Pestizide: Gefahr für Umwelt und Gesundheit – oder Hysterie?
Umweltorganisationen und Verbraucherschützer kritisieren die kontinuierlich zunehmende Anwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft. Lt. einem 2007 veröffentlichten Bericht des BUND für Umwelt und Naturschutz werden in Deutschland mehr als 30000 Tonnen Pestizide jährlich auf unsere Äcker, Obstplantagen und Weinberge ausgebracht, mit weitreichenden Folgen für Natur und Umwelt, aber auch für die Gesundheit der Verbraucher. Das durch das Insektizid Clothianidin der Firma Bayer CropScience 2008 stattgefundene Massensterben der Bienen belegt die gravierenden Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf das Ökosystem. Als bedenklich ist die Tatsache anzusehen, dass Rückstände von Pestiziden in unser Grundwasser und in die Nahrungskette gelangen.
Zunahme gefährlicher Agrargifte
Im Februar dieses Jahres veröffentlichte Greenpeace eine Neuauflage der Schwarzen Liste der gefährlichsten in der konventionellen Agrarwirtschaft eingesetzten Pestizide, die auf ihre Schädlichkeit für Umwelt und Gesundheit neu bewertet wurden. Lt. Greenpeace können viele Pflanzenschutzmittel Krebs erregen, in den Hormonhaushalt eingreifen, das Immunsystem schädigen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen sowie neurotoxisch wirken. Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace führt an, dass nicht nur der Verzehr von pestizidbelasteten Lebensmitteln Gesundheitsrisiken birgt, sondern ebenso die Anwendung der Agrargifte. Manfred Santen fordert von Politik und Wirtschaft den Einsatz der für Umwelt und Gesundheit gefährlichen Pestizide zu stoppen. Seit der 2008 veröffentlichten Schwarzen Liste gefährlicher Pestizide ist ein Anstieg der besonders schädlichen Agrarchemikalien zu verzeichnen, die Zahl habe sich seither von 327 auf 451 erhöht.
Abnahme der Rückstände einzelner Pestizide – Tendenz zum Giftcocktail
Greenpeace berichtet über allgemein abnehmende Pestizidrückstände in Obst und Gemüse seit 2007. Allerdings bedeutet dies keine Entwarnung, denn der aktuelle Trend verläuft dahingehend, hohe Konzentrationen einzelner Pestizide durch geringere Mengen unterschiedlicher Pestizide zu ersetzen, um die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Daraus ergeben sich gefährliche Giftcocktails, deren tatsächliche Wirkung auf Umwelt und Gesundheit nicht abschätzbar ist, da keine wissenschaftlichen Studien existieren. Daher fordert Greenpeace die Einführung eines Grenzwerts für Mehrfach-Rückstände.
Erst kürzlich hat Greenpeace Strauchbeeren auf Pestizidrückstände in Speziallabors untersuchen lassen. In Johannisbeeren wurden reinste Giftcocktails nachgewiesen, durchschnittlich sechs verschiedene Wirkstoffe, auch wurden in zwei Proben zwei in der EU nicht zugelassene Substanzen gefunden. Greenpeace bezieht bei der Auswertung der Untersuchungsergebnisse die Summenwirkung der Agrargifte mit ein. Manfred Santen erläutert, dass beim 2006 durchgeführten Beerentest pro Probe durchschnittlich „nur“ drei Pestizide festgestellt wurden.
In einer Pressemeldung der Universität Oldenburg vom April 2008 äußerst die Biochemikerin Prof. Dr. Irene Witte zu Grenzwerten von Pestiziden Folgendes:
Forderung nach Grenzwerten
Toxische Kombinationswirkungen: keine Entwarnung
Keine Entwarnung in der Diskussion um toxische Kombinationswirkungen“ – diesen Schluss zieht die Biochemikerin Prof. Dr. Irene Witte aus den inzwischen abgeschlossenen Forschungsarbeiten des Graduiertenkollegs Toxische Kombinations- wirkungen. Das von der Hans Böckler Stiftung finanzierte Kolleg an den Universitäten Oldenburg und Bremen, deren Sprecherin Witte war, lief von 2002 bis 2006. Im BIS-Verlag ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Forschungsergebnisse erschienen.
Das Problem: Synthetisierte Substanzen werden von der Industrie in immer neuen Verhältnissen und Kompositionen zusammengemischt, ohne dass die Wirkung für Mensch und Umwelt geklärt ist. So sind heute rund 20.000 unterschiedliche Pestizidpräparate auf dem Markt, denen 800 Wirkstoffe zugrunde liegen. Und es werden immer mehr.
Die Folge: Die Anzahl der nachgewiesenen Pestizide in Obst und Gemüse steigt Jahr für Jahr, was jedoch in Ermangelung an „Kombinationsgrenzwerten“ ohne Folgen bleibt. Dem „sorglosen Umgang mit dem Mixen von Chemikalien“ müsse Einhalt geboten werden, so Witte. Der Gesetzgeber sei gefragt, um Grenzwerte zu setzen und die Möglichkeit der Herstellung von Gemischen einzuschränken.
Pestizide sind Dauergifte, die das Krebsrisiko signifikant erhöhen
Auf globaler Ebene beurteilen viele Wissenschaftler und Umweltorganisationen die möglichen Folgen des permanent ansteigenden Einsatzes von Pestiziden für Umwelt und Gesundheit als dramatisch. Greenpeace gibt bereits 2003 zu bedenken, dass die Auswirkung der weltweit über 5000 angewandten Spritzmittel ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt. Mögliche Wechselwirkungen der zahlreichen Gifte seien völlig unzureichend untersucht. Toxikologen erachten bereits die damals existierenden Grenzwerte als unzureichend. Greenpeace zufolge gelten Pestizide als Hauptursache für akute wie auch schleichende Vergiftungen. Viele Pestizide sind Dauergifte, die sich persistent in der Umwelt anreichern. Mediziner teilen Pestiziden bereits 1999 auf dem Krebskongress in Lugano die Eigenschaft zu, bestimmte Krebsarten zu fördern.
Britische Studien kommen ebenso zu besorgniserregenden Resultaten. Lt. einer aktuellen Veröffentlichung von Chem Trust wird ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Krebs im Kindesalter mit Pestizidexpositionen von Schwangeren in Zusammenhang gebracht. Britische Wissenschaftler stellen fest, dass die bei Landwirten nachgewiesenen zunehmenden Krebsraten Pflanzenschutzmitteln anzurechnen sind. Innerhalb der letzten 30 Jahre haben sich verschiedene Krebsarten der britischen Bevölkerung drastisch vervielfacht.
Der Cancer Panel Bericht des US-Präsidenten erörtert, dass gerade Kinder einem erhöhten Gesundheitsrisiko hinsichtlich der Entstehung von Krebs und weiteren chronischen Krankheiten durch die Belastung an Pestiziden ausgesetzt sind. Die Leukämieraten bei Kindern, die auf Farmen aufwachsen, sind demnach durchweg erhöht. Den Ausführungen des Obama Cancer Panel zufolge unterliegen Farmer einem signifikant verstärkten Prostatakrebsrisiko.
Risiko oder nur falsche Wahrnehmung?
Im September 2008 wurden Grenzwerte für Pestizide in der EU vereinheitlicht und zum Teil erheblich angehoben. Greenpeace und PAN Germany bewerten die festgelegten Höchstgrenzen, die per Juni 2010 teilweise wieder reduziert wurden, weiterhin als akut gesundheitsgefährdend, besonders die mögliche Kombinationswirkung verschiedener Pestizidwirkstoffe.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit:
Neue Vorschriften über Pestizidrückstände: Verbesserung der Lebensmittelsicherheit in der EU
Ein klares System zur Festlegung von Rückstandshöchstgehalten…Die in Lebensmitteln enthaltenen Rückstandsmengen dürfen keine Gefahr für die Verbraucher darstellen.
Die neuen Vorschriften gewährleisten die Sicherheit aller Verbraucher- gruppen, einschließlich Säuglingen, Kindern und Vegetariern. Die EFSA ist für die Sicherheitsbewertung zuständig, wobei sie sich auf die Eigenschaften des Pestizids, die zu erwartenden Höchstgehalte in Lebensmitteln und die unterschiedlichen Essgewohnheiten der europäischen Verbraucher stützt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR veröffentlicht eine umfangreiche Studie zur Wahrnehmung von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln.
Ziel der Studie war es, detaillierte Informationen über die Wahrnehmung und das Informationsverhalten der Bevölkerung zum Thema Pflanzen- schutzmittel zu erheben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Informationen über Pflanzenschutzmittel bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht ankommen. Die Folge sind Fehleinschätzungen über die Verwendung und die gesetzliche Regulierung von Pflanzen- schutzmitteln: „Fast 70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Lebensmittel gar keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten dürfen“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des BfR. „In der Bevölkerung ist nicht bekannt, dass Rückstände in geringen Mengen erlaubt sind, wenn sie gesundheitlich unbedenklich sind.“ Das BfR wird die Ergebnisse der Studie verwenden, um Verbraucherinnen und Verbraucher gezielter über Nutzen und Risiken von Pflanzenschutzmitteln zu informieren.
… Die gesetzlichen Höchstgehalte stellen sicher, dass von Pflanzen- schutzmittelrückständen in Lebensmitteln kein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher ausgeht. Die Fehleinschätzung der Verbraucher trägt dazu bei, dass Pestizidrückstände als Gesundheitsrisiko wahrgenommen werden. Medien greifen diesen Sachverhalt auf und verstärken diese Wahrnehmung in der Bevölkerung möglicherweise.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Der regelmäßige Verzehr von Obst und Gemüse wird allgemein mit gesunder Ernährung assoziiert. Um der eigenen Gesundheit auch tatsächlich etwas Gutes zu tun, ist es empfehlenswert, zu biologisch erzeugtem und saisonalem Obst und Gemüse zu greifen. Mit diesem Kaufentscheid kann man die Angebotsvielfalt an knackigem Obst und Gemüse ohne Reue genießen. Bio-Ware ist frei von Rückständen von in Verruf geratenen gesundheitsschädigenden synthetischen chemischen Pestiziden. Als Nebeneffekt leistet man somit einen nachhaltigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz. Nachfrage regelt bekanntlich das Angebot, so dass jeder von uns einen entscheidenden Beitrag für die eigene Gesundheit und eine nachhaltige Umwelt leisten kann.
Autor: Maria Herzger, CSN – Chemical Sensitivity
Weitere interessante CSN-Artikel zum Thema Pestizide:
- Hilferuf – Junge Frau in Lebensgefahr
- Umfangreiches Anwendungsverbot für Pestizide in Ontario in Kraft getreten
- Die Karibik hat eine Schattenseite – Prostatakrebs durch Pestizde
- Eine häufige Ursache für Depressionen und Angstzustände – Pestizide
- Pestizide als Ursache für von Multiple Chemical Sensitivity / MCS seit Jahrzehnten bekannt
Vielen Dank für den Bericht.
Es war bestimmt viel Arbeit einen so ausgezeichneten Bericht zu tippen.
Aus dem Bericht…
Fast 70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Lebensmittel gar keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten dürfen“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des BfR…
Das ist sehr erschreckend.
Leider viele Leute sparen am Essen, es muss möglichst billig sein.
Nicht nur Obst wird oft gespritzt, nein auf Äpfel in meinem einzigem Lebensmittelmarkt im Dorf, sind auch noch unnötigerweise auf fast alle Äpfel kleine Plastikaufkleber. Für mich ist das miese Werbung. (Plastikplanet)
Ich kaufe so viel es geht biologisch erzeugte Nahrung.
Gruß Fox
Zitat aus dem Blog: „Im September 2008 wurden Grenzwerte für Pestizide in der EU vereinheitlicht und zum Teil erheblich angehoben. Greenpeace und PAN Germany bewerten die festgelegten Höchstgrenzen, die per Juni 2010 teilweise wieder reduziert wurden, weiterhin als akut gesundheitsgefährdend, besonders die mögliche Kombinationswirkung verschiedener Pestizidwirkstoffe.“
Das eigentliche Problem ist, dass man sich heutzutage kaum auf die staatlichen Kontrollen verlassen kann, weil der Boom der Chemikalien gewaltig ist. Das beweisen auch die zahlreichen Pestizid-Skandale und die pestizid-induzierten gesundheitlichen Einbußen in der Bevölkerung.
Deshalb sollte man kontrollierte Bioprodukte kaufen und insgesamt kritischer mit Lebensmitteln umgehen. Das allein würde die Politik und die Produzenten dazu bewegen, weniger Gifte zuzulassen und einzusetzen. Gut informierte, kritische, mündige Käufer sind die Lösung.
Deshalb sind solche sachlichen Berichte über Pestizide und Lebensmittel dringend notwendig.
Vielen Dank Maria!
Vielen Dank, Maria, für diesen Bericht.Ich kann nicht zustimmen, daß Bio-Ware unbedingt einen Genuß ohne Reue bietet- es werden hier andere,z.B.zunehmend kupferhaltige Spritzmittel eingesetzt, die für mich z.B.ebenso verheerende Folgen haben wie die genannten chemisch synthetisierten Spritzmittel. Ich kann nur Produkte sehr weniger Firmen auswählen und dann ist´s oft Glücksache, ob ich´s vertrage; manchmal ist sogar nicht bio-Certifiziertes cleaner.
Dass man versucht der Bevölkerung einen derartig mächtigen Bären aufzubinden, ist hoch interessant. Allerdings hätte ich nicht vermutet, dass man langjährig bekannte wissenschaftliche Erkenntnisse dermaßen verwässert und uns Verbraucher solchen Gesundheitsgefahren aussetzt.
Die Studie des BfR ist reinste Geldverschwendung. Wundert mich sehr, dass eine so groß angelegte Studie zum Zweck des Greenwashings durchgeführt wurde, wo der Staat doch angeblich kein Geld hat. Aber für solche speziellen Fälle der Manipulation, ist scheinbar immer noch genug Geld vorhanden!
Zitat: „Das BfR wird die Ergebnisse der Studie verwenden, um Verbraucherinnen und Verbraucher gezielter über Nutzen und Risiken von Pflanzenschutzmitteln zu informieren.
… Die gesetzlichen Höchstgehalte stellen sicher, dass von Pflanzen- schutzmittelrückständen in Lebensmitteln kein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher ausgeht. Die Fehleinschätzung der Verbraucher trägt dazu bei, dass Pestizidrückstände als Gesundheitsrisiko wahrgenommen werden. Medien greifen diesen Sachverhalt auf und verstärken diese Wahrnehmung in der Bevölkerung möglicherweise…“
Die Erkenntnisse der hier angeführten Umweltorganisationen und Wissenschaftler klingen da aber erheblich anders. Hier werden Verbraucher ganz bewusst erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt und das schlimmste an der ganzen Angelegenheit ist, dass die ganze Prozedur sozusagen auf Anordnung von ganz oben her geschieht:
http://www.bfr.bund.de/cd/280
„Das Institut
Die drei Standorte des BfR
„Risiken erkennen – Gesundheit schützen“ – so hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) seine Arbeit für den gesundheitlichen Verbraucherschutz überschrieben.
Das Institut wurde im November 2002 errichtet, um den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken. Es ist die wissenschaftliche Einrichtung der Bundesrepublik Deutschland, die Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie zur Sicherheit von Stoffen und Produkten erarbeitet. Das Institut nimmt damit eine wichtige Aufgabe bei der Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit wahr.
Das BfR gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). In seiner wissenschaftlichen Bewertung und Forschung ist es unabhängig…“
Aber als Umwelterkrankten wundert mich da rein gar nichts mehr.
Besten Dank für die gut recherchierten Fakten zum wichtigen Thema Pestizide. Hierüber kann es überhaupt nicht genügend seriöse Aufklärung geben
Zu Kupfer im Bio-Anbau- Zitat:
„Die Anbaugebote wirken sich positiv auf die Gesundheit aus, weil weniger Schadstoffe durch die Nahrungsaufnahme in den Körper gelangen. Daher begrenzt das Bio-Siegel auch das Fungizid Kupfer auf sechs Kilogramm je Hektar und Jahr. Denn Kupfer kann sich in der Leber anreichern und in hoher Dosis Leberzirrhose verursachen. Bioland, Gäa und Biopark sehen jedoch drei Kilogramm Kupfer je Hektar und Jahr vor, wobei Gäa den Einsatz auf Obst, Wein, Hopfen und Kartoffeln beschränkt.“
Zu wesentlichen Unterschieden zwischen konventionellem und biologischem Anbau sowie zwischen dem Biosiegel und den Bioverbänden- Zitat:
„Die sechs privaten Anbauverbände Demeter, Gäa, Naturland, Biokreis, Bioland und Biopark fordern über den Standard des Biosiegels hinaus weitere Kriterien.
Das staatliche Bio-Siegel setzt mit seiner Richtlinie einen Mindeststandard in der ökologischen Landwirtschaft, der für alle Bio-Höfe verbindlich ist. Die Bio-Verbände Demeter, Gäa, Naturland, Biokreis, Bioland und Biopark gehen mit ihren Kriterien jedoch weiter. Im direkten Vergleich zeigen sich Gemeinsamkeiten, aber auch viele eigene Wege.
Transparente Betriebsform
Bereits die Betriebsform offenbart Unterschiede. Das Bio-Siegel erlaubt Betrieben, gleichzeitig nach ökologischen und konventionellen Methoden zu wirtschaften. Alle Anbauverbände fordern jedoch eine Gesamtumstellung des Betriebs auf Bio-Wirtschaft.
Das Kriterium erleichtert die Transparenz. Denn es verhindert, dass Höfe ihre Erzeugnisse miteinander vermengen, zum Beispiel übermäßig konventionellen Dünger auf den Bio-Acker ausfahren oder Bio-Tiere mit konventionellem Futter versorgen.
Besonders transparent ist der Bio-Verband Demeter. Er schreibt seinen Mitgliedern Pflanzenanbau und Tierhaltung zugleich vor. So schafft er einen Kreislauf, bei dem die hofeigenen Tiere den Dünger stellen und die Pflanzen mindesten 50 Prozent des Tierfutters. Die betriebseigene Versorgung verringert den Zukauf also, bei dem es schwerer ist nachzuweisen, dass die Ware auch garantiert „Bio“ ist.
Umweltfreundlicher Pflanzenanbau
Leichtlösliche Mineraldünger und synthetische Pflanzenschutzmittel sind im Bio-Anbau verboten, da sie Bodenorganismen und Grundwasser schaden. Aber auch ein übermäßiges Düngen mit organischen Mitteln ist schädlich, weshalb das Bio-Siegel die Düngemenge auf 170 Kilogramm Stickstoff je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche festlegt. Die privaten Bio-Verbände sind hier strikter und regeln die Düngezufuhr auf 112 Kilogramm Stickstoff pro Hektar im Jahr.
Darüber hinaus gestattet das Bio-Siegel den Zukauf von konventionellem Dünger, insofern er nicht aus industrieller Tierhaltung stammt. Die Regel wird jedoch nicht näher erklärt. Die Bio-Verbände hingegen geben hier klare Anweisung.
So verlangt Gäa, dass Dünger aus konventionellen Betrieben nur dann eingesetzt werden darf, wenn die Rückstände aus Arznei, Futterzusätzen und Pflanzenschutzmitteln unbedenklich sind. Biopark fordert Mist nur aus extensiver Landwirtschaft, und die anderen Verbände verbieten den Zukauf von konventioneller Gülle, Jauche und Hühnermist wegen der hohen Schadstoffwerte.
Auch gut für die Gesundheit
Die Anbaugebote wirken sich positiv auf die Gesundheit aus, weil weniger Schadstoffe durch die Nahrungsaufnahme in den Körper gelangen. Daher begrenzt das Bio-Siegel auch das Fungizid Kupfer auf sechs Kilogramm je Hektar und Jahr. Denn Kupfer kann sich in der Leber anreichern und in hoher Dosis Leberzirrhose verursachen. Bioland, Gäa und Biopark sehen jedoch drei Kilogramm Kupfer je Hektar und Jahr vor, wobei Gäa den Einsatz auf Obst, Wein, Hopfen und Kartoffeln beschränkt.
Der Gesundheit zuliebe sieht das Bio-Siegel auch vor, dass 50 Prozent des Tierfutters aus ökologischem Anbau stammen müssen. Hiermit begrenzt es den Schadstoffanteil im Fleisch, der sich aus dem höheren Anteil an Dünge- und Pflanzenschutzmittel im konventionellen Futter ergibt.
Demeter, und Biopark schreiben jedoch 100 Prozent Bio-Futter vor, Biokreis verlangt 100 Prozent für Rinder und 90 Prozent für Schweine und Geflügel. Gäa hingegen verbietet das Verfüttern von tierischen Erzeugnissen, da sich so Krankheiten wie BSE von einer Art auf die andere übertragen können und letztendlich auch den Menschen treffen.
Artgerechte Tierhaltung
Die ökologische Landwirtschaft anerkennt das Tier als Lebewesen und sieht es nicht als bloße Ware. Deshalb spricht das Bio-Siegel dem Tier mehr Raum zu, damit es seinem natürlichen Bewegungsdrang nachgehen kann. So ist für Pflanzenfresser ein Auslauf vorgeschrieben. Allerdings ist der Raum mit sechs Quadratmetern für die Kuh im Stall und 4,5 Quadratmetern auf der Weide eng bemessen.
Die Bio-Verbände schließen sich dieser Bestimmung an, haben jedoch auch weitergehende Kriterien. Alle Verbände verbieten zum Beispiel den Kuhtrainer, eine Vorrichtung, die Kühe mittels Stromschlägen dazu zwingt, einen Schritt zurückzutreten, damit sie in die Güllerinne abkoten.
Am weitesten geht jedoch Naturland. Der Verband verlangt Auslauf für alle Tiere, verbietet die Anbindehaltung für Rinder, die gemäß dem Bio-Siegel noch bis 2013 gestattet ist, und sieht Laufställe mit Weidegang oder Außenstall vor. Die allgemeinen Transportzeiten beschränkt er auf acht Stunden.“
Zu finden hier:
http://politik-gesellschaft-deutschland.suite101.de/article.cfm/was-unterscheidet-bio-standard-von-bio-premium
Hallo Fox,
hallo Mirijam,
Die EFSA wie auch das BfR geben in ihren Ausführungen an, dass von den zulässigen Grenzwerten keine Gesundheitgefahren für die Verbraucher ausgehen dürfen.
Umweltorganisationen stellen bei ihren Untersuchungen stets Rückstände verschiedener Pestizide in konventionell erzeugtem Obst und Gemüse fest. Wissenschaftler kritisieren weiterhin die Rückstandsgemische verschiedener Pestizide in unseren Nahrungsmittel, da die Wirkung für Mensch und Umwelt lt. heutigem Forschungsstand völlig ungeklärt ist. Rückstände von Pestiziden reichern sich im menschlichen Organismus an. Von daher ist der Griff zu biologisch erzeugtem Obst und Gemüse sicher die gesündere Wahl.
http://www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/gesundheit/gesundheit-gift-heilmittel-ID1246352493536.xml?_requestid=55574
Viele Grüsse
Maria
Hallo Domiseda,
sicher reagieren gerade MCS-Betroffene und Allergiker besonders empfindlich auf Rückstände in Nahrungsmittel, so dass auch Bio-Nahrung nicht immer beschwerdefrei konsumiert werden kann. Das tut mir sehr Leid für Dich. In Mirijams heutigem Kommentar sind die unterschiedlichen Kriterien einzelner Öko-Verbände dargestellt. Ich persönlich vertrage Produkte von Ökoveränden, die nach strengeren Auflagen produzieren, ebenfalls oft besser als Bio-Lebensmittel die lediglich die Vorgaben lt. EU-Bio-Siegel erfüllen. Du hast recht, für besonders empfindliche Personen gibt es auch bei Bio-Nahrung erhebliche Unterschiede.
Hallo Rossi,
Chemikaliensensible erleben den Zwiespalt zwischen wissenschaftlichem Kenntnisstand bzgl. MCS, und der Interpretation ihres Krankheitsbildes durch viele Mediziner und Behörden ebenso unterschiedlich, wie die in meinem Artikel dargestellten Auslegungsvarianten über möglichen Risiken durch Pestizide.
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar.
Hallo Mirijam,
auch an Dich ein dickes Danke schön, für all die Mühe, die Du Dir in beiden Kommentaren gemacht hast. Es ist sicher sehr hilfreich für die Leserschaft, dass Du die möglichen Unterschiede von Bio-Lebensmittel für uns dokumentierst.
Ich danke Euch allen für Eure interessanten Kommentare. :)
Viele Grüsse
Maria
Beim Lesen des Absatzes über das Bundesinstitut für Risikobewertung – BfR kam mir in den Sinn, das Institut sollte sich umbenennen.
Wie wär´s mit Bundesinstitut für Risikoentwertung…
Leider wenn ich auch bio-Produkte einkaufe, zweifle ich, ob es wirklich bio und gesund ist. Dazu kostet das sehr viel. Ich denke mir immer, dass dieses Bio-Gemüse muss irgendwie auch mit irgendwelchen Mitteln behandelt werden, sonst würde es nicht so schön aussehen.
Kaufst Du denn wirklich Bio Irina?
Und wo kaufst Du Deine Bionahrung? Im Supermarkt oder im Bioladen. Wenn man im Bioladen kauft der Demeter oder Bioland anbietet, kann man sicher sein Bio zu bekommen.
Es gab einige Tests im Sommer. Man untersuchte konventionelles Obst und Gemüse und Bio. Konventionell war belastet, Bio nicht. Wenn man auf ungesund steht, muss man also einfach konventionell kaufen. Dann bekommt man mit ziemlicher Garantie den Apfel der 15 mal und öfter mit verschiedenen Giften und Nervengiften gespritzt ist auf den Tisch.
Mein Obst und Gemüse im Garten sieht übrigens auch schön aus und alles ist Bio und hat nie ein Spritzmittel gesehen.
Also ich kaufe oft bio-Gemuese und Obst in großen Läden wie Edeka oder Rewe und nehme die Produkte aus den mit Bio gekennzeichneten Regalen, also die Produkte mit Bio-Etikette. Mein Zweifel ergibt sich daraus, dass ich auf dem Lande aufgewachsen bin und weiß sehr genau wie schwierig ist heutzutage eigenes Gemüse zu produzieren, ohne chemische Mittel zu verwenden, denn die Schädlinge wollen sich auch ernähren und vermehren. Und vor allem wenn man auf große Skala Lebensmittel produziert, kann man nicht erlauben, dass Schädlinge oder Seuche die Ernte vernichten.
Guten Tag, ich kam zu Ihrem Online-Bericht weil ich auf der Suche nach dem Zusammenhang der Krankheit Krebs und Spritzmitteln (z.B. Pestizide) in der Landwirtschaft, war. Ihr Artikel ist sehr gut und klärt auf. Insofern gibt es einen direkten Zusammenhang von Menschen die an Krebs erkranken und den Spritzmitteln, die direkten Kontakt damit hatten. Ich komme aus einer Gegend wo viel Wein angebaut wird und auch Obstplantagen gibt es. Ich weiß von einigen Leuten (vorwiegend Männer), die an Krabs erkrankt und an den Folgen verstorben sind, die beruflich mit diesen Mitteln zu tun hatten. Einige davon waren sehr jung, knapp um die 50 Jahre alt. Ich kann mir vorstellen dass die Ursache ihrer Krankheit darin lag …