler, Wegwerfwindeln und Vinylmatratzenschoner) traten stärker werdende sensorische Irritationen auf (2-4fach), wenn sie in einem Zeitraum von 24 Stunden zwei- bis dreimal pro Stunde in Serie verabreicht wurden. Bei anderen Chemikaliengemischen (z.B. Emissionen eines Duftsteins) trat diese Wirkung nicht auf. Obwohl bei jeder Exposition der Stimulus bei den Versuchstieren gleich war, steigerte sich jedoch das Ausmaß der Reaktion der Tiere, was die Wissenschaftler als veränderte Sensibilität bei den Mäusen gegenüber diesen Chemikalien deuteten. Diese Reaktion sei nicht als generalisierte Stressreaktion zu deuten, bekundeten die Wissenschaftler aus Vermont, da die Reaktionen bei den Tieren eben nur bei bestimmten Mischungen von irritativen Stoffen auftraten und bei anderen eben nicht. Dies sei eindeutig eine spezifische Reaktion gegenüber einer Mischung einer bestimmten flüchtigen Chemikalie.

Erfolgsversprechendes MCS Forschungsmodell
Diese Studie von Anderson Laboratories ist eines der wenigen Male in der MCS Forschung, dass Wissenschaftler wirklich beides, die Intensität eines Stimulus und das Ausmaß der Reaktion, messen konnten, womit es ihnen in der Tat gestattet ist, eine Diskussion über Sensitivitätsänderungen zu führen.
Die Veränderung der sensorischen Irritation bei den Mäusen könnte als Forschungsmodell dafür dienen, wie Menschen eine sich steigernde Sensitivität gegenüber Schadstoffen entwickeln. Ein intensives Studieren dieses sich darbietenden Systems sollte in der Lage sein, sehr viel darüber herauszufinden, wie Menschen auf Schadstoffe reagieren und wie sich ihre Sensitivität gegenüber flüchtigen irritativen Chemikalien verändert.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, April 2008

Literatur: Anderson RC, Anderson JH., Sensory irritation and Multiple Chemical Sensitivity, Toxicol Ind Health. 1999 Apr-Jun;15(3-4):339-45.

11 Kommentare zu “Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und Sick Building Syndrom (SBS) im Mäuseversuch bestätigt”

  1. Mary-Lou 1. April 2008 um 07:28

    Dieser Blog ist der Oberhammer! Diese Ergebnisse werden bei ausländischen Wissenschaftlern sicherlich als Bestätigung ihrer bisherigen Forschungsresultate angesehen werden, da sie die Kausalität zwischen Reaktionen und Schadstoffemission bestätigen. Im Gegensatz dazu werden diese interessanten Erkenntnisse seitens deutscher Wissenschaftler keine Anerkennung finden. Die RKI-Studie wird man m. E. noch in zwanzig Jahren in den Himmel jubeln.

    Am bemerkenswertesten finde ich die Tatsache, dass die amerikanischen Wissenschaftler steigende Sensitivitäten bei den Versuchsmäusen nachweisen konnten.

  2. Juliane 2. April 2008 um 00:41

    Wie frustrierend mag es wohl für Forscher sein, die so eindeutige Forschungsergebnisse vorweisen können wenn Lobbyisten dafür sorgen , dass sich der Deckmantel des Schweigens über die Forschungsergebnisse ausbreitet. Ohne das www hätten wir sicher niemals von diesen Experimenten erfahren.

    Es erinnert mich an eine Studie über die ich kürzlich gelesen habe:

    Bei Rindern ist seit der Industrialisierung der Landwirtschaft der Spiegel des Wachstumshormons IGF-1 in der Milch ständig gestiegen.

    Insulinähnliche Wachstumsfaktoren regen bei Säugern die Zellteilung an.

    „Da bekannt ist, dass IGF-1 bei Menschen biologisch aktiv ist… wirft der höhere IGF-1 Gehalt der Milch die Frage auf: Löst das mit der Milch oder dem Fleisch von Milch- und Schlachttieren aufgenommene IGF-1 eine schnellere Zellteilung und vermehrtes Zellwachstum bei Menschen aus und verursacht so Krebs?“

    1998 hat ein kanadisch-amerikanisches Forscherteam in einer Studie berichtet, dass ein „‚greifbarer indirekter Beweis für den Zusammenhang zwischen IGF-1 und dem Brustkrebsrisiko‘ erbracht sei und … außerdem auf Experimente mit Mäusen (verwiesen), bei denen IGF-1 nachweislich das Wachstum von Krebszellen begünstigt.“

    „Vertreter der Milchwirtschaft behaupten, in der Milch enthaltende Hormone und hochwirksame Stoffe würden nicht in den Blutkreislauf übergehen.“
    Jane Plant, Das Leben in deiner Hand, Seite 153 ff

    Man fragt sich, wie lange die Menschen noch als Laborratten der der Industrie herhalten müssen. Ob MCS oder Krebs, immer sind es mächtige Lobbyisten, die wissenschaftliche Erkenntnisse unter den Teppich kehren.

  3. Eric 2. April 2008 um 09:58

    Der Hauptgrund um Umwelterkrankungen wie MCS und SBS der Psyche zu zuschreiben liegt darin, sich seitens der Berufsgenossenschaften und Sozialversicherungsträger vor der Verantwortung zu drücken, anstatt Farbe zu bekennen. Psychisch bedingte Erkrankungen rechtfertigen soweit ich weiß keine Ansprüche auf Rentenzahlung der BG´s. Die Betroffenen werden um die ihnen zustehende Leistungen regelrecht betrogen.

    Leider werden solche Versuche an Mäusen in Deutschland keine Schule machen, da niemand an solchen objektiven und fortschrittlichen Ergebnissen interessiert ist. Wie das Beispiel aus dem Blog „Dioxin in Lebensmittel“ beweißt, sind sogar Behörden in den Sumpf der Verschleierungstaktik involviert. Denn das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) hielt über einen längeren Zeitraum wichtige Erkenntnisse zurück.

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/03/29/dioxine-in-lebensmittel-alles-hysterie/

    Es ist davon auszugehen, dass es hierzulande nicht besser aussieht. Geld regiert die Welt, das ist leider das Übel des Ganzen. Ich gehe jede Wette ein, dass auch bei uns wichtige Forschungsergebnisse in Aktenordnern verstauben, die Arbeit der Lobbyisten trägt Früchte, was sich auch im Bereich der Umweltmedizin erkennen läßt.

  4. Joana 2. April 2008 um 17:22

    Diesen Blog könnte man als Schlag ins Gesicht der Deutschen Umweltmedizin deuten, da diese in der Öffentlichkeit immer wieder so entschlossen berichtet, man habe MCS bisher nicht nachweisen können.

    Ich würde mich schämen, so etwas öffentlich zu machen. Das Ausland ist u. a. fähig MCS sogar bei Labormäusen festzustellen und die Deutschen haben bisher überhaupt keine Erfolge auf dem Gebiet zu verzeichnen.

    Meine Meinung: Kein Aushängeschild für den Forschungsstandort Deutschland.

  5. Analytiker 2. April 2008 um 22:30

    Seitens deutscher Umweltmediziner wird man auch diese interessante ausländische Studie belächeln und sie einstufen wie Prof. Thomas Eikmann bei der Diskussionsrunde im ZDF Infokanal in 37°plus, über eine spanische Studie

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/01/03/spanische-wissenschaftler-finden-ursachen-fuer-chemikaliensensitivitaet-mcs/

    urteilte und meinte, das ist mal wieder so eine Studie aus dem Ausland, und das war´s dann. Prof. Eikmann und seine Kollegen werden wie bisher ihre Rezeptblöcke zücken und MCS-Patienten weiterhin Psycho-Pharmaka verschreiben.

  6. no doubt 3. April 2008 um 12:36

    Zitat:

    „Diese Studie von Anderson Laboratories ist eines der wenigen Male in der MCS Forschung, dass Wissenschaftler wirklich beides, die Intensität eines Stimulus und das Ausmaß der Reaktion, messen konnten, womit es ihnen in der Tat gestattet ist, eine Diskussion über Sensitivitätsänderungen zu führen.
    Die Veränderung der sensorischen Irritation bei den Mäusen könnte als Forschungsmodell dafür dienen, wie Menschen eine sich steigernde Sensitivität gegenüber Schadstoffen entwickeln. Ein intensives Studieren dieses sich darbietenden Systems sollte in der Lage sein, sehr viel darüber herauszufinden, wie Menschen auf Schadstoffe reagieren und wie sich ihre Sensitivität gegenüber flüchtigen irritativen Chemikalien verändert.“

    Diese Fakten stellen einen enormen Durchbruch in der MCS-Forschung dar. Die Zusammenhänge sind unabdingbar und daher sollten auch deutsche Mediziner, MCS-Kranken gegenüber respektvoll begegnen und ihre Angaben bzgl. ihrer Reaktionen und die zunehmenden Überempfindlichkeitsreaktionen auf die verschiedensten Duftstoffe und dergleichen, nicht als Simulation abtun sondern Ernst nehmen. Auch MCS-Patienten haben eine Würde, das scheinen viele Ärzte in der heutigen Zeit vergessen zu haben.

  7. Janik 5. April 2008 um 12:42

    Die Anderson Videodokumentationen sollten Pflichtprogramm in der Ausbildung von Ärzten und Umweltmedizinern werden, dann hört es vielleicht auf, daß man den Patienten psychische Faktoren unterstellt um die eigene Unwissenheit zu kaschieren.

  8. Terminator 5. April 2008 um 23:00

    @ Janik

    Ich glaube nicht das Umweltmediziner mit dem Unterstellen von psychischen Faktoren die eigene Unwissenheit zu kaschieren versucht, ganz im Gegenteil, das eigenen Wissen wird bewußt kaschiert. Das ist ein riesengroßer Unterschied.

  9. Henriette 10. April 2008 um 10:51

    Es ist äußerst schade, dass die Deutsche Wissenschaft kein Interesse an Forschung im Bereich der Umweltmedizin zu haben scheint. Auch die Erkenntnisse neuster MCS-Studien werden deutsche Wissenschaftler, Umwelt- und Arbeitsmediziner nicht wirklich interessieren.

    Die Mehrheit der deutschen Umweltmediziner vertrauen und diagnostizieren anscheinend lieber nach alt Bewährtem, ohne sich intensiv mit den neusten Studienergebnissen vertraut zu machen.

    Worin mögen die Ursachen für diese „Standhaftigkeit“ bzw. dass es im Berich der Umweltmedizin in Deutschland eigentlich keine Weiterentwicklung gibt, liegen???

  10. X-Faktor 10. April 2008 um 14:23

    Das ist nicht nur Schade, Henriette, sondern es ist ein Skandal. So zu tun als gäbe es keine umweltbedingten Erkrankungen sondern nur psychisch auffällige Patienten, das ist ein Witz, aber ein schlechter!

    Die Massen an krebserregenden und gesundheitsschädlichen Chemikalien, die permanent auf jeden von uns täglich einwirken, sei es in Form von Aromen und sonstigen Lebensmittelzusätzen, durch Dioxine in unsere Nahrungsmittel (siehe hierzu den interessanten Blog: http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/03/29/dioxine-in-lebensmittel-alles-hysterie/

    durch Ausdünstungen aus Möbel oder durch andere gesundheitsgefährdenden Stoffe, denen wir am Arbeitsplatz ausgesetzt sind, durch chemisch erzeugte Duftstoffe, Luftverschmutzung, Flammschutzmittel…

    Das ist eine armselige Lachnummer der Deutschen Umweltmedizin, anders kann ich die überwiegend getroffenen Aussagen der Mehrheit Deutscher Umweltmediziner nicht deuten.

    XXX

  11. Spider 14. Juli 2008 um 10:57

    Von wegen, Chemkaliensensitivität ist psychisch, dass es anders läuft, bestätigen die Forschungsergebnisse der amerikanischen Wissenschaftler. Um sich vor Entschädigungszahlungen zu drücken, lasten die BG´s uns Chemikalien-Geschädigten psychische Störungen an. Aber weit gefehlt, Mäuse haben kein Rentenbegehren, wie man es uns in Falsch-Gutachten immer wieder andichtet.

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