Rotkehlia, das Rotkehlchen erzählt aus seinem Leben

Das Rotkehlchen erzählt

Als ich vor ein paar Wochen ziemlich traurig in unseren Garten ging, weil ein paar Enttäuschungen und der trübe Winter mich hinaustrieben, sah ich auf einem Haselnussbusch meine Freundin Rotkehlia sitzen.

Aufgeblüstertes RotkehlchenAllein schon ihr Anblick … das buschige, rote Kehlchen und das aufgeplusterte Federkleid versetzten mich in Entzücken. Als dann noch eine leise, wohlklingende Stimme zu mir sagte: „Sei nicht so traurig; ich werde Dir eine kleine Geschichte erzählen“, wurde ich ganz ruhig und lauschte. So begann Rotkehlia von ihrem kleinen Leben zu berichten:

„Es gibt nicht mehr viele von uns, weil auch wir Feinde haben. Ein Waschbär hat mir die Kleinen kurz nach dem Ausschlüpfen geraubt und gefressen. Auch ich war tieftraurig! Dann verließ mich mein Vogelmännchen, weil er nur in der Balzzeit an mir interessiert ist. Es ist bei uns Kehlchen nicht so, wie bei den Kranichen, die ein Leben lang glücklich zusammenleben.

Und dann der Winter – oft schon wollte ich aufgeben, weil ich so alleine hier bin. Ständig andere Temperaturen machen meinem kleinen Vogelherz schwer zu schaffen und dann laufen hier noch ein Marder und ein Kater herum, die jeden Tag nach mir schielen, um mich zu verzehren. Dazu kommen die Feinde aus der eigenen Gattung, besonders die Meisen, die immer in Gruppen auftreten; sie verjagen mich täglich vom Futterhäuschen.

Rotkehlchen im WinterStell Dir vor: der Boden ist hart gefroren und du hast quälenden Hunger, findest keinen Wurm und dort hängt das Futterhäuschen mit leckeren Samen und Flocken – aber keine Chance! So habe ich jeden Tag den Kampf, ein paar Reste zu ergattern. Die Meisen sind auch noch so unverschämt und picken jeden anderen Vogel weg, weil sie als Gruppe so stark sind. Ja, und dann sind da noch die Eichelhäher, vor deren spitzen Schnäbeln habe ich richtig Angst, und so warte ich, bis sie alle weggeflogen sind mit satten Bäuchen und nehme mir die Reste.

„Hast Du denn gar keine Freunde?“, fragte ich sie. „Doch ich habe einen kleinen Freund, das ist der Zaunkönig, und wir beide halten zusammen. Er zeigt mir oft Möglichkeiten, im Winter zu überleben; denn er findet öfters in Gärten noch liegen gebliebene Hülsen oder Körnchen. Auch am Komposthaufen ist er ein Spezialist. Er weiß genau, was wir futtern dürfen, ohne dass es uns schlecht wird. Und so schaffe ich es dann den Winter zu überstehen, aber Kampf und Traurigkeit gehören dazu.“

Rotkehlchen singt ein LiedRotkehlia belohnte mein Zuhören mit einem wunderschönen Lied, das sie nur für mich sang. „Meine Stimme kann mir keiner nehmen, und dafür bin ich so dankbar“, sagte sie und flog auf einen anderen Ast.

Ja, dachte ich, Du bist eine wirkliche Freundin, Rotkehlia, und ich bin so froh, Dich getroffen zu haben, um aus Deinem kleinen Leben zu erfahren. Von dem Tag an schaue ich immer nach ihr und lege ihr an verschiedenen Stellen Futter aus. Ich wünsche ihr, dass sie ihre Kleinen im Frühling behalten darf und werde ein Auge auf ihr Nestchen haben, wenn ich es finde.

Als ich wieder aus dem Garten ging, wo nur braune Erde mich ansah, war ich dennoch sehr beglückt über meine kleine Freundin Rotkehlia.Rotkehlchen sitzt am Boden

Wann immer mir nun ein Kehlchen begegnet, denke ich an den Mut zum Weitermachen, und dankbaren Herzens wandle ich durch die Zeiten.

Autor: Mona, die Glasprinzessin, Ostersonntag, 12. April 2009

Diese Gegeschichte wurde von Mona, der „Glasprinzessin“ geschrieben. Mona ist chemikaliensensibel und muss fast die ganze Zeit draussen in der Natur verbringen. Mona’s Geschichte:

Mona die „Glasprinzessin“ – ein einsames Leben mit Wind und Wetter

3 Kommentare zu “Rotkehlia, das Rotkehlchen erzählt aus seinem Leben”

  1. Franzi 13. April 2009 um 00:58

    Die Geschichte geht aber zu Herzen! Liebe Glasprinzessin, bei mir auf dem Balkon hatte ich jetzt im vergangenen Winter am Vogelhäuschen ab und zu auch ein Rotkehlchen futtern sehen. Aus diesem Blickwinkel gesehen, werde ich nächsten Winter genauer hingucken. War es wirklich nur eines? Oder vielleicht zwei? Alle wollen leben. Dann denke ich an Deine wunderschön geschriebene Lebensgeschichte von Rotkehlia.

  2. Clarissa 13. April 2009 um 14:19

    Liebe Rotkehlia, falls deine Verwandten suchst, die sind ständig bei mir in der Hecke und futtern was die Futterstellen hergeben, hier ist bestimmt noch jede Menge Futterplatz.

    Liebe Glasprinzessin, soviel Rotkehlchen wie dieses Jahr habe ich schon lange nicht mehr gesehen, ich habe hier mindestens 20 Stück.

    Ich wünsche dir ein schönes Frühlingserwachen.

  3. Henriette 13. April 2009 um 23:19

    Liebe Glasprinzessin,

    Deine Geschichte ist wunderschön, ich danke Dir dafür.

    Diesen Winter habe ich zum ersten Mal zwei Rotkehlchen bei uns im Garten gesehen, das zweite war nur während der ganz eisigen Temperaturen bei uns am Futterplatz zu sehen, danach war es wieder verschwunden.

    Aber unser Stamm-Rotkehlchen ist ein ganz Mutiges und hat sogar schon die dominanten Amseln vertrieben. Dieses Jahr ist es sogar oft an den Futterturm geflogen, an dem vier Futterplätze vorhanden sind, und hat sich oft gegen Meisen, Spatzen und Finken behauptet. Denn die Jahre zuvor war das Rotkehlchen nur am Boden anzufinden und pickte auf, was am Boden zu finden war.

    Das Rotkehlchen ist mein Lieblingsvögelchen bei uns im Garten und ich freue mich immer über sein Durchsetzungsvermögen und seinen Mut.

    Herzliche Ostergrüsse
    Henriette

Kommentar abgeben: