Allergien auf Duftstoffe aufspüren ist wahre Detektivarbeit

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Allergien können von einer Stunde auf die andere auftreten. Das eigene Parfum führt plötzlich zu Hautreaktionen, obwohl der Duft gestern noch als nett und die Persönlichkeit untersteichend empfunden wurde. Meist verschaffen sich betroffene Personen per Selbstversuch Bestätigung – doch es bleibt dabei: die Reaktion auf das Parfum ist echt und wiederholbar. Bis zur ärztlichen Diagnose „Duftstoffallergie“ ist es dennoch oft ein langer Weg, der über den Allergologen seinen Lauf nimmt. Die Tests, die in einer normalen allergologischen Praxis durchgeführt werden, verfehlen meist ihr Ziel und decken eine Allergie auf Duftstoffe nicht auf. Nicht selten wird eine Überweisung zum Psychologen ausgestellt. Zu Unrecht, wie akribische Mediziner aufdeckten.  

Plötzlich Reaktionen auf das eigene Parfum

In einer deutschen Langzeitstudie (1998 – 2002) wurden Patienten mit einer Kontaktallergie auf Duftstoffe untersucht. (1) Man nahm dazu Parfums, Deos und Aftershaves, die von den Patienten aufgrund des Verdachtes auf Unverträglichkeit mitgebracht wurden. Zusätzlich wurden einzelne Duftstoffallergene untersucht. Im Verlauf des Studienzeitraums wurden 1468 Patienten mit 2557 einzelnen Produkten (Deos – 1094, Eau de Toilette – 598, Parfums – 530, Pre- oder Aftershave – 325) getestet. 

Detektivarbeit führ zum korrekten Ergebnis

Positive Testergebnisse wurden von Wissenschaftlern mehrerer Kliniken bei 129 Patienten festgestellt. Bei 58 Patienten zeigte kein anderer Duftstofftest, außer dem Test auf das mitgebrachte duftstoffhaltige Produkt, ein Ergebnis an. Es wurde auf diese Weise ein starker Zusammenhang zwischen den mitgebrachten Produkten und der jeweiligen Kontaktsensibilität ermittelt.  

Natur ist nicht immer harmlos

Natürliche Inhaltsstoffe werden häufig als harmlos dargestellt und Allergikern sogar als Alternative empfohlen. Dass sie ein erhebliches Problem darstellen können, konnten die Wissenschaftler im Fall von Ylang-Ylang Ölen, Propolis und besonders bei Eichenmoos feststellen. Sie offenbarten sich zusätzlich als absolut schwere Allergene bei den Patienten, die bei Parfums positiv getestet hatten.  

Einfach, aber sicher

Die Wissenschaftler befanden, dass Hauttests (Patchtests) mit mitgebrachten verdächtigen Produkten eine einfache, sichere und effektive Methode darstellen, um eine klinisch relevante Kontaktsensibilität zu diagnostizieren. Besonders im Hinblick darauf, dass Rezepturen von Produkten ständig wechseln, sind Tests mit herkömmlichen „Screening Allergenen“ hingegen meist unzureichend.  

Anmerkung: Für Patienten mit Verdacht auf Chemikalien-Sensitivität sind solche Testverfahren nicht geeignet, da diese Patientengruppe sehr schwere, nicht vorhersehbare Reaktionen entwickeln kann und durch Patchtests zusätzliche Sensibilisierung eintreten kann. (2,3) 

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, Mai 2008 

Literatur:

  1. Uter W, Geier J, Schnuch A, Frosch P., Patch test results with patients‘ own perfumes, deodorants and shaving lotions: results of the IVDK 1998-2002, J Eur Acad Dermatol Venereol. 2007 Mar; 21(3):374-9

  2. White JM, McFadden JP, White IR., A review of 241 subjects who were patch tested twice: could fragrance mix I cause active sensitization? Department of Cutaneous Allergy, St John’s Institute of Dermatology, St Thomas‘ Hospital, Br J Dermatol. 2008 Jan 17

  3. Silvia K. Müller, Vorsicht: Duftstoffallergie durch Patchtest ausgelöst, CSN Blog, 28. Januar 2008

9 Kommentare zu “Allergien auf Duftstoffe aufspüren ist wahre Detektivarbeit”

  1. Realityshow 7. Juli 2008 um 21:20

    Um ans Ziel zu kommen, sprich die genaue Ursache für seine oft vielfältigen Gesundheitsstörungen zu erfahren, bedarf es tatsächlich oftmals langwieriger Detektivarbeit. Hinzu kommt, dass einem eine Engelsgeduld abverlangt wird.

    In unserem hochentwickelten Zeitalter und beim heutigen Kenntnisstand der internationalen Wissenschaft, dauern realistische Diagnosen, gerade wenn es um Duftstoffe geht, überflüssigerweise meist viel zu lange. Die Patienten müssen unnötigerweise viel Leid ertragen, bis ihnen die wahre Diagnose bei Duftstoffallergien, hoffentlich Abhilfe / Linderung ihrer Beschwerden verschafft. In dieser Hinsicht müssen hierzulande entschieden verbesserte Voraussetzungen, z. B. durch bessere unabhängige Fortbildung der Ärzteschaft, forciert werden.

  2. Mary-Lou 8. Juli 2008 um 10:20

    Hallo Realityshow,

    Detektivarbeit müsste das Aufdecken von Allergien auf Duftstoffe aber keinesfalls sein.

    Leider geschieht es oft, dass viele Ärzte, die selbst gerne Parfum und Rasierwasser konsumieren, Patienten die angeben, auf Duftstoffe mit gesundheitlichen Störungen zu reagieren, vielfach nur belächeln. Der Einfluss der Werbung zeigt auch hier Früchte. Viele Mediziner, die gerne ihr Geld für Chemie in Forum von Parfum und dergleichen ausgeben, fühlen sich von solchen Patienten auf den Fuss getreten. Ich weiß sogar von Mit-Betroffenen, dass Ärzte in deutschen Reha-Kliniken noch 10 Meter gegen den Wind nach Parfum „stinken“, so dick tragen sie es teilweise auf, und das sogar in Lungenfachkliniken.

    Na, was soll man davon halten?
    Detektive sind scheinbar sehr notwendig, aber meiner Meinung nach, völlig überflüssig, beim heutigen Kenntnisstand. Schließlich sind die Warnungen des UBA schon ein wenig in die Jahre gekommen, und was haben sie gebracht? Nicht viel, wie ich meine.

  3. Spider 8. Juli 2008 um 11:51

    Die Ärzte Woche online aus Wien berichtet im Juni 2004 über die Allergie-Diagnose bei Duftstoffen. Man stellt fest, dass mit zunehmendem Alter die Zahl der Duftstoff-Allergiker ansteigt, während Frauen in stärkerem Maße betroffen sind. Man geht davon aus, dass es mit dem intensiveren Gebrauch parfümierter Kosmetika zusammen hängt, ebenfalls über präsent sind Friseure und Masseure.

    Auch in diesem Bericht wird verdeutlicht, dass Ärzte synthetische Duftstoffe keinesfalls als harmlos einstufen und sie krankmachendes Potential vorweisen…

    http://www.aerztewoche.at/viewArticleDetails.do?articleId=2718

  4. Analytiker 8. Juli 2008 um 17:43

    Ich falle bei Allergie-Tests beim Allergologen immer durch´s Raster. Fast nie wird er fündig, obwohl ich sehr starke Reaktionen habe. Ich halte von den gängigen Allergie-Tests überhaupt nichts, sind alle viel zu ungenau.

    Unverträglichkeiten und sog. Pseudo-Allergien werden mit herkömmlichen Allergie-Tests sowieso nicht aufgedeckt.
    Außerdem kann ein Allergie-Test unangenehme Folgen haben:
    http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/01/28/vorsicht-duftstoffallergie-durch-patchtest-ausgeloest/

    Meine schwerwiegenden Allergien wurden von den Gutachtern, zu denen ich wegen meiner MCS-Erkrankung musste, völlig ignoriert.

    Also wozu der ganze Aufwand?

  5. Joana 9. Juli 2008 um 07:20

    Die Zahl der Duftstoff-Allergiker steigt ungebremst und Deutschlands Entscheidungsträger tun so, als ginge es sie das alles nicht an.

    Was hat das Allergie-Portal der Bundesregierung bisher für Duftstoff-Allergiker gebracht? Ich konnte bisher keine Verbesserungen registrieren.

    Liegt es vielleicht an den kooperierenden Partnern? Man beachte besonders die Partner, die auf der ecarf-Seite unten angeführt sind!

    http://www.aktionsplan-allergien.de/cln_006/nn_472416/DE/Home/homepage__node.html?__nnn=true
    http://www.ecarf.org/

    Duftstoff-Allergiker haben in Deutschland leider einen schlechten Stand. Wird eine Allergie gegen Duftstoffe festgestellt, dann höchstens im Zusammenhang mit Kontaktekzemen. Eine Überempfindlichkeit auf Duftstoffe über den nasalen Kontakt, also das Riechen den Duftstoffes an sich, wird auf den Seiten des Allergie-Portals überhaupt nicht erwähnt. Ich habe jedenfalls nichts dergleichen gefunden, und das obwohl die Zahl derer, die nicht nur mit Ekzemen reagieren sondern direkt auf den Duft, nicht gerade als gering einzustufen ist.

    Also, für was wird dann so ein halbherziges Allergie-Portal geschaffen?
    Wahrscheinlich damit den Bürger der Eindruck vermittelt wird, hier wird Euch geholfen.

    Leider verspüre ich bisher keine Hilfe. Im Gegenteil, Duftstoff-Allergiker werden in Deutschland alleine gelassen mit ihren schwerwiegenden Problemen, denn man beduftet Kinder in Schulen, lässt Duftmarketing im großen Stil zu, so dass für Duftstoff-Allergiker nur noch die Zwangsisolation bleibt.

    Abgesehen davon, dass man kaum Mediziner in diesem Land findet, die eine Allergie auf Duftstoffe festzustellen vermag. Wo und in welchem Jahrhundert leben wir eigentlich???

  6. Yella 21. Juli 2008 um 11:46

    Wenn der Allergologe und sein Personal nach Parfüm riecht und auf der Patiententoilette Duftspray im Einsatz ist, dann ist nicht mit Verständnis für Duftstoffallergien zu rechnen. Oder habt Ihr gegenteilige Erfahrungen gemacht?

  7. Mary-Lou 17. August 2008 um 22:43

    Hallo Yella,

    genau das ist das Problem. Duftstoffe sind im Alltag so selbstverständlich geworden, dass nicht einmal ein Allergologe erkennt, welches gesundheitliche Potential Duftstoffe und Parfum aufweisen. Die Zahl der Duftstoffallergiker wächst rapide und Allergologen verwenden Duftkerzen in den Arztpraxen. Da braucht man sich nicht wundern, dass man von solchen Ärzten nur belächelt und nicht ernst genommen wird.

    Mit den ganzen Kampagnen in den Medien um Aromatherapie und Wellness wurde erreicht, dass Düfte als Heilmittel angesehen werden, obwohl es sich bei den meisten Duftstoffen und Parfums um Chemikalien handelt. Das ist schon paradox.

  8. Supergirl 18. Januar 2009 um 12:17

    Dass Allergien auf Duftstoffe keine Seltenheit sind, darüber berichtete der „Teledoktor“ in der Sendung ARD-Buffet bereits 2001. Es wird angeführt, dass Hautekzeme entstehen können, ausgelöst durch Deos, aber auch dass Parfum für Asthmaanfälle verantwortlich sein kann.

    http://www.swr.de/buffet/teledoktor/allergien/-/id=257034/nid=257034/did=286742/d9ylql/index.html

    Zitat:

    „Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden „duftallergische“ Patienten als eingebildete Kranke abgetan. Inzwischen weiß man aber, daß ein bis zwei Prozent der Bevölkerung allergisch auf Duftstoffe reagieren…

    …Die Nase beginnt zu triefen, Atemnot kommt dazu, und das geht manchmal bis zum dramatischen Asthmaanfall. Das heißt dann „Odor-Asthma“, zu deutsch Geruchsasthma…

    …Die Ärzte kennen die Hauptübeltäter – Nelkenöl zum Beispiel, Zimt, Geranienöl, Vanille, Zedernholzöl, Lemongrasöl, Orangenöl und einige andere.
    Wenn Patienten dann wissen, welche Stoffe für sie problematisch sind, können sie versuchen, ihre persönlichen Hygiene- und Duftartikel darauf abzustimmen.
    Aus dem Weg gehen hilft, aber man ist manchmal doch den Duftwolken der Mitmenschen ausgesetzt – im Fahrstuhl, im Büro, oder im Kino. Deshalb, üben Sie Rücksicht, hüllen Sie sich nicht in ganze Duftwolken ein, die noch minutenlang im Raum hängen bleiben.“

    Leider kann ich von der vom Teledoktor erbetenen Rücksicht bei meinen Mitmenschen nichts verspüren, die Düfte werden immer penetranter und die Zahl der Parfüm-Konsumenten, steigt ebenfalls weiter rasant an.

    Wann werden die Leute endlich wach, wann verstehen sie endlich, dass auch sie von den Chemikalien in ihrem Lieblingsparfüm krank werden können? Es sind nicht nur die Anderen die an Duftstoffallergie oder gar an Chemikaliensensibilität erkranken können, darüber sollten sie sich bewusst werden.

  9. Jeannie 19. Januar 2009 um 18:54

    Hallo Supergirl,

    Dein Fund besagt bereits 2001 durch einen anerkannten Arzt in der Öffentlichkeit, dass Duftstoffallergiker keine Hypochonder sind. Doch was hat sich seitdem getan? Nicht viel muss ich leider feststellen.

    Die Krankheitsbezeichnung Geruchsasthma oder Odor-Asthma habe ich noch nie zuvor gehört.

    Auf die Rücksichtnahme meiner Mitmenschen z. B. Parfüm-Verzicht, warte ich auch noch per dato vergebens. Aber gut dass Du den Link zur Sendung gefunden hast. Von derartigen Meldungen können nicht genug im Netz stehen.

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