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Wissenschaftlicher Sachstand zu Chemical Sensitivity (MCS)

Während auf internationaler Ebene Wissenschaftler davon ausgehen, dass ca. 15% der Bevölkerung auf Alltagschemikalien wie z.B. Parfüm, frische Farbe, Autoabgase, Putzmittel im Niedrigdosisbereich reagieren, hält in Deutschland seit geraumer Zeit der Tenor an, die Krankheit Chemikaliensensitivität (MCS T 78.4 / WHO) sei selten, kaum erforscht oder nicht existent. Gleichzeitig streitet man sich, ob die Ursache der Erkrankung physisch oder psychisch bedingt sei. Diese Argumente und die sich daraus ergebende Kontroverse werden benutzt, um Erkrankten medizinische Hilfe oder finanzielle Unterstützung zu versagen. Bevor wissenschaftliche Abklärung erfolgt sei und die Ursache gefunden, seien die Hände gebunden. Tatsache ist jedoch, dass 833 wissenschaftliche Studien (peer reviewed) existieren, die Häufigkeit, Auslöser und Auswirkungen de facto darlegen. (1)
Auffallend: Bei den aus Deutschland stammenden Studien überwiegt der Anteil, der davon ausgeht, MCS sei eine psychische Erkrankung, gegenüber Studien aus den anderen Ländern. Ein Freudsches Vermächtnis?


MCS Bibliographie 1945 – 2007

Albert Donnay ist maßgeblicher Autor der derzeit in der Wissenschaft am häufigsten gebräuchlichen und mittlerweile validierten Falldefinition, des 1999 veröffentlichten American Consensus. (2) Diese Falldefinition dient zur Diagnostik und Definition der von der WHO mit dem mit international gültigen Krankheitscode T78.4 einklassifizierten Erkrankung MCS – Multiple Chemical Sensitivity.

Donnay und seine Organisation MCS Referral & Resources haben die wohl umfangreichste und vollständigste Bibliographie über wissenschaftliche Studien zur Erkrankung MCS zusammengestellt. (3) Als Basis dienten PubMedline und andere Quellen. Über 90% aller gefundenen Artikel sind in Englisch verfasst. Der Rest hauptsächlich in Deutsch und Japanisch, eine kleine Anzahl Publikationen stammt aus Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Russland und Polen.


Physisch, psychisch oder beides?

Donnay aktualisierte und analysierte 2007 seine MCS Bibliographie, die in Unterregistern genau zeigt, wie viele wissenschaftliche Studien bis dato von physischen, psychischen oder gemischten Ursachen für MCS ausgehen. Es flossen in die Analyse alle veröffentlichten Studien von 1945 bis 2007 ein, die ein Peer Review Verfahren durchlaufen haben. Durch dieses bei seriösen Fachzeitschriften übliche Qualitätssicherungsverfahren wird der wissenschaftliche Gehalt einer Studie durch ein mit Experten besetztes Fachgremium vor Veröffentlichung in der betreffenden Fachzeitschrift geprüft.


Kein Überwiegen von psychischer Genese bei MCS

Betrachtet man die Analyse von Albert Donnay, wird deutlich, dass die künstlich am Leben gehaltene Behauptung, Chemikaliensensitivität sei eine rein psychisch basierte Erkrankung, nicht durch die seit 1945 veröffentlichten wissenschaftlichen Studien gehalten werden kann. Von bisher insgesamt 833 publizierten Studien gingen noch nicht einmal Viertel (199 / 24%) von einer psychischen Ursache aus. Davon erschienen alleine 62 Studien in den vergangen acht Jahren, gegenüber 137 Studien in den ganzen 54 Jahren zuvor. Zum Nachdenken stimmt, dass ein Großteil davon aus Deutschland stammt.


Wissenschaft belegt physische Genese bei MCS

Seit 1945 wurden 404 Studien über Chemikaliensensitivität veröffentlicht, die von einer körperlichen Ursache ausgehen.

Insbesondere in den letzten acht Jahren veröffentlichten Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern 93 Studien, die z. T. sehr interessante Fakten zutage brachten. Insgesamt gesehen gingen 48% aller seit 1945 in Fachzeitschriften veröffentlichten Studien davon aus, dass MCS eine rein körperliche Ursache hat. Das MCS nicht psychisch bedingt ist, ist damit längst belegt.


Analyse MCS Bibliographie 1945 – 2007 *


Peer Reviewed Ersten 54 Jahre Letzten 8 Jahre Alle Jahre
Artikel über MCS 1945 - 9/99 10/99 - 4/07 1945 - 4/07
Alle Artikel 595 238 833 = 100%
Untergruppe physische Ursache unterstützend 311 93 404 = 48%
Untergruppe psychiatrische Ursache unterstützend 137 62 199 = 24%
Untergruppe gemischte, oder keine Ursache unterstützend 96 45 141 = 17%
Untergruppe Forschung zu Methoden und/oder Definitionen 37 32 69 = 8%
Nicht klassifiziert 14 6 20 = 3%


• Die Analyse schloss alle peer reviewten Artikel ein, die entweder direkt von MCS handeln oder die mehr als eine beiläufige Referenz zu MCS aufweisen. Suchbegriffe schlossen MCS (Singular und Plural) und andere Namen ein, jedoch nur, wenn diese explizit als Synonym stehen (wie „Umweltsensitivitäten“ und der widersprüchliche Begriff „IEI - Idiopathische Umweltintoleranz“). Die Analyse schließt alle Artikel des Journal of Clinical Ecology aus, wegen seiner anerkannten Gunst der Neigung für eine physische Ursache von MCS zu sprechen.


Keywords:
Multiple Chemical Sensitivity, MCS, Chemikaliensensitivität


Autor:
Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Januar 2008


Literatur:
1. Analyse MCS Bibiliography, Persönliche Korrespondenz Albert Donnay an Silvia K. Müller, 24.05.2007

2. Nethercott JR, Davidoff LL, Curbow B, Abbey H., Multiple chemical sensitivities syndrome: toward a working case definition, Arch Environ Health. 1993 Jan-Feb;48(1):19-26.

3. MCS Referral & Resources, Bibliographie über wissenschaftliche Studien zu Multiple Chemical Sensitivity, www.mcsrr.org, 2007


Anhang:
Diagnosekriterien Chemikaliensensitivität (MCS) American Consensus 1999
1. Die Symptome sind durch (wiederholte chemische) Exposition reproduzierbar

2. Der Zustand ist chronisch

3. Minimale Expositionen (niedriger als vorher oder allgemein toleriert)
resultieren in Manifestationen des Syndroms

4. Die Symptome verbessern sich, oder verschwinden, wenn der Auslöser entfernt ist

5. Reaktionen entstehen auch gegenüber vielen chemisch nicht verwandten Substanzen

6. Die Symptome betreffen mehrere Organsysteme

7. Asthma, Allergien, Migräne, Chronic Fatigue Syndrome (CFS) und
Fibromyalgie stellen keine Ausschlussdiagnose für MCS dar