Leitfaden zur Wohnungssuche ...  
 

... für Allergiker, Chemikalien- und Elektrosensible

Autor: Silvia K. Müller / CSN – 2004

Abstract: Wohnraumsuche ist für jeden eine strapaziöse Angelegenheit. Viele Bedürfnisse und Wünschen müssen unter einen Hut gebracht werden. Für Menschen mit schweren Allergien, Chemikalien- oder Elektrosensibilität kann es ein sehr schwieriges Unterfangen werden.
Viele Faktoren müssen bedacht werden, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes auszuschließen und eine Verbesserung zu garantieren.
Der CSN Leitfaden Wohnungssuche verschafft einen Überblick hinsichtlich der verschiedenen gesundheitlichen Problematiken und bietet eine Checkliste zur Beurteilung von Wohnraum und dessen Umgebung.

Ab einem bestimmten Sensibilitätsgrad und Schweregrad der Reaktionen eines Menschen auf ein Allergen muss ein Wohnort- oder Wohnraumwechsel in Betracht gezogen werden, um eine Genesung überhaupt zu ermöglichen. Bei manchen Menschen ist der Schweregrad der Erkrankung soweit fortgeschritten, dass sie sogar das Land verlassen müssen, um Linderung zu erfahren. Therapien und Aufenthalte in einer Umweltklinik helfen nur dann nachhaltig, wenn im Vorfeld ein Wohnumfeld geschaffen wurde, welches dem Betroffenen weitgehende Reaktionsfreiheit verschafft. Baubiologische Wohnprojekte für Allergiker und Umweltkranke in Regionen mit guter Luftqualität sind von Nöten. Bis solche Projekte entstanden sind, muss sich jeder Betroffene für sich alleine ein tolerierbares Wohnumfeld schaffen.

Gesundheitliche Grundbedürfnisse abklären
Bevor man sich überhaupt nach neuem Wohnraum, sei es nun ein Haus, eine Eigentumswohnung oder eine zu mietende Wohnung umschaut, muss ganz intensiv über die eigentlichen aus dem Gesundheitszustand resultierende Bedürfnisse nachgedacht werden.
Ein Gespräch mit den behandelnden Ärzten, dem Umweltmediziner, den Patientenberatern der Umweltklinik oder einer Selbsthilfegruppe könnte weitere Hilfe darstellen. Auch Familienmitglieder können häufig gute Anregungen geben, da sie einen genau kennen und häufig viele Höhen und Tiefen miterlebt haben.
Sind mehrere Auslösefaktoren vorhanden, empfiehlt es sich, eine Checkliste zu erstellen. Ein
Mensch der auf fast alles reagiert, muss auf ganz andere Faktoren achten, als ein Mensch der ausschließlich unter Pollenallergie leidet.
Regionale, geographische und örtliche Gegebenheiten sollten zu verschiedenen Tageszeiten und wenn möglich auch zu verschiedenen Jahreszeiten inspiziert werden. Drängt die Zeit, besteht immer noch die Möglichkeit, sich mit Nachbarn oder Ortsansässigen zu unterhalten und gezielte Fragen bezüglich der Bedürfnisse zu stellen. Selbsthilfegruppen sind häufig in der Lage Mitglieder in der Region zum Erfahrungsaustausch zu vermitteln. Ist kein Kontakt möglich, kann man in kleineren Orten auch den Bürgermeister, Pfarrer, Gesundheitsamt, Sozialarbeiter, etc. um Auskunft bitten.

Geographische Lage
Die Wahl der geographische Lage des zukünftigen Wohnraumes ergibt sich aus:

  • Wohnraumangebot
  • gesundheitlichem Grundbedürfnis
  • Klima
  • Infrastruktur (Verfügbarkeit von biologischer Nahrung, Ärzte)
  • Wirtschaftstandort, falls ein Familienmitglied aufgrund seines Arbeitsplatzes eingeschränkt ist
  • Schadstoffemittenten, Strahlungsemittenten
  • Landwirtschaftliche Nutzung der Region
  • Verkehrsdichte zu verschiedenen Tageszeiten
  • Vorherrschende Windrichtung (Schadstoffeintrag durch Drift aus Industrie- oder Agrargebieten)

Bei der geographischen Auswahl des zukünftigen Gebietes für den Wohnraum sollte daran gedacht werden, dass manche Gegebenheiten je nach Jahreszeit extrem schwanken können.

Faktoren, die man dabei dringend bedenken sollte:

  • Hausbrand im Winter (Tallage vermeiden)
  • Sprüheinsätze von Bauern und Winzern zu verschiedenen Jahreszeiten (Vorsicht Drift bei Helikopter- und Flugzeugeinsätzen)
  • Umliegende Vegetation und Felder bei Pollenallergie
  • Schimmelpilz am Waldrand oder in schattiger Lage in der feuchten Jahreszeit
  • Smog in einer Talkessellage
  • Föhngebiet
  • Nebelregion
  • Gewässer in nächster Nähe (Können zu Feuchtigkeits-, Schimmelpilz- oder Algensporeneintrag führen)

Faktoren in der näheren Umgebung zum Wohnraum die ausgeschlossen sein müssen, da sie generell Chemikalien, Schimmelpilzsporen oder Strahlung, etc. ausströmen:

  • Tankstelle in 200m Radius
  • Chemische Reinigung in 1600m Radius
  • Industriebetrieb
  • Autobahn, Schnellstrasse, Hauptverkehrsstrasse
  • Lackiererei
  • Supermarkt
  • Gärtnerei, Baumschule
  • Großparkplatz (Supermarkt, Hotel, etc.)
  • Bauernhof, Mastbetriebe
  • Hobbyschrauber (lackieren, etc.)
  • Flughafen, Flugplatz auch Modellflugplatz
  • Freizeitpark
  • Krankenhaus
  • Armee
  • Hafen
  • Bahnstrecke
  • Handymasten in der nahen Umgebung
  • Hochspannungsleitungen
  • Kraftwerke, Umspannwerke

Gebäude:
Manche Faktoren müssen ganz gleich ob man unter schweren Allergien, Chemikalien- oder Elektrosensibilität leidet, ausgeschlossen werden, da sich durch deren Existenz der Gesundheitszustand eines jeden verschlechtern kann.
Ein kleines Haus für sich alleine ist sicherlich Optimum, jedoch kaum zu finden. Bei der Auswahl eines Miet- oder Apartmenthauses sollte man bedenken, dass je mehr Parteien in einem Haus wohnen, desto mehr Probleme kann es geben.

Ausschlusskriterien:
Keinen Wohnraum in einem Gebäude anmieten, das über eine der folgenden Modalitäten verfügt:

  • Müllschlucker (Schimmelpilz, häufig wird wegen Schädlingsbefall mit Pestiziden gesprüht)
  • Undichtes Flachdach (Schimmel)
  • Fertighäuser
  • Handymast auf dem Dach
  • Feuchtigkeit, Schimmelpilz
  • Holzdecken, Holzvertäfelungen (meist mit Holzschutzmitteln belastet)
  • Ölöfen, Holzöfen, Gasheizung
  • Heizölgeruch (alte undichte Tanks)
  • Müll-, oder Kompostsammelstelle in der Nähe der zu öffnenden Fenster
  • todisoliert

Im Wohnraum selbst ist darauf zu achten, dass folgende Faktoren ausgeschlossen sind:

  • Bitumenestrich
  • Asbestdämmung
  • PAK Fußbodenkleber (schwarzer Kleber) unter PVC, Parkett, Linoleum
  • Feuchte Ecken, Kondensfeuchtigkeit an den Fensterrahmen
  • Schimmelpilz
  • Pestizideinsätze
  • Teppichboden, Filzboden, Laminat, PVC
  • Holzdecken, Styropordecken, Holzpanelen (meist belastet)
  • Nadelhölzer (Decken, Einbauten)
  • Span- und MDF - Platten (Decken, Zwischenwände, Türen, Einbauten)
  • Badezimmer ohne Fenster (Schimmelkontamination)
  • Klimaanlage


Auf was sollte man bei der Auswahl des Wohnraumes noch achten?
Bei Chemikaliensensibilität:
  • Möglichst Einzellage
  • Möglichst Einfamilienhaus
  • Möglichst eigener Eingang
  • Keine ebenerdige Wohnung
  • Kein Kompost, kein Müllcontainerplatz vor dem Fenster
  • Je weniger Mietparteien desto besser
  • Je höher gelegen die Wohnung desto besser (Mehrfamilienhaus)
  • Keine zentrale Waschküche im Eingangsbereich
  • Kein Wäschetrockenplatz unterhalb der Wohnungsfenster
  • Kein Parkplatz unterhalb der Wohnungsfenster
  • Kein Grillplatz vor dem Fenster oder der Terrasse
  • Kein gestrichenes Gartenhaus vor dem Fenster oder der Terrasse
  • Keine Tierställe (Hasenstall, etc.) vor dem Fenster oder der Terrasse
  • Kein Handymast in der Nähe (Vorhaben der Gemeinde erfragen)

Bei schwerer Chemikaliensensibilität sollte versucht werden, mit dem Vermieter ein Probewohnwochenende auszuhandeln. Oft ist der Betroffene bei einmaliger Besichtigung schon von der Fahrt her in einen Reaktionszustand versetzt, dass er bei der Besichtigung keine Schadstoffe mehr verspürt. Eine weitere sinnvolle Maßnahme besteht darin, den Vermieter zu bitten die Fenster vor der Besichtigung geschlossen zu halten, um eine Kontaminierung wahrnehmen zu können.
Vor dem Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung empfiehlt sich ein Komplettscreening auf Chemikalien (Pestizide, PAK, Weichmacher, Lösemittel) und Schimmelpilze durch ein renommiertes Umweltlabor.

Bei Schimmelpilzallergie:

  • Keine ebenerdige Wohnung
  • Kein Kompost, kein Müllcontainerplatz vor dem Fenster
  • Keine Tierställe (Hasenstall, etc.) vor dem Fenster oder der Terrasse
  • Kein Bewuchs (Efeu, Weinranken, etc.) am Haus
  • Nicht viel Büsche, Bäume um das Haus
  • Nicht in Wald-, Sumpf-, Moornähe
  • Nicht in Gewässernähe

Vor dem Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung empfiehlt sich ein Schimmelpilz Komplettscreening durch ein renommiertes Umweltlabor. Oder eine Hausbegehung durch den Schimmelhund.

Bei Pollenallergie:

  • Keine ebenerdige Wohnung
  • Kein blühender Bewuchs
  • Keine Felder und Wiesen im Umfeld

Vor der Entscheidung für eine bestimmte Region den Pollenwarndienst konsultieren und die Pollenmeldungen für einen längeren Zeitraum einsehen.

Bei Elektrosensibilität:

  • Kein großes Miethaus oder Reihenhaus, wegen der Handy- und DECT Telefone der Mitbewohner
  • Kein Handymast auf dem Haus und im weiteren Umfeld (Vorhaben der Gemeinde erfragen)
  • Tallage ohne Handyempfang ist am Besten
  • Einzellage bevorzugt
  • Kein Umspannwerk in der Nähe
  • Kein Kraftwerk, keine Großindustrie in der Nähe
  • Keine U-Bahnstation, Bahnhof, etc. in der Nähe
  • Kein Sender in der Nähe

Vor dem Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung empfiehlt sich eine Messung der Strahlenbelastung durch ein renommiertes Umweltlabor, sowie ein Gespräch bei der Gemeinde hinsichtlich Anträgen für den Ausbau des Handynetzes.

Vertragsabschluss:
Hat man den für sich und seinen Gesundheitszustand optimalen Wohnraum gefunden, sollte man vor Vertragsabschluss (ev. in den Vertrag aufnehmen) folgendes mit dem Vermieter oder Hausverwalter abklären:

  • Keine Pestizideinsätze im und um das Haus
  • Bitten über Umbaumaßnahmen im und um das Haus im Voraus zu informieren
  • Kein Handymast auf dem Dach
  • Verzicht auf giftige Baumaterialien

Besondere Modalitäten:
Bei bestimmten gesundheitlichen Beschwerden sind Umbaumaßnahmen oder die Installierung von speziellen Hilfsmitteln erforderlich. Nicht jeder Vermieter ist dazu bereit und wenn erst ein Vertrag unterschrieben ist, ist oft kaum mehr Verhandlungsspielraum möglich. Die besonderen Bedürfnisse sollten in sachlicher Form mit Bitte um Verständnis abgeklärt werden.

Bei Chemikaliensensiblen kann es erforderlich sein:

  • einen Wasserfilter zu installieren
  • Bodenbelag auszutauschen
  • Ein Abluftschacht mit einem Filtermaterial abzukleben
  • Einbauten zu entfernen
  • Heizkörper auszutauschen

Bei Pollenallergikern kann es erforderlich sein:

  • ein Pollenschutzgitter anzubringen
  • Filter an Lüftungsschächten anzubringen

Bei Elektrosensiblen kann es erforderlich sein:

  • Netzfreischalter und Abschirmmaßnahmen zu installieren

Wie finde ich einen geeigneten Wohnraum?

  • Gezielte Anzeige in regionalen Zeitungen
  • Gezielte Anzeige in überregionalen Zeitungen
  • Kontakt mit anderen Betroffenen
  • An soziale Einrichtungen wenden
  • Durch Kontakt zu Selbsthilfegruppen
  • Suchanzeige im Internetforum oder der Zeitschrift von Selbsthilfegruppen
  • Vor Ort-Suche (Fragen in kleinen Läden, Bürgermeister, Gaststätte, etc.)


 
 
 
 
Seite speichern
Seite drucken
eMail
Home