Bau eines MCS-Hauses: Materialauswahl, Bauausführung

Bauplatz MCS-Haus

In Teil I der Serie „Planung und Ausführung eines MCS-verträglichen Wohnhauses“ stellte Baubiologe Volkmar Hintze dar, welche Überlegungen vor der konkreten Planung eines Wohnhauses für eine chemikaliensensible Person erforderlich sind. Die Auswahlkriterien für ein Grundstück wurden erläutert, damit es auf lange Sicht ein relatives Optimum darstellt. Im nachfolgenden Teil II werden Materialien beschrieben, die sich als besonders geeignet herausstellten. 

 Ein MCS-Wohnhaus entsteht

Das Objekt wurde als KfW-40 (heute Energieeffizienzhaus 55) Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung und Keller/Nutzungsräumen geplant. Der gesamte Wohnbereich im Erdgeschoß (ca. 130 m²) ist ebenerdig und (überwiegend) behindertengerecht. Das Kellergeschoß (ca. 180 m²) enthält eine Einliegerwohnung und die Kellerräume. 

Materialauswahl und Bauausführung:

Ziel war, ein möglichst schadstoffarmes, energieeffizientes Haus, angepasst an einen MCS-Bewohner, zu errichten. Dabei kamen neben speziellen baubiologischen Materialien auch konventionelle Baustoffe und Materialen zum Einsatz. Das ausschlaggebende Argument für den Einsatz der Materialien war die Schadstoffarmut und Verträglichkeit für einen MCS-Patienten. Es muss an dieser Stelle klar gesagt werden, dass die nachfolgend aufgeführten Materialien und Baustoffe für den individuellen Fall verträglich waren. Andere MCS-Patienten reagieren möglicherweise auf einzelne Baustoffe unterschiedlich. Es ist daher grundsätzlich eine individuelle Auswahl und Prüfung erforderlich. 

Die Auswahl und Prüfung der Materialien in Bezug auf Schadstoffhaltigkeit bzw. Schadstoffemission wurde im Vorfeld auf der Basis von Herstellerangaben, Datenblättern, Internetrecherchen, Zertifikaten (z.B. „NaturePlus“, „Blauer Engel“, „IBR“, „TÜV-Toxproof“, „FSC“, „AUB“), Infoaustausch und Testberichten (z.B. ÖKO-Test) durchgeführt. Von den in Frage kommenden Materialien wurde – soweit möglich- Proben vom Hersteller angefordert, die auch in vielen Fällen problemlos zur Verfügung gestellt wurden. 

Die persönliche Verträglichkeitsprüfung wurde dann von der Betroffenen an den Materialproben, mit denen die Betroffene in direkten oder indirekten Kontakt kommen kann, durchgeführt. Neben Kontaktprüfungen wurden die Materialien auch Alternativmedizinisch überprüft. 

Unter die stahlarmierte Beton-Bodenplatte wurde eine 30 cm dicke Isolierung aus druckfestem und drainagefähigem Schaumglas eingebracht. 

Der Keller wurde im Bereich der Erdberührung mit druckfesten Ziegel-Kellersteinen (36,5 cm) gemauert. Die Isolierung gegen das Erdreich wurde mit einer Bitumen Dickbeschichtung, EPS und einer Noppenfolie ausgeführt. Die Außenwände ohne Erdberührung wurden mit gedämmten Ziegelsteinen (Unipor Coriso W08 36,5 cm λ=0,08 W/mK) im Dünnbettmörtelverfahren ausgeführt. 

Die Innenwände wurden mit Hochlochziegeln (Erberdobler) ausgeführt. Die Kellerdecke wurde aus bewehrtem Beton gegossen. Der Estrich wurde als Zementestrich mit 14 cm EPS-Dämmung ausgeführt. Teilweise wurde Fußbodenheizung (ELW) eingebracht, in zwei Kellerräumen kam eine Wandheizung zum Einsatz. Sämtliche Innenwände wurden mit einem reinen Kalkputz versehen.

Autor: Dipl.-Ing (UHT) Volkmar Hintze Öko-logo Schadstoffanalytik und Baubiologie www.oeko-logo.eu   

 

Anmerkung: Der Artikel ist rein zu Informationszwecken gedacht. Es bestehen keine Abhängigkeiten, finanziellen oder werbemäßigen Zwecke. 

Teil I: Was ist MCS und welche Vorplanung braucht es für ein MCS Haus?

Im nächsten Blog der Fortsetzungsserie erfahren wir Näheres über den Bau des Kellers und Rohbaus des MCS Hauses.

4 Kommentare zu “Bau eines MCS-Hauses: Materialauswahl, Bauausführung”

  1. Karlheinz 15. Dezember 2009 um 19:06

    Warum wurde denn der Estrich nicht mit Glasschaum oder Perlite gedämmt? EPS enthält m.W. bromierte Flammschutzmittel (~1% glaub ich) und etwas Styrol dürfte auch immer frei werden.

  2. Kerstin 15. Dezember 2009 um 19:30

    Sehr geehrter Herr Hintze,
    es ist interessant, Ihre Berichte zu lesen.
    Ich als Betroffene, von Beruf Architektin, bin gerade auf der Suche nach einer neuen Mietwohnung. Mit Fortbildung in Baubiologie habe ich mir einen ähnlichen Kriterienkatalog für meine neue Behausung zusammengestellt. Ich fühle mich durch Ihre Berichte in meinem Vorgehen bestätigt.
    Kerstin

  3. Eric 16. Dezember 2009 um 14:28

    Danke Herr Hintze, dass Sie uns an Ihrem Bauvorhaben teilhaben lassen. Es ist sehr interessant darüber zu lesen und vor allen Dingen denke ich, sollten alle Bauherren eine tatsächliche ökologische Bauweise in Betracht ziehen. Dadurch könnte viel menschliches Leid erspart werden und zudem nutzt schadstoffarmes Bauen der Umwelt und somit wiederum uns allen.

    Gruss Eric

  4. volkmar 21. Dezember 2009 um 15:53

    EPS + Flammschutzmittel + Styrol
    Es ist richtig, dass EPS ein Flammschutzmittel Hexabromcyclodekan(HBCD)enthält. Allerdings deutlich unter 1%. Bei HBCB handelt es sich um eine schwerflüchtige organische Verbindung (SVOC) deren Langzeitwirkung noch nicht hinreichend geklärt ist. Daher sollte auf die Einbringung von EPS in offener Verbauung verzichtet werden. Solange EPS als Dämmung unter den Estrich eingebracht wird, ist eine Emission von SVOCs unwahrscheinlich.
    Auch für Styrole gilt: Eine relevante Styrolemission ist nur für kurze Zeit nach der Herstellung relevant. Auch hier gilt der Warnhinweis für eine offene Verbauung.
    Weiter ist zu beachten, dass eine mineralische Dämmung (z.B. Glasschaum) nur bedingt für eine Estrichdämmung geeignet ist, da der Dämmwert nur durch deutlich größere Aufbauhöhen erreichbar ist und viele Handwerker mit der Gewährleistung Probleme haben.
    Beim Einbau unter Estrich (bei ordnungsgemäßer Ausführung und Abdichtung) sind m.E. daher keine Probleme für MCS-Menschen zu erwarten.
    Aber es gilt wie immer: Es sollte jeder Baustoff individuell auf Veträglichkeit geprüft werden.

    Volkmar Hintze

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