Umweltmedizin: Patienten mit Chemical Sensitivity (MCS) reagieren auf Chemikalien weit unterhalb von Richtwerten

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Während Chemikaliensensitivität (MCS) vor Jahrzehnten eine Krankheit war, die kaum jemand kannte, gibt es mittlerweile immer mehr Menschen, die darunter leiden. Man geht von ca. 15% der Bevölkerung aus, die auf Alltagschemikalien reagieren, die auf die Allgemeinbevölkerung keinen nennenswerten Einfluss haben. Japanische Wissenschaftler halten unsere nahezu luftdichte Bauweise für einen der Hauptgründe für den Anstieg von MCS. Die Vermeidung von Auslösern gilt bisher als die wirkungsvollste Therapie.

Erkenntnis Basis für eine Studie
Ein japanisches Wissenschaftlerteam der Universität Tokio erkannte Multiple Chemical Sensitivity (MCS) als ernstzunehmendes Problem an, dass als Resultat unserer modernen nahezu luftdichten Gebäudekonstruktionen zunehmend eingetreten ist. Hieraus ergab sich für das Forscherteam die Aufgabestellung für eine Studie. Man setzte sich zum Ziel, verantwortliche Chemikalien und ihre Wirkschwelle bei Patienten mit Hypersensibilitätsreaktionen zu identifizieren. Hierzu maßen die Japaner Expositionen gegenüber Carbonyl- und Lösemittelverbindungen bei 15 MCS Patienten und gleichzeitig bei einer Kontrollgruppe. Diese beiden Schadstoffgruppen sollten bei der Patientengruppe, im Gegensatz zur Kontrollgruppe, möglicherweise Reaktionen hervorrufen.

Identifizierung von Auslösern
Um herauszufinden, ob MCS Patienten tatsächlich auf besagte Auslöser reagieren, wurde ein neues Messverfahren eingesetzt, eine Aktiv-Passivsammlermethode. Durch diese Methoden hoffte das Wissenschaftlerteam zu belegen, ob Patienten auf die als verantwortlich bezeichneten Chemikalien reagieren oder nicht.

Studie zeigt klares Resultat
Das Team der Universität Tokiostellte fest, dass Chemikalien bei MCS Patienten Hypersensibilitätsreaktionen auslösen und diese von Patient zu Patient variieren. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die Konzentrationsschwelle der Chemikalien, die Hypersensibilitätsreaktionen bei einigen MCS Patienten auslösten, weit unterhalb der Richtlinien für Innenraumluft der WHO und zuständigen Japanischen Behörde lag. Dies bedeutet, dass MCS Patienten tatsächlich, wie immer wieder von dieser Patientengruppe berichtet, auf minimale Konzentrationen bestimmter Chemikalien reagieren und Richtwerte kein Schutz für sie darstellen.

MCS Patienten vermeiden Chemikalien, um Reaktionen zu verhindern
Der durchschnittliche Expositionswert während der siebentägigen Untersuchungsphase, war bei MCS Patienten niedriger als bei der Kontrollgruppe ohne MCS. Einige wenige Patienten bildeten eine Ausnahme, da sie auf ihrem Arbeitsplatz noch Chemikalien ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler der Universität Tokio deuteten dieses Ergebnis im Rahmen der Studie so, dass MCS Patienten versuchen, von Expositionen gegenüber Chemikalienverbindungen fernzubleiben, die bei ihnen Symptome auslösen. MCS Patienten betreiben also von sich aus genau das, was Umweltmediziner ihren Patienten als Therapie Nummer 1 vorschlagen: Expositionsvermeidung.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Jan. 2008

Literatur: Shinohara N, Mizukoshi A, Yanagisawa Y., Identification of responsible volatile chemicals that induce hypersensitive reactions to multiple chemical sensitivity patients, Institute of Environmental Studies, The University of Tokyo, 1: J Expo Anal Environ Epidemiol. 2004 Jan; 14(1):84-91.

4 Kommentare zu “Umweltmedizin: Patienten mit Chemical Sensitivity (MCS) reagieren auf Chemikalien weit unterhalb von Richtwerten”

  1. Juliane 21. Januar 2008 um 23:02

    Die Japaner überholen uns nicht nur mit ihren innovativen Ideen für umweltfreundliche Autos, sondern auch mit ihrer problemorientierten Umweltmedizin.

    Im Osten geht die Sonne auf.

    Bei VW soll man ja jetzt schon erkannt haben, dass das Leben in der „Sonnenfinsternis“ auch nicht das gelbe vom Ei ist. Aber wann wird diese Erkenntnis bei deutschen Umweltmedizinern ankommen?

    Das Verhalten deutscher Umweltmediziner erinnert immer an jenes Kind, das sich die Augen zuhält, im Glauben daran, dass es einer Gefahr, der es nicht in die Augen schauen muss ,entgehen kann. Aber entgeht das Kind durch Augenzuhalten der Gefahr?

  2. Mary-Lou 22. Januar 2008 um 10:21

    Früher war Deutschland in der Forschung ganz oben. Leider ist die Entwicklung ins Gegenteil übergegangen. Deutschland hinkt nicht nur bei Forschung hinterher, nein, sogar bei der Pisa-Studie. Bei unseren Nachbarländern und auch im entfernteren Ausland, wurden Umweltfaktoren als Ursachen für die Entstehung von Umweltkrankheiten wie z. B. für MCS (Multiple Chemikaliensensitivität), nachgewiesen.

    Japan und Spanien lauten die Studienergebnissen, dass CFS (Chronic Fatigue) und MCS durch Pestizide und Insektizide ausgelöst werden.

    Meine Interpretation, warum Deutschland auch so bei der Pisa-Studie hinterherhinkt, ist evtl. die Ursache dafür bei den schadstoffbelasteten Klassenzimmern, in denen Schüler und Lehrer erkrankten und immer neue Fälle hinzu kommen. Heutzutage gibt es kaum ein Kind, das nicht an chronischen Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, asthmatischen Erkrankungen und Neurodermitis leidet. Die Ursachen dafür könnten durch hohe Schadstoffkonzentrationen in deutschen Schulen liegen, die auch für das gehemmte Lernenverhalten, aufgrund der Konzentrationsstörungen und chronischen Kopfschmerzen resultieren.

    Frontal21 brachte eine Sendung zu diesem interessanten Thema:
    Gift im Klassenzimmer
    Experten warnen: Schulen machen krank

    von Christian Esser und Herbert Klar
    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,7001141,00.html

  3. Juliane 22. Januar 2008 um 10:59

    „Warum haben wir nie etwas davon gehört ?“

    Die englische Geologin Professor Jane Plant resümiert in ihrem Buch „Das Leben in deiner Hand“ :

    „Ich habe in diesem Buch eine Menge zwingende Beweise für die wahrscheinlichen Ursachen von Brust- oder Prostatakrebs zusammengetragen …

    Eins jedoch irritiert und stört mich sehr.

    All die Informationen, all die Daten aus wissenschaftlichen Experimenten, epidemiologischen Studien, Statistiken und Forschungsversuchen, die ich gelesen habe, sind in angesehenen, renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften erschienen. Vielfach sind diese Informationen schon seit Jahren oder Jahrzehnten zugänglich.

    Warum haben wir nie etwas davon gehört?

    …..Warum nicht?….

    … dürftig – oder gar nicht wird über Probleme aufgeklärt. die Ernährung und Lebensstil für unsere Gesellschaft aufwerfen, und meist fehlen auch klare, eindeutige Ratschläge…

    Offenbar will man sich spezielle Interessensgruppen nicht zum Feind machen, und außerdem bleibt durch diese Haltung der materielle Wohlstand … in Bereichen wie Landwirtschaft, Agrochemie, Nahrungsmittelindustrie, Pharmaforschung, im Arzneimittelsektor und in der Fabrikation unangetastet….

    Wäre es nicht besser , die jeweils bekannten Fakten klar und verständlich darzulegen…..

    Wäre es nicht besser, Arbeitsplätze in Bereichen zu schaffen, die das Wohlergehen von Gesellschaft und Umwelt im Auge haben…?

    Viele Industriebranchen sponsern Forschungsprojekte an Universitäten mit der Absicht, unerfreuliche Ergebnisse, die mit ihren Produkten in Zusammenhang stehen, vertuschen zu können…

    Selbst staatlich geförderte Forschungsaufträge … scheinen nur allzu oft als politische Machtinstrumente betrachtet zu werden. …

    Wenn wir als gesunde Spezies überleben wollen, müssen wir unsere Wertvorstellungen ändern und von materialistischen Werten zu anderen Maßstäben der Lebensqualität überwechseln.“

    Jane Plant erkrankte im Alter von 42 Jahren an Krebs. Als die Ärzte sie schon aufgegeben hatten, recherchierte sie selber. Sie hat die Beweise zusammengetragen, für die Ursachen dieser Krebserkrankung und ihre Recherchen lieferten auch den Schlüssel zur Heilung. Plant hat den Krebs überlebt. Alle Mediziner hätten es wissen können. Die Datenlage war eindeutig. Doch wenn Jane Plant nicht selbst recherchiert hätte , würde sie heute mit großer Sicherheit nicht mehr leben.

    In der Bundesrepublik erkranken jährlich über 400.000 Menschen neu an Krebs. Mit steigender Tendenz. Die Erkenntnisse, warum das so ist, sind schon lange da. Aber sie gelangen ebenso wenig in den öffentlichen Diskurs, wie jene Daten, die schon für andere Umwelterkrankungen wie MCS,SBB, CFS etc. und deren Ursachen vorliegen.

    Und auch hier kann man mit Plant fragen:

    „Warum haben wir nie davon gehört?“

    “ Die Wissenschaftler der Universität Tokio deuteten dieses Ergebnis im Rahmen der Studie so, dass MCS Patienten versuchen, von Expositionen gegenüber Chemikalienverbindungen fernzubleiben, die bei ihnen Symptome auslösen.“

    „Warum haben wir nie davon gehört?“

  4. Mary-Lou 22. Januar 2008 um 16:09

    Es gibt viele verschiedene Umweltkrankheiten wie z.B. MCS, CFS, FMS und SBS, deren Ursache in Deutschland allerdings vehement abgestritten wird. Was ist aber mit Asthma und anderen Lungenerkrankungen, Allergien, Neurodermitis und sogar Krebs?
    Wie Juliane in ihrem Kommentar darstellt, wird auch hier Vertuschung betrieben.

    Krebs und Allergien haben in ihren Namen nicht das Wort „Chemie“ beinhaltet, wie es allerdings bei Multiple Chemikaliensensitivität der Fall ist. Daher werden diese Erkrankungen als „echte“ Krankheiten angesehen. MCS wird hingegen z. B. von Gutachtern und auch so manchem, meiner Meinung nach nicht unabhängigen Umweltmediziner, als psychiatrische Erkrankung, sprich Befindlichkeitsstörung, somatoforme Störung abgetan.
    Unabhängige Umweltmediziner hingegen, kommen zu anderen Ergebnissen.
    Was ist mit den Rußpartikel aus den Dieselabgasen. Wenn diese nicht der Gesundheit schaden, es keine Atemwegserkrankungen verursacht, warum der ganze Aufwand, der inzwischen aus Umweltgesichtspunkten damit betrieben wird???

    Wie viele Schadstoffe existieren weltweit, die Erkrankungen wie Krebs auslösen können? Vielfach lesen wir Warnungen, wie z. B. krebsauslösend. Ist es aber erst einmal zur Erkrankung gekommen, ist von den krebsauslösenden Ursachen (Chemikalien) keine Rede mehr. Krebs wird in Deutschland als Schicksal hingenommen und fertig.

    Diejenigen die die wahren Ursachen für Umwelterkrankungen offen darlegen, ersucht man auszuschalten. Ein gutes Beispiel dafür ist Dr. Binz, der Trierer Neurologe. Zum Glück wissen einige Menschen dieses Landes, die Verdienste dieses Mediziners zu schätzen. Im vergangenen Jahr wurde Dr. Binz mit dem Zivilcouragepeis ausgezeichnet:

    http://www.16vor.de/index.php/2007/11/23/unbeugsamer-mediziner/#comment-1182

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2007/11/20/unbequemer-umweltarzt-erhielt-zivilcouragepreis/

    Das gleiche Schicksal drohte auch Prof. Rea in Texas, ihm wurde glücklicherweise Gerechtigkeit zuteil:

    http://www.purenature.de/blog/ohne-kategorie/zwolf-uhr-mittags-oder-in-texas-wird-knallhart-abgerechnet/

    In Deutschland gibt es neben Dr. Binz noch andere Personen, die sich den unbequemen Wahrheiten stellen und über umweltkritische Themen berichten. Auch sie versucht man mit allen Mitteln auszuschalten:

    Umweltmediziner per Express in Rente geschickt
    Bekannter Bremer Forscher geht. Das Wort „Umwelt“ stört angeblich bei Anwerbung von Aufträgen und Drittmitteln. Auch Uniprofessur bald weg.

    http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2003/12/06/a0059

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