Nicht immer ist der Lehrer schuld

Ich kann mich noch genau an eine Situation an einem bestimmten Tag beim Chemieunterricht erinnern. Wir saßen im Vortragsraum mit Bänken, die aufsteigend angeordnet waren. Es war Anfang Sommer zur Zeit des Blühens der Gräserpollen und mir fielen ständig die Augen zu. Es war partout nichts dagegen zu machen. Der Lehrer nahm mich nach dem Unterricht zur Seite und fragte, was mit mir los sei. Pollenallergie, sagte ich zu ihm, und dass ich Tabletten dagegen eingenommen hätte. Wie meine Noten in diesem Zeitraum ausfielen, weiß ich nicht mehr, aber ich schätze, sie waren eher mäßig. Jetzt flatterte mir heute eine Studie zu genau diesem Thema auf den Tisch und ließen die Situation von damals Revue passieren. Ich würde mich über weitere solcher Studien zum Thema Allergien und Leistung in der Schule freuen, denn dann erübrigt sich für manche Schüler und Lehrer die Frage, wer ist schuld am Abkippen der Noten.

Ist der Lehrer schuld oder der Schüler? Keiner von beiden

Wenn die Noten in der Schule plötzlich abkippen, wird nach einem Schuldigen gesucht. Im Zweifelsfalle ist immer der Lehrer schuld. Eine Ausrede, die jeder aus seiner Schulzeit kennt. Dass diese These nicht stimmen muss, hat eine Gruppe schottischer Wissenschaftler herausgefunden. Allergischer Schnupfen kann die Noten von geplagten Schülern kippen lassen. Wenn sie, um ihren Heuschnupfen zu bekämpfen, dazu beruhigende Medikamente einnehmen, rutschen die Noten sehr oft noch weiter in den Keller.

Heuschnupfensymptome beeinträchtigen Prüfungen

Ausgerechnet wenn die wichtigsten Prüfungen in Schulen ablaufen, haben auch die Gräserpollen Hochsaison. Wer unter schwerer Pollenallergie leidet, hat dann schlechte Karten. Die Konzentration ist oft im Keller, die Nase läuft ohne Unterlass, eine Niessattacke folgt der anderen, Erschöpfung macht sich breit und der ganze Körper rebelliert. Wer keine Allergien hat, kann schwerlich nachvollziehen, wie es den Geplagten geht. Der Griff zu Medikamenten, um die Symptome in Schach zu halten, ist verständlich. Leider bringen sie nicht nur Linderung, denn sie können, laut schottischer Wissenschaftler, als negativen Nebeneffekt auch die Schulnoten abstürzen lassen.

Medikamente lassen Noten nach unten rutschen

Die Wissenschaftlergruppe, die ihr Ergebnis im Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlichte, untersuchte die Auswirkungen allergischer Rhinitis auf die Noten von 1.834 Schülern im Alter von 15-17 Jahren. Hierzu verglichen sie in ihrer kontrollierten Studie das Auftreten von Heuschnupfen und seiner Behandlung bei jenen Schülern, die zwischen praktischen Prüfungen im Winter und den Abschlussprüfungen vor dem Sommer in Hauptfächern um eine oder mehr Noten abgerutscht waren (Fallgruppe: 36%), mit solchen, die eine gleiche oder bessere Note erreichten (Kontrollgruppe: 64%). Insgesamt berichteten zwischen 38% und 43% der Schüler über Heuschnupfenbeschwerden genau an den Prüfungstagen. Die Wissenschaftler fanden beim Vergleich der Kontrollgruppe mit der Fallgruppe eine um 40% höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Schüler unter Heuschnupfensymptomen an einem Prüfungstag gelitten und Medikamente dagegen eingenommen hatten. Dass es sich dabei um sedierende Antihistaminika gehandelt hatte, war bei der Heuschnupfengruppe sogar um 70% wahrscheinlicher als bei der Kontrollgruppe.

Rücksicht auf Allergiker

Prof. Walker und ihr Team von der University Edinburgh merkten an, dass dies die erste Studie sei, die solch einen Zusammenhang aufzeige, und dass sie bedeutende Auswirkungen für die klinische Praxis habe. Die Wissenschaftler vertreten die Auffassung, dass weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind. Diese könnten zum Beispiel von großem Wert sein bei adäquater Patientenbetreuung im Vorfeld von Prüfungen und um wichtige Prüfungstermine in Schulen außerhalb der Pollenhochsaison zu terminieren.

Autor: Silvia K. Müller, CSN, Oktober 2007

Literatur: Walker S, Khan-Wasti S, Fletcher M, Cullinan P, Harris J, Sheikh A., Seasonal allergic rhinitis is associated with a detrimental effect on examination performance in United Kingdom teenagers: case-control study, J Allergy Clin Immunol. 2007 Aug;120(2):381-7.

7 Kommentare zu “Nicht immer ist der Lehrer schuld”

  1. Mary-Lou 15. November 2007 um 14:53

    Medikamente beeinflussen das Lernverhalten von Schülern sehr stark. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Sicherlich reagieren die Kinder und Jugendlichen auch intensiv auf Medikamente gegen Erkältungskrankheiten, die vielfach das Reaktionsvermögen ebenfalls herabsetzen können und somit zur schnelleren Ermüdung führen. Oft werden Jugendliche mit Antibiotika behandelt. Die Verordnung von Antibiotika wird in Deutschland vielfach zu leichtfertig vorgenommen, denn eigentlich sind derartige Medikamente für den Kampf gegen lebensbedrohliche Infektionen geschaffen. Sie kommen aber meist bei entzündlichen Atemwegsinfekten stark zum Einsatz, ohne vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben!

    Durch den enormen Einstatz von Bakterien tötenden Putzmittel im häuslichen Gebrauch, wird die Entwicklung des Immunsystems unserer Kinder beeinflusst, es kann sich nicht richtig entwickeln und führt dadurch zu einem empfindlicheren Immunsystem. Kinder sind häufiger stark erkältet und werden schon im frühen Alter mit „Hämmern“ vollgestopft, was die gesamte kindliche Entwicklung nachteilig beeinflussen kann. Kinder sind häufiger krank, nehmen auch mehr Medikamente zu sich. Damit Kinder nicht so viel in der Schule versäumen, kommen auch verstärkt Antibiotika zum Einsatz. Ein Teufelskreis beginnt.

    Daher stimmt ich Dir zu, dass am schulischen Leistungsabfall nicht immer der Lehrer schuld ist, die Schüler aber auch nicht. Medikamente haben starken Einfluss auf die gesamte Entwicklung unserer Kinder, auch auf das Lernverhalten!
    Mary-Lou

  2. Silvia 25. November 2007 um 21:31

    Und dann wenn die Kinder Auffälligkeiten zeigen, werden sie mit anderen Medikamenten vollgestopft. Dass Eltern und Lehrer sich nicht wenigstens an ihre Jugend erinnern, wo es kaum auffällige Kinder oder solche mit merkwürdigen Krankheiten gab. Sie könnten schnell kombinieren, dass eine gesunde Umwelt und gesunde Nahrung, gesunde und lernfähige Kinder hervorbringt.

  3. Henriette 2. Januar 2008 um 13:17

    Deinen Worten kann ich mich nur anschließen, Silvia. Früher gab es kaum Allergien. Das Wort kannte ich früher garnicht. Irgendwann in den späten 70igern hörte man öfter mal, dass jemand an Heuschnupfen litt. Neurodermitis ist ebenfalls wie Allergien ein gutes Beispiel dafür. Heutzutage, wo wir allesamt mit den unterschiedlichsten Stoffen im täglichen Leben in Kontakt kommen, haben Umwelterkrankungen wie Asthma, andere Lungenerkrankungen, Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Neurodermitis und MCS (Multiple Chemikalien Sensitivity) drastisch zugenommen. Das sollte auch diejenigen zum Nachdenken animieren, die uns mit Unverständnis und diskriminierenden Verhalten begegnen.

    Dass unsere Kinder, die u. a. zunehmend unter chronischen Kopfschmerzen leiden, häufig unkonzentriert am Schulunterricht teilnehmen, könnte vielfach durch Schadstoffe in den Schulen erklärt werden. Im ZDF gab es zu diesen Thema vor längerer Zeit einen aufschlussreichen Bericht.

    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,7001141,00.html

  4. Mary-Lou 25. Januar 2008 um 19:36

    Die Aussage vieler deutscher Umweltmediziner, dass man Umwelterkrankungen nicht diagnostizieren kann, ist m.E. nach nicht mehr lange haltbar. In Deutschland versucht man, umweltbedingt ausgelöste Symptome gerne der Psyche anzulasten. Allerdings häufen sich anders lautende Meldungen, wie z. B. durch den BUND:

    Der BUND bestätigt nämlich, dass schadstoffbelastete Klassenräume die Lern- und Konzentrationsfähigkeit der Schüler schwächen:

    http://www.bund.net/index.php?id=936&tx_ttnews%5Btt_news%5D=523&tx_ttnews%5BbackPid%5D=447

  5. Eike 27. Januar 2008 um 15:36

    Lernprobleme durch Schadstoffbelastungen in Schulgebäuden

    Schadstoffbelastungen im Schulgebäude und Klassenräumen können Lernprobleme und sogar ADS/ADHS oder ADS- ähnliche Symptome hervorrufen, da viele Chemikalien in Schulgebäuden „neurotoxisch“ sind, was bedeutet, sie können Nerven und Gehirn schädigen.
    Neurotoxisch wirkende Chemikalien greifen u.a. in die Dopaminsynthese ein.

    Anbei ein Beitrag von der Website: http://www.bbu-online. de –
    hier: Thema: Schadstoffbelastungen in Schulen

    „Die Neurotoxizität alltagsüblicher chemischer Substanzen“
    von Prof.Raymond Singer, Santa Fee, USA
    (Auszug)

    Warum reagiert das Nervensystem so empfindlich auf toxische chemische Substanzen?

    das Gehirn ist das komplexeste Organ im menschlichen Körper und reagiert daher äußerst sensibel auf geringste Funktionsbeeinträchtigungen. Das Gehirn steuert die am höchsten entwickelten und kompliziertesten Funktionen wie beispielsweise die Sinne ( Hören, Sehen usw.) , sowie besonders komplexe Bereiche wie Sozialverhalten, intellektuelle Aktivitäten, Phantasie, Kreativität usw.
    Das Gehirn arbeitet auf der Grundlage chemischer Prozesse. Aus diesem Grund kann es auf zahlreiche Chemikalien empfindlich reagieren, die zu einer Störung der Normalfunktion führen können. Verschiedene Bereiche des Gehirns sind für verschiedene Funktionen zuständig.
    Jeder Teil des Gehirns kann jedoch durch Umweltchemikalien geschädigt werden.
    Daher kann jedes Symptom einer neurologischen oder psychiatrischen Krankheit auf eine neurotoxische Substanz zurückzuführen sein.

    Erkrankungen durch neurotoxische Substanzen wurden bereits irrtümlich als Multiple Sklerose, periphere Neuropathie, migräneartige Kopfschmerzen, Depression, Psychose, Schizophrenie etc. diagnostiziert.

    Ohne weitergehende Untersuchungen können Ärzte eine Fehldiagnose stellen. Ohne eine korrekte Diagnose kann es zu einer ungeeigneten Behandlung und zu weiteren Komplikationen kommen.

    Geschädigte oder abgestorbene Gehirnzellen können sich normalerweise nicht selbst erneuern. Daher sind neurotoxisch bedingte Schädigungen des Gehirns gewöhnlich dauerhaft und kumulativ. Da es keine allgemeingültige Routinebehandlung für Erkrankungen neurotoxischer Art gibt, ist „Prävention“ unbedingt erforderlich………………
    Text weiterlesen?

    Unter dem Link: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,380,00.pdf

    finden sich zusammengefasste Beiträge zum Thema “ Umweltbelastung und Gesundheit“ von der Tagung der SPD-Bundestagsfraktion vom 09.Juni 1999 im Bonner „Wasserwerk“. U.a. findet sich hier der o.g. Text von Prof. Raymond Singer.

    Auch folgender Beitrag belegt, dass Chemikalien Einfluss auf das Lernvermögen haben.
    Die im Beitrag erwähnten Substanzen wie z.B. PCB, PCP, Lindan und Lösemittel (auch bekannt unter der Bezeichnung „VOC“) sind leider noch häufig in alten Schulgebäuden und Schulcontainern aber auch in Schulneubauten (hier vor allem VOC-Problematik) anzutreffen.

    Anbei der Beitrag:

    Mit Kopfschmerzen lernt sich` s schlecht

    Mögliche Folgen neurotoxisch wirkender Umweltchemikalien auf Informationsverarbeitung, Gedächtnisbildung und Verhalten

    Dass Lernen wesentlich mehr ist als Ionenaustausch an prä- und postsynaptischen Membranen ist allgemein bekannt.

    Dennoch sind es in erster Linie neurobiologisch- chemische Vorgänge im zentralen Nervensystem, die die Grundlage dafür bilden, dass Informationen aufgenommen und gespeichert werden und Verhalten diesen Erkenntnissen entsprechend angepasst wird.

    Das menschliche Gehirn, das Informationen auf der Basis chemischer Prozesse bearbeitet, ist durch ebensolche Auswirkungen von außen daher auch sehr leicht irritierbar und aus seinem Stoffwechselgleichgewicht zu bringen.
    Substanzen wie PCB/ PCP/ Lindan/ Lösemittel und andere auf Gehirn und Nervensystem wirkende Chemikalien aus Baumaterialien, Einrichtungsgegenständen und Reinigungsmitteln finden,
    außer über die Blutbahn,
    auch auf schneller wirksamem Weg über die Riechorgane direkten Zugang in die Gehirne von Lernenden (und Lehrenden),
    wo sie die zentralen Schaltstellen der neuronalen Netzwerke, die für die Normalfunktion der Gehirne – also auch für Lernen und Gedächtnisbildung- von entscheidender Bedeutung sind, beeinflussen können.

    Und dies bereits in Bereichen, die weit unter den angegeben angeblich sicheren Grenzwerten liegen.

    Da man es in Gebäuden erfahrungsgemäß seltener mit Belastungen durch Einzelstoffe, häufiger jedoch mit mehreren gleichzeitig vorhandenen Substanzen zu tun hat, ist es nicht angemessen, unter Vernachlässigung des Aspekts sich möglicherweise potenzierender synergistischer Interaktionen und der Nichtberücksichtigung der individuellen Empfänglichkeit unterschiedlicher Organismen, die Toxizität einer Substanz anhand von Richt- und Grenzwerten von Einzelstoffen zu beurteilen und mögliche Kombinationswirkungen der Stoffe untereinander außer Acht zu lassen.

  6. Allergic To Voc 3. April 2008 um 02:10

    Allergic To Voc…

    %GREETINGS%! Found your blog on yahoo – thanks for the article but i still don’t get it….

  7. Analytiker 17. August 2008 um 23:13

    Ganz ehrlich, wenn ich das jetzt wieder lese, wundert mich garnichts mehr:

    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/05/05/der-stoff-aus-dem-die-schulen-sind/

    Ganz aktuell, Zitat von Juliane:

    Der alte Kram kommt immer wieder mal zum Vorschein.

    “Schule droht Abbruch wegen giftiger Chemikalien”,

    titelt die FR am 14.8.2008.

    “Wegen einer zu hohen Belastung mit dem giftigen

    Weichmacher PCB muss eine Schule im nordhessischen

    Kaufhungen geschlossen und möglicherweise sogar

    abgerissen werden. Nach Angaben des Kreises Kassel

    … wurden in der “Integrierten Gesamtschule Kaufhungen”

    bei Kassel PCB-Werte von bis zu 665 Nanogramm ja

    Kubikmeter gemessen”, schreibt die FR. Und dann erfährt man,

    dass die Schule bereits 1989 bereits saniert wurde aber das

    “PCB-belastete Fugenmaterial nicht ordnungsgemäß entfernt”

    wurde.”Nach Zeitungsberichten war das Fugenmaterial

    nicht entfernt, sondern überdeckt worden”.

    Der Neubau der Schule wird auf zehn Millionen beziffert.

    Was wäre wenn man alle bundesdeutschen Schulen messen

    würde?

    Wie sollen die Schüler in Schadstoff-belasteten Schulen gute Lernerfolge erbringen? Ich glaube viele Kinder werden zu Unrecht zu Hause von ihren Eltern als Faulenzer abgetan. Schlechte Schulnoten sind mit Sicherheit vielfach die Konsequenz von den mannigfachen Schadstoff-belasteten Schulgebäuden. Nur leider werden die meisten Schadstoffquellen nicht öffentlich ermittelt, sondern vertuscht.

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