Mehr Lebensqualität für Chemikaliensensible  
 

Übersetzung und Zusammenfassung: Silvia K. Müller /CSN

Zusammenfassung:
Duftstoffe in Kosmetika, Reinigungsmitteln und Duftsprays können aufgrund ihrer chemischen und /oder allergenisierenden Zusammensetzung bei sensibilisierten Menschen schwere Reaktionen auslösen. Bei Menschen mit Chemikaliensensibilität oder Duftstoffallergie können diese Reaktionen behindernd bis lebensbedrohlich sein. Sie gelten daher als größte unsichtbare Barriere für Betroffene, vergleichbar mit einer steilen unüberwindbaren Treppe für Rollstuhlfahrer.
Allgegenwärtige Duftstoffbelastung durch Parfüms, Reinigungs- und Pflegemittel oder Raumbeduftungen sorgen dafür, dass Chemikaliensensiblen die Teilnahme am normalen Leben versagt ist. Auch Baumaterialien können Auslöser für schwere Reaktionen sein, was ein Umdenken in der Bauweise und Gestaltung von öffentlichen Gebäuden fordert. Forschung, Projekte und Handlungsweisen in diesem Bereich kommen der Gesamtbevölkerung in vieler Hinsicht zugute.
In den USA haben Behörden und Institutionen Maßnahmen ergriffen, um die Betroffenen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, trotz ihrer Behinderung am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Die folgende Übersetzung ist nur ein einzelnes Beispiel von vielen, wie in den USA und Kanada die Belange von Menschen mit Chemikaliensensibilität vertreten werden. Sie ist ein Auszug aus dem Tätigkeitsbereich, der Zielsetzung und den seit dem Jahr 2000 geltenden Richtlinien des US Access Bord, dem US Bundesausschuss, der den Zutritt von Behinderten in staatliche Einrichtungen regelt.


US Access Board
Das US Access Board (Architectural and Transportation Barriers Compliance Board) ist ein unanhängiger US Bundesausschuss, der den Zutritt von Behinderten in bestehende oder neu zu bauende staatliche Gebäude und Einrichtungen regelt. Dies wird durch den American with Disability Act (Schwerbehindertengesetz) und dem Architectural Barriers Act (Gesetz zur Gewährleistung der Zutrittsmöglichkeit in Gebäude) begründet und ermöglicht.
Die Hälfte der Mitglieder des Access Board sind Repräsentanten aus den verschiedenen staatlichen Behörden. Die andere Hälfte setzt sich aus öffentlichen Mitgliedern, die vom Präsidenten ernannt wurden, zusammen. Die Mehrzahl der Berufenen muss behindert sein. Der Ausschuss entwickelt Kriterien zum Bau und zur Entwicklung von Gebäuden, für öffentliche Verkehrsmittel, Telekommunikationsausstattung, Elektro- und Informationstechnologie und hält sie aufrecht. Er bietet auch technische Assistenz und Training für diese Erfordernisse, sowie für besondere Zutrittsgestaltung für Behinderte. Der Ausschuss hilft auch, Zutrittsstandards, die staatliche unterhaltene Einrichtungen betreffen, durchzusetzen.
Der Ausschuss ist so strukturiert, dass er als koordinierende Körperschaft zwischen staatlichen Behörden und der direkt repräsentierten Öffentlichkeit, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, fungiert.
Delegationen aus anderen Ländern konsultieren das Access Board periodisch. Unlängst besuchten Repräsentanten aus China und Norwegen den Ausschuss. Viele dieser Meetings bezüglich der Zutrittsmöglichkeit betreffen den Bau von Gebäuden und zunehmend die Informationstechnologie. Kürzliche Aktivitäten waren die Teilnahme an Projekten, die die Europäische Gemeinschaft und die Weltbank einbezogen.


Richtlinien zur Schaffung duftstofffreier Umgebung
Es gibt viele Menschen, die unangenehme körperliche Beeinträchtigungen durch duftende Produkte wie Parfüm und Colognes, erleiden. Manchmal sind es Kopfschmerzen oder Übelkeit, wenn sie in einem Kaufhaus an der Parfümabteilung vorbeigehen oder mit jemand, der Duftstoffe trägt in einem Aufzug fahren. Wie auch immer, es gibt eine wachsende Anzahl von Menschen, die unter schweren Reaktionen gegenüber diesen und vielen anderen Produktarten und Pestiziden reagieren. Dieser Zustand ist als Multiple Chemikaliensensibilität (MCS) bekannt und bezieht sich auf Menschen, die eine akute Sensibilität gegenüber zahlreichen Chemikalien aus der Umwelt entwickelt haben. Menschen mit MCS erleben eine Bandbreite von schwächenden körperlichen Reaktionen, einige sogar lebensbedrohlich, durch Chemikalien, die in einer Anzahl von Produkten, einschließlich Duftstoffen und Körperpflegeprodukten, Raumduftsprays, Reinigungsprodukten, Pestiziden, Wand- und Bodenbelägen, sowie Baumaterialien enthalten sind.

Es ist ein komplexes Problem mit einer Vielzahl auslösender Substanzen und körperlichen Reaktionen. Unterschiedliche Menschen reagieren durch unterschiedliche Produkte auf unterschiedliche Weise. Der gemeinsame Faktor ist, dass die Reaktion, ganz gleich welcher Art, sehr stark und behindernd ist. Es ist notwendig, dass Informationen darüber gefunden werden müssen, was nun exakt eine solche akute Sensibilität gegenüber bestimmten Chemikalien auslöst und warum es passiert und was man dagegen tun kann.

Während viele Fragen noch zu beantworten sind, versucht der Bundesausschuss das zu tun, was getan werden kann und wo etwas getan werden kann. Als ein Ergebnis hat der Ausschuss eine Richtlinie für seine Sitzungen und öffentliche Versammlungen erstellt, die hilft, Expositionen gegenüber persönlichen Duftstoffen zu reduzieren. Unter dieser Richtlinie, verlangt der Ausschuss, dass alle Teilnehmer Abstand davon nehmen, Parfüm, Cologne und andere Duftstoffe zu tragen und stattdessen duftstofffreie persönliche Körperpflegeprodukte verwenden, um eine duftstofffreie Umgebung zu fördern. Die Aufforderung dazu, findet sich in allen Benachrichtigungen und auf Hinweisschildern für Sitzungen, bei Anhörungen des Ausschusses und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Zusätzlich will der Ausschuss mit den Veranstaltern von Sitzungsräumlichkeiten zusammenarbeiten, um die Verwendung von Raumduftsprays und Reinigungsprodukten kurz vor der Veranstaltung und, um die Veranstaltungsräumlichkeiten herum, zu verhindern.

Der Ausschuss geht davon aus, dass diese Richtlinie eine komfortablere Umgebung schaffen wird und im weiteren Rahmen gesehen, helfen wird, größere Aufmerksamkeit für Multiple Chemikaliensensibilität zu schaffen.


Richtlinien für Sitzungen des Access Board (seit 2000 gültig):
  • Bundesregister Nachrichten, in denen die Sitzungen von Behörden bekannt gegeben, werden folgende Anweisung umfassen: "Personen, die an Behördensitzungen teilnehmen, werden für das Befinden anderer Teilnehmer gebeten, davon Abstand zu nehmen, Parfüm, Cologne und andere Duftstoffe zu benutzen.
  • Außerhalb des Sitzungsraumes wird ein Schild aufgestellt, das Teilnehmer der Sitzung darauf hinweist, auf Duftstoffe zu verzichten.
  • Hotels und andere Einrichtungen in denen Sitzungen abgehalten werden, werden gebeten, Duftstoff versprühende Apparate von den Sitzungsräumen und anschließenden Toiletten zu entfernen oder abzuschalten und jegliche Umbaumaßnahmen (Malerarbeiten, Anstriche, etc.) oder Teppichshampoonierungen und Pestizidausbringungen nicht vor den Sitzungen zu terminieren.


Access Board finanziert Forschung zur Verbesserung von Innenraumluftqualität
Innenraumluftqualität ist von größter Wichtigkeit geworden, der Grund ist eine wachsende Anzahl von Menschen, die durch Alltagsmaterialien und Chemikalien, die in Baumaterialien, Bodenbelägen, Reinigungsprodukten, Duftstoffen, etc. enthalten sind, hinderliche physische Reaktionen durch Expositionen im Niedrigdosisbereich erleiden. Dies schließt Personen, die eine akute Sensibilität gegenüber verschiedenen Chemikalien entwickelt haben, ein Zustand der als Multiple Chemikaliensensibilität (MCS) bekannt ist, ein. Der Umfang und die Stärke der Reaktionen sind so verschieden, wie der potentielle triggernde Auslöser.
Zusätzlich gibt es auch Personen, die über Reaktionen durch Expositionen gegenüber Elektrogeräten und Frequenzen berichten Dieser Zustand wird als Elektromagnetische Sensibilität bezeichnet (EMS).

Als Reaktion auf diese Belange finanziert der Ausschuss Forschungsprojekte dahingehend, wie Baumaterialien, Materialien, Ventilation und Unterhaltung die Qualität von Innenräumen für Menschen mit MCS und EMS, beeinflussen können. Ein Projekt, das vom Ausschuss des National Institut of Building Sciences (Nationales Institut für Bauwissenschaft) geleitet wird, hat zahlreiche Interessenvertreter zusammengebracht, um die Effekte von Bau- und Konstruktionstechniken in Innenräumen zu untersuchen. Als Teil des Projektes, wurde ein Gremium berufen, das Repräsentanten aus MCS und EMS Organisationen, Experten für Luftqualität in Innenräumen, und Repräsentanten der Bauindustrie einschließt. Das Gremium, das als steuerndes Komitee für das Projekt fungiert, traf sich erstmals im Januar 2004. Mitglieder diskutierten über zahlreiche Strategien zum Sammeln und Verbreiten von Informationen, der Auswahl von Fokusbereichen, Erweitern der involvierten Belange, Ausweitung der Teilnahme an diesem Projekt, Entwicklung von Empfehlungen für die besten Praktiken und der Identifikation potentieller Partner für weiterführende Studien und Weiterreichung.


Projekt zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen
Das Access Board und National Institute of Building Sciences (NIBS) starteten gemeinsam ein IEQ Projekt (Projekt zur Verbesserung der Innenraumluft in Gebäuden). Dies war ein erster Schritt für ein folgendes Aktionsprogramm zur Verbesserung der Zutrittsmöglichkeiten von chemikaliensensiblen Menschen. Das nachfolgend aufgelistete Komitee erstellte einen 97-seitigen Bericht, zu speziellen Themen, wie über das Betreiben und Instandhalten von Gebäuden, Spezialräume mit sauberer Luft (Cleaner Air Rooms), Design und Konstruktion, sowie zu Produkten und Materialien. Der Fokus des Projektes lag auf kommerziellen und öffentlichen Gebäuden, jedoch sind viele der Sachfragen und Empfehlungen auch auf Wohnhäuser übertragbar. Die Gesamtzielsetzung lag darin, eine gemeinsame Basis in Interessengruppen zu etablieren, um praktische und anwendbare Handlungsweisen für beides, Verbesserung der Zutrittsmöglichkeit für Menschen mit MCS und EMS zu empfehlen und dadurch gleichzeitig die Barrieren zu beseitigen und die Luftqualität in Innenräumen zu verbessern, um gesündere Gebäude für die gesamte Bevölkerung zu schaffen. Für dieses Projekt sind jetzt schon Folgeprojekte geplant, an dem sich weitere Ministerien, Industrieverbände und Organisationen, sowie die Umweltschutzbehörde EPA beteiligen wollen.
Das IEQ Projekt unterstützt und hilft auch die Ziele des "Healthy Buildings - Healthy People Projektes" (Projekt Gesunde Gebäude - Gesunde Menschen) zu erfüllen, das von der Umweltschutzbehörde EPA, dem Ministerium für Luft und Strahlung, Ministerium für Prävention, Pestizide und Toxische Substanzen, in Kooperation mit dem Ministerium für Forschung und Entwicklung getragen wurde und auf der Wissengrundlage aufbaut: "Wir wollen Innenräume schaffen, die gesünder für jeden sind, indem wir Innenräume gestalten, die sicher genug für die Verletzlichsten unter uns sind, speziell Kinder."


In das Komitee "Indoor Environmental Quality Project Steering Committee" wurden berufen:

MCS & EMS Repräsentanten
  • Ann McCampbell, M.D., Multiple Chemical Sensitivities Task Force of New Mexico
  • Mary Lamielle, NationalCenter for Environmental Health Strategies
  • Susan Molloy, National Coalition of the Chemically Impaired
  • Toni Temple, Ohio Network for the Chemically Injured

Experten für Innenraumumweltqualität
  • Nicholas A. Ashford, Ph.D., J.D., Massachusetts Institute of Technology
  • Mark C. Jackson, Lennox Industries, Inc.
  • Claudia S. Miller, M.D., M.S., University of Texas Health Sciences Center
  • Bruce M. Small, P.E., Georgetown, Ontario
  • James Wasley, University of Wisconsin

Repräsentanten der Bauindustrie
  • Ron Burton, Building Owners and Managers Association
  • William Dean, Associated General Contractors of America
  • Harry Gordon, FAIA, American Institute of Architects
  • Brent Kynoch, Kynoch Environmental Management, Inc.
  • Roger Morse, AIA, Morse Zehnter Associates


Referenzen:
Current News from the United States Access Board Access Currents, Volume 10/ Number 4 , 2004
FY 2004 Annual Report, United States Access Board, Federal Agency Committed to Accessible Design, Jan. 2005
United States Access Board, Report on Indoor Environmental Quality Released, 22.Juli, 2005
United States Access Board, Board Plans for International Outreach and Coordination Afforts, 7. April, 2004
ieq, Indoor Environmental Quality, National Institute of Building Sciences (NIBS), Indoor Environmental Project - Final Report, 2005
EPA, Report Healthy Buildings - Healthy People: A Vision for the 21st Century, 2001


 
 
 
 
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