Sonntagsgeschichte: Papo Mio’s Oase für Umweltkranke

Ristorante Italien

Als ich nach 20 Jahren wieder nach Terragenia kam, stand Papo Mio gerade genauso einladend vor der Tür seines Ristorantes wie damals und lächelte mir entgegen.

GiuseppeDie letzten Meter lief ich immer schneller und dann warf ich mich in seine Arme.
Nun wusste ich, was mir so viele Jahre gefehlt hatte – warum ich so unvollständig war; nun war ich angekommen – endlich da, wo ich schon lange hingehörte.
Nach langem Festhalten und Hin und Herwiegen wurde mir plötzlich bewusst, dass irgendetwas anders war. Eine ganze Weile brauchte ich, um es zu realisieren.

Der Blick zum Meer…das in schon einiger Entfernung von der der Terrasse aus doch immer zu sehen war – er war verbaut von 2 Hotels  – gerade ein kleiner Spalt blieb noch offen.

Ich zeigte dorthin und schaute Papo Mio an … aber er lächelte wie immer und nahm mich bei der Hand und zog mich hinter sein Haus. …Vor 10 Jahren fingen sie an zu bauen und da reagierte ich sofort. Ich kaufte noch mehr Land hinter dem Haus und den Pinien und Zedernwald. Du weißt ja, dass ich hier schon einen kleinen Park angelegt hatte mit Orangen und Zitronenbäumchen.

Eines Tages hörte ich von Menschen, die an einer schlimmen Krankheit leiden. Sie heißt MCS und diese Menschen reagieren auf alle Chemikalien mit Unverträglichkeit und werden mit der Zeit auch elektrosensibel, d. h. sie reagieren mit vielen Symptomen auf elektromagnetische Felder und auch auf die Sonneneinstrahlung. Viele von ihnen können überhaupt keine Minute mehr in die Sonne, und so brauchen sie auch im Sommer viel Schatten. Und da kam mir der Gedanke für diese armen Geschöpfe hier eine Oase zu bauen – kleine Glashäuschen in Verbindung mit Natursteinen und diese im Schatten aufstellen unter den vielen Bäumen. Du weißt ja, dass der Bach hier hinten durchfliest und dort waschen sie sich. Duftstoffe und irgendwelche Chemikalien sind alle beseitigt worden und so konnte ich auch noch für biologisches Gemüse und Obst sorgen und für das Pizzabrot, für die, die es vertragen.

Glaube mir, Piccolina –  es ist wie ein Wunder – zu beobachten, wie diese Menschen hier aufblühen und lebendig werden! Viele haben 7-12 Jahre schon in völliger Isolation von sozialen Kontakten gelebt…
Einige in einem gefliesten Badezimmer mit Luftfilter und Sauerstofflasche…
Andere in alten, ausgedünsteten Wohnwägen alleine im Wald…
Manche in Bushaltestellen aus Glas geschlafen und am Tag auf einer ungedüngten Wiese, weil sie ihre Wohnungen nicht mehr vertragen und…
Einige haben ihr Leben und ihre Qual beendet, weil sie keine Hoffnung mehr sahen…

Vor kurzem geschah das leider wieder auch hier in unserem Land…

GlashausAber nun … schau her…hier sind sie unter sich und trotzdem hat jeder sein Glashäuschen und jeder ist glücklich, weil er sich hier frei bewegen kann und nicht mehr so alleine sein muss.

Über die Flächen, wo die Sonne noch hin scheint, habe ich abschirmende Baldachine von Baum zu Baum gebunden, so dass es große Schattenflächen gibt.

Ich habe auch ringsherum noch Land gekauft, das sehr, sehr günstig war, weil alle ans Meer wollen und hier im Hinterland angeblich nichts los ist. Und das kommt nun meinen Freunden hier zugute.

Es gibt hier keine Handys… nur ein  Telefon bei mir im Ristorante…
Keine Fernsehgeräte…und nur, wer noch kann und möchte, kann sich bei mir ein Laptop ausleihen mit Akku zum Schreiben an Freunde. Besonders die, die kein Papier und keine Kulis und Co. mehr vertragen, greifen gerne darauf zurück. Ich habe ein strahlungsarmes Modell besorgt.

Gekocht und gebraten wird nur im Ristorante und das habe natürlich ich übernommen und mein Enkel, der Giuseppe, der ja auch auf so Vieles immer allergisch reagiert hat, hilft mir seit 2 Jahren in der Küche. Für ihn war es auch die Rettung…er konnte so die MCS noch rechtzeitig abbiegen.

Ich schaute ihn an und dann zeigte er mir von oben sein ganzes Refugium. Ich war sprachlos. So etwas Wunderschönes hatte ich noch nie gesehen.

Outdoor Spa…Bevor ich nun weitergehe, muss ich mich doch umziehen und waschen, denn ich trage doch bestimmt Stoffe, die für deine Freunde unverträglich sind?…
„Du kommst in die Schleuse“, sagte Papo Mio und nahm mich wieder bei der Hand.

Er zog mich neben das Ristorante und da sah ich das kleine Badehaus mit einem großen Becken mit Salzwasser zum baden und entduften. Meine Kleider kamen in einen Foliensack und ich bekam andere…viel Schönere aus Leinen, Biobaumwolle und Seide.

„Bleibe ruhig 1-2 Stunden im Wasser und wasche dann deine Haare hiermit, dann kannst du erstmal schlafen und dann essen und morgen versuchen wir es zu meinen Freunden zu gehen, wenn Du möchtest“.

„Aber natürlich, Papo“, sagte ich und umarmte ihn noch ein paar Mal. „Weißt Du“, sagte er wieder mit einem Lächeln, …ich hätte damals ausrasten können, als da ganz vorne die Hotels gebaut wurden; du kennst ja mein Temperamente…, aber ich sagte mir, aus jeder Hürde im Leben mache ich eine andere Seite. Jedes Hindernis hat 2 Seiten, eine davor und eine dahinter. Und so kam mir die Idee mit dem Land dahinter. Vorne am Meer…überall hier am Küstenstreifen…sind der Lärm, die Hektik, die Habgier, der Kommerz, der Gestank nach allerlei…

GiuseppeAber hier hinter der Hürde ist mein Pinienhain … meine Stille …. meine Einfachheit…meine gute Nahrung und meine Liebe! Und das zählt viel, viel mehr, meine kleine Piccolina. Und ich durfte etwas für andere tun… für isolierte. kranke Menschen, die hier auch im Freien sich endlich wieder entfalten können.

Manche können sogar wieder 1-2 mal die Woche mit Giuseppe, meinem Enkel, eine Fahrt machen in einem abgeschirmten, extra für sie gebauten Bus in eine kleine Schattenlagune am Meer (ca.15 km) von hier entfernt. Sie baden dann und schwimmen im Meer und das tut ihnen gut. Es ist unser „Plaza del Paradiso“. Wenn ich die Freudentränen in ihren Gesichtern sehe, dann bin ich so beglückt, wie noch nie in meinem langen Leben. Sie blühen auf und ihre Seele heilt und sie können eine stabile Phase erreichen. Das ist all die Arbeit wert, meine Kleine….

Ich nahm die Hände von Papo Mio und drückte sie. „Du hast mich schon früher so glücklich gemacht mit deinen sanften Wesen und nun bin ich noch viel glücklicher. Ich möchte dir auch gerne helfen und bei dir bleiben und auch für diese Menschen sorgen. Kannst du mich gebrauchen?“

„Oh ja,“ sagte Papo Mio,… denn wir möchten schon wieder erweitern und noch mehr Gemüsegärten anlegen ins Hinterland hinein und noch ein paar neue Glashäuschen bauen, denn es werden immer mehr Freunde auf der ganzen Erde, die MCS bekommen. Du kannst vielleicht auch bei der einfachen Inneneinrichtung behilflich sein.“ „Sehr gerne und ich kenne auch einige Leute, die die geeigneten Materialien haben. Ach Papo Mio…ich liebe dich so sehr und nun verschwinde ich im Badehaus.“

Papo Mio gab mir einen Kuss auf die Stirn und lächelte wie immer.

Ich war endlich angekommen…endlich Zuhause…da, wo ich hingehörte.

Welch eine innere Freude und so ließ ich mich in das Solebecken eintauchen voller Dankbarkeit… das alles hier erleben und erfahren zu dürfen und mitzuhelfen.

Autor: Mona Baranczyk für den CSN Blog, Mai 2009

7 Kommentare zu “Sonntagsgeschichte: Papo Mio’s Oase für Umweltkranke”

  1. Domiseda 17. Mai 2009 um 12:56

    Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn diese Adresse Realität wäre- aber ich fand sie nicht im Internet.

  2. Maria 17. Mai 2009 um 15:35

    Liebe Mona,

    Deine Geschichte ist toll, sie müsste nur noch wahr werden, das wäre das Größte überhaupt.

    Liebe Grüsse
    Maria

  3. Silvia 17. Mai 2009 um 16:31

    Liebe Mona,

    diese Woche kam mich ein italienischer MCS Aktivist besuchen. Er hat den gleichen Traum wie Du und viele von uns. Er möchte eine MCS Oase schaffen. Wer daran interessiert ist, kann sich mit mir zur Kontaktaufnahme in Verbindung setzen.

    Vielen Dank für Deine zauberhafte Geschichte, möge sie wahr werden,
    Silvia

  4. T-Rex 17. Mai 2009 um 16:59

    Eine Oase für Menschen mit Multiple Chemical Sensitivity. Oh Mona, ich kam sofort ins Träumen. Am Liebsten hätte ich meinen Koffer gepackt und wäre zu diesem Ort hingefahren.

    Deine Geschichten und Gedichte sind eine sehr schöne Abwechselung in unserem etwas tristen MCS Alltag.

  5. Henriette 17. Mai 2009 um 17:23

    Das sehe ich wie Ihr. Eine Oase für Menschen mit MULTIPLE CHEMICAL SENSITIVITY ist schnell überfüllt, da die Zahl der MCS-Betroffenen stets weiter ansteigt.

    Liebe Mona, danke für Deine tolle Geschichte, die die Wünsche der zahlreichen Leute, die an MULTIPLE CHEMICAL SENSITIVITY leiden, sehr gut zum Ausdruck bringt.

    Herzliche Grüsse
    Henriette

  6. Lucca 20. Mai 2009 um 17:39

    Liebe Glasprinzessin, Deine Gedichte und Geschichten sind Balsam für jede geschundene MCS-Seele.

    Ich danke Dir, dass Du für uns schreibst, das bedeutet vielen ungeheuer viel,

    Lucca

  7. Toxicwarrior 7. Juni 2009 um 21:39

    Im Grunde ganz einfach!

    Startet einen Aufruf an alle MCS erkrankten, richtet ein Spendenkonto ein, dann soll jeder im Monat nur 1 Euro einbezahlen. In Deutschland gibt es ca. 500 000 Betroffene, somit könnten theoretisch jeden Monat 500 000 Euro aufgebracht werden. Davon könnte man – gesundes Land in einer gesunden Gegend kaufen – sich diesen Traum innerhalb weniger Jahre erfüllen. Auch wenn es für viele Betroffene nur vorerst als Urlaub möglich ist – Rotatonsprinzip – bzw. Akut-Betroffene könnten dort auch leben etc.

    Man muss nur wollen!

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